Kein Generalverdacht auf Diskriminierung

Ein schwerbehinderter Bewerber erhielt eine Absage auf seine Bewerbung als Telefonseelsorger. Seine Klage auf Entschädigung blieb ohne Erfolg. Es gebe keinen Generalverdacht auf Diskriminierung, entschied das LAG München.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt vor einer Diskriminierung – und das bereits im Einstellungsverfahren. Abgelehnte Bewerberinnen und Bewerber, die vermuten, wegen eines Diskriminierungsmerkmals - wie hier wegen einer Schwerbehinderung - abgelehnt worden zu sein, können gemäß § 15 Abs. 1 AGG einen Anspruch auf Entschädigung geltend machen. Vor Gericht müssen sie lediglich Indizien vortragen, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für eine solche Benachteiligung sprechen. Die Behauptung "ins Blaue" hinein, dass die Absage für die Stelle wegen der Schwerbehinderung erfolgte, reicht dagegen nicht aus, stellte das LAG München in seiner Entscheidung fest.

Erfolglose Bewerbung als Telefonseelsorger

Beworben hatte sich auf die Position der Leitung für die Telefonseelsorge ein Theologe, der früher als Pastoralreferent, dann als katholischer Priester tätig war. In seiner Bewerbung beim Erzbistum machte er auf seine Schwerbehinderung aufmerksam. Er wurde daraufhin zu einem Online-Vorstellungsgespräch eingeladen. Den Termin nahm er wegen technischer Probleme nicht wahr, was er aber erst auf Nachfrage des Arbeitgebers mitteilte. Daraufhin wurde er zu einem Vorstellungsgespräch in Präsenz eingeladen, welches im Beisein der Schwerbehindertenvertretung stattfand. Einen Monat später erhielt er eine E-Mail mit der Absage, dass man sich für jemand anderen entschieden habe.

Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung

Daraufhin forderte der abgelehnte Bewerber eine Entschädigung in Höhe von 8.000 Euro. Er machte geltend, dass er die Stelle aufgrund seiner Schwerbehinderung nicht erhalten habe. Solange der Arbeitgeber nicht darlegen könne, dass dem nicht so sei, müsse dies vermutet werden. Das ergebe sich aus der Beweislastumkehr, die auch die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorgebe.

Der Arbeitgeber verwies dagegen darauf, dass für die Absage einerseits die fehlende therapeutische Zusatzqualifikation eine Rolle gespielt habe. Zudem habe man auch an der Verlässlichkeit des Bewerbers gezweifelt, nachdem er das Online-Vorstellungsgespräch unentschuldigt nicht wahrnahm und dem Arbeitgeber erst auf Nachfrage einen Grund mitteilte.

Diskriminierungsmerkmal erfüllen ist noch keine Diskriminierung

Die Klage des abgelehnten Bewerbers auf eine angemessene Entschädigung hatte vor Gericht keinen Erfolg. Das LAG München erkannte keinen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Indizien, die eine Benachteiligung des abgelehnten Bewerbers wegen seiner Behinderung vermuten lassen, waren für das Gericht nicht ersichtlich. Der Theologe habe nichts geschildert, woraus sich – auch in einer Gesamtschau – hätte ergeben können, dass die Ablehnung seiner Bewerbung in Zusammenhang mit seiner Behinderung stehen könnte. Zu einem diskriminierenden Verhalten des Arbeitgebers habe er überhaupt gar keine Angaben gemacht. Dagegen habe der Arbeitgeber seien Ablehnung des Bewerbers überzeugend begründet. Das Auswahlverfahren sei daher nicht zu beanstanden.  

Hinweis: LAG München, Urteil vom 10. Oktober 2022, Az: 4 Sa 290/22


Das könnte Sie auch interessieren: 

Diskriminierung nach AGG: Wer wofür die Beweislast trägt

Diskriminierung auch ohne konkreten Bewerber möglich

Betriebsrat hat Recht auf Auskunft zur Schwerbehinderung von Beschäftigten