Kein Abwälzen der Vermittlungsprovision auf Arbeitnehmer

Zahlt ein Arbeitgeber für die Vermittlung eines Arbeitnehmers eine Provision an einen Personaldienstleister, kann er diese nicht vom Arbeitnehmer zurückverlangen, wenn dieser kurzfristig wieder kündigt. Eine entsprechende Vertragsklausel erklärte das BAG für unwirksam.

Wenn Personal fehlt und die Zeit knapp ist, greifen Arbeitgeber oftmals auf die Unterstützung von Personaldienstleistern zurück. Deren Vermittlung von Fachkräften kostet: im vorliegenden Fall wurde eine Vermittlungsprovision von knapp 4.500 Euro fällig. Unerfreulich für Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis bereits in der Probezeit kündigt. Mit einer Klausel im Arbeitsvertrag wollte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer verpflichten, ihm die gezahlte Provision im Fall einer zeitnahen Kündigung zu erstatten. Der Fall landete vor dem Bundesarbeitsgericht, das nun entschied: eine solche vertragliche Regelung benachteiligt Arbeitnehmende unangemessen. Dafür, dass sich finanzielle Aufwendungen im Nachhinein nicht gelohnt haben, trage der Arbeitgeber das unternehmerische Risiko.

Der Fall: Arbeitgeber behält nach Kündigung Vermittlungsprovision ein

Der Arbeitnehmer wurde ab dem 1. Mai 2021 aufgrund eines Ende März geschlossenen Arbeitsvertrags für den Arbeitgeber tätig. Der Vertrag kam durch die Vermittlung eines Personaldienstleisters zustande, wofür der Arbeitgeber knapp 4.500 Euro als Provision zahlte. Nach Ablauf der für 6 Monate vereinbarten Probezeit sollten weitere rund 2.231 Euro zusätzlich fällig werden. Dazu kam es jedoch nicht, da der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30. Juni 2021 kündigte. Der Arbeitgeber zahlte ihm daraufhin für Monat Juni eine um knapp 809 Euro geringere Vergütung unter Hinweis auf § 13 des Arbeitsvertrags aus.

AGB-Klausel verpflichtet Arbeitnehmer zur Erstattung der Provision

Nach dieser arbeitsvertraglichen Regelung war der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die gezahlte Provision zu erstatten, falls das Arbeitsverhältnis nicht über den 30. Juni 2021 hinaus fort bestehen und aus "vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen" von ihm selbst beendet würde.  Der Arbeitnehmer war überzeugt, dass die Klausel ihn unangemessen benachteilige und damit unwirksam sei. Vor Gericht forderte er vom Arbeitgeber die Zahlung der ausstehenden Vergütung. Der Arbeitgeber forderte dagegen im Rahmen der Widerklage vom Arbeitnehmer die komplette restliche Provision. Dabei bezog er sich auf die vertragliche Regelung, die seiner Meinung nach wirksam sei. Die Vermittlungsprovision sei nur von ihm selbst zu leisten, wenn das Arbeitsverhältnis über den Ablauf der vereinbarten Frist angedauert hätte.   

BAG: Klausel zur Provisionserstattung ist unwirksam

Das Bundesarbeitsgericht entschied, wie schon zuvor die Vorinstanz, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die geleistete Vermittlungsprovision nicht erstatten muss. Die Regelung im Arbeitsvertrag, die den Arbeitnehmer für den Fall, dass er das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet, dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber die Provision, die dieser an den Personaldienstleister für das Zustandekommen des Vertrags gezahlt hat, zu erstatten, erklärte das BAG für unwirksam. Nach Auffassung des obersten Arbeitsgerichts hielt die Klausel in § 13 des Arbeitsvertrags der AGB-Kontrolle nicht stand. Da sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige, sei sie nach § 307 Abs.1 Satz 1 BGB unwirksam, urteilte das Gericht.

Arbeitgeber kann Vermittlungsprovision nicht auf Arbeitnehmer abwälzen

Das BAG wies darauf hin, dass der Arbeitnehmer hierdurch in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt werde, ohne dass dies durch begründete Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt wäre. Nach Auffassung des Gerichts muss grundsätzlich der Arbeitgeber das unternehmerische Risiko dafür tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung möglicherweise nicht "lohnen" könnten, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis wie hier - nämlich in rechtlich zulässiger Weise - beendet.

Es stellte fest, dass der Arbeitgeber daher kein billigenswertes Interesse habe, solche Kosten auf den Arbeitnehmer zu übertragen. Es fehle auch an einem Vorteil für den Arbeitnehmer, der die Beeinträchtigung seiner Arbeitsplatzwahlfreiheit ausgleichen könne.

Hinweis: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Juni 2023, Az: 1 AZR 265/22; Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. Mai 2022, Az: 4 Sa 3/22


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