Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt

Verpflichtende Sprach- und Integrationskurse? Ein IQ-Test für Flüchtlinge? Temporäre Aussetzung des Mindestlohns? Die Frage, wie die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt gelingen kann, wird heftig diskutiert.

Flüchtlinge in Jobs zu bringen, ist die riesige Aufgabe der nächsten Jahre. Wie kann das am besten gelingen? Im Saarland hat ein geplanter IQ-Test für Flüchtlinge heftige Debatten ausgelöst. Auch das von der Koalition angeschobene Integrationsgesetz wurde teilweise positiv begrüßt, musste aber wegen offensichtlicher Mängel auch harsche Kritik einstecken.

Integrationsgesetz: Echter Fortschritt oder Zuckerbrot und Peitsche?

Die Koalitionsspitzen haben sich darauf geeinigt, die Integration hunderttausender Flüchtlinge in Deutschland mit einem Mix aus Hilfen und Pflichten zu beschleunigen. Das Vorhaben wurde von den meisten Landesregierungen positiv aufgenommen. Bremens Regierungschef Carsten Sieling (SPD) erklärte ein solches Gesetz sei „lange überfällig“. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sprach von einem „echten Fortschritt“. Grünen-Chefin Simone Peter kritisierte das geplante Gesetz dagegen als „farbloses Regelwerk aus Zuckerbrot und Peitsche“. Auch Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch äußerte sich negativ: Die Vorlage bediene die Ausspielung der Schwächsten gegen die Schwachen.

Problem Sprach- und Integrationskurse: Wo es nicht genug Angebote gibt, kann man nicht verpflichten

Nachbesserungsbedarf wird von allen Seiten insbesondere beim Angebot für Sprach-und Integrationskurse gesehen. Arbeitsmarktexperte Herbert Brücker vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung erklärte, die Motivation der Flüchtlinge zum Deutschlernen sei „außergewöhnlich hoch“, es mangele aber an ausreichenden und qualitativ hochwertigen Kursangeboten. Deshalb sollte das Gesetz durch einen Rechtsanspruch auf Sprach- und Integrationskurse ergänzt werden. Nach Ansicht des Zentralrats der Muslime müssten viele Flüchtlinge im Moment monatelang auf Sprachunterricht oder Integrationskurse warten, erklärte auch der Vorsitzende Aiman Mazyek. Man müsse nun schnell die geeigneten Rahmenbedingungen schaffen, betonte der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Rudolf Seiters.

Keine Dauerlösung – aber ein Anfang: Praktika und geringfügige Beschäftigung unter temporärer Aussetzung des Mindestlohns?

Achim Wambach, der neue Chef  des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung begrüßte das Vorhaben der Koalition generell und forderte zudem weitere Maßnahmen. So hält er neben Sprachkursen und anderen Qualifikationsmaßnahmen eine temporäre Aufhebung des Mindestlohns für sinnvoll, um Flüchtlinge in Arbeit zu bringen. Praktika, die zunächst geringer bezahlt sind, hält Wambach ebenfalls für geeignet. Der ZEW-Chef sagte: "Das Ziel sollte sein, Flüchtlinge in qualitativ höherwertige Stellen hineinzubringen - aber Praktika oder geringfügige Beschäftigungen können der Einstieg sein."

Neue Lösungen gesucht: Modulare Ausbildungen und neue Arbeitsplätze

Seiner Ansicht nach fordere die Flüchtlingssituation neue Lösungen wie modulare Ausbildungen. So könne ein Flüchtling zum Beispiel nur Teile einer Ausbildung durchlaufen und dann hinterher mit Teilqualifikation arbeiten. Bei den entsprechenden Fähigkeiten,  könne er dann später Schritt für Schritt die ganze Ausbildung machen. Die Unternehmen seien auch in der Pflicht, sich für neue Arbeitsplätze für Flüchtlinge zu engagieren. Der Dienstleistungssektor sei beispielsweise im Vergleich zu anderen Ländern im Bereich Gesundheit und Pflege ausbaufähig.

Kann ein IQ-Test helfen, Flüchtlinge besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren?

Neue Ideen will auch Saar-Innenminister Klaus Bouillon (CDU) mit einem IQ-Test für Flüchtlinge im Rahmen eines Modellprojekts testen. Mit dem freiwilligen Test will er Begabungen früh erkennen und die Integration beschleunigen. „Wir wollen über einen Intelligenztest herausfinden, wo die Talente stecken und in welche Berufsgruppen wir die Flüchtlinge direkt eingliedern oder worin wir sie schulen sollten“, sagte der Minister. Er rechne damit, zunächst mit 600 bis 700 Freiwilligen beginnen zu können, sagte Bouillon. Es sei eine Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und weiteren renommierten Arbeitsmarktexperten geplant. Dafür erntete er heftige Kritik von der Generalsekretärin der SPD Saar, Petra Berg. Ein solches Vorgehen schüre massiv Vorurteile und offenbare ein menschenverachtendes und diskriminierendes Menschenbild, sagte sie.

 

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dpa
Schlagworte zum Thema:  Flüchtlinge, Diversity, Mindestlohn