BAG: Zu lange Probezeit in befristetem Arbeitsvertrag unzulässig

Eine Probezeit, die der Gesamtdauer eines befristeten Arbeitsverhältnisses entspricht, ist in der Regel unverhältnismäßig und damit unwirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Arbeitnehmer, ein Kfz-Meister, einen befristeten Arbeitsvertrag mit einer Probezeit von sechs Monaten abgeschlossen. Der Vertrag war ebenfalls auf sechs Monate befristet. Vereinbart wurde, dass das Arbeitsverhältnis während der Probezeit beiderseits mit einer Frist von zwei Wochen schriftlich gekündigt werden kann.

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis nach nicht einmal ganz zwei Monaten unter Hinweis auf die Zwei-Wochen-Frist binnen 14 Tagen.

Probezeit wegen Unverhältnismäßigkeit unwirksam?

Dagegen ging der Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht vor. Er argumentierte, die Kündigung sei unwirksam, da im befristeten Arbeitsvertrag keine rechtlich wirksame Kündigungsmöglichkeit vereinbart worden sei. Die dort geregelte Probezeit stehe nicht im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit. Eine hilfsweise Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt habe der Arbeitgeber nicht ausgesprochen, weshalb das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbestehe.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage des Arbeitnehmers ab, sodass nun das BAG in der Revisionsinstanz zu entscheiden hatte.

Probezeit muss kürzer sein als das befristete Arbeitsverhältnis

Das BAG entschied, dass die Vereinbarung einer Probezeit, die der Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses entspricht, in der Regel unverhältnismäßig ist. Dennoch sei das Arbeitsverhältnis hier wirksam durch eine ordentliche Kündigung aufgelöst worden.

Nach der mit Wirkung zum 1. August 2022 erfolgten Neufassung von § 15 Abs. 3 TzBfG muss eine für ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbarte Probezeit "im Verhältnis"“ zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Das BAG ließ offen, wann genau eine solche Verhältnismäßigkeit vorliegt. Im arbeitsrechtlichen Schrifttum werden dazu unterschiedliche Auffassungen vertreten. Der Zweite Senat musste sich hierzu nicht festlegen, weil eine die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses umfassende Probezeit in jedem Fall nicht "im Verhältnis" zur Befristungsdauer steht.

Da somit keine wirksame Probezeit vereinbart war, war auch keine Probezeitkündigung möglich.

Recht zur ordentlichen Kündigung kann weiterbestehen

Im vorliegenden Fall hatten die Arbeitsvertragsparteien aber klar geregelt, dass beiden Seiten die Möglichkeit zu kündigen offenstehen solle. Für die Frage, ob bei einer nach § 15 Abs. 3 TzBfG unverhältnismäßigen Probezeitvereinbarung das Recht zur ordentlichen Kündigung während der Befristung (§ 15 Abs. 4 TzBfG) insgesamt entfällt oder ob es mit den längeren gesetzlichen oder vertraglichen Fristen ausgeübt werden kann, kommt es laut BAG auf die konkrete Ausgestaltung der Vertragsbedingungen an. Ist neben oder in einer Vereinbarung über die Probezeit eine Abrede über die Kündbarkeit getroffen, dann bleibt deren Wirksamkeit von der Unwirksamkeit einer unverhältnismäßig langen Probezeit unberührt. Dies war hier der Fall, weil im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart war, dass beide Parteien berechtigt waren, das Arbeitsverhältnis auch "während der Probezeit" zu kündigen.

Allerdings war eine Kündigung wegen der unwirksamen Probezeit nicht mit einer Frist von zwei Wochen gemäß § 622 Abs. 3 BGB möglich, sondern nur mit der Frist des § 622 Abs. 1 BGB von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats. Das Arbeitsverhältnis bestand daher noch bis zum Ende des Ablaufs der ordentlichen Kündigungsfrist.

Sorgfältige Vertragsgestaltung erforderlich

Für die Praxis bedeutet dieses Urteil, dass Arbeitgeber bei der Gestaltung von befristeten Arbeitsverträgen sorgfältig prüfen müssen, ob die vereinbarte Probezeit im Verhältnis zur Befristungsdauer und zur Art der Tätigkeit steht. Eine unangemessene Probezeit kann im schlimmsten Fall, nämlich dann, wenn keine gesonderte Vereinbarung der Kündbarkeit getroffen wurde und sich die Kündigungsmöglichkeit allein aus der Abrede über eine "Probezeit" ergeben soll, zum vollständigen Fehlen einer Kündigungsmöglichkeit während der Befristungsdauer führen.

Hinweis: BAG, Urteil vom 5. Dezember 2024, Az. 2 AZR 275/23


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