Wegen Streik im Nahverkehr zu spät zur Arbeit: die Folgen

Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten zu Streiks im öffentlichen Nahverkehr aufgerufen. In sechs Bundesländern werden am Freitag, den 3. März 2023, vielerorts keine Busse und Bahnen fahren. Was gilt, wenn Arbeitnehmende dadurch zu spät oder gar nicht zur Arbeit kommen? Welche Folgen hat das für das Arbeitsverhältnis?

Berufstätige, die den öffentlichen Nahverkehr für den Weg zur Arbeit nutzen, müssen bei Streiks mit erheblichen Beeinträchtigungen rechnen. Was gilt, wenn Mitarbeitende zu spät oder gar nicht zur Arbeit kommen?

Wegerisiko: Arbeitnehmer haben Pflicht zur Pünktlichkeit

Berufstätige sind trotz des Streiks verpflichtet, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. Das sogenannte Wegerisiko liegt bei der oder dem Arbeitnehmenden. Darunter versteht das Bundesarbeitsgericht das Risiko, wegen absehbarer Verkehrsbehinderungen, wie zum Beispiel auch durch Schnee, Glatteis oder umgefallener Bäume, nicht rechtzeitig am Arbeitsplatz erscheinen zu können.

Streik im ÖPNV: Arbeitnehmer müssen nach Alternativen suchen

Die Gewerkschaft Verdi hatte im Zuge der Tarifauseinandersetzungen die Warnstreiks angekündigt, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Damit war der Streik und die dadurch einhergehenden Einschränkungen auf dem Weg zur Arbeit absehbar. Arbeitnehmende sind in solchen Fällen immer verpflichtet, alles Zumutbare zu unternehmen, um den Arbeitsplatz trotz Streik rechtzeitig zu erreichen.

Alternative Routen oder Verkehrsmittel: Was ist zumutbar?

Beschäftigte müssen sich rechtzeitig um alternative Routen oder Verkehrsmittel bemühen. Der Arbeitgeber kann erwarten, dass Mitarbeitende - wenn möglich - auf nicht bestreikte Verkehrsmittel ausweichen. Zurzeit nicht vom Streik betroffen sind private Verkehrsunternehmen sowie die Deutsche Bahn. Auch sollten Fahrgemeinschaften mit anderen Mitarbeitenden oder Carsharing-Angebote wahrgenommen werden. Notfalls müssen Beschäftigte den Arbeitsweg auch deutlich früher als sonst antreten.

Wenn Präsenz am Arbeitsplatz keinen Sinn macht

Grenzen der Zumutbarkeit bestehen eventuell bei Teilzeitbeschäftigten, die aufgrund der eintretenden Verspätung zwar zur Arbeit kommen könnten, dann aber nur noch eine Stunde zu arbeiten hätten. In diesen Fällen muss in Absprache mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung über Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des Erscheinens getroffen werden. Generell gilt: Der Arbeitgeber muss so früh wie möglich über anstehende Verspätungen informiert werden.

Entgeltkürzung und Abmahnung sind möglich

Wenn nichts anderes arbeits- oder tarifvertraglich vereinbart ist, gilt der Grundsatz "Ohne Arbeit kein Lohn". Ausnahmen gelten nur bei Verhinderungen aus vorübergehenden, persönlichen Gründen des oder der Arbeitnehmenden.

Kommen Beschäftigte wegen des Streiks zu spät oder gar nicht zur Arbeit, können Arbeitgeber wegen der ausgebliebenen Arbeitsleistung Entgeltkürzungen vornehmen oder sogar Abmahnungen aussprechen.

Welche Möglichkeiten gibt es noch für Arbeitgeber?

Arbeitgeber können natürlich aus Kulanz flexibel reagieren. Wenn es möglich ist, von zu Hause aus zu arbeiten, spricht nichts gegen die kurzfristige Gewährung eines möglicherweise zusätzlichen Homeoffice-Tags. Ist Arbeiten im Homeoffice ausgeschlossen, kann auch kurzfristig Urlaub, der Abbau von Überstunden oder die Nutzung von Gleitzeit im Unternehmen gewährt werden. In vielen Unternehmen gelten bereits Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen, in denen zu diesen Fällen bestimmte Regelungen getroffen wurden.

Dürfen Arbeitgeber Nacharbeit verlangen?

Eine Verpflichtung, die Stunden nachzuarbeiten, besteht nur dann, wenn sich das aus dem Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung und einem geltenden Tarifvertrag ergibt. Grundsätzlich wird es bei einer Überlegung, ob durch den Streik versäumte Stunden nachgearbeitet werden sollen, darauf ankommen, wie die Abwägung der beidseitigen Interessen ausfällt.


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Schlagworte zum Thema:  Streik, Entgeltfortzahlung, Arbeitsverhältnis