Arbeitszeitregelungen: Grundsätzliches zum Bereitschaftsdienst

Bereitschaftszeiten, in denen Arbeitnehmer in kürzester Zeit einsatzbereit und mit vielen Einsätzen rechnen müssen, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) kürzlich als Arbeitszeit eingestuft. Rund um den Bereitschaftsdienst gibt es immer wieder arbeitsrechtliche Fragen. Ein Überblick gibt Antworten.

Bereitschaftsdienste erlauben dem Arbeitgeber, Beschäftigte innerhalb einer kurzen Frist zur Arbeitsaufnahme abzurufen. Bei der Feuerwehr, Polizei oder im Gesundheitsbereich sind solche Dienste unerlässlich, aber auch in anderen Bereichen halten sich Arbeitnehmer für einen Arbeitseinsatz bereit. In der Praxis stellen sich hier immer wieder grundsätzliche Fragen, insbesondere zu den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und zur Vergütung.

Bereitschaftsdienst: Definition

Die Zeit, während der sich Beschäftigte bereithalten, um kurzfristig die Arbeit aufnehmen zu können, wenn der Arbeitgeber sie auffordert, kann Bereitschaftsdienst sein, aber auch Rufbereitschaft oder Arbeit auf Abruf. Üblicherweise spricht man von Bereitschaftsdienst, wenn der Arbeitnehmer sich an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufhalten muss, um erforderlichenfalls unverzüglich seine Arbeit aufnehmen zu können.

Kann der Arbeitgeber Bereitschaftsdienst anordnen?

Der Bereitschaftsdienst ist eine Sonderform der Arbeitszeit wie etwa Rufbereitschaft oder Überstunden. Demnach kann Bereitschaftsdienst vom Arbeitgeber nur dann angeordnet werden, wenn dies einzelvertraglich oder tariflich geregelt ist. Bei der Heranziehung zum Bereitschaftsdienst muss der Arbeitgeber gemäß § 106 GewO nach billigem Ermessen vorgehen. Dies führt in der Praxis insbesondere dazu, dass der Arbeitgeber entsprechende Dienste gleichmäßig unter den in Frage kommenden Arbeitnehmern verteilen muss. Zudem hat er auf betriebsärztlich attestierte gesundheitliche Einschränkungen beispielsweise für Nachtarbeit Rücksicht zu nehmen.

Arbeitszeitgesetz: Ist Bereitschaftsdienst Arbeitszeit?

Die Zeit die der Arbeitnehmer im Bereitschaftsdienst verbringt, zählt als Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbZG. Hierzu gehören auch passive Zeiten und Ruhezeiten innerhalb der Bereitschaft. Mit dieser uneingeschränkten Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit hat der Gesetzgeber die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgenommene Auslegung des Begriffs der "Arbeitszeit" in das deutsche Recht übernommen. Die Einordnung der Zeit in Bereitschaft ist jedoch häufig strittig. Wenn der Arbeitnehmer die Zeit der Bereitschaft in Rufbereitschaft verbringt, also nur zur Verfügung steht, aber ansonsten außerhalb des Arbeitsortes frei über seine Zeit bestimmen kann, handelt es sich auch nach EuGH-Vorgaben nicht um Arbeitszeit. Mehr zu den Kriterien, die der EuGH vorgibt, lesen Sie in der News: Wann Bereitschaftszeit als Arbeitszeit gilt.

Arbeitszeitgesetz zu Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten beachten

Da der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit anzusehen ist, muss der Arbeitgeber die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes beachten, vor allem die Höchstarbeitszeiten und die Ruhezeiten. Dies hat zur Konsequenz, dass bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 40 Stunden die Woche bei acht bis zehn Stunden täglicher Arbeit grundsätzlich nicht viel Zeit für Bereitschaftsdienst bleibt. Daher lässt das Arbeitszeitgesetz abweichend von den gesetzlichen Regelungen Ausnahmen zu, die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich auf tarifvertraglicher Grundlage zu verlängern, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst fällt. 

Ruhephasen innerhalb des Bereitschaftsdienstes können nicht als Ruhezeiten im Sinne des § 5 ArbZG gewertet werden. Das bedeutet für die betriebliche Praxis, dass auch nach einem Bereitschaftsdienst ohne Arbeitseinsatz grundsätzlich eine Ruhezeit von grundsätzlich elf Stunden zu gewähren ist.

Bereitschaftsdienst ohne Ausgleich (opt out)

Seit 2004 gibt es eine weitere Tariföffnungsklausel: Die sogenannte "Opt-out"-Regelung gemäß § 7 Abs. 2a ArbZG i. V. m. Abs. 7 ArbZG. Diese erlaubt es den Tarif- und Betriebspartnern bei regelmäßigem Vorliegen von Bereitschaftsdienst in erheblichem Umfang, die Arbeitszeit ohne Ausgleich auf über acht Stunden werktäglich zu verlängern: Dies betrifft insbesondere den Krankenhausbereich, Rettungsdienste sowie Betreuungseinrichtungen mit Nachtbereitschaften, hier insbesondere Jugendhilfe, Behindertenhilfe oder Sozialpsychiatrie. Erforderlich ist eine Einwilligung des Arbeitnehmers.

Vergütung für Bereitschaftsdienst

Bereitschaftsdienst ist zwar Arbeitszeit im Sinne der arbeitszeitgesetzlichen Bestimmungen. Daraus folgt aber keine bestimmte Vergütungspflicht. Die Frage der Vergütung des Bereitschaftsdienstes ist von dessen arbeitszeitgesetzlicher Bewertung grundsätzlich unabhängig. In Tarif- und Arbeitsverträgen kann der Bereitschaftsdienst daher geringer vergütet werden als Arbeitsleistungen im Rahmen von Vollarbeitszeit.

Das Bundesarbeitsgericht urteilte kürzlich, dass ärztliche Hintergrunddienste entsprechend der tariflichen Definition bei geringen Einschränkungen als Rufbereitschaft vergütet werden können. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht auch schon in seiner Entscheidung vom 29. Juni 2016 festgestellt: Der gesetzliche Mindestlohn gilt auch für Bereitschaftsdienst. Damit muss die Vergütung für den Bereitschaftsdienst in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns erfolgen. 


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