Im Unterschied zu Vollarbeit und Arbeitsbereitschaft liegt Bereitschaftsdienst vor, wenn ein Arbeitnehmer sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhält, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen.[1] In der betrieblichen Praxis kann der Arbeitnehmer in Zeiten des Bereitschaftsdienstes ohne Inanspruchnahme häufig sogar ruhen, da er, anders als bei der Arbeitsbereitschaft, nicht durchgehend zu "wacher Achtsamkeit" verpflichtet ist. Er muss jedoch während der Zeit des Bereitschaftsdienstes stets in der Lage sein, unverzüglich seine Tätigkeit aufnehmen zu können, darf sich also weder vom vorgegebenen Ort der Bereitschaft entfernen noch seine Arbeitsfähigkeit beispielsweise durch die Einnahme von Alkohol, Medikamenten oder Drogen einschränken. Kennzeichnend für den Bereitschaftsdienst ist, dass er in zuvor genau festgelegten Zeitspannen außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistet wird (z. B. zwischen Ende der Vollarbeitszeit und Beginn des nachfolgenden Arbeitstages) und dass die Zeitspannen ohne Inanspruchnahme regelmäßig überwiegen (repräsentative Durchschnittsbetrachtung).

Vertragliche Grundlage

Die Verpflichtung zum Bereitschaftsdienst kann sich aus einem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag ergeben. Bei der Heranziehung zum Bereitschaftsdienst muss der Arbeitgeber das Gebot "billigen Ermessens" (§ 106 GewO) beachten. Dies führt in der Praxis insbesondere dazu, dass der Arbeitgeber entsprechende Dienste gleichmäßig unter den infrage kommenden Arbeitnehmern verteilen und auf betriebsärztlich attestierte gesundheitliche Einschränkungen (z. B. für Nachtarbeit) Rücksicht nehmen muss. Die Ermessensausübung ist im Konfliktfall gerichtlich überprüfbar.[2] Teilzeitbeschäftigte dürfen nur entsprechend dem Beschäftigungsumfang ("pro rata temporis") zu Bereitschaftsdiensten herangezogen werden.[3]

Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit

Sämtliche Zeiten des Bereitschaftsdienstes (einschließlich passiver Zeiten und auch Ruhezeiten innerhalb der Bereitschaft) gehören zur Arbeitszeit i. S. v. § 2 Abs. 1 ArbZG. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG Verlängerungen der werktäglichen Arbeitszeit möglich sind, wenn "in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt". Es sind also nicht nur die Zeiten der tatsächlichen Inanspruchnahme für die Höchstgrenzen der Arbeitszeit zu berücksichtigen.

Mit der uneingeschränkten Bewertung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit i. S. d. § 2 Abs. 1 ArbZG hat der Gesetzgeber die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgenommene Auslegung des Begriffs der "Arbeitszeit" in das deutsche Recht übernommen. Der EuGH hat unter Bezugnahme auf die europäische Arbeitszeitrichtlinie 93/104/EG[4] festgestellt, dass die Pflicht, sich am Arbeitsplatz aufzuhalten und verfügbar zu sein, als Bestandteil der Aufgabenwahrnehmung unabhängig von einer tatsächlich geleisteten Arbeit als Arbeitszeit anzusehen ist.[5] Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in seinen Räumlichkeiten einen Ruheraum zur Verfügung stellt, in dem dieser sich bei Nichtinanspruchnahme seiner Arbeitskraft ausruhen kann. Bereitschaftsdienst liegt nach Auffassung des EuGH auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer sich zwar nicht in der Betriebsstätte aufhalten muss, jedoch im Fall des Einsatzes so engen zeitlichen Bindungen unterliegt, dass der Arbeitnehmer de facto gezwungen ist, sich an einem bestimmten Ort (z. B. am Wohnort) aufzuhalten und deshalb in der Freizeitgestaltung stark eingeschränkt ist. Dabei muss nach Auffassung des EuGH neben der Zeitspanne, innerhalb derer die Tätigkeit aus der Rufbereitschaft heraus aufzunehmen ist, berücksichtigt werden, wie oft der Arbeitnehmer im Durchschnitt während der Rufbereitschaft Arbeit zu leisten hat.[6]

Die Bewertung einer Zeitspanne des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit (statt als Rufbereitschaft, die Ruhezeit ist) hat arbeitszeitschutzrechtlich insbesondere folgende Konsequenzen:

Höchstarbeitszeiten

Zeiten des Bereitschaftsdienstes sind (entsprechend den Ausführungen zur Arbeitsbereitschaft) in vollem Umfang bei der Einhaltung der Grenzen der werktäglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeit zu berücksichtigen. Hinsichtlich der werktäglichen Arbeitszeit gemäß § 3 ArbZG (8 bzw. 10 Stunden) lässt das ArbZG weitreichende Ausnahmen auf tarifvertraglicher Grundlage zu. Die Begrenzung des Gesamtvolumens der zulässigen Arbeitszeit auf werktäglich 8 Stunden bzw. 48 Stunden/Woche führt jedoch dazu, dass bei einer tariflichen Arbeitszeit von z. B. 40 Stunden/Woche durchschnittlich nur noch 8 Stunden/Woche "Luft" für Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst bleiben. Überschreitungen der durchschnittlich zulässigen Arbeitszeit von 8 Stunden/Werktag bzw. 48 Stunden/Woche sind nur auf der Grundlage einer tarifvertraglichen Regelung und einer zusätzlichen individuellen, widerruflichen Zustimmung des Arbeitnehmers zulässig (sog. ...

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