Lohngleichheit: Erfahrungen mit dem Entgelttransparenzgesetz

Seit rund einem Jahr gilt das Entgelttransparenzgesetz, das zu gleicher Bezahlung von Männern und Frauen führen soll. Ein Blick auf die betriebliche Praxis zeigt: Bisher hat sich hier sehr wenig getan, denn in vielen Unternehmen werden die Regelungen zur Lohngleichheit ignoriert.

Seit rund einem Jahr, genauer seit dem 6. Januar 2018, können Mitarbeiter durch das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) Auskunft über das Gehalt vergleichbarer Kollegen verlangen. Arbeitgeber müssen seither Berichtspflichten und Prüfverfahren beachten. Doch die Umsetzung des Gesetzes in der Praxis hinkt, haben jetzt veröffentlichte Studien gezeigt.

Laut der Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt das Entgelttranparenzgesetz keinen "spürbaren Erfolg". Zum gleichen Ergebnis kommt die Randstad-ifo-Personalleiterbefragung. Die Gründe: Viele Betriebe ignorieren die Umsetzung des Gesetzes zur Lohngleichheit, während zu wenig Beschäftigte ihren Auskunftsanspruch wahrnehmen. 

Trotz Entgelttransparenzgesetz sorgen wenig Arbeitgeber im Betrieb für Lohngleichheit

Obwohl Unternehmen durch das Entgelttransparenzgesetz aufgefordert sind, im Betrieb regelmäßig Gehaltsstrukturen zu überprüfen und Entgeltgleichheit herzustellen, setzt nur ein geringer Teil der Firmen die Vorschriften des Entgelttransparenzgesetzes in der betrieblichen Praxis um. Der überwiegende Teil der mittelgroßen und Großbetriebe hat seine Praxis in Bezug auf Lohngleichheit seit der Einführung des Entgelttransparenzgesetzes nicht geändert, zeigten die Antworten aus der WSI-Betriebsrätebefragung.

In nur zwölf Prozent der Betriebe sei die Geschäftsführung von sich aus aktiv geworden, um das Gesetz umzusetzen. In mittelgroßen Betrieben mit 201 bis 500 Beschäftigten habe nur knapp ein Fünftel (19 Prozent) der Firmenleitungen etwas unternommen. 

Beschäftigte haben wenig Auskunftsverlangen zur Lohngleichheit  

Die Ergebnisse der Studie zeigen zudem, dass die Beschäftigten ihren rechtlich verbrieften individuellen Auskunftsanspruch nur selten wahrnehmen.

Lediglich in 13 Prozent der mittelgroßen Betriebe habe sich mindestens eine Person an den Betriebsrat gewandt, um ihr Gehalt überprüfen zu lassen. Bei großen Betrieben waren es nach den Ergebnissen der IWF-Befragung immerhin 23 Prozent der Beschäftigten, die Auskunft nach dem Gehalt der Kollegen begehrt haben.   

Zu einem ähnlichen Ergebnis ist eine Befragung von Personalleitern durch das ifo-Institut und den Personalvermittler Randstad gekommen. Danach haben im 3. Quartal 2018 nur in knapp zehn Prozent der befragten Unternehmen Beschäftigte von ihrem Auskunftsanspruch Gebrauch gemacht und dort zum überwiegenden Teil auch nur vereinzelt.

Mehr Lohngleichheit durch Entgelttransparenzgesetz ist fraglich

Nach wie vor gibt es in in Deutschland bei den durchschnittlichen Gehältern eine große Lücke zwischen Männern und Frauen. Ob mit dem Entgelttransparenzgesetz das Ziel des Gesetzgebers, die Lohngleichheit von Männern und Frauen im Berufsleben, erreicht werden kann, erscheint infolge der Studien fraglich. Die Autoren der WSI-Studie sprachen sich für strengere Auflagen und spürbare Sanktionen im Entgelttransparenzgesetz aus. Diese gibt es nämlich bisher nach dem Gesetz nicht. 

Braucht das Entgelttranzparenzgesetz rechtliche Konsequenzen?

Dass das Entgelttransparenzgesetz nicht genug Durchschlagskraft hat, da im Falle einer unfairen Bezahlung keine rechtlichen Konsequenzen drohen, bemängelten bereits  32 Prozent der Arbeitgeber und 36 Prozent der Arbeitnehmer in einer Umfrage, die der Bundesverband der Arbeitsrechtler in Unternehmen (BVAU) im April 2018 veröffentlicht hat. Danach zeigten sich die Befragten grundsätzlich skeptisch: 39 Prozent der Arbeitnehmer und 88 Prozent der Arbeitgeber bezweifelten, dass durch das Gesetz Diskriminierung hinsichtlich des Gehalts verringert wird.

Weitere Informationen finden Sie in dieser News zum Entgelttransparenzgesetz

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