1 Einleitung

Urlaub im arbeitsrechtlichen Sinne ist die dem Arbeitnehmer zum Zwecke der Erholung gewährte Befreiung von der Arbeitspflicht unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts.

Seine Rechtsgrundlage findet der Urlaubsanspruch vor allem in einzelvertraglichen oder kollektivvertraglichen (Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) Regelungen sowie im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Ferner finden sich in zahlreichen anderen Gesetzen (z. B. Jugendarbeitsschutzgesetz) Sonderregelungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen.

Die rechtliche Einordnung des Urlaubsanspruchs ist aufgrund der neueren Rechtsprechung des EuGH nicht eindeutig geklärt. Das Reichsarbeitsgericht vertrat zunächst die Auffassung, der Urlaubsanspruch setze sich aus 2 Ansprüchen, dem Freizeit- und Entgeltanspruch, zusammen (sogenannter Doppelanspruch). Es folgte darauf die Auffassung, es liege ein "Einheitsanspruch" auf bezahlte Freizeitgewährung vor (sogenannte Einheitstheorie).[1] Danach vertrat das BAG seit der Entscheidung aus 1982[2] die Auffassung, dass nach § 1 BUrlG allein ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Befreiung von den arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitspflichten für einen bestimmten Zeitraum besteht. Nach dieser Auffassung beinhaltet § 11 BUrlG keine Anspruchsgrundlage für einen eigenständigen Anspruch auf Urlaubsentgelt, sondern vielmehr eine Ausnahme von dem Grundsatz "ohne Arbeit kein Lohn". Der Arbeitnehmer behält für die Zeit, für die er Anspruch auf (bezahlten) Erholungsurlaub hat, seinen Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung (§ 611 BGB), obwohl er tatsächlich keine Arbeitsleistung erbringt.

Der EuGH führte nun im Urteil vom 16.3.2006[3] ohne nähere Begründung aus, die Arbeitszeitrichtlinie[4] behandle den Anspruch auf Jahresurlaub und denjenigen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als 2 Teile eines einzigen Anspruchs dahingehend, dass durch das Erfordernis der Zahlung von Urlaubsentgelt der Arbeitnehmer in eine Lage versetzt werden soll, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist. Diese Formulierung hat der EuGH in der "Schultz-Hoff-Entscheidung"[5] bestätigt. Die bloße Freistellung von der Arbeitspflicht, ohne dass Entgelt gezahlt wird, genügt diesen Anforderungen nicht.[6]

Inzwischen ist das Bundesarbeitsgericht zur "Einheitstheorie" zurückgekehrt. Zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs bedarf es zunächst der (vorbehaltlosen) Erklärung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht freizustellen.[7]

Zusätzlich zur Freistellung des Arbeitnehmers ist die Bezahlung des Urlaubsentgelts Voraussetzung für die Erfüllung des Urlaubsanspruchs. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis gekündigt ist.[8]

2 Gesetzliche Grundregelung

Im BUrlG sind die Mindestanforderungen und Grundsätze des Urlaubsrechts geregelt. Tarifverträge und Arbeitsverträge können jederzeit dann zulässigerweise vom BUrlG abweichen, wenn sie Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten. Das BUrlG enthält lediglich Mindestansprüche. Regelungen, die zum Nachteil des Arbeitnehmers vom BUrlG abweichen, sind im Rahmen eines Tarifvertrags insoweit zulässig, als sie nicht die §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 BUrlG betreffen.

Individualrechtliche Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Arbeitsvertrag dürfen dagegen, abgesehen von § 7 Abs. 2 Satz 2 BUrlG, keine Abweichungen zulasten des Arbeitnehmers beinhalten (§ 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG). Vertragsparteien, die nicht tarifgebunden sind, können aber tarifliche Regelungen, die vom BUrlG zulasten des Arbeitnehmers abweichen, dadurch zur Anwendung bringen, dass sie auf die einschlägige tarifliche Urlaubsregelung einzelvertraglich Bezug nehmen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG).

Sofern die Tarifvertrags- bzw. Arbeitsvertragsparteien Regelungen treffen, die über den Mindesturlaubsanspruch des BUrlG hinausgehen, können sie von den Grundsätzen des BUrlG abweichende inhaltliche Vereinbarungen treffen.[1] Die Grundsätze des BUrlG können dann nur insoweit herangezogen werden, als die tarifliche oder vertragliche Vereinbarung nicht abschließend ist.

Dies gilt jedoch nur, wenn für einen vom Gesetz abweichenden Regelungswillen der Tarif- bzw. Arbeitsvertragsparteien deutliche Anhaltspunkte bestehen, die auch im Regelungstext ihren Niederschlag gefunden haben.[2] Der Tarif- oder Arbeitsvertrag muss erkennen lassen, dass zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen Ansprüchen unterschieden wird. Fehlen diese, gilt für die übergesetzlichen tariflichen bzw. arbeitsvertraglichen Ansprüche nichts anderes als für die gesetzlichen Ansprüche. Dies ist z. B. von Bedeutu...

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