Rz. 15

Mit der Teilkündigung will der Arbeitgeber einzelne Vertragsbedingungen aufkündigen, ohne aber den Bestand des Arbeitsverhältnisses anzutasten. Sie unterscheidet sich dadurch von der Änderungskündigung, bei der der Arbeitnehmer die Wahl hat zwischen der Beendigung des Vertrages und der Änderung einzelner Bedingungen.[1] Die Teilkündigung ist grds. unzulässig, weil durch sie das von den Parteien vereinbarte Äquivalenz- und Ordnungsgefüge gestört wird und sie nicht darauf Rücksicht nimmt, dass Rechte und Pflichten der Parteien in vielfachen inneren Beziehungen stehen; durch die Teilkündigung entzieht sich somit eine Vertragspartei der Vertragsbindung, ohne gleichzeitig auf ihre Rechte aus der Bindung der anderen Partei zu verzichten. Eine Teilkündigung ist deshalb nur ausnahmsweise zulässig (BAG, Urteil v. 7.10.1982, 2 AZR 455/80[2]).

 

Rz. 16

Die Teilkündigung wird als Gestaltungsmittel insbesondere dann anerkannt, wenn ein Gesamtvertragsverhältnis sich aus mehreren Teilverträgen zusammensetzt und diese Teilverträge nach dem Gesamtbild des Vertrags jeweils für sich als selbstständig lösbar aufgefasst werden müssen. Der 9. Senat des BAG nimmt an, wenn die Bestellung eines Arbeitnehmers zum Datenschutzbeauftragten widerrufen werden soll, muss gleichzeitig der Arbeitsvertrag durch Teilkündigung entsprechend geändert werden, wobei für Widerruf und Teilkündigung ein wichtiger Grund vorliegen muss (BAG, Urteil v. 13.3.2007, 9 AZR 612/05). Der 10. Senat des BAG nimmt dagegen an, dass allein der Widerruf der Bestellung erforderlich ist. Der Arbeitsvertrag werde regelmäßig nur befristet für die Dauer des Amtes geändert, sodass für eine Teilkündigung kein Raum ist. Das Recht zur Teilkündigung könne nicht einmal vertraglich eingeräumt werden, da der Widerruf an einen wichtigen Grund gebunden ist (BAG, Urteil v. 23.3.2011, 10 AZR 562/09, Rz. 30; BAG, Urteil v. 29.9.2010, 10 AZR 588/09, Rz. 16[3]).

Eine Divergenz soll nicht vorliegen. Es sei eine Frage der Auslegung, ob eine Teilkündigung zulässig und geboten ist. Das sei insbesondere nicht der Fall, wenn die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten "nach Maßgabe des BDSG" erfolgt ist, so der 10. Senat des BAG. Allerdings war eine Bestellung "gem. BDSG" auch in dem Fall erfolgt, über den der 9. Senat des BAG zu entscheiden hatte. In der Praxis sollte, wenn der Arbeitsvertrag unklar ist, vorsorglich eine Teilkündigung erfolgen. Sofern die Bestellung erst noch erfolgen soll, kann der Arbeitsvertrag ausdrücklich befristet für die Dauer des Amtes geändert werden.[4]

 

Rz. 17

Die Teilkündigung ist auch dann ausnahmsweise zulässig, wenn einem Vertragspartner das Recht hierzu durch Vertrag vorbehalten oder durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag eingeräumt ist. Allerdings darf sie nicht zu einer Umgehung von zwingenden Kündigungsvorschriften führen (BAG, Urteil v. 14.11.1990, 5 AZR 509/89[5]).

Das Recht zur Teilkündigung kann insbesondere eingeräumt werden, um eine Pauschalierungsabrede rückgängig zu machen.[6] Das Recht zur Teilkündigung stellt einen Änderungsvorbehalt i. S. d. § 308 Nr. 4 BGB dar. Diese Vorschrift erfasst auch Erfüllungsmodalitäten. Die Pauschalierungsabrede soll die Abrechnung der grds. "spitz" zu ermittelnden Einzelansprüche erleichtern. Für den Arbeitnehmer vermeidet sie Nachweisschwierigkeiten und für den Arbeitgeber Verwaltungsaufwand. In der Klausel müssen die Gründe für die Teilkündigung nicht aufgelistet werden. Allerdings müssen beide Parteien das Recht zur Teilkündigung haben und die Klausel muss den jeweils maßgeblichen Abrechnungszeiträumen Rechnung tragen. Bei monatlicher Abrechnung ist z. B. eine Frist von 2 Wochen zum Monatsende angemessen, um Änderungen innerhalb einer Abrechnungsperiode zu vermeiden und der Gegenseite Gelegenheit zu geben, sich auf die Umstellung der Abrechnung einzustellen.

 

Rz. 18

Soweit die Teilkündigung ausnahmsweise zulässig ist, gelten die formellen Anforderungen für eine "normale" Kündigung nicht. D. h.:

Für die Teilkündigung gilt nicht das Schriftformerfordernis des § 623 BGB.[7]

Die Kündigungsfristen sind nicht zu beachten.[8] Die Rechtsprechung prüft im Einzelfall, ob eine Ankündigungsfrist erforderlich ist.

Die Klagefrist des § 4 KSchG gilt für die Teilkündigung nicht.[9] Jedenfalls scheidet eine unmittelbare Anwendung des KSchG aus, da die Teilkündigung nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt (BAG, Urteil v. 13.3.2007, 9 AZR 612/05). Im Hinblick auf die Klagefrist bedarf es aus Gründen der Rechtssicherheit eindeutiger Erklärungen, wenn der Arbeitgeber tatsächlich den Bestand des Arbeitsverhältnisses infrage stellen will (BAG, Urteil v. 24.1.2006, 3 AZR 583/04).

Die Teilkündigung bedarf auch nicht einer Anhörung oder Zustimmung von Betriebsrat bzw. Personalrat.

Sie beendet nicht das Arbeitsverhältnis als solches. Sie stellt auch keine wesentliche Änderung des Arbeitsvertrages dar.[10]

 

Rz. 19

Wird dem Arbeitgeber im Arbeits- oder Kollektivvertrag das Recht zur Teilkündigung eingeräumt, ist diese Bestimmung nac...

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