Die Pflegezeit, die Freistellung zur Betreuung minderjähriger pflegebedürftiger Angehöriger und die Freistellung zur Sterbebegleitung können jeweils in Form einer vollständigen oder einer nur teilweisen Freistellung beansprucht werden. Nachfolgend werden die Auswirkungen der Freistellung auf das Arbeitsverhältnis näher dargestellt.

3.4.5.1 Auswirkungen bei vollständiger Freistellung

3.4.5.1.1 Kein Aufstieg in den Entgeltstufen

Der Aufstieg in den Entgeltstufen erfolgt nach einer bestimmten Dauer "einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe" bzw. bei Ärztinnen und Ärzten nach einer bestimmten Dauer der ärztlichen Tätigkeit. § 17 Abs. 3 TVöD, § 20 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA stellt bestimmte Zeiten ohne Arbeitsleistung – Urlaub, Mutterschutzzeiten usw. – den Tätigkeitszeiten gleich. Die Regelung erfasst jedoch nicht Ruhenszeiträume wie z. B. die Pflegezeit.

Damit bleibt die Dauer der Pflegezeit sowie der sonstigen Freistellungen nach PflegeZG beim Stufenaufstieg unberücksichtigt.

 
Praxis-Tipp

Selbst wenn man unterstellt, dass Pflegezeit in der betrieblichen Praxis überwiegend von weiblichen Beschäftigten in Anspruch genommen wird, stellt die Nichtberücksichtigung der Pflegezeit weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts dar.[1] Im TVöD soll über den Aufstieg in den Entgeltstufen die durch größere Erfahrung eintretende Verbesserung der Arbeitsleistung honoriert werden. Während der Pflegezeit wird jedoch keine Berufserfahrung in der Tätigkeit der jeweiligen Entgeltgruppe gewonnen.

Eine Besonderheit besteht, wenn die Pflegezeit weniger als einen Monat dauert: Bei Anwendung des TVöD sind Unterbrechungen der Tätigkeit von weniger als einem Monat im Kalenderjahr für die Stufenlaufzeit unschädlich.

[1] So: BAG, Urteil v. 27.1.2011, 6 AZR 526/09 zur Nichtberücksichtigung von Elternzeit bei der Stufenlaufzeit im Entgeltsystem des TVöD.

3.4.5.1.2 Kürzung der Jahressonderzahlung

Die Inanspruchnahme der Pflegezeit führt regelmäßig zu einer Verminderung der tariflichen Jahressonderzahlung: Nach § 20 Abs. 4 Satz 1 TVöD vermindert sich der Anspruch auf die Jahressonderzahlung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 (bei Urlaub, Krankheit etc.) haben. Während der Pflegezeit ist kein Entgelt zu leisten, sodass die tarifliche Kürzungsregelung greift.

Zwar schließt § 20 Abs. 4 Satz 2 TVöD die Verminderung der Jahressonderzahlung für bestimmte Fehlzeiten aus, z. B. für Mutterschutzzeiten sowie die Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem BEEG im Jahr der Geburt des Kindes. Eine analoge Anwendung der Tarifregelung scheidet wohl aus. Die Vorschrift enthält keinen Beispielskatalog, sondern eine abschließende Aufzählung der Tatbestände, die nicht zu einer Kürzung der Jahressonderzahlung führen. Ausnahmevorschriften sind grundsätzlich eng auszulegen.[1] Raum für eine analoge Anwendung der Vorschrift besteht nicht.[2]

 
Hinweis

Abzuwarten bleibt, ob die Tarifvertragsparteien anlässlich des Inkrafttretens des PflegeZG eine der Elternzeit entsprechende Ausnahmevorschrift zur Pflegezeit in den Tarifvertrag aufnehmen. Nach der derzeitigen Fassung des Tarifvertrags ist eine Kürzung der Jahressonderzahlung bei Inanspruchnahme von Pflegezeit zulässig.

Die Jahressonderzahlung vermindert sich für jeden vollen Kalendermonat der Pflegezeit um 1/12. Beginnt oder endet die Pflegezeit im Laufe eines Monats, führt dieser Monat nicht zu einer Kürzung.

[1] BGH, BGHZ 2, 237; BGHZ 11, 135; NJW 1989, S. 460.
[2] Näher zu den Voraussetzungen einer Analogie unten (Rechtslage bei Nichtanwendung der tariflichen Urlaubsvorschriften).

3.4.5.1.3 Verminderung des Erholungsurlaubs

Rechtslage ab 1.1.2015

Nach § 26 Abs. 2 Buchst. c) TVöD vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubs bei Ruhen des Arbeitsverhältnisses für jeden vollen Kalendermonat um 1/12. Diese Regelung erfasst nach der Rechtsprechung grundsätzlich nur den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden tariflichen Mehrurlaub, nicht jedoch Ansprüche auf den gesetzlichen Mindesturlaub.[1]

 
Praxis-Tipp

Verminderung des Urlaubs bei vollständiger Freistellung

Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf vom 23.12.2014 hat der Gesetzgeber nunmehr eine Kürzungsregelung für den gesetzlichen Urlaub in das PflegeZG aufgenommen. Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Beschäftigten für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung um 1/12 kürzen (§ 4 Abs. 4 PflegeZG). Die Regelung ist zum 1.1.2015 in Kraft getreten.

Bei Inanspruchnahme der Freistellungstatbestände des PflegeZG vermindert sich damit sowohl der tarifliche Urlaub nach § 26 TVöD als auch der gesetzliche Urlaub um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat der Pflegezeit.[2]

 
Praxis-Beispiel

Die/der Beschäftigte nimmt für die Zeit vom 3.5. bis 27.8. Pflegezeit. Der Urlaubsanspruch reduziert sich um 2/12 für die vollen Kalendermonate der Freistellung Juni und Juli. Die Monate Mai und August führen nicht zu einer Kürzung.

Rechtslage bis 31.12.2014

Das PflegeZG in der bis...

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