Bei der Frage, ob ein Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte besteht, ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob die Abmahnung rechtmäßig oder unrechtmäßig ausgesprochen worden ist.

Ein Arbeitnehmer kann auf Grundlage von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (analog) die Entfernung einer unrechtmäßig ausgesprochenen Abmahnung aus seiner Personalakte verlangen. Dies betrifft die folgenden Fälle:[1]

  • Die Abmahnung enthält unrichtige Tatsachenbehauptungen.
  • Die Abmahnung beruht auf unsachlichen Werturteilen.
  • Die Abmahnung beruht auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers.
  • Die Abmahnung verletzt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Werden in einem Abmahnungsschreiben mehrere Pflichtverletzungen gleichzeitig gerügt und treffen davon nicht alle zu, so muss das Abmahnungsschreiben auf Verlangen des Arbeitnehmers vollständig aus der Personalakte entfernt werden[2]. Es ist daher nicht zulässig, z. B. einzelne Teile des Abmahnungsschreibens zu schwärzen oder zu überkleben oder die Abmahnung in Teilen aufrechtzuerhalten. Der Arbeitgeber kann jedoch das Abmahnungsschreiben aus der Personalakte entfernen und es durch ein neues Abmahnungsschreiben ersetzen, das sich nur auf die nachgewiesenen Pflichtverletzungen stützt.

Auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer regelmäßig einen Anspruch auf Entfernung einer unrechtmäßig erteilten Abmahnung aus der Personalakte. Aus der Ausstrahlung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers in Schutz- und Rücksichtnahmepflichten des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB folgt die Pflicht des Arbeitgebers, keine unrichtigen Daten über den Beschäftigten aufzubewahren.

Im Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes wird der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entfernung einer unbegründeten Abmahnung aus seinen Personalakten auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass er nach § 83 Abs. 2 BetrVG berechtigt ist, die Personalakte um eine Gegendarstellung zu ergänzen. Diese Vorschrift gewährt dem Arbeitnehmer lediglich ein Recht zur Abgabe einer Erklärung. Unrichtige oder abwertende Angaben über die Person des Arbeitnehmers werden durch dessen Gegendarstellung jedoch nicht neutralisiert. Die Gegendarstellung besagt insoweit lediglich, dass die Angaben durch den Arbeitnehmer bestritten oder beanstandet werden. Die von unrichtigen oder abwertenden Vermerken ausgehende Gefährdung für das weitere berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers wird jedoch durch die Gegendarstellung nicht aus der Welt geschaffen. Durch § 83 Abs. 2 BetrVG werden weitergehende Ansprüche nicht ausgeschlossen, das Recht des Arbeitnehmers, die Entfernung unrichtiger Angaben aus den Personalakten zu verlangen, besteht daher neben dem Recht zur Gegendarstellung nach § 83 Abs. 2 BetrVG[3].

Nach § 3 Abs. 6 Satz 4 und 5 TV-L ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Beschäftigten über Beschwerden und Behauptungen tatsächlicher Art, die für sie ungünstig sind oder ihnen nachteilig werden können, vor Aufnahme in die Personalakten zu hören und ihre Äußerung zu den Personalakten zu nehmen. Hat der Arbeitgeber gegen die Pflicht zur Anhörung des Beschäftigten verstoßen und die Abmahnung dennoch zur Personalakte genommen, kann der Beschäftigte die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen (siehe dazu auch Abschnitt 4.5). Der Mangel kann durch eine nachträgliche Anhörung des Beschäftigten nicht beseitigt werden. Gleichwohl behält die formell unwirksame Abmahnung die für eine verhaltensbedingte Kündigung erforderliche Warnfunktion, sie gilt daher auch nach der Entfernung aus der Personalakte als erteilt[4]. Der Arbeitgeber kann die Anhörung des Beschäftigten nachholen, die Abmahnung dann erneut aussprechen und zur Personalakte nehmen.

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