Leitsatz (amtlich)

Die Regelung zum Gegenwert in § 23 Abs. 2 VBLS benachteiligt den ausgeschieden Beteiligten unangemessen und ist daher unwirksam.

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 18.12.2009; Aktenzeichen 7 O 290/08 Kart.)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 18.12.2009 - 7 O 290/08 Kart. - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die klagende Versorgungsanstalt verlangt von dem als Beteiligten ausgeschiedenen beklagten Arbeitgeber Zahlung eines weiteren Gegenwerts als Ausgleich für die bei ihr verbliebenen Versorgungslasten.

Die Klägerin ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und gewährt auf privatrechtlicher Grundlage in Form von Gruppenversicherungsverträgen mit Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes, die dem geltenden Tarifrecht des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Länder oder einem Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts unterliegen (sog. Beteiligte), nach Maßgabe ihrer Satzung (künftig: VBLS) eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung (§ 2 Abs. 1 VBLS). Die bisherige Satzung der Klägerin in der Fassung der 41. Satzungsänderung wurde durch eine vom Verwaltungsrat der Klägerin am 19.9.2002 beschlossene, von der Aufsichtsbehörde am 22.11.2002 genehmigte und im Bundesanzeiger vom 3.1.2003 veröffentlichte "Neufassung zum 1.1.2001" ersetzt (im Folgenden: VBLS a.F. und VBLS n.F., soweit sie inhaltlich voneinander abweichen).

Die Finanzierung der Klägerin erfolgt nach §§ 60 Abs. 1 S. 1, 61 Abs. 1 VBLS im Abrechnungsverband West, dem der Beklagte angehörte, seit 1967 über ein Umlageverfahren in Form eines modifizierten Abschnittsdeckungsverfahrens. Der Umlagesatz ist so bemessen, dass die für die Dauer des Deckungsabschnitts zu entrichtende Umlage zusammen mit den übrigen zu erwartenden Einnahmen und dem verfügbaren Vermögen ausreicht, die Aufgaben der Klägerin während des Deckungsabschnitts sowie der sechs folgenden Monate zu erfüllen.

Der Beklagte war seit dem 1.10.1940 zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin, dann bei dieser selbst beteiligt. Mit Schreiben vom 26.6.2002 (Anlage K 1) kündigte er seine Beteiligung zum 31.12.2002.

Im Hinblick auf die nach dem Ausscheiden eines Beteiligten weiterhin zu erfüllenden Verpflichtungen durch die Klägerin bestimmt § 23 Abs. 2 VBLS seit Einführung des Umlageverfahrens (1967) die Verpflichtung des ausscheidenden Beteiligten, einen sog. Gegenwert zu zahlen. In seiner Fassung bis zum 31.12.1994 sah § 23 Abs. 2 VBLS die Berechnung des Gegenwerts nur auf Basis der von der Klägerin an die dem ausscheidenden Beteiligten zuzurechnenden aktuellen Leistungsempfänger zu zahlenden Renten vor:

§ 23 Abs. 2 VBLS - Fassung 1967:

"Zur Deckung der aus dem Umlagevermögen nach dem Ausscheiden zu erfüllenden Ansprüche (§ 77 Abs. 2) aus früheren Pflichtversicherungen, die durch den Eintritt des Versicherungsfalles oder durch den Tod des Versicherten beendet sind und die bis zu diesem Zeitpunkt auf Grund eines Arbeitsverhältnisses bei dem aus scheidenden Beteiligten bestanden haben, hat dieser einen von der Anstalt nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechneten Gegenwert zu zahlen. Der Gegenwert ist mit den Rechnungsgrundlagen gem. § 79 Abs. 2 zu berechnen; dabei ist eine künftige jährliche Erhöhung (§ 56) zu berücksichtigen, die dem Durchschnitt der Anhebungen und Verminderungen der Bezüge der Versorgungsempfänger des Bundes, deren Bezügen ein Grundgehalt nicht zugrunde liegt, in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden entspricht, mindestens aber eine Erhöhung von jährlich 3 v.H."

Mit einer zum 1.1.1995 in Kraft getretenen Satzungsänderung wurde die Gegenwertberechnung dahin geändert, dass ein Gegenwert nicht nur für die von der Klägerin an die Leistungsempfänger zu zahlenden Renten, sondern auch für Anwartschaften zu entrichten ist. Die bis zum 31.12.2000 geltende Fassung hatte folgenden Wortlaut:

§ 23 Abs. 2 VBLS - Fassung 1995:

"Zur Deckung der aus dem Anstaltsvermögen nach dem Ausscheiden zu erfüllenden Verpflichtungen auf Grund von

a) Leistungsansprüchen von Personen, bei denen der Versicherungsfall während einer Pflichtversicherung (einschließlich der Fälle des § 37 Abs. 2 bis 4 sowie des Abs. 4a in der bis zum 31.12.1994 geltenden Fassung) über den ausgeschiedenen Beteiligten eingetreten ist,

b) Leistungsansprüchen von Personen, bei denen der Versicherungsfall in einer beitragsfreien Versicherung eingetreten ist, die auf einer Pflichtversicherung über den ausgeschiedenen Beteiligten beruht,

c) Leistungsansprüchen von Hinterbliebenen von in den Buchstaben a und b genannten Personen,

d) Anwartschaften aus Pflichtversicherungen über den ausg...

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