Leitsatz (amtlich)

§ 23 Abs. 2 VBLS ist keine wirksame Grundlage für Ansprüche der Versorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes gegen einen ausgeschiedenen Beteiligten auf Zahlung einer Gegenwertleistung.

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 19.06.2009; Aktenzeichen 7 O 124/08 (Kart.))

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 10.10.2012; Aktenzeichen IV ZR 10/11)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 19.6.2009 - 7 O 124/08 (Kart.) - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Rückzahlung eines Teils von 400.000 EUR der von ihm wegen seiner Kündigung seines Beteiligungsverhältnisses an der Beklagten an diese geleisteten Gegenwertforderung.

Die Beklagte ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und gewährt auf privatrechtlicher Grundlage in Form von Gruppenversicherungsverträgen mit Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes, die dem geltenden Tarifrecht des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Länder oder einem Tarifrecht des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Länder oder einem Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts unterliegen (sog. Beteiligte), nach Maßgabe ihrer Satzung eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung. Ein tarifvertraglicher Anspruch auf Gewährung einer solchen Zusatzversorgung wurde für die neuen Bundesländer zum 1.1.1997 geschaffen. Die bisherige Satzung der Beklagten in der Fassung der 41. Satzungsänderung wurde durch eine vom Verwaltungsrat der Beklagten am 19.9.2002 beschlossene, von der Aufsichtsbehörde am 22.11.2002 genehmigte und im Bundesanzeiger vom 3.1.2003 veröffentlichte "Neufassung zum 1.1.2001" ersetzt (im Folgenden VBLS a.F. und VBLS n.F., soweit sie inhaltlich voneinander abweichen).

Die Finanzierung der Beklagten erfolgte nach §§ 75 f. Abs. 1 VBLS a.F., 60 Abs. 1, 61 Abs. 1 VBLS n.F. ihrer Satzung im gesonderten Abrechnungsverband Ost (§ 76 Abs. 3a VBLS a.F., § 61 Abs. 5 VBLS n.F.) bis zum 31.12.2003 über ein reines Umlageverfahren in Form eines modifizierten Abschnittsdeckungsverfahrens. Der Umlagesatz ist bei diesem Verfahren so bemessen, dass die für die Dauer des Deckungsabschnitts zu entrichtende Umlage zusammen mit den übrigen zu erwartenden Einnahmen und dem verfügbaren Vermögen ausreicht, die Aufgaben der Beklagten während des Deckungsabschnitts sowie der sechs folgenden Monate zu erfüllen. Für die Umlagefinanzierung der Leistungen in der Pflichtversicherung unterhält die Beklagte das sog. Versorgungskonto I (§ 64 VBLS n.F.). Soweit einzelne Leistungen aufgrund einer Kapitaldeckung erfolgen, wird das hierfür zurückgestellte Vermögen auf dem sog. Versorgungskonto II verbucht (§ 66 VBLS n.F.).

Der Kläger, ein Trägerverein, der eine Klinik betreibt, hatte sich mit Vereinbarung vom 5./27.11.1996 an der Beklagten beteiligt und gehörte dem Abrechnungsverband Ost an. Er kündigte das Beteiligungsverhältnis zum 31.12.2003.

Seit Einführung des Umlageverfahrens im Jahr 1967 bestimmt § 23 Abs. 2 VBLS die Verpflichtung des ausscheidenden Beteiligten, an die Beklagte einen sog. Gegenwert in Gestalt einer Einmalzahlung zu leisten. Zunächst sah § 23 Abs. 2 VBLS a.F. die nach versicherungsmathematischen Grundsätzen vorzunehmende Berechnung des Gegenwerts nur auf Basis der von der Beklagten an die dem ausscheidenden Beteiligten zuzurechnenden aktuellen Leistungsempfänger zu zahlenden Renten vor. Noch vor der Beteiligung des Klägers an der Beklagten wurde § 23 Abs. 2 VBLS a.F. mit Wirkung zum 1.1.1995 dahingehend geändert, dass ein Gegenwert nicht nur für die von der Beklagten an die Leistungsempfänger zu zahlenden Renten, sondern auch für Anwartschaften solcher Versicherter zu entrichten ist, welche die Wartezeit erfüllt haben.

Durch weitere Änderungen der VBLS a.F. und VBLS n.F. wurden die Regelungen zur Gegenwertermittlung bis zum Ausscheiden des Klägers zum 31.12.2003 weiter dahingehend modifiziert, dass der Gegenwert zur Deckung von Fehlbeträgen um 10 % und zur Abgeltung von Verwaltungskosten pauschal um 2 % zu erhöhen und der zunächst auf den Ausscheidestichtag abgezinste Gegenwert für den Zeitraum vom Tag des Ausscheidens aus der Beteiligung bis zum Ende des Folgemonats nach Erstellung des versicherungsmathematischen Gutachtens mit Jahreszinsen in Höhe des durchschnittlichen vom Hundertsatzes der in den letzten fünf Kalenderjahren vor dem Ausscheiden erzielten Vermögenserträgen, mindestens jedoch mit 5,25 v.H. aufzuzinsen ist.

Die zum 31.12.2003 geltende Fassung des § 23 Abs. 2 VBLS lautet wie folgt:

"Zur Deckung der aus dem Anstaltsvermögen nach dem Ausscheiden zu erfüllenden Verpflichtungen auf Grund von

a) Leistungsansprüchen von Be...

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