Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltungsbereich einer Betriebsvereinbarung Antragsbefugnis des Betriebsrats

 

Leitsatz (amtlich)

Der Betriebsrat des Hauptbetriebes kann eine Betriebsvereinbarung nicht mit Wirkung für die Arbeitnehmer eines neu errichteten, betriebsratsfähigen Betriebsteils (§ 4 S. 1 BetrVG), für den noch kein eigener Betriebsrat gebildet ist, abschließen.

Der später für den Betriebsteil gewählte Betriebsrat kann nicht die Feststellung verlangen, die Betriebsvereinbarung sei für die dortigen Arbeitnehmer kraft betrieblicher Übung anzuwenden.

 

Normenkette

BetrVG § 4; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 01.02.2000; Aktenzeichen 1 BV 31/99)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 19.02.2002; Aktenzeichen 1 ABR 26/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 01. 02. 2000 – 1 BV 31/99 – abgeändert.

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) die Betriebsvereinbarung vom 07. Mai 1992 über eine Versorgungsordnung für die betriebliche Altersversorgung, die sie mit dem Betriebsrat des Hauptbetriebes in Kassel abgeschlossen hat, auch für ihre in der Geschäftsstelle in Magdeburg beschäftigten Arbeitnehmer anzuwenden hat.

Die Arbeitgeberin ist eine Wohnungsbaugesellschaft mit Sitz in Kassel, deren hauptsächliche Tätigkeit in der Verwaltung von Mietwohnungen besteht. Im Hauptbetrieb in Kassel war und ist ein Betriebsrat gewählt.

Mit Wirkung vom 01. 10. 1991 übernahm die Arbeitgeberin aufgrund eines Treuhandverwaltungsvertrages mit der Deutschen Reichsbahn die wohnungswirtschaftliche Verwaltung bestimmter Grundstücke der früheren Deutschen Reichsbahn. Zu diesem Zweck mietete die Arbeitgeberin in Magdeburg Verwaltungsräume neu an, stattete diese aus und stellte Arbeitnehmer ein. Hierbei handelte es sich teilweise um früher bei der Deutschen Reichsbahn Beschäftigte, teilweise erfolgten Neueinstellungen. Insgesamt beschäftigt die Arbeitgeberin in der Geschäfts- bzw. Außenstelle Magdeburg etwa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Geschäftsführung auch für die in Magdeburg beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befindet sich ausschließlich in Kassel. Hier werden die für die Personalleitung relevanten Fragen geklärt. In der Geschäftsstelle in Magdeburg gab es von Anfang an nur eine Büroleiterin, bei der sich die Mitarbeiter abmelden mussten usw.. Die grundsätzlichen Arbeitsanweisungen wurden und werden von der Geschäftsführung in Kassel erteilt. Im Übrigen arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Programme selbständig ab.

Für den Betrieb in Kassel gelten 4 Betriebsvereinbarungen aus der Zeit vor dem 01. 10. 1991, nämlich die Betriebsvereinbarung vom 12. 05. 1972 über die Vorschusszahlung auf das 13. Monatsgehalt, die vom 05. 12. 1977 über Sonderurlaub und Arbeitsbefreiung, die vom 18. 05. 1989 betreffend die gleitende Arbeitszeit und die Arbeitsordnung vom 16. 08. 1990. Diese Betriebsvereinbarungen wurden nach deren Errichtung in der Geschäftsstelle Magdeburg übernommen und werden dort praktiziert.

Am 07. Mai 1992 schlossen die Arbeitgeberin und der für den Betrieb Kassel gewählte Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Versorgungsordnung für die betriebliche Altersversorgung. Danach gewährt die Arbeitgeberin … „ihren Betriebsangehörigen” Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die neue Versorgungsordnung trat rückwirkend zum 01. 01. 1991 in Kraft.

Am 23. 07. 1993 schlossen der Betriebsrat in Kassel und die Arbeitgeberin in Ergänzung des einschlägigen Tarifvertrages eine Betriebsvereinbarung über die Abgeltung von Überstunden. Zum Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung ist nichts näheres geregelt. Auch diese Betriebsvereinbarung wurde nach ihrem Abschluss in der Außenstelle Magdeburg übernommen und wird dort praktiziert.

Am 03. 06. 1994 wählten die in der Geschäftsstelle Magdeburg beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen eigenen Betriebsrat. Dieser ist Antragsteller im vorliegenden Verfahren.

Der Antragsteller (Betriebsrat) hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, die Betriebsvereinbarung über die Versorgungsordnung für die betriebliche Altersversorgung vom 07. Mai 1992 auch für die in der Außenstelle Magdeburg beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anzuwenden.

Der Betriebsrat hat beantragt,

festzustellen, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, die Versorgungsordnung für die betriebliche Altersversorgung gemäß Betriebsvereinbarung vom 07. Mai 1992 auch für die in Magdeburg beschäftigten Arbeitnehmer anzuwenden.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat gemeint, die Betriebsvereinbarung vom 07. Mai 1992 gelte nur für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hauptbetrieb in Kassel.

Mit Beschluss vom 01. 02. 2000, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Magdeburg festgestellt, dass die Arbeitgeberin verpflichte...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge