Betriebsratswahl am Berliner Flughafen darf stattfinden
Wann ist ein Betriebsteil betriebsratsfähig? Und ist dies überhaupt möglich, wenn der Hauptbetrieb außerhalb von Deutschland und damit des Betriebsverfassungsgesetzes liegt? Diese Frage ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Das soll die Beschäftigten einer maltesischen Fluggesellschaft jedoch nicht davon abhalten, einen Betriebsrat am Berliner Flughafen zu wählen. Zu diesem Schluss kam das Landesarbeitsgericht Berlin im vorliegenden Verfahren. Ein Aufschieben der Betriebsratswahl bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung, darüber dass eine betriebsratsfähige Organisationseinheit der Fluggesellschaft am Berliner Flughafen besteht, sei den Beschäftigten nicht zumutbar.
Der Fall: Fluggesellschaft will Betriebsratswahl verhindern
Die Gewerkschaft Verdi hatte das Flugpersonal einer maltesischen Fluggesellschaft, das am Berliner Flughafen stationiert ist, zur Wahl eines Betriebsrats aufgerufen. Die Fluggesellschaft selbst geht davon aus, dass sie am Berliner Flughafen keine betriebsratsfähige Organisationseinheit unterhält. Um diese Frage zu klären, leitete sie ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht Cottbus ein. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes wollte der Arbeitgeber erreichen, dass bis zur rechtskräftigen Klärung dieser Frage keine Betriebsratswahl stattfinden darf. Er beantragte vor Gericht, die Vorbereitung der Betriebsratswahl durch die Wahl eines Wahlvorstands vorläufig zu untersagen.
LAG Berlin: Mögliche Anfechtbarkeit reicht für Untersagung nicht
Das Landesarbeitsgericht Berlin hat den Antrag der Fluggesellschaft zurückgewiesen. Es hat in seiner Begründung darauf hingewiesen, dass eine Betriebsratswahl nur unter der Voraussetzung untersagt werden kann, dass die Nichtigkeit der beabsichtigten Wahl offensichtlich ist. Dass die beabsichtigte Betriebsratswahl möglicherweise anfechtbar ist, reicht nicht für eine Untersagung. Der Grund hierfür ist, dass nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes betriebsratslose Betriebe vermieden werden sollen. Bei einer Wahlanfechtung wird dieses Ziel dadurch erreicht, dass der gewählte Betriebsrat zunächst mit allen Rechten und Pflichten im Amt bleibt, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung zugunsten des Arbeitgebers. Nur in besonderen Ausnahmefällen sei eine Betriebsratswahl nichtig, betonte das LAG Berlin.
Keine offensichtliche Nichtigkeit der Wahl
Dazu müsse ein eklatanter Verstoß gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl vorliegen, so dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr bestehe. Dies hielten die Berliner Richter vorliegend nicht für gegeben. Es war für sie zumindest nicht auf den ersten Blick erkennbar und offensichtlich, dass nicht auch ein qualifizierter Betriebsteil nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz an der Base BER vorliegen könne. Zumindest ein Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit war aus ihrer Sicht bei dem Flugbetrieb der Fluggesellschaft am Berliner Flughafen gegeben.
Beschäftigten ist Abwarten nicht zumutbar
Ob ein derart qualifizierter Betriebsteil auch dann betriebsratsfähig sein könne, wenn der Hauptbetrieb – wie hier – außerhalb Deutschlands und damit außerhalb des Geltungsbereichs des Betriebsverfassungsgesetzes liege, ist höchstrichterlich bisher ungeklärt. Diese Rechtsfrage kann laut LAG Berlin auch nicht zugunsten der Fluggesellschaft im Wege der einstweiligen Verfügung geklärt werden, da die entgegenstehende Auffassung der Gewerkschaft vertretbar und nicht offensichtlich unzutreffend sei. Das Gericht hielt ein Aufschieben der Betriebsratswahl bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen einer betriebsratsfähigen Organisationseinheit der Fluggesellschaft am Berliner Flughafen den Beschäftigten gegenüber für nicht zumutbar. Diese könne sich möglicherweise durch drei Instanzen und über mehrere Jahre hinziehen.
Hinweis: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Februar 2023, Az: 4 TaBVGa 1301/22
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