Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmer. Kündigung, außerordentliche. Mitwirkungspflicht. Tarifvertrag. Außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist wegen schuldhafter Verweigerung einer Begutachtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die schuldhafte Vereitelung einer gesundheitlichen Begutachtung durch einen berufs- oder erwerbsunfähigen Arbeitnehmer im Geltungsbereich des BAT/TVöD ist geeignet, trotz ordentlicher Unkündbarkeit eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber zu rechtfertigen.

 

Normenkette

BAT § 59 Abs. 1, § 7 Abs. 2; TVöD-AT § 3 Abs. 4, § 33 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 29.07.2009; Aktenzeichen 12 Ca 2099/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 29.7.2009 – 12 Ca 2099/08 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um die Wirksamkeit einer mit sozialer Auslauffrist ausgesprochenen außerordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung.

Die am 27.02.1957 geborene Klägerin war ursprünglich mit einem dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen in Bezug nehmenden Arbeitsvertrag zunächst in der Zeit von 1978 bis 1980 und zuletzt seit 01.03.1985 bei der Beklagten als Schreibkraft mit einer Bruttomonatsvergütung von 2.252,74 EUR beschäftigt. Der Grad der Behinderung der Klägerin beträgt 60 (Bescheid des Amtes für Soziale Angelegenheiten vom 18.06.2008 – Bl. 8 d. A.).

Für die Zeit vom 12.11.2007 bis 01.02.2008 war die Klägerin zur Arbeitsleistung in das Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz abgeordnet.

Mit Schreiben vom 16.11.2007 forderte der Leitende Flottenarzt der Abteilung VI B – Psychiatrie und Psychotherapie R. Z. – die Beendigung der Tätigkeit der Klägerin mit sofortiger Wirkung (Bl. 111 d. A.). Im Hinblick auf die in diesem Schreiben ebenfalls beinhaltete Empfehlung, ein fachärztliches medizinisches Gutachten über Ausmaß und Art der Einschränkung der Dienstfähigkeit der Klägerin herbeizuführen, sowie eine psychiatrische Begutachtung einzuholen, da an der Dienstfähigkeit der Klägerin ernsthaft gezweifelt werden müsse, fand auf Initiative des Dienststellenleiters ein Gespräch zwischen diesem, dem Personrat, der Gleichstellungsbeauftragten und der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen beim Bundeswehrdienstleistungszentrum (BwDLZ) Koblenz statt. Es wurde beschlossen, eine fachärztliche bzw. vertrauensärztliche Untersuchung der Klägerin in die Wege zu leiten. Dieserhalb wurde mit ihr am 13.12.2007 ein Personalgespräch geführt.

Mit Schreiben vom 16.01.2008 erhielt die Klägerin einen Untersuchungstermin für den 22.01.2008 bei Dr. Mittelbach. Diesem Termin blieb die Klägerin unentschuldigt fern. Mit Schreiben vom 12.02.2008 (Bl. 116 d. A.) erfolgte ein erneuter Begutachtungstermin für den 26.02.2008. Diesen nahm die Klägerin in Begleitung ihrer Mutter wahr. In einem von Dr. Mittelbach gefertigten Gutachten wurden erhebliche Zweifel an der Erwerbsfähigkeit der Klägerin geäußert. Dieserhalb, sowie im Hinblick auf ein Gutachten des personalärztlichen Dienstes der Wehrbereichsverwaltung West, das ebenfalls von einer massiven Einschränkung der Erwerbsunfähigkeit ausgeht (Bl. 117 ff. d. A.), wurde die Klägerin mit Schreiben vom 31.03.2008 aufgefordert, einen Rentenantrag bei dem für sie zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen. Die Klägerin leistete dem nicht Folge. Sie wurde mit Schreiben vom 17.04. und 09.05.2008 (Bl. 121 d. A.) erneut zur Antragstellung aufgefordert. Als die Klägerin auch der dritten Aufforderung nicht nachkam, erfolgte mit Schreiben vom 10.06.2008 (Bl. 122 d. A.) eine Einladung zu einem Präventionsgespräch im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements am 20.06.2008. Dies lehnte die Klägerin ab (Bl. 123 d. A.).

Mit Schreiben vom 04.07.2008 erging eine Mitteilung an die Klägerin, wonach nunmehr ein Gutachten beim zuständigen Amtsarzt in Koblenz eingeholt werden müsse. Dies war mit dem Hinweis verbunden, dass die Klägerin dem Untersuchungstermin folge zu leisten habe und zur Mitwirkung verpflichtet sei.

Den auf den 13.08.2008 angesetzten Amtsarztuntersuchungstermin nahm sie nicht wahr. Daraufhin erfolgte mit Schreiben vom 18.08.2008 eine Abmahnung (Bl. 126 d. A.). Zu einem zweiten Untersuchungstermin für den 08.09.2008 erschien die Klägerin nicht.

Daraufhin wurde mit Schreiben vom 10.09.2009 die Gleichstellungsbeauftragte beim BwDLZ in Koblenz sowie die Vertrauensperson schwerbehinderter Menschen über die geplante außerordentliche Kündigung der Klägerin informiert. Unter dem 12.09.2008 wurde der Antrag auf Zustimmung des Integrationsamtes Koblenz gestellt, sowie mit Schreiben vom 16.09.2008 der Personalrat zur beabsichtigten Kündigung angehört (Bl. 209 d. A.). Nach Zustimmung des Integrationsamtes mit Bescheid vom 29.09.2008 erfolgte die Fertigung des Kündigungsschreibens vom gleichen Tag, welches eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum ...

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