Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersrente, Anrechnung. Annahmeverzug. Arbeitsplatz, behindertengerechter. Ausschlussfrist. Prozessstandschaft, gewillkürte. Schadenersatz. Schadensschätzung. Sicherungsabtretung, offene. Verdienstausfallschaden. Verjährung. Verschulden. Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung eines behindertengerechten Arbeitsplatzes

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist ein schwerbehinderter Arbeitnehmer oder ein Gleichgestellter außerstande, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, gerät der Arbeitgeber nicht mit der Annahme der Dienste in Verzug. Nur wenn der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nach § 81 Abs. 4 SGB IX schuldhaft i.S.v. § 276 BGB nicht nachkommt, ist er dem Arbeitnehmer zum Schadensersatz wegen entgangener Vergütung verpflichtet.

Verschuldet ist ein Rechtsirrtum im Hinblick auf § 81 Abs. 4 SGB IX nur dann, wenn die Nichtbeschäftigung rechtlich unvertretbar war.

 

Normenkette

BGB §§ 195, 204 Abs. 1, §§ 276, 280 Abs. 1, §§ 615, 823 Abs. 2; SGB IX § 81 Abs. 4 S. 1; TVAL II § 49

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 06.09.2007; Aktenzeichen 2 Ca 806/07)

 

Tenor

1. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 06.09.2007, Az.: 2 Ca 806/07, aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 183.493,63 festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche des Klägers, weil ihm die US-Streitkräfte keinen behindertengerechten Arbeitsplatz zugewiesen haben.

Der mit einem Grad von 100 schwerbehinderte Kläger (geb. am 28.12.1942, verheiratet) war seit dem 01.05.1981 bei den US-Streitkräften auf der A. B. R. als Feuerwehrmann beschäftigt. Seit dem 01.07.1991 wurde er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Gruppe der für die Brandbekämpfung zuständigen Feuerwehrleute eingesetzt, sondern als Feuerlöschtechniker. Auf Grund arbeitsvertraglicher Vereinbarung war auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVAL II) anzuwenden. Die Vergütung des Klägers richtete sich zuletzt nach der Lohn-/Gehaltsgruppe P 3/ II Endstufe.

Der Kläger war seit dem 16.07.2000 ohne Unterbrechung arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 01.09.2000 erhielt er eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich EUR 163,73 netto (Rentenbescheid, Bl. 214 der Beiakte). Mit Wirkung ab 01.08.2004 wurde ihm eine vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von monatlich EUR 905,68 brutto (EUR 823,72 netto) bewilligt. Die Anspruchsvoraussetzungen waren bereits ab dem 27.12.2002 erfüllt; der Rentenbeginn wurde auf ausdrückliche Bestimmung des Klägers im Rentenverfahren auf den 01.08.2004 festgelegt (Rentenbescheid, Bl. 47-48 d. A.).

Am 30.10.2001 fand mit der Personalbetreuungsstelle der US-Streitkräfte in R. ein Gespräch über einen möglichen Einsatz des Klägers statt. Nachdem er mit anwaltlichem Schreiben vom 21.11.2001 seine Arbeitskraft angeboten hatte, lehnten die Streitkräfte unter dem 28.11.2001 seine Beschäftigung mit der Begrünung ab, er könne seine bisherige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben. Eine andere, seinen gesundheitlichen Einschränkungen entsprechende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestehe nicht. Eine im Februar 2003 erneuerte Aufforderung des Klägers zur Beschäftigung blieb erfolglos.

Mit seiner im Mai 2003 erhobenen Klage hat der Kläger die Zuweisung eines behinderungsgerechten Arbeitsplatzes verlangt. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.07.2003 (2 Ca 758/03) die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 22.01.2004 (6 Sa 1207/03) die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.05.2005 (9 AZR 230/04 = NZA 2006, 155 ff.), das der Beklagten am 03.11.2005 zugestellt worden ist, den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat daraufhin am 31.08.2006 (6 Sa 996/05) folgendes Urteil verkündet (Ziffer 1 des Tenors):

„Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger, ggf. nach Vertragsänderung, vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats und ggf. nach Durchführung des Zustimmungsverfahrens

als Verwaltungsangestellter (Einkauf),

alternativ Sachbearbeiter (Telekommunikation),

alternativ Housingmanagement (Assistent),

alternativ Angestellter (Materialverwaltung),

alternativ Frachtabfertiger,

alternativ Telefonist/Verwaltungsangestellter (Bürokommunikation),

alternativ Lagerangestellter (Material- und Gütebestimmung),

alternativ Sachbearbeiter (Frachtabwicklung),

alternativ Angestellter (Arbeitskontrolle),

alternativ Kassierer (T 3), zu beschäftigen.”

Das Urteil ist der Beklagten am 22.12.2006 und dem Kläger am 03.01.2007 zugestellt worden. Mit Anwal...

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