Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ab dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 am 01.01.2002 schließt sich nach Ablauf der Fünfmonatsfrist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 ArbGG nicht mehr die Jahresfrist des § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG an.

2. Die Berufungsfrist des § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, die entweder einen Monat nach Zustellung des Urteils oder spätestens nach Ablauf von fünf Monaten ab der Verkündung beginnt, stellt auch in der Neufassung des § 66 ArbGG eine Notfrist dar.

3. Wird ein arbeitsgerichtliches Urteil später als fünf Monate nach der Verkündung, aber noch vor Ablauf von sechs Monaten ab Verkündung zugestellt, hat die Rechtsmittelbelehrung des arbeitsgerichtlichen Urteils anzugeben, dass eine Berufung nur bis zum Ablauf von sechs Monaten ab Verkündung des anzufechtenden Urteils erfolgen kann.

4. Lautet in einem solchen Fall die Rechtsmittelbelehrung dahin, dass innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung eingelegt werden kann, genießt der Berufungskläger Vertrauensschutz hinsichtlich der vom Gericht abgegebenen Rechtsmittelbelehrung.

5. Ist in einem solchen Fall nach Ziffer 4) die Berufung innerhalb der angegebenen Frist, jedoch nach Ablauf von sechs Monaten ab der Verkündung des anzufechtenden Urteils eingelegt, so ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO zu gewähren, und zwar wegen Aktenkundigkeit der die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen auch von Amts wegen

 

Normenkette

ArbGG § 9 Abs. 5 S. 4, § 66 Abs. 1 S. 2 n.F.

 

Verfahrensgang

ArbG Bamberg (Urteil vom 25.06.2002; Aktenzeichen 4 Ca 466/01 C)

ArbG Bayreuth (Urteil vom 15.01.2002; Aktenzeichen 4 Ca 466/01 C)

 

Tenor

Das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin vom 23.07.2002 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin beabsichtigt die Einlegung der Berufung gegen ein am 17.01.2002 verkündetes Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth – Kammer Coburg –, Az.: 4 Ca 466/01 C, das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15.01.2002 erging.

Das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg – Kammer Coburg – wurde beiden Parteien am 25.06.2002 zugestellt. In der Rechtsmittelbelehrung war u.a. angegeben, dass die Berufung innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung eingelegt werden kann und die Berufung innerhalb eines Monats nach Einlegung zu begründen ist.

Mit Schriftsatz vom 23.07.2002, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen am 25.07.2002, beantragte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Gewährung von Prozesskostenhilfe und kündigte an, dass nach der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag gegen das bezeichnete Urteil das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werde.

Die Beklagte, der Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde, hat ausgeführt, die Klägerin habe die Frist zur Berufungseinlegung versäumt. Da das Urteil am 17.01.2002 verkündet worden sei, habe die Frist zur Einlegung der Berufung am 17.07.2002 geendet.

Die Klägerin hat mit weiterem Schriftsatz vom 21.08.2002 vorsorglich beantragt, ihr gegen die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. „Trotz der bestehenden Büroanweisung in Ziffer 4. (BGH, NJW 1989, 1157), die Frist des § 66 Abs. 1 ArbGG bei Erhalt des Protokolls einzutragen”, sei die Eintragung durch das langjährig geschulte und zuverlässige Hilfspersonal nicht vorgenommen und der Fristablauf auch nicht in der Akte vermerkt worden. Dieser Fehler sei der Antragstellerin nicht zuzurechnen. Die Wiedereinsetzung werde höchstvorsorglich beantragt. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG n.F. betrage die Frist für die Einlegung der Berufung unverändert einen Monat, die Neuregelung betreffe lediglich den Fristbeginn für die Berufungsbegründung. § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG finde nach wie vor Anwendung. Mit Ablauf der Fünfmonatsfrist beginne im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht die Berufungseinlegungsfrist, sondern wegen Fehlens der vorgeschriebenen Rechtsmittelbelehrung die Jahresfrist des § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG, der durch die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG n.F. nicht ausgehebelt werde. Aus der Kommentierung zu Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, 4. Auflage 2002, § 66 Rdnr. 15 ergebe sich, dass mit der Neufassung von § 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG der Lauf der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist spätestens beginne mit Ablauf von fünf Monaten ab der Verkündung der Entscheidung, allerdings nur dann, wenn bis zum diesem Zeitpunkt keine Zustellung des Urteils in vollständiger Form erfolgt sei. Der Beginn der Begründungsfrist sei unabhängig von der Einlegung des Rechtsmittels (a.a.O., Rdnr. 15 a). Im Übrigen wiesen die zitierten Autoren darauf hin, dass dem Gesetzgeber bekannt gewesen sei, dass bei Verkündung einer Entscheidung noch keine Rechtsmittelbelehrung erfolge. Der Gesetzgeber habe eine Unklarheit geschaffen, die unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien nicht gelöst werden könne. Die Begrenzung auf einen Fünfmonatszeitraum solle sich nur auf die Fälle der nicht rechtzeitigen Zustellung des U...

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