rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Beweiswert

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beweist nicht, daß der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig krank ist.

2. Der Arbeitgeber kann jederzeit die Erkrankung mit Nichtwissen bestreiten (§ 138 Abs. 4 ZPO) und die Lohnzahlung bis zu ihrem Nachweis verweigern.

3. Er muß dazu keine Umstände darlegen, die zu ernsthaften Zweifeln an der Erkrankung Anlaß geben.

 

Normenkette

BGB § 616 Abs. 1; HGB § 63; LFG § 3; ZPO §§ 416, 286

 

Verfahrensgang

ArbG München (Urteil vom 12.11.1987; Aktenzeichen 16 Ca 8453/84)

 

Tenor

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 12.11.1987 – 16 Ca 8453/87 – wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Die Klägerin behauptet gegen die Beklagte, bei der sie seit 01.09.1986 als Sekretärin angestellt war, einen Lohnanspruch vom 18.07.1987 bis 30.09.1987 zu haben. Am 17.07.1987 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos gekündigt. Die Wirksamkeit dieser Kündigung war von der Klägerin durch Klage vom 20.07.1987 angegriffen worden. Seit dem Termin vom 12.11.1987 verfolgt die Klägerin aber nur noch ihren Lohnanspruch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 30.09.1987. Im übrigen hat sie die Klage zurückgenommen.

Die Klägerin behauptet, vom 10.07.–31.07.1987 und erneut vom 16.09.–30.09.1987 arbeitsunfähig krank gewesen zu sein. Sie hat für diese Zeit 4 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Zeugen Dr. vorgelegt. Für die Zwischenzeit hat sie der Beklagten nicht mitgeteilt, daß sie wieder arbeitsfähig gesund sei.

Mit Urteil vom 12.11.1987, auf das wegen des Sachvortrags der Parteien im ersten Rechtszug, der von ihnen gestellten Anträge sowie wegen der rechtlichen Erwägungen des Erstgericht Bezug genommen wird hat das Arbeitsgericht München wie folgt erkannt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 8.500, brutto nebst 4% Zinsen aus dem sich aus DM 1.700,– brutto ergebenden Nettobetrag seit 01.08.1987, weitere 4% Zinsen aus dem sich aus DM 3.400,– brutto ergebenden Nettobetrag seit 01.09.1987 und weitere 4% Zinsen aus dem sich aus DM 3.400.– brutto ergebenden Nettobetrag seit 01.10.1987 zu bezahlen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  3. Der Streitwert wird auf DM 8.500,– festgesetzt.

Gegen dieses der Beklagten am 04.03.1988 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung vom 31.03.1988, die am 05.04.1988 (Dienstag nach Ostermontag) bei Gericht einging und am 05–05.1988 ordnungsgemäß begründet wurde.

Die Beklagte bestreitet weiterhin die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin und behauptet, die von ihr vorgelegten ärztlichen Atteste seien Gefälligkeitsatteste. Dies ergebe sich schon aus einem mit der Klägerin abgesprochenen Anruf ihrer Mutter am 13.07.1987 mit dem sie die Klägerin wegen Kreislaufbeschwerden entschuldigte und gleichzeitig eine Entschuldigung der Beklagten für Vorwürfe verlangte, die der Klägerin am Tage vor ihrer Erkrankung gemacht wurden. Die Mutter der Klägerin habe angekündigt, daß sie anderenfalls jede Woche eine weitere Krankmeldung schicken werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 03.05.1988 Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt:

Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 12.12.1987, Aktenzeichen: 16 Ca. 8453/87, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt:

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgericht München vom 12.12.1987, Az.: 16 Ca. 8453/87, wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Klägerin trägt im 2. Rechtszug im wesentlichen vor, der Anruf ihrer Mutter vom 13.07.1987 sei ohne ihr Wissen erfolgt und der von der Beklagten behauptete Inhalt des Gesprächs werde mit Nichtwissen bestritten. Gemäß den von ihr vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei sie arbeitsunfähig krank gewesen. Da die außerordentliche Kündigung mangels eines wichtigen Grundes unwirksam sei, habe sie Anspruch auf Lohnzahlung bis zum 30.09.1988.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin wird auf die Schriftsätze vom 23.06.1988, 04.07.1988 und 08.07.1988 Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 09.11.1988. Wegen des Inhalts der Beweisbeschlüsse sowie wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift unter diesem Datum Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden und daher zulässig (§ 66 Abs. 1.64 Abs. 6 ArbGG; § 518, 519 ZPO).

II.

In der Sache ist das Rechtsmittel begründet. Der Klägerin steht über dem 17.07.1987 hinaus kein Lohnanspruch gegen die Beklagte zu.

Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen und Feststellungen:

1. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt nicht von der Frage ab, ob die außerordentliche Kündigung vom 17.07.1987 das Arbeitsverhältnis zu diesem Termin auf...

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