Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung des Leistungsentgelts bei krankheitsbedingten Ausfallzeiten. Auslegung einer Dienstvereinbarung mit Regelungen zur undifferenzierter Auszahlung des aus den Verhandlungsjahren aufgelaufenen Topfes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Absatz 4 TVöD fließen die Anteile des für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehenden Topfes, die nicht über die Hilfsregelung aus Satz 3 der Protokollerklärung zur Auszahlung kommen, in den Topf für das Leistungsentgelt für das Folgejahr. Diese Reste aus dem Topf für das Leistungsentgelt verlieren also ihren Bezug zu dem Kalenderjahr, in dem sie von der Belegschaft "erwirtschaftet" wurden. Diese Regelung dient dem Ziel, den Druck auf Arbeitgeber und Personalrat zur Verabschiedung einer Dienstvereinbarung zum Leistungsentgelt zu erhöhen und diese Zielsetzung ist legitim (BAG 10. Mai 2012 - 10 AZR 202/11 - NZA-RR 2012, 497 = AP Nr. 5 zu § 18 TVöD).

2. Sieht die Dienstvereinbarung zum Leistungsentgelt nach § 18 TVöD (VkA) für das erste Jahr ihrer Geltung eine undifferenzierte Auszahlung des in den davorliegenden Jahren der Verhandlung aufgebauten Topfes für das Leistungsentgelt an alle Arbeitnehmer, die in diesem Jahr bei der Arbeitgeberin tätig waren, zu gleichen Teilen vor, kann ein danach anspruchsberechtigter Arbeitnehmer diese Regelung nicht mit dem Argument angreifen, sie bevorzuge ungerechtfertigt Arbeitnehmer, die erst im Jahr des Abschlusses der Dienstvereinbarung eingestellt wurden.

3. Sieht die Dienstvereinbarung zum Leistungsentgelt nach § 18 TVöD (VkA) vor, dass der Anspruch anteilig gekürzt wird, sofern der berechtigte Arbeitnehmer im Referenzjahr mehr als 42 Abwesenheitstage (mit Ausnahme von Urlaubsabwesenheit) aufzuweisen hat, ist eine solche Regelung in den Grenzen von § 4a EFZG möglich. Ein Arbeitnehmer, der im ersten Geltungsjahr der Dienstvereinbarung zum Leistungsentgelt wegen Arbeitsunfähigkeit nahezu vollständig abwesend war, kann nicht geltend machen, der Referenzzeitraum für die Kürzung seines Anspruchs müsse auf den gesamten Verhandlungszeitraum für die Dienstvereinbarung zum Leistungsentgelt abstellen, damit die Anwesenheitszeiten aus früheren Jahren angemessen berücksichtigt werden. Selbst wenn die Dienstvereinbarung wegen unzureichender Differenzierung insoweit unwirksam sein sollte, ließen sich aus diesem Umstand keine individualrechtlichen Zahlungsansprüche ableiten.

4. Auch soweit die Dienstvereinbarung zum Leistungsentgelt wegen der undifferenzierten Auszahlung des aus den Verhandlungsjahren aufgelaufenen Topfes im Startjahr gegen § 18 TVöD (VkA) verstoßen sollte, lassen sich daraus keine individualrechtlichen Zahlungsansprüche ableiten, denn wenn die Dienstvereinbarung unwirksam sein sollte, würde es notwendig an einer Anspruchsgrundlage für die Auszahlung fehlen.

 

Normenkette

TVöD VkA § 18; BPersVG § 67; EFZG § 4a; TVöD-VKA § 18 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Rostock (Entscheidung vom 02.12.2015; Aktenzeichen 4 Ca 595/15)

 

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung eines einmaligen Entgeltbestandteils in Zusammenhang mit § 18 TVöD (Leistungsentgelt) bzw. in Zusammenhang mit der dazu ergangenen Dienstvereinbarung für den Bereich der beklagten Hansestadt.

Die Klägerin ist seit 1986 im Bereich der Hansestadt tätig. Die Arbeitsbedingungen richten sich auch heute noch nach dem Arbeitsvertrag vom 10. Juli 1992, der umfänglich auf das Tarifwerk des öffentlichen Dienstes verweist. Die Klägerin ist als Sachbearbeiterin in der Kernverwaltung tätig. Sie ist eingruppiert in der Entgeltgruppe E 11 des TVöD (VkA). Nach den vorgelegten Entgeltabrechnungen ist sie teilzeitbeschäftigt mit einer Arbeitspflicht von 35 Stunden pro Woche. Sie hat im Jahr 2015 damit etwas unter 4.200 Euro brutto monatlich verdient.

Die Beklagte und der bei ihr gebildete Personalrat haben sich mit der Umsetzung des Leistungsentgelts aus § 18 TVöD schwergetan. Letztlich ist die dazu notwendige Dienstvereinbarung erst im Dezember 2013 abgeschlossen worden ("Dienstvereinbarung zur Einführung des leistungsorientierten Entgelts und Vereinbarung eines betrieblichen Systems nach § 18 Absatz 6 Satz 1 TVöD" - hier mit "DV Leistungsentgelt" bezeichnet; wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 1, hier Blatt 38 ff, verwiesen). Diese Dienstvereinbarung ist am 1. Januar 2014 in Kraft getreten (§ 15 Absatz 2 DV Leistungsentgelt).

In den Jahren zuvor wurde wegen der fehlenden Einigung zum Leistungsentgelt an die Beschäftigten mit dem jeweiligen Dezemberentgelt eine Einmalzahlung in Höhe von 6 Prozent des Septemberentgelts auf Grundlage der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Absatz 4 TVöD (VkA) zur Auszahlung gebracht. Der trotz dieser Zahlung übrig gebliebene Anteil aus dem Topf des Leistungsentgelts wurde entsprechend der Regelung in der vorgenannten Protokollerklärung auf das Folgejahr übertragen.

Durch die mehrfache Übertragung des in den...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge