Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifliche Lohnerhöhung. Gleichstellungsabrede. betriebliche Übung. Austritt des Arbeitgebers aus dem Arbeitgeberverband

 

Leitsatz (amtlich)

Hat ein Arbeitgeber nach dem Austritt aus dem Arbeitgeberverband in der Vergangenheit die Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung erhöht, begründet dies allein keine betriebliche Übung der Erhöhung der Arbeitsentgelte entsprechend der Tarifentwicklung.

Eine betriebliche Übung der Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung kann nur dann angenommen werden, wenn es deutliche Anhaltspunkte in dem Verhalten des Arbeitgebers dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Tariflohnerhöhungen übernehmen will. Durch den Austritt aus dem Arbeitgeberverband macht ein Arbeitgeber regelmäßig erkennbar, dass er sich grundsätzlich für die Zukunft der Regelungsmacht der Verbände nicht unterwerfen will.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 5

 

Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Urteil vom 09.01.2002; Aktenzeichen 9 Ca 6039/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 09.01.2002 – 9 Ca 6039/01 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine tarifliche Lohnerhöhung an den Kläger für die Monate Mai bis Juli 2001 weiterzugeben.

Der am 29.09.1963 geborene Kläger ist seit dem 06.03.1990 im Betrieb der Beklagten als Dreher beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind die zwischen den Parteien am 06.03.1990/01.06.1990 geschlossenen Arbeitsverträge (Bl. 6 und 7 d.A.), in denen u.a. Folgendes vereinbart wurde:

„…

Er wird in die Lohngruppe 7 eingestuft und erhält einen Grundlohn je Stunde von DM 13,63 sowie eine außertarifliche Zulage in Höhe von DM 1,37, außerdem Spät- und Nachtschichtzulage.

Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt von Montag bis Freitag in Wechselschicht 37,00 Stunden.

Grundlage dieses Vertrages ist der gültige Manteltarifvertrag der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW.”

Der Kläger ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft.

Die Beklagte betreibt in D1xxxxxx eine Maschinenfabrik, die Getriebe herstellt. Sie beschäftigt ca. 65 Arbeitnehmer. Die Beklagte war bis zum 31.12.1996 Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Metallindustrie. Die Beklagte gab Tariflohnerhöhungen regelmäßig an ihre Arbeitnehmer weiter, unabhängig davon, ob die Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert waren.

Durch das Lohnabkommen vom 28.03.2000 wurde die tarifliche Vergütung mit Wirkung ab 01.03.2000 um 3 % und mit Wirkung ab 01.05.2001 um weitere 2,1 % erhöht. Nach § 6 des Lohnkommens erhielten die gewerblichen Arbeitnehmer für die Monate März und April 2000 anstelle der Lohnerhöhung einen Pauschalbetrag in Höhe von 330,– DM brutto.

Die Beklagte gab die Lohnerhöhung um 3 % im Jahre 2000 an den Kläger weiter und zahlte ausweislich der Entgeltabrechnung für den Monat Mai 2000 (Bl. 13 d.A.) auch den Pauschalbetrag in Höhe von 330,– DM brutto an ihn aus. Allgemein beschloss die Beklagte eine Lohnerhöhung, welche der Betriebsrat mit Schreiben vom 06.04.2000 den Arbeitnehmern des Betriebs der Beklagten wie folgt mitteilte:

„Lohnerhöhung

An alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

in der Sitzung vom 04.04.2000 mit der Geschäftsleitung (…) wurden dem Betriebsrat folgende Maßnahmen mitgeteilt:

  • ▪ derzeitiges Prämiensystem, gültig bis 31.07.2000
  • ▪ ab 01.08.2000 3 % Lohnerhöhung
  • ▪ ab 01.08.2000 evtl. geändertes Prämiensystem
  • ▪ tariflich vereinbarte Einmalzahlungen werden nicht gezahlt
  • ▪ ab 01.08.2001 2,1 % Lohnerhöhung

Eine endgültige Fassung der neuen Regelung ab 01.08.2000 wird noch bekannt gegeben.

Hinweis: Die Fa. M2xxxxxx ist weiterhin nicht im Arbeitgeberverband und daher nicht an neue Tarifabschlüsse gebunden.”

Dieser Mitteilung entsprechend zahlte die Beklagte die tarifvertraglich vorgesehene Lohnerhöhung ab 01.05.2001 an den Kläger erst ab 01.08.2001. Hierzu teilte die Beklagte ihren Arbeitnehmern mit Schreiben vom 27.03.2001 Folgendes mit:

„Lohnerhöhung

Bezugnehmend auf das Schreiben des Betriebsrats vom 06.04.2000 teilen wir Ihnen mit, dass wir in Anlehnung an den IG-Metall-Tarifvertrag ebenfalls die Lohnerhöhung in Höhe von 2,1 % an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszahlen werden, obwohl wir nicht im Arbeitgeberverband sind und daher nicht an neue Tarifabschlüsse gebunden sind.

Die Auszahlung der 2,1%igen Lohnerhöhung erfolgt für alle ab dem 01.08.2001.

Wir bitten um Ihre Kenntnisnahme.”

Der Kläger war hiermit nicht einverstanden. Mit anwaltlichen Schreiben vom 13.06.2001 (Bl. 19 d.A.) und 04.07.2001 (Bl. 21 d.A.) machte er die Weitergabe der Tariflohnerhöhung ab 01.05.2001 gegenüber der Beklagten erfolglos geltend.

Die vorliegende Klage hat er am 20.09.2001 erhoben.

Zur Stützung der Klage hat der Kläger vorgetragen:

Die Beklagte sei verpflichtet, ihm die tariflich vorgesehene Lohnerhöhung in Höhe von 2,1 % (= 92,23 DM brutto monatlic...

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