Verfahrensgang

ArbG Gelsenkirchen (Urteil vom 02.03.1994; Aktenzeichen 1 Ca 3405/93)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 02. März 1994 – 1 Ca 3405/93 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrages.

Die 49 Jahre alte Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Sie erwarb in der Türkei ihr Diplom als Lehrerin mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung. Sie war in ihrem Heimatland 13 Jahre als Lehrerin – davon etwa drei Jahre an einer Sonderschule für Gehörlose – tätig, bevor sie im August 1989 in die Bundesrepublik übersiedelte.

Unter dem Datum des 3. Februar 1994 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag, in dessen § 1 es heißt:

„(Die Klägerin) wird für die Zeit vom 03.02.1992 … bis zum 02.02.1994 für Sonderschulen im Bezirk des Schulamtes der Stadt G. als Lehrerin im Angestelltenverhältnis mit einer Pflichtstundenzahl von wöchentlich 26,5 Stunden in ein befristetes Arbeitsverhältnis gemäß Nr. 1 Buchstabe a) der Sonderregelungen 2 y BAT als Zeitangestellte zur Erteilung von muttersprachlichem Unterricht in Türkisch eingestellt. Die Beschäftigung als Zeitangestellte erfolgt nach Maßgabe des Runderlasses des Kultusministers NW vom 23.03.1982 …

Die Befristung dient der Erprobung ihrer Eignung, Leistung und Befähigung für Unterricht und Erziehung in nordrhein-westfälischen Schulen.”

Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den ihn ergänzenden Tarifwerken in ihrer jeweils gültigen Fassung.

Nach § 4 des Vertrages

„wird (das befristete Arbeitsverhältnis) in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übergeleitet, sofern über den Befristungszeitpunkt hinaus Bedarf an muttersprachlichem Unterricht besteht, (die Klägerin) sich in der Erprobungszeit bewährt hat und dienstrechtliche Voraussetzungen sowie sonstige rechtliche Bestimmungen – zum Beispiel solche des Ausländerrechts – dem nicht entgegenstehen.”

Die Klägerin ist eingruppiert in Vergütungsgruppe IVb BAT. Ihr Bruttomonatsgehalt beträgt derzeit 4.750,11 DM.

Die Klägerin erteilte wöchentlich 17 Stunden Unterricht an einer Schule für Lernbehinderte und 9 Stunden an einer Schule für Gehörlose.

Am 02. Dezember 1993 erhielt die Klägerin ihre bis dahin erste dienstliche Beurteilung, die auf Leistungsberichten der Schulleiter und auf Unterrichtsbesuchen vom Vormonat beruhte. Der Beurteilende kam zu der Gesamtwertung, die Klägerin habe sich nicht bewährt, und schlug vor, eine Weiterbeschäftigung nicht „anzustreben”.

Ebenfalls am 02. Dezember 1993 erhielt die Klägerin ein Schreiben des Schulamtes für die Stadt G. vom selben Tage, in welchem ihr mitgeteilt wurde, „eine Vertragsverlängerung (werde) nicht angestrebt”, ihr Beschäftigungsverhältnis ende vielmehr am 02. Februar 1994.

Mit einem am 09. Dezember 1993 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz erhob die Klägerin Klage „wegen Entfristung”. Sie hat die Auffassung vertreten, die vertragliche Befristungsabrede sei unwirksam. Die Absicht, sie zu erproben, könne eine Befristung von zwei Jahren Dauer nicht sachlich rechtfertigen.

Die Klägerin hat beantragt

  1. festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht kraft Befristung mit Ablauf des 02.02.1994 enden wird;
  2. das beklagte Land zu verurteilen, sie über den 02.02.1994 hinaus als Lehrerin im Angestelltenverhältnis bei einer wöchentlichen Pflichtstundenzahl von 26,5 Stunden und einer Vergütung aus der Vergütungsgruppe BAT IVb weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Ansicht vertreten, die besonderen Umstände in der Person der Klägerin ließen eine zweijährige Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtswirksam zu. Es habe berücksichtigen dürfen, daß die Klägerin in der Türkei ausgebildet worden sei, nur dort bislang unterrichtet und sich bei ihrer Einstellung erst zweieinhalb Jahre im deutschen Sprachraum aufgehalten habe. Es habe die Klägerin aus diesen Gründen länger als üblich mit Blick auf pädagogische Eignung und Sprachbeherrschung erproben müssen.

Mit Urteil vom 02. März 1994 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, das beklagte Land habe nicht ausreichend dargelegt, weshalb zur Erprobung der Klägerin ein Zeitraum von zwei Jahren und nicht etwa nur von zwei Schulhalbjahren erforderlich gewesen sein sollte. Die Erforderlichkeit von Deutschkenntnissen sei als Befristungsgrund nicht förmlich in den Vertrag aufgenommen worden.

Das Urteil wurde dem beklagten Land am 27. Juli 1994 zugestellt. Mit einem am 26. August 1994 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat es dagegen Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der dazu vorgesehenen Frist bis zum 26. Oktober 1994 hat es seine Berufung mit einem an diesem Tage bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Das beklagte Land trägt vor, der Arbeitsvertrag mit der Klägerin entspreche dem von seinem Kultusminister...

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