Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachwirkung bei Anwendung eines Tarifvertrages aufgrund betrieblicher Übung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gewährt der Arbeitgeber tarifliche Leistungen unabhängig von der Gewerkschaftszugehörigkeit an sämtliche Arbeitnehmer kraft betrieblicher Übung, so haben die nicht organisierten Arbeitnehmer nach Ablauf des gekündigten Tarifvertrages im Nachwirkungszeitraum des § 4 Abs 5 TVG Anspruch auf Weitergeltung kraft betrieblicher Übung (wie LAG Düsseldorf, Urteil vom 06.11.1997 - 2 (14) Sa 997/97 -).

2. Wird der Arbeitnehmer, der kraft betrieblicher Übung Anspruch aus einem Tarifvertrag erworben hat, von einer BGB-Gesellschaft (hier: Arbeitsgemeinschaft im Baugewerbe) übernommen, hat er auch gegenüber deren Gesellschaftern Anspruch auf die tariflichen Leistungen im Nachwirkungszeitraum.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 5; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Entscheidung vom 16.01.1998; Aktenzeichen 5 Ca 1240/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 16.01.1998 – 5 Ca 1240/97 – wird kostenfällig als unbegründet zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Restbeträge des 13. Monatsentgelts für das Jahr 1996,

Der Kläger steht seit 1984 in einem (Stamm)-Arbeitsverhältnis zu der Beklagten zu 2) als gewerblicher Arbeitnehmer. Er ist nicht kraft Gewerkschaftszugehörigkeit tarifgebunden. In der Vergangenheit wurde er wiederholt zu verschiedenen Arbeitsgemeinschaften des Baugewerbes (nachfolgend: ARGE) abgeordnet.

Vom 2.1.1994 bis zum 7.11.1997 war der Kläger abgeordnet zur ARGE Rheintunnel M., einer BGB-Gesellschaft, deren Gesellschafter die Beklagten sind. Diese ARGE ist nicht kraft Organisationszugehörigkeit tarifgebunden.

Auf das Stammarbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2) sowie auch das Arbeitsverhältnis zur ARGE findet der allgemeinverbindliche Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) Anwendung.

Unabhängig davon, ob der Kläger bei seinem Stammarbeitgeber oder in einer ARGE beschäftigt war, hat er in der Vergangenheit immer mit dem Novembergehalt eine Sonderzuwendung nach Maßgabe des nicht für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über die Gewährung eines 13. Monatseinkommen im Baugewerbe in der jeweiligen Fassung erhalten. Denn bei der Beklagten zu 2) besteht die betriebliche Übung, daß allen Arbeitnehmern ohne Rücksicht auf ihre Tarifbindung das 13. Monatseinkommen gezahlt wird.

Zum 31.10.1996 ist der Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe gekündigt und im Mai 1997 ein neuer Tarifvertrag geschlossen worden, der jedoch keine Regelung für das 13. Monatseinkommen des Jahres 1996 vorsieht.

Mit Rücksicht darauf zahlten die Beklagten an den Kläger im November 1996 nur 2/3 der sich aus der zum 31.10.1996 beendeten tariflichen Regelung.

Der Kläger hat den Restbetrag mit der Begründung geltend gemacht, er habe auch gegenüber der ARGE Anspruch auf Zahlung eines vollen 13. Monatsgehalt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.674,94 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 16.01.1997 zu zahlen.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, daß sich der Kläger mangels Tarifbindung beider Parteien nicht auf § 4 Abs. 5 TVG berufen könne.

Das Arbeitsgericht Duisburg hat durch Urteil vom 16.1.1998 der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagten seien auch im Nachwirkungszeitraum eines Tarifvertrages verpflichtet, den durch eine betriebliche Übung entstandenen Anspruch auf Gewährung der Tarifleistung zu erfüllen. Im übrigen seien die Beklagten mit der Abordnung des Klägers vom Stammbetrieb an die ARGE an die Leistungen aus dem Stammarbeitsverhältnis individualrechtlich gebunden. Wegen der weiteren Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen.

Die Beklagten haben gegen das ihnen am 11.2.1998 zugestellte Urteil mit einem beim Landesarbeitsgericht am 10.3.1998 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren beim Landesarbeitsgericht am 14.4.1998 (Dienstag nach Ostern) eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagten meinen, bei einem aufgrund einer betrieblichen Übung in das Arbeitsverhältnis eingegangenen Tarifvertrag finde § 4 Abs. 5 TVG keine Anwendung. Denn der durch eine betriebliche Übung gebundene Arbeitgeber müsse nur die bisherige Verhaltensweise aufrechterhalten. Auf jeden Fall folge bei einer Abordnung an eine ARGE aus § 9 Nr. 2. 1 Satz 3 BRTV, daß nur die tariflichen Ansprüche fortgelten würden und weitergehende Ansprüche einer ausdrücklichen Absprache bedürften.

Während die Beklagten die Abweisung der Klage beantragt haben, verteidigt der Kläger die erstinstanzliche Entscheidung und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat richt...

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