Besteht in einem Betrieb ein Betriebsrat, muss er vor jeder Kündigung angehört werden. In dem Anhörungsverfahren sind dem Betriebsrat die für die vorgesehene Kündigung maßgebenden Umstände so darzulegen, dass er in der Lage ist, die Stichhaltigkeit der Gründe zu prüfen und sich über eine Stellungnahme schlüssig zu werden. Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, muss er dies dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche schriftlich mitteilen, Bedenken gegen eine außerordentliche Kündigung muss er unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Kalendertagen, schriftlich geltend machen. Diese Bedenken des Betriebsrats führen allerdings nicht dazu, dass eine trotzdieser Bedenken ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Unter bestimmten Voraussetzungen steht dem Betriebsrat auch das Recht zu, einer ordentlichen Kündigung zu widersprechen. Dieser Widerspruch kann den Arbeitgeber dazu verpflichten, den gekündigten Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen.

23.1 Anhörungspflicht

Der Betriebsrat ist vor jeder ordentlichen wie außerordentlichen Kündigung zu hören (§ 102 BetrVG). Auch vor jeder Änderungskündigung ist der Betriebsrat zwingend zu hören. Führt die Änderungskündigung zugleich zu einer Versetzung, ist daneben noch das Mitbestimmungsrecht gemäß § 99 BetrVG zu beachten.

Die Anhörungspflicht besteht auch bei einer Kündigung während der Probezeit.

Die Anhörung hat vor Ausspruch der Kündigung zu erfolgen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Auch durch eine nachträgliche Anhörung oder gar eine nachträgliche Zustimmung des Betriebsrats wird die Unwirksamkeit nicht geheilt. Vielmehr ist eine erneute Kündigung erforderlich.

23.2 Umfang der Mitteilungspflicht

Eine wirksame Anhörung liegt nur vor, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat alle die Kündigung begründenden Tatsachen so vollständig mitteilt, dass der Betriebsrat ohne eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, nach Abwägung der Kündigungsgründe eine ordnungsgemäße Stellungnahme abzugeben.

 
Praxis-Tipp

Teilen Sie dem Betriebsrat alle zum Zeitpunkt der Kündigung bekannten Kündigungsgründe mit, da in einem etwaigen Kündigungsschutzrechtsstreit nur solche Gründe zur Rechtfertigung der Kündigung herangezogen werden, die Gegenstand der Anhörung des Betriebsrats waren (BAG, Urt. v. 26.09.1991 - 2 AZR 132/91).

Danach hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat u. a. mitzuteilen: Namen des zu kündigenden Arbeitnehmers, seine Personalien, seine sozialen Daten (Alter, Betriebszugehörigkeit, Familienstand, Kinderzahl usw.), die Art der Kündigung, den Kündigungstermin, die Kündigungsfrist sowie die Gründe für die Kündigung. So hat der Arbeitgeber z.B. bei einer personenbedingten Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen nicht nur die bisherigen Fehlzeiten, die Art der Erkrankung mitzuteilen, sondern auch die Betriebsablaufstörungen sowie wirtschaftlichen Auswirkungen, die in Folge der Fehlzeiten aufgetreten sind und mit denen in Zukunft noch zu rechnen ist.

Bei einer betriebsbedingten Kündigung sind nicht nur die dringenden betrieblichen Erfordernisse, sondern auch die Umstände mitzuteilen, die nach Ansicht des Arbeitgebers für die soziale Auswahl maßgebend sind.

Bei verhaltensbedingten Kündigungen ist der konkrete beanstandete Sachverhalt mitzuteilen, der Anlass für die Kündigung gibt sowie darüber hinaus vergangene Vertragsverstöße, insbesondere Abmahnungen.

23.3 Fehlende oder fehlerhafte Anhörung

Eine Kündigung ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats ist absolut unwirksam (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG). Die hierauf beruhende Unwirksamkeit der Kündigung kann der Arbeitnehmer unabhängig von der Klagefrist gemäß § 4 KSchG und in jedem Verfahren arbeitsgerichtlich geltend machen.

Fehler im Anhörungsverfahren führen dann zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn diese Mängel vom Arbeitgeber zu verantworten sind. Vom Betriebsrat zu verantwortende Mängel führen gleichfalls zur Unwirksamkeit, wenn der Arbeitgeber diese Mängel vor Ausspruch der Kündigung veranlasst hat (z.B. einen Umlaufbeschluss des Betriebsrats). Desgleichen wenn der Arbeitgeber kündigt, obwohl er weiß, dass das Betriebsratsgremium sich mit der Kündigung noch gar nicht befasst haben kann.

Typische vom Arbeitgeber zu verantwortende Fehler beim Anhörungsverfahren sind u. a.:

  • Unterlassen der Anhörung
  • unvollständige Unterrichtung über die notwendigen Daten des Arbeitnehmers
  • unvollständige Mitteilung der Kündigungsgründe
  • Ausspruch der Kündigung vor Ablauf der Äußerungsfrist ohne Stellungnahme des Betriebsrats

Typische vom Betriebsrat zu verantwortende Fehler sind u. a.:

  • Stellungnahme erfolgt nicht schriftlich
  • Zustimmung nur des Betriebsratsvorsitzenden ohne Beschlußfassung des Gremiums
  • verspätete Stellungnahme durch den Betriebsrat

23.4 Stellungnahme

Vor einer Stellungnahme soll der Betriebsrat, soweit er dies für erforderlich hält, den betroffenen Arbeitnehmer anhören (§ 102 Abs. 2 Satz 4 BetrVG). Die Nichtanhörung berührt die Wirksamkeit einer Kündigung allerdings nicht.

Der Betriebsrat hat mehrere Reaktionsmöglichkeiten:

  • Zustimmung
  • Erheben...

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