Der Anspruch auf Krankenbezüge ist dem Grunde nach mit rechtlichem Beginn des Arbeitsverhältnisses vorhanden. Auch wenn der Arbeitnehmer bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses erkrankt ist, hat er einen Anspruch auf Krankenbezüge nach § 37 BAT. Es gilt nur dann nicht in dem Ausnahmefall, dass der Arbeitnehmer bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages arbeitsunfähig erkrankt war und diese Arbeitsunfähigkeit auch noch in dem Zeitpunkt fortbesteht, zu dem der Arbeitnehmer die Arbeit vereinbarungsgemäß antreten soll.[1]

Voraussetzung für den Anspruch auf Krankenbezüge ist, dass der Angestellte arbeitsunfähig ist infolge Erkrankung, nicht rechtswidriger Sterilisation oder nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs.

[1] BAG, Urt. v. 26.07.1989 – 5 AZR 491/88, AP Nr. 87 zu § 1 Lohn FG.

2.1 Arbeitsunfähigkeit

Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die ihm vertragsgemäß obliegende Arbeit infolge Krankheit nicht erfüllen kann oder ihm diese nicht zugemutet werden kann (vgl. näher hierzu "Arbeitsunfähigkeit ").

2.2 Ursachen der Arbeitsunfähigkeit

In § 37 Abs. 1 BAT und § 71 Abs. 1 BAT sind die zur Gewährung von Krankenbezügen führenden Gründe für die Arbeitsunfähigkeit abschließend aufgezählt. Es sind:

  • Krankheit
  • Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation (vgl. hierzu "Kur ")
  • nicht rechtswidrige Sterilisation
  • nicht rechtswidriger oder nicht strafbarer Schwangerschaftsabbruch.

2.2.1 Krankheit

Das BAG definiert diesen Begriff wie folgt: "Unter den medizinischen Begriff der Krankheit fällt jeder regelwidrige körperliche oder geistige Zustand. Für den gesetzlich nicht bestimmten arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Begriff der Krankheit muss hinzutreten, dass der regelwidrige Gesundheitszustand entweder kraft seiner Schwere die Arbeitsfähigkeit unmittelbar aufhebt oder infolge der notwendigen Krankenpflege die Arbeitsleistung unzumutbar und damit unmöglich macht. Eine Krankheit kann also entweder unmittelbar oder erst infolge der erforderlichen Krankenpflege die Arbeitsunfähigkeit herbeiführen".[1]

Es müssen also folgende Voraussetzungen vorliegen:

 
Erkrankung = jeder regelwidrige körperliche oder geistige Zustand
Diese führt zu    
Arbeitsunfähigkeit = Krankheitsgeschehen setzt AN außerstande, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeit zu verrichten oder AN könnte die Arbeit nur unter der Gefahr fortsetzen, in absehbar naher Zeit seinen Zustand zu verschlimmern.[2]

Unter Krankheit ist auch die durch einen Unfall verursachte Arbeitsunfähigkeit zu verstehen. Als Unfall wird ein auf äußere Einwirkung beruhendes plötzliches Ereignis angesehen, das örtlich und zeitlich bestimmbar ist und beim Arbeitnehmer eine Körperverletzung verursacht. Dabei ist ohne Belang, ob sich der Unfall während oder außerhalb der Arbeitszeit, am Arbeitsort oder in der Privatsphäre (z.B. beim Sport) des Arbeitnehmers ereignet hat. Auch ein Arbeitsunfall bei einem anderen Arbeitgeber ist als Krankheit im Sinne des § 37 Abs. 1 BAT und § 71 Abs. 1 BAT anzusehen.[3]

Keine Krankheit ist

  • die normal verlaufende Schwangerschaft. Dagegen stellt eine Schwangerschaft mit anomalem Verlauf, bei der außergewöhnliche, über das Maß hinausgehende Beschwerden oder sonstige krankhafte Störungen auftreten, eine Krankheit dar. Dabei kann eine derartige mit häufigen, außergewöhnlichen Beschwerden einhergehende Schwangerschaft ein nicht ausgeheiltes befristetes Grundleiden darstellen mit der Folge, dass hinsichtlich der schwangerschaftsbedingten Erkrankungen eine Fortsetzungserkrankung vorliegt, die nur einen einmaligen Anspruch auf Krankenbezüge auslöst (BAG, Urt. v. 14.11.1984, 5 AZR 394/82; Hinsichtlich einer Erkrankung während der Zeit der Beschäftigungsverbote siehe Kausalität).
  • die künstliche Befruchtung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft[4]
  • eine medizinisch nicht notwendige Schönheitsoperation
  • eine Organspende.[5] Der Verdienstausfall des Spenders gehört in diesen Fällen zu den Kosten der Krankenhilfe bzw. der Heilbehandlung des Empfängers der Organspende und ist daher von den Krankenkassen bzw. der Berufsgenossenschaft des Empfängers zu tragen.[6]
  • ein seuchenpolizeiliches Beschäftigungsverbot, es sei denn, dass der Arbeitnehmer aufgrund der Seuche selbst arbeitsunfähig erkrankt ist.
[1] BAG, Urt. v. 14.01.1972 – 5 AZR 264/71, AP Nr. 12 zu § 1 Lohn FG.
[2] Vgl. BAG, Urt. v. 26.07.1989 – 5 AZR 301/88, BB 1989, 2403 = NZA 1990 140; vgl. des Weiteren "Arbeitsunfähigkeit ".
[3] BAG, Urt. v. 21.04.1982 – 5 AZR 1019/89,

In § 37 BAT in der bis zum 31.08.1995 geltenden Fassung war der Unfall der Krankheit gleichgestellt und in der Tatbestandsfolge sogar vorangesetzt. Da aber per definitionem der einen Unfall verursachende Körperschaden eine Krankheit darstellt, also keine eigenständige Bedeutung neben dem Begriff Krankheit hat, ist es mit Wirkung vom 01.09.1995 gestrichen worden.

[4] ArbG Ulm, Urt. v. 18.05.1992 – Ca 443/91; Müller-Roden, NZA 1989, 132; aA.: ArbG Düsseldorf, Urt. v. 05.06.1986 – 2 Ca 1567/86, NJW 1986, 2394.
[6] Siehe dazu auch BSG, Urt. v. 12.12.1972...

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