Entscheidungsstichwort (Thema)

Pauschalversteuerung. Gesamtzusage, ablosende Betriebsvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gibt ein Arbeitgeber bekannt, dass er „in Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat” die Pauschalsteuer auf die Arbeitgeberbeiträge zu einer Pensionskasse übernimmt, erteilt er damit eine Gesamtzusage, die „betriebsvereinbarungsoffen” ist. Sie kann von einer späteren Betriebsvereinbarung abgelöst werden, ohne dass es auf die Günstigkeit ankommt.

2. Eine Gesamtzusage gilt mit dem Inhalt, mit dem sie bekannt gemacht wurde auch für spätere eintretende Arbeitnehmer unabhängig davon, ob ihnen der Inhalt mitgeteilt wurde.

3. Eine Betriebsvereinbarung, die die in einer Gesamtzusage enthaltene Verpflichtung des Arbeitgebers beendet, die Pauschalsteuer auf Arbeitgeberbeiträge zu einer Pensionskasse zu tragen ist nicht unbillig, wenn darin ein steuerlich günstiger Wechsel in eine Unterstützungskasse mit gleichen Versorgungsleistungen vorgesehen ist.

 

Normenkette

EStG § 415

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 18.01.2000; Aktenzeichen 8 Ca 6084/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.12.2002; Aktenzeichen 3 AZR 671/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main – 18 Ca 6084/99 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte Pauschalsteuer auf die von ihr geleisteten Beiträge zu einer Pensionskasse zu übernehmen hat.

Der am 22. Juli 1958 geborene Kläger steht seit dem 01. Juli 1978 in den Diensten der beklagten Bank. Die Beklagte ist Mitglied im Beamtenversicherungsverein des deutschen Bank- und Bankiergewerbes V.a.G. (BVV). Dort versicherte die Beklagte gemäß dessen Satzung und Versicherungsbedingungen ihre Angestellten – auch den Kläger. Von den Beiträgen sind gemäß Satzung und arbeitsvertraglicher Vereinbarung 1/3 vom Angestellten, 2/3 vom Arbeitgeber zu tragen.

Hinsichtlich des Arbeitgeberbeitrags zum BVV hatte die Beklagte mit ihrem Rundschreiben Nr. 35 vom 12. Januar 1976 ihren Arbeitnehmern mitgeteilt: „Bisher unterlag der Arbeitgeberbeitrag zum Beamtenversicherungsverein unter Berücksichtigung des Monatsfreibetrags von DM 26,00 als Arbeitseinkommen der Sozialversicherungs- und Steuerpflicht. In Abstimmung mit dem Gesamtbetriebsrat wird ab der Februar-Gehaltsabrechnung, rückwirkend ab Januar 1976 eine Pauschalversteuerung des Arbeitgeberanteils zum Beamtenversicherungsverein erfolgen. Hierdurch ergibt sich künftig eine betragsmäßig nicht unerhebliche Entlastung für die Mitarbeiter, da die pauschalierten Steuern von der Bank getragen werden.”

Damit entfiel gleichzeitig die Sozialversicherungspflicht für diese Beiträge. Die Beklagte verteilt an ihre Arbeitnehmer eine Broschüre aus dem Jahr 1978 über ihre „Sonderleistungen für unsere Mitarbeiter” (Anlage B 2). Darin ist u. a. ausgeführt, dass der Arbeitgeberanteil des Beitrags zum BVV von der Bank getragen wird. In einer Schlussanmerkung heißt es: „Es bleibt vorbehalten, einzelne Leistungen zu ändern oder im Falle der Tarifierung auf den tariflichen Anspruch anzurechnen.” In einem Rundschreiben zur Steuerreform 1990 ist angekündigt, dass die Beklagte die Mehrbelastungen aus der Erhöhung des Pauschalsteuersatzes ab 01. Januar 1990 übernehmen werde.

In einer Neufassung der Broschüre von 1978 mit dem Titel „Unsere Leistungen über Ihr Gehalt hinaus” (Anlage B 5) und in deren Neufassung von 1995 (Anlage B 6) ist als Leistung die Übernahme von 2/3 der Beiträge zum BVV plus der darauf entfallenden Pauschalsteuer aufgeführt. Im Vorwort zu diesen Broschüren heißt es: „Die in Betriebsvereinbarungen geregelten Leistungen werden ebenso – wie auch die anderen freiwilligen Leistungen der Bank – gelegentlich an geänderte Verhältnisse angepasst. Insofern muss es vorbehalten bleiben, freiwillige Leistungen zurückzunehmen, zu ändern oder im Falle einer Einbeziehung in den Tarifvertrag auf den tariflichen Anspruch anzurechnen.” Im Zusammenhang mit der Erhöhung der Pauschalsteuer auf 20% teilt die Beklagte in ihrer Mitarbeiterzeitung „Wir” mit, dass sie die erhöhte Pauschalsteuer übernehme und weiter: „Die Übernahme der Pauschalsteuer ist eine freiwillige Sozialleistung. Deshalb kann sie auch jederzeit nach freiem Ermessen widerrufen werden.”

In einer mit dem Gesamtbetriebsrat 1985 vereinbarten Betriebsordnung heißt es: „Bekanntmachungen des Vorstandes, der örtlichen Betriebsleitungen und der Betriebsräte erfolgen durch Aushang an den hierfür vorgesehenen, allen Betriebsangehörigen zugänglichen Stellen bzw. durch Rundschreiben. Es kann sich niemand darauf berufen, einen Aushang bzw. ein Rundschreiben nicht gelesen zu haben.”

Anfang 1999 unterrichtete die Beklagte ihre Arbeitnehmer darüber, dass sie beabsichtigte, die betriebliche Altersversorgung hinsichtlich des Durchführungsweges zu ändern. Die Versorgung sollte durch einen Wechsel von der BVV, einer Pensionskasse, zur neu zu gründenden „BVV Versorgungskasse des ...

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