Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstfähigkeit. Dienstunfähigkeit. Einstellung. Ernennung. Wiedereinberufung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die erneute Ernennung eines wegen Dienstunfähigkeit vorläufig in den Ruhestand versetzten Beamten ist ein Fall der Einstellung im Sinne von § 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG und unterliegt daher der Mitbestimmung des Personalrats.

2. Eine unter Verletzung des Mitbestimmungsrechts vollzogene Ernennung ist zwar nicht unwirksam, aber rechtswidrig. Vorläufiger Rechtsschutz kann dadurch gewährt werden, daß die beamtenrechtlichen Folgen der Ernennung für die Dauer der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs suspendiert werden.

 

Normenkette

BBG § 45 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1; BPersVG § 76 Abs. 1 Nr. 1; BRRG § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 9 Abs. 1

 

Gründe

Die Beschwerde bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (Aktenzeichen des Verwaltungsgerichts Darmstadt: 5 E 1074/94 (2≫) gegen den in der Beschlußformel bezeichneten Bescheid der Antragsgegnerin wiederhergestellt, durch den die Dienstfähigkeit des Antragstellers festgestellt und er unter Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgefordert worden ist, die Ernennungsurkunde entgegenzunehmen und den Dienst anzutreten. Der Bescheid erweist sich bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage als formell rechtswidrig, weil die vorgeschriebene Beteiligung der Personalvertretung unterblieben ist.

Zwar hält der Senat anders als das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluß die Begründung des Sofortvollzuges im Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Deutschen Wetterdienstes vom 4. Mai 1994 für ausreichend im Sinne von § 80 Abs,. 3 Satz 1 VwGO. In der Begründung des Bescheides heißt es zutreffend, es bestehe aus fiskalischen Gründen ein besonderes öffentliches Interesse daran, daß ein dienstfähiger Beamter den Versorgungshaushalt entlastet und Dienstbezüge für tatsächlich geleistete Dienste erhält (S. 4 des Bescheides). Diese Begründung betrifft nicht die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des zugrundeliegenden Verwaltungsakts der erneuten Ernennung; denn diese beruht allein auf der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Antragstellers (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 Bundesbeamtengesetz – BBG –). Sie trägt vielmehr die Anordnung der sofortigen Vollziehung allein; denn im öffentlichen Interesse kann es nicht hingenommen werden, daß ein dienstfähiger Beamter Ruhestandsbezüge bezieht und den Haushalt zusätzlich mit den aktiven Bezügen eines Vertreters belastet.

Der angefochtene Bescheid ist jedoch, wie das Verwaltungsgericht mit zutreffender Begründung (S. 6 des Abdrucks) ausgeführt hat, wegen fehlender Beteiligung der Personalvertretung rechtswidrig, so daß an seiner Vollziehung kein öffentliches Interesse bestehen kann. Vielmehr überwiegt das individuelle Interesse des Antragstellers, einstweilen vom Vollzug der erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis verschont zu bleiben.

Diese Personalmaßnahme unterliegt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin der Mitbestimmung; denn es handelt sich personalvertretungsrechtlich um einen Fall der Einstellung im Sinne von § 76 Abs. 1 Nr. 1 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG).

Begrifflich handelt es sich bei den in 9 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG genannten Tatbeständen der Einstellung und Anstellung von Beamten um Fälle der. Ernennung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 BBG. In diesem Zusammenhang ist unstreitig, daß die erneute Einberufung (Reaktivierung eines wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzten Beamten einer erneuten Ernennung durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 BBG bedarf (vgl. BVerwG, Beschluß vom 2. Juni 1980, Buchholz 232 § 45 BBG Nr. 3 = ZBR 1981, 65 m.w.N.). Gegenstand der Mitbestimmung des Personalrats ist in den Fällen des § 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Eingliederung des Beamten in die Dienststelle, deren Beschäftigte vom Personalrat vertreten werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 30. September 1983, PersV 1986, 466 sowie vom 25. August 1988, ZBR 1989, 81). Die Belange der Beschäftigten einer Dienststelle sind bei einer Eingliederung nicht nur dann berührt wenn ein Beamter erstmalig eingestellt wird, sondern auch dann, wenn das Dienstverhältnis unterbrochen war und eine erneute Einstellung erforderlich wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 13. Februar 1979, BVerwGE 57, 280; vom 25. August 1988 a.a.O vom 1. Februar 1989, Buchholz 257.5 S 64 HPVG Nr. 7; vom 3 Februar 1993, BVerwGE 92, 47; ebenso Fürst, GKÖD Band V 3, K 76 Rdnr. 6 a).

Im vorliegenden Fall ist der Personalrat bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens unstreitig nicht beteiligt worden. Die materiell-rechtlichen Folgen der unterbliebenen Beteiligung des Personalrats sind im Unterschied zur fehlenden Mitwirkung der Schwerbehindertenvertretung (vgl. §§ 15, 25 Abs. 2...

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