Gewerkschaften sind freiwillige Vereinigungen von Arbeitnehmern zur Wahrung und Förderung ihrer Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen (vgl. Art. 9 Abs. 3 GG).

Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände sind Koalitionen im Sinn von Art. 9 Abs. 3 GG und stehen unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Dabei ist das Koalitionsrecht für jedermann gewährleistet, also ein sog. Menschenrecht im Sinne des Grundgesetzes (im Gegensatz zum Bürgerrecht, das nur Deutschen zusteht). Damit haben auch Ausländer und Staatenlose das Recht, eine Koalition zu gründen.

2.1 Charakteristik

Es ist anerkannt, dass die in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Voraussetzungen "Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen" zur Begriffsbestimmung einer Gewerkschaft zu weit gefasst sind. Nach ständiger Rechtsprechung müssen Vereinigungen noch weitere Voraussetzungen erfüllen, damit von Gewerkschaften gesprochen werden kann:[1]

  • Vereinigungen von Arbeitnehmern, sie dürfen nur Arbeitnehmer als Mitglieder aufnehmen und sind daher "gegnerfrei".
  • Von einem Mitgliederwechsel unabhängig, also als Verein organisiert. Die Gewerkschaften sind im Gegensatz zu den Arbeitgeberverbänden in der Regel nichtrechtsfähige Vereine.
  • Freiwillig gebildet, eine Zwangsmitgliedschaft, wie sie etwa bei Kammern gegeben ist, würde gegen die negative Koalitionsfreiheit (s. u.) verstoßen.
  • Von der Gegenseite unabhängig. Sie müssen unabhängig von Weisungen, Einflüssen und Zuwendungen besonders ihrer Gegenspieler, d. h. der Arbeitgeber und ihrer Vereinigungen sein (sog. Koalitionsreinheit).
  • Parteipolitisch neutral
  • Unabhängig von Staat und Kirche
  • Überbetrieblich, d. h. sie stehen einer Vielzahl von Arbeitnehmern offen, nicht nur eines bestimmten Betriebs. Sie sind daher auch überörtlich tätig.
  • Ziel muss es sein, Tarifverträge zu schließen, die Tarifverträge dienen der Verbessung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen.
  • Sie müssen das jeweilige Schlichtungsrecht anerkennen.
  • Druck ausüben können. Sie müssen über eine Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler verfügen. Dies geschieht insbesondere, aber nicht nur mit den Mitteln des Arbeitskampfs, nach neuerer Rechtsprechung mindestens aber durch "wirkungsvollen Druck und organisatorische Leistungsfähigkeit"; eine tariffähige Gewerkschaft muss von der Gegenseite mindestens "ernst genommen werden".[2]

Bei Arbeitgeberverbänden hingegen ist die Durchsetzungskraft nicht Voraussetzung für die Tariffähigkeit, die Tariffähigkeit eines einzelnen Arbeitgebers nach § 2 Abs. 1 TVG besteht unabhängig von einer bestimmten Durchsetzungskraft.[3] § 2 Abs. 1 TVG will damit die Existenz eines Tarifpartners sichern, wenn ein Arbeitgeberverband nicht besteht. Wenn der Gesetzgeber das Interesse daran, auf jeden Fall einen Tarifpartner auf Arbeitgeberseite zur Verfügung zu stellen, höher veranschlagt als die Frage der Durchsetzungsfähigkeit des einzelnen Arbeitgebers, so ist das nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden.[4]

Auch Vereinigungen, denen überwiegend oder teilweise Beamte angehören, können unter den allgemeinen Gewerkschaftsbegriff fallen. Erforderlich ist nur, dass sie hinsichtlich der bei ihnen organisierten Mitglieder bereit sind, Tarifverträge abzuschließen und sie müssen imstande und willens sein, ihre Rechte notfalls durchzusetzen.

2.2 Entstehung der Gewerkschaften

Die Gründung von Gewerkschaften ging einher mit dem Einsetzen der Industrialisierung. Diese begann Ende des 18. Jahrhunderts in England und erreichte einige Zeit später auch das Gebiet des Deutschen Bundes. Erste Gewerkschaften in Deutschland waren die Berufsverbände der Buchdrucker und Zigarrenarbeiter, die etwa 1848 entstanden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde auch die erste Angestelltengewerkschaft gegründet.[1] Der erste bedeutsame Tarifvertrag in Deutschland war der Buchdruckertarif, der 1873 abgeschlossen wurde.[2]

[1] Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Stichwort: Gewerkschaft.
[2] Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Auflage, Seite 12.

2.3 Wichtige Gewerkschaften

Ende des Jahres 2003 waren in den Mitgliedsgewerkschaften des DGB 7,36 Mio. Mitglieder organisiert. Auffällig ist ein starker Mitgliederverlust in den letzten Jahren. So waren im Jahre 1990 allein in den westdeutschen Gewerkschaften noch 7.938.000 Mitglieder organisiert.[1] In den Jahren 1991 bis 1999 haben die DGB-Gewerkschaften 32 % und die DAG etwa 21 % ihrer Mitglieder verloren.[2] Der Rückgang der Mitgliederzahlen hat sich jedoch in den letzten Jahren etwas verlangsamt. Größte Einzelgewerkschaft mit Stand 31.12.2003 ist die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di mit 2,614 Millionen Mitgliedern, gefolgt von der IG Metall mit 2,525 Millionen Mitgliedern.[3]

[1] AuR 1998, 152.
[2] Dossier, Themenservice des Instituts der deutschen Wirtschaft, Köln, Gewerkschaften 2000, S. 4...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge