Nach herrschender Meinung hat der Arbeitgeber nicht das Recht, den Arbeitnehmer bei der Einstellung nach einer etwaigen Gewerkschaftszugehörigkeit zu fragen. Die Einschränkung des Fragerechts folgt im Wesentlichen aus dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers gemäß Art. 2 Abs. 1 GG sowie aus Art. 9 Abs. 3 GG. Der Arbeitgeber soll das Einstellungsgespräch nicht zum Anlass nehmen, die Persönlichkeit und den privaten Bereich des Arbeitnehmers zu durchleuchten.[1] Etwas anderes soll bei der Einstellung von leitenden Angestellten[2] sowie bei Tendenzbetrieben, die ein positives Eintreten der Arbeitnehmer für ihre Ziele erwarten können, gelten.[3] Nach der Einstellung eines Arbeitnehmers ist die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit zulässig, soweit sie zur Einkommensberechnung notwendig ist. Im Falle der unzulässigen Frage nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit hat der Arbeitnehmer das Recht zu schweigen oder aber auch diese Frage bewusst falsch zu beantworten.

Ein Fragerecht nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit kann sich im Falle einer Tarifpluralität ergeben, also dem Nebeneinander von Tarifverträgen, die von verschiedenen Gewerkschaften abgeschlossen wurden und die für dieselbe Arbeitgebergruppe gelten, sofern sich der Arbeitgeber nicht für die unterschiedslose Anwendung des günstigeren Tarifvertrags entscheidet.[4]

Unter bestimmten Umständen kann die Aufforderung des Arbeitsgebers an die Beschäftigten zu erklären, ob sie einer bestimmten Gewerkschaft angehören, die Koalitionsbetätigungsfreiheit der betroffenen Gewerkschaft (im konkreten Fall war es die GDL) unzulässig einschränken. Durch die geforderte Auskunft erlangt der Arbeitgeber genaue Kenntnis vom Umfang und der Verteilung des Mitgliederbestandes einer bestimmten Gewerkschaft im Betrieb. Durch diese Kenntnis könnte der Arbeitgeber den Verhandlungsdruck und die Streikandrohung der Gewerkschaft unterlaufen. Die weiteren Unterlassungsanträge der Gewerkschaft wurden vom BAG aus verfahrensrechtlichen Gründen abgewiesen.[5]

[1] Burkhard Boemke, Fragerecht des Arbeitnehmers nach Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband?, NZA 2004 S. 142 f.
[2] Stege/Weinspach, BetrVG, 7. Aufl. 1994 § 94 Rz. 21.
[3] Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, § 94 Rz. 17.
[4] Gerrit Forst, Tarifpluralität und die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit, ZTR 2011 S. 587; siehe auch Markus Sprenger, Tarifpluralität und die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit – Die unliebsame Kehrseite der Medaille, NZA 2015 S. 719.

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