Für immaterielle Schäden hat der Arbeitgeber nach § 15 Abs. 2 AGG dem Beschäftigten eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen. § 15 Abs. 2 AGG ist gegenüber § 253 BGB die speziellere Norm, tritt zusätzlich neben den Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG und ist unabhängig von einem Verschulden des Arbeitgebers. Nach der Gesetzesbegründung soll der Anspruch auf Entschädigung die Forderungen der Richtlinien sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbots durch den Arbeitgeber erfüllen. Daher ist auch nicht Voraussetzung eine erhebliche Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Weise einer "Herabwürdigung" des Beschäftigten. § 15 Abs. 2 AGG enthält eine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch, sodass nicht die Grundsätze, die für den Anspruch auf Schmerzensgeld bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gelten, anzuwenden sind.

Steht ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot fest, ist vom Vorliegen eines immateriellen Schadens auszugehen. Es bedarf im Regelfall keiner zusätzlichen Feststellung oder Darlegung des Eintritts eines immateriellen Schadens für einen Entschädigungsanspruch.[1] Es besteht keine Erheblichkeitsschwelle. Eine Ausnahme hiervon kommt allenfalls in ganz eng umrissenen Ausnahmefällen in Betracht, wenn die Benachteiligung nur ganz geringe Auswirkungen zeitigt. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalls. Ferner ist entsprechend dem Sanktionszweck der Norm die Höhe auch danach zu bemessen, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Die Entschädigung muss geeignet sein, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und in jedem Fall in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen.[2]

Eine Einschränkung sieht das Gesetz nur insoweit vor, als eine Entschädigungspflicht des Arbeitgebers bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen (Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen) nur dann gegeben sein soll, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt, § 15 Abs. 3 AGG.

Für den Entschädigungsanspruch ist grundsätzlich, mit Ausnahme des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG, keine Haftungsobergrenze vorgesehen. Nur für den Fall der Einstellungsdiskriminierung ist die Höhe dieser Entschädigung auf 3 Monatsgehälter begrenzt, wenn der Bewerber auch ohne Diskriminierung nicht eingestellt worden wäre, § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG. War die Diskriminierung hingegen kausal für die Nichteinstellung, besteht keine Höchstgrenze.

 
Praxis-Beispiel

AG sucht eine "Sekretärin". Es bewerben sich 50 Personen, darunter befinden sich 10 ernsthafte Bewerbungen von Männern. Den Job erhält Frau A, die auch die Bestqualifizierte ist. Alle 10 männlichen Bewerber (!) haben einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, der jeweils auf 3 Monatsgehälter begrenzt ist.

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