Gemäß § 15 Abs. 1 AGG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die diesem durch die Benachteiligung entstandenen Schäden zu ersetzen. Dass § 15 Abs. 1 AGG nur materielle Schäden erfasst, ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang zu Abs. 2, der ausdrücklich den Ersatz immaterieller Schäden regelt.[1] Der Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG ist verschuldensabhängig, wobei das Verschulden vermutet wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AGG). Fehlendes Verschulden hat somit der Arbeitgeber zu beweisen.

Der Schadensersatzanspruch ist auf Naturalrestitution gerichtet (§ 249 BGB). Auszugleichen ist daher der gesamte materielle Schaden, der durch den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot eingetreten ist.

 
Praxis-Beispiel

Die arbeitslose schwangere Bewerberin wird – obgleich deutlich am besten qualifiziert – wegen ihrer Schwangerschaft nicht eingestellt. Sie bezieht weiter Arbeitslosengeld und erhält nach einem ¾ Jahr einen Job, für den sie umziehen muss. Zudem liegt das Gehalt 500 EUR unter dem Gehalt der ausgeschriebenen Stelle.

Sie hat nunmehr einen Anspruch auf

  • Differenzbetrag zwischen dem Arbeitslosengeld und dem Gehalt, das sie bei dem ablehnenden Arbeitgeber erhalten hätte,
  • Ersatz der Umzugskosten,
  • Differenzbetrag zwischen ihrem Gehalt bei dem jetzigen Arbeitgeber und dem möglichen Gehalt bei dem ablehnenden Arbeitgeber.

Daneben hat sie zusätzlich noch einen Anspruch auf angemessene Entschädigung zum Ausgleich des immateriellen Schadens nach § 15 Abs. 2 AGG.

Eine Höchstgrenze des Schadensersatzanspruchs ist im AGG nicht normiert. Anhaltspunkte für eine Begrenzung des Schadensersatzes finden sich auch nicht in der Gesetzesbegründung. Die Vorgängerregelung des § 611a Abs. 2 BGB sah im Fall einer Nichteinstellung ausschließlich wegen des Geschlechts eine angemessene Entschädigung in Geld vor. Dieser Entschädigungsanspruch beinhaltete sowohl den Ersatz des materiellen Schadens (Vermögensschaden) als auch des immateriellen Schadens (wegen der Verletzung des Persönlichkeitsrechts). Eine solche Begrenzung auf einen angemessenen Schadensersatzanspruch findet sich im AGG nicht wieder. Andererseits bezweckt die Norm des § 15 Abs. 1 AGG auch nicht, dem einmal benachteiligten Bewerber ein Leben lang Schadensersatz zuzubilligen. Gefragt ist daher nach einer Schadenshöchstgrenze. Eine Begrenzung auf den Zeitpunkt, auf den der Arbeitgeber hätte frühestens kündigen können, erscheint wenig sachgerecht, Eine Berücksichtigung eines rechtmäßigen Alternativverhaltens ist zwar grundsätzlich zulässig. Hintergrund einer Kündigung auch während der Probezeit wäre aber wiederum das Diskriminierungsmerkmal, was zur Unwirksamkeit der Kündigung auch während der Probezeit aufgrund Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben führen würde. Eine Haftungshöchstgrenze ist daher in jedem Einzelfall vom Gericht zu ermitteln, wobei insbesondere der Gedanke der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB zu beachten ist.

[1] Erfurter Kommentar, § 15 AGG Rn. 4.

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