6.1 Die Entgeltordnung als Instrument der Arbeitsbewertung

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TVöD (Bund) richtet sich die Eingruppierung der Beschäftigten nach dem Tarifvertrag über die Entgeltordnung des Bundes (TV EntgO Bund). In der Anlage zu diesem Tarifvertrag ist die Entgeltordnung enthalten. Die Entgeltordnung ist die Grundlage der Arbeitsbewertung. In der Entgeltordnung ist die Differenzierung der Arbeitsentgelte für die Beschäftigten im Geltungsbereich des TVöD zunächst in insgesamt 16 Entgeltgruppen festgelegt worden. Mit Änderungstarifvertrag Nr. 6 vom 18.4.2018 ist als weitere Entgeltgruppe die EG 9c eingefügt worden. Dabei kennzeichnen die niedrigen Ordnungszahlen (z. B. EG 1) die Entgeltgruppen mit niedrigerem Arbeitsentgelt, die hohen Ordnungszahlen (z. B. EG 15) die Entgeltgruppen mit höherem Arbeitsentgelt. Dies gilt nunmehr auch für den Pflegebereich, der zunächst in KR – Entgeltgruppen 3a bis 12a gegliedert war. Mit Änderungstarifvertrag Nr. 6 vom 18.4.2018 ist dieser Bereich in Teil IV Abschnitt 25 der Entgeltordnung in Angleichung an die Regelung im Bereich der VKA neu strukturiert und in die P – Entgeltgruppen P5 bis P 12 gegliedert worden.

6.2 Rechtscharakter der Entgeltordnung

Nach § 4 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG) enthält die Entgeltordnung Rechtsnormen und ist Gesetz im materiellen Sinne.

Hingegen haben Eingruppierungsrichtlinien der Arbeitgeberverbände bzw. des Bundes in seinen Rundschreiben weder eine tarifrechtliche noch eine arbeitsrechtliche Bedeutung, da es sich hierbei lediglich um einseitige Empfehlungen einer Tarifvertragspartei an ihre Mitglieder handelt. Somit fehlt der Sonderrechtscharakter von Tarifnormen. Zwar können solche Richtlinien im Arbeitsvertrag vereinbart werden und somit rechtliche Bedeutung erlangen. Eine solche Vereinbarung ist jedoch nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

  • Die Arbeitsvertragsparteien sind nicht tarifgebunden

    oder

  • die vereinbarten Richtlinien sind günstiger als die in Betracht kommenden Tätigkeitsmerkmale der Entgeltordnung (Günstigkeitsprinzip).

6.3 Vollständigkeitsprinzip der Entgeltordnung

Mit der Entgeltordnung sollen wie schon zuvor mit der Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O alle im Geltungsbereich des TVöD-Bund anfallenden Tätigkeiten erfasst werden, um sie tarifrechtlich zu bewerten. Das Bundesarbeitsgericht sprach bei der Vergütungsordnung daher vom "universalen" Charakter der Vergütungsordnung.[1] Dies gilt gleichermaßen für die Entgeltordnung. Der universale Charakter der Entgeltordnung zeigt sich in erster Linie in den "Allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen für den Verwaltungsdienst" in Teil I, denen für Tätigkeiten im Angestelltenbereich eine Auffangfunktion zukommt (§ 3 Abs. 4 TV EntgO Bund) sowie in den "Allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen" des Teils II, denen für den Arbeiterbereich eine Auffangfunktion zukommt (§ 3 Abs. 3 TV EntgO Bund). Fehlt nun für eine zu bewertende Tätigkeit in der Entgeltordnung ein spezielles Tätigkeitsmerkmal, müssen Sie i. d. R. die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale heranziehen. So hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 16.10.1985[2] zur Vergütungsordnung zum BAT/BAT-O festgestellt, dass beispielsweise für die Aufgaben

  • Umweltschutz,
  • Überwachung des ruhenden Verkehrs,
  • Verfassungsschutz,
  • Lebensmittelkontrolle,
  • Naturschutz,
  • Sicherheitsmeister (Betriebsschutzbeauftragter),

die allgemeinen tariflichen Tätigkeitsmerkmale für den Verwaltungsdienst heranzuziehen sind.

Beachten Sie, dass dieser Rückgriff auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale des Teils I in den Entgeltgruppen 2 bis 12 nicht mehr in Betracht kommt in den Fällen, in denen die Tätigkeit des Beschäftigten keinen unmittelbaren Bezug zu den eigentlichen Aufgaben der betreffenden Verwaltungsdienststellen, -behörden oder –institutionen hat (§ 3 Abs. 4 Satz 2 TV EntgO Bund). In derartigen Fällen besteht eine Regelungslücke. Es ist zu prüfen, ob es sich um eine unbewusste Tariflücke handelt oder ob die Tarifvertragsparteien bewusst für die Tätigkeit keine Regelung treffen wollten. Bei einer unbewussten Regelungslücke ist eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Auslegung möglich. Bei einer bewussten Regelungslücke hingegen scheidet diese aus.[3] In diesen Fällen ist die Lücke durch Individualvereinbarung zu schließen.

 
Hinweis

Beachten Sie, dass die speziellen Tätigkeitsmerkmale den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltordnungvorgehen.

Beachten Sie: Die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale dürfen auch nicht "hilfsweise" herangezogen werden, wenn die speziellen Tätigkeitsmerkmale eine höhere Eingruppierung nicht mehr vorsehen. So gibt es z. B. spezielle Tätigkeitsmerkmale für Diätassistenten in Teil III Abschn. 21.3 bis zur Entgeltgruppe 9b. Ab Entgeltgruppe 10 sind Tätigkeitsmerkmale Diätassistenten nicht mehr vorgesehen. Es ist nun nicht möglich, eine Eingruppierung nach Teil I EG 10 vorzunehmen mit der Begründung, es handle sich um einen Beschäftigten "im sonstigen Innendienst", dessen Tätigkeit besonders verantwortungsvoll ist und sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung heraushebt.[4]

Bewusste – unbewusste Lücke im Tarifvertrag

Die Tarifvertragsparteien haben mit der Vereinbarung der Entgelt...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge