Nach § 12 TVöD (Bund) ist maßgebend für die Eingruppierung, welchen Tätigkeitsmerkmalen die auszuübende Tätigkeit entspricht. Dieser Begriff des Tätigkeitsmerkmals wird nachfolgend näher erläutert.

12.1 Allgemeines

Die Entgeltordnung enthält eine Vielzahl von unbestimmten Tätigkeitsmerkmalen. Diese sog. unbestimmten Rechtsbegriffe, z. B. "einfachste Tätigkeit", "einfache Tätigkeit", "schwierige Tätigkeit", "gründliche Fachkenntnisse", "gründliche und vielseitige Fachkenntnisse", "selbstständige Leistungen" sind auslegungsbedürftig. Ihrem Charakter entsprechend können unbestimmte Rechtsbegriffe nur durch weitere unbestimmte Rechtsbegriffe abstrakt definiert werden.[1] Die Frage, ob die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe von den Gerichten überprüfbar (justiziabel) ist, hat das BAG in 2 Grundsatzurteilen vom 29.1.1986[2] und vom 19.3.1986[3] bejaht, dabei jedoch eingeräumt, dass die Anwendung der Tätigkeitsmerkmale mit gewissen Schwierigkeiten verbunden sei. Weiterhin haben die Arbeits- und Landesarbeitsgerichte nach der Rechtsprechung des BAG einen weiteren Beurteilungsspielraum, der umso größer ausfällt, je unbestimmter das Tätigkeitsmerkmal ist. Es kann demnach vorkommen, dass parallel gelagerte Sachverhalte von verschiedenen Arbeits- bzw. Landesarbeitsgerichten unterschiedlich entschieden werden, ohne dass dies vom BAG korrigiert werden kann. Folge kann demnach sein, dass 2 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, obwohl sie gleichartige Tätigkeiten verrichten, auch nach höchstrichterlichen Entscheidungen ein unterschiedliches Entgelt erhalten. Da es den Tarifvertragsparteien jedoch unmöglich ist, die vielfältigen Tätigkeitsbereiche des öffentlichen Dienstes durch spezielle Eingruppierungsnormen zu regeln, kann auch zukünftig trotz der erheblichen Schwierigkeiten auf die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht verzichtet werden.

12.2 Einfachste Tätigkeiten

12.2.1 Einführung der EG 1

Der am 1.10.2005 in Kraft getretene TVöD enthielt keine eigenständigen Eingruppierungsvorschriften. Bis zum Inkrafttreten der neuen Eingruppierungsregelungen mit einer Entgeltordnung galten die bisherigen Eingruppierungsvorschriften für Angestellte und Arbeiter gem. § 17 Abs. 1 TVÜ-Bund in Verbindung mit Anlage 4 als Übergangsregelung fort. Sie fanden nach § 17 Abs. 1 Satz 3 TVÜ-Bund sowohl auf übergeleitete als auch auf nach dem 30.9.2005 neu eingestellte oder neu eingruppierte Arbeitnehmer Anwendung. Dies galt allerdings nicht uneingeschränkt. Nach § 17 Abs. 2 erster Spiegelstrich TVÜ-Bund galten Vergütungsordnungen und Lohngruppenverzeichnisse nicht für ab dem 1.10.2005 in der Entgeltgruppe 1 TVöD neu eingestellte Beschäftigte. Dementsprechend war die Eingruppierung abweichend von § 17 Abs. 3 TVÜ-Bund nicht nur vorläufiger Natur, sondern galt auch bei Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung. Die Eingruppierung in die EG 1 erfolgte originär. Insoweit war diese Entgeltgruppe 1 schon als Teil der neuen Entgeltordnung anzusehen. Mit Einführung der EG 1 wurde eine "Billiglohngruppe" geschaffen, deren Entgeltniveau etwa 19 % unter dem des BAT und MTArb lag. Ziel war, dem ökonomischen Zwang zur Auslagerung von einfachsten Tätigkeiten aus der betrieblichen Organisation und Vergabe an Dritte ("Outsourcing") entgegenzuwirken und einen Anreiz zu setzen, bereits ausgelagerte Teile wieder zu reintegrieren.

Die Regelung der EG 1 in der Anlage 4 TVÜ-Bund ist von den Tarifvertragsparteien im Wesentlichen in Teil I der Entgeltordnung unverändert übernommen worden. Der in der Anlage 4 ausgebrachte, nicht abschließende Beispielkatalog ist nunmehr in der Protokollerklärung Nr. 9 des Teils I enthalten. Lediglich das Beispiel "Bote/Botin (ohne Aufsichtsfunktion)" ist nicht mehr enthalten. Boten sind nunmehr in Entgeltgruppe 3 eingruppiert (Teil III Abschn. 9 der Entgeltordnung); für in Entgeltgruppe 1 oder 2 eingruppierte Boten war daher ein Antrag auf Höhergruppierung in Entgeltgruppe 3 möglich. Das in der Anlage 4 TVÜ-Bund ausgebrachte Tätigkeitsmerkmal in Entgeltgruppe 1 galt sowohl für den Bereich der Angestellten (Anlagen 1a und 1b zum BAT) als auch für den Bereich der Arbeiter (Lohngruppenverzeichnis). Dementsprechend wurde in Teil II der neuen Entgeltordnung ein wortgleiches Tätigkeitsmerkmal vereinbart. Die in den jeweiligen Protokollerklärungen der Teile I und II aufgeführten identischen Beispiele spiegeln dabei lediglich die Wertigkeit für einfachste Tätigkeiten wider. Sie legen nicht die Zuordnung der Tätigkeiten zu den Teilen I oder II fest. Das Tätigkeitsmerkmal gilt gemäß § 3 Abs. 5 TV EntgO Bund auch für Tätigkeiten der Teile III bis VI. Somit kann in allen Teilen der Entgeltordnung eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 1 erfolgen.

12.2.2 Auslegung der tariflichen Regelung der EG 1

Die Eingruppierung in die originäre EG 1 erfolgt eigenständig ohne Bezugnahme auf die bisherige Zuordnung in den Lohngruppenverzeichnissen.[1] Ausgangspunkt ist der Wortlaut.

Die Tätigkeit muss "einfachst" bes...

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