Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 29.08.1990; Aktenzeichen L 6 Ar 1558/86)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. August 1990 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger wendet sich gegen die Rückerstattung von Arbeitslosengeld (Alg).

Der am 9. Juli 1934 geborene Kläger, ein Schreiner, war von 1954 bis zum 31. August 1981 bei der Kommanditgesellschaft G L und anschließend bei der L GmbH beschäftigt; er war zuletzt Betriebsratsvorsitzender. Über das Vermögen der L GmbH wurde am 18. März 1983 das Konkursverfahren eröffnet.

Das Arbeitsverhältnis endete am 18. März 1983, und zwar nach den Ausführungen des Landessozialgerichts (LSG) aufgrund eigener fristloser Kündigung des Klägers oder aufgrund eines Aufhebungsvertrags von diesem Tag. Vom 6. April bis zum 30. Juni 1983 beschäftigte der Konkursverwalter den Kläger. Ab 18. Juli 1983 wurde der Kläger – zusammen mit anderen Arbeitnehmern der in Konkurs gefallenen Gesellschaft – von der L W -K GmbH beschäftigt.

Nachdem sich der Kläger am 21. März 1983, einem Montag, erstmals arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hatte, bewilligte ihm das Arbeitsamt Wetzlar Alg in Höhe von 325,80 DM wöchentlich, mit Rücksicht auf das zur Urlaubsabgeltung gezahlte Konkursausfallgeld allerdings erst ab 30. März 1983 (Bescheid vom 8. April 1983).

Im August 1983 beschloß eine Einigungsstelle für die Arbeitnehmer der L GmbH einen Sozialplan, demzufolge diejenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse am 18. März 1983 länger als sechs Monate bestanden hatten, zum Ausgleich der ihnen durch die Lösung des Arbeitsverhältnisses am 18. März 1983 entstehenden Nachteile eine Abfindung von 1.000,– DM (Sockelbetrag) erhalten sollten. Arbeitnehmern, die am 18. März 1983 das 60. Lebensjahr nicht vollendet hatten, sollten zusätzlich einen Steigerungsbetrag bekommen, der sich nach vollendeten Lebensjahren und dem Monatsgehalt (L × M : 100) errechnete (Nrn 1 und 2). Die Gesamtsumme der Abfindungen durfte 75 vH der freien Konkursmasse (= Konkursmasse nach Bereinigung der Massekosten und Masseschulden) und den Betrag von 180.000,– DM nicht übersteigen; ggf verringerten sich die Ansprüche der einzelnen Arbeitnehmer quotenmäßig (Nr 4). Ein Abschlag in Höhe des Sockelbetrages sollte zum 1. Dezember 1983 gezahlt werden, im übrigen sollten die Abfindungen mit der Schlußverteilung im Konkursverfahren fällig werden; abweichend hiervon sollte die Abfindung erst mit rechtskräftiger Beendigung des Rechtsstreits fällig werden, wenn ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Betriebsstillegung Klage erhebt (Nr 5). Auf diese Abfindungen, die im Einzelfalle die Grenze des § 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht übersteigen sollten, sollten etwaige Abfindungen angerechnet werden, die Arbeitnehmer anläßlich des Ausscheidens aus dem Betrieb durch Urteil zugesprochen bzw in gerichtlichen Vergleichen vereinbart würden (Nr 6). 1.000,– DM Abfindung erhielt der Kläger noch im Dezember 1983.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob das Arbeitsamt die Alg-Bewilligung für die Zeit vom 30. März bis 1. April 1983 unter Berufung auf § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X), § 117 Abs 2 und 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf und forderte unter Berufung auf § 50 SGB X, § 117 Abs 4 Satz 2 AFG 162,90 DM vom Kläger zurück. Der Ruhensberechnung legte das Arbeitsamt eine ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers von zwei Monaten zum Monatsschluß, 350,– DM der Abfindung und 103,69 DM als das während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdiente Arbeitsentgelt zugrunde, das aus der Lohnabrechnung für Februar 1983 (2.903,38 DM: 28 = 103,69 DM) errechnet worden ist (Bescheid vom 8. März 1984 idF des Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 1984).

Das Sozialgericht (SG) hat den angefochtenen Bescheid aufgehoben; es hat die Berufung zugelassen (Urteil vom 9. November 1988). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 29. August 1990).

Zur Begründung seines Urteils hat das LSG zunächst ausgeführt, es bleibe offen, ob der Kläger das Alg gemäß § 117 Abs 4 Satz 2 AFG zurückzuzahlen habe; zweifelhaft sei in diesem Zusammenhang, ob dem Konkursverwalter nicht der Alg-Bezug des Klägers bekannt gewesen sei und er die Sozialplanabfindung deshalb nicht mit befreiender Wirkung an den Kläger habe leisten können. Der Kläger habe jedoch das Alg nach § 50 SGB X zurückzuzahlen, da die Beklagte die Alg-Bewilligung zu Recht gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X rückwirkend aufgehoben habe. Infolge der Sozialplanabfindung sei der Anspruch auf Alg rückwirkend gemäß § 117 Abs 2 und 3 AFG zum Ruhen gekommen, weil das Arbeitsverhältnis fristlos mit sofortiger Wirkung und damit ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden sei. Auch eine Sozialplanabfindung führe zum Ruhen, es fehle auch nicht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung. Sozialplanabfindungen enthielten bei konkursbedingter vorzeitiger Lösung der Arbeitsverhältnisse typischerweise neben einer Abgeltung des sozialen Besitzstandes auch Lohnbestandteile für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die funktionale Vergleichbarkeit der Sozialplanabfindung mit den sonst üblichen Abfindungen werde vorliegend durch die Bestimmung unterstrichen, wonach anderweit erstrittene Abfindungen anzurechnen seien. Daß der Kläger zusammen mit einem Großteil der Stammbelegschaft von der Nachfolgegesellschaft weiter beschäftigt worden sei, bestätige, daß bei der Sozialplanabfindung der konkursbedingte Lohnausfall bedeutsam gewesen sei. Schließlich gelte § 117 Abs 2 AFG auch im Falle einer fristlosen Kündigung durch den Arbeitnehmer. Jedenfalls wenn das Arbeitsverhältnis erst bei Eröffnung des Konkursverfahrens beendet werde, wie das hier geschehen sei, komme es nicht darauf an, ob dies durch Aufhebungsvertrag oder durch einseitige fristlose Kündigung des Klägers erfolgt sei; der Kläger habe in jedem Falle sicher sein können, in einem Sozialplan berücksichtigt zu werden. Die Berechnung des Ruhenszeitraums durch die Beklagte sei rechtlich nicht zu beanstanden. Sie habe daher zu Recht den Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 30. März bis zum 1. April 1983 aufgehoben.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 117 Abs 2 AFG. Er macht geltend, bei einer berechtigten fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers könne auf die Ruhensvorschrift nicht zurückgegriffen werden. Der Gesetzgeber gehe selbst davon aus, daß nicht jede Abfindung Arbeitsentgelt enthalte. So bleibe die bei einer ordentlichen Kündigung gezahlte Abfindung unberücksichtigt; sie sei soziale Kompensation, nicht abgefundener Lohn. Auch außerhalb des Rahmens einer ordentlichen Kündigung könne eine Abfindung soziale Kompensation sein (vgl BSGE 50, 121, 125); eine formale Betrachtung sei in Fällen dieser Art nicht angebracht. Ein Arbeitgeber, der zur fristlosen Kündigung berechtigt sei, erbringe eine Abfindungsleistung in der Regel nur aus sozialen Gesichtspunkten und nicht, um sich die Einhaltung irgendwelcher gesetzlicher oder tariflicher Fristen zu erkaufen. Dies müsse erst recht gelten, wenn der Arbeitnehmer berechtigt sei, das Arbeitsverhältnis seinerseits aus wichtigem Grunde zu kündigen. Durch die eigene fristlose Kündigung habe der Arbeitnehmer nämlich keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt mehr. Arbeitsrechtlich sei das Verhalten des Klägers auch begründet gewesen, da der Arbeitgeber wegen Zahlungsunfähigkeit keinen Lohn mehr habe zahlen können. Es habe für den Arbeitgeber daher keinen Grund gegeben, eine Abfindung mit Entgeltcharakter zu zahlen, um sich von der ordentlichen Kündigungsfrist freizukaufen. In solchen Fällen diene die Abfindung im Gegensatz zum Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. März 1990 – 11 RAr 69/89 – allein der Entschädigung des sozialen Besitzstandes.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des LSG die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, entgegen dem Revisionsvorbringen stehe die Möglichkeit zu fristloser Kündigung seitens des Arbeitnehmers der in § 117 Abs 3 Nr 3 AFG geregelten Fallgestaltung nicht gleich, wie bereits der 11. Senat des erkennenden Gerichts entschieden habe. Das angefochtene Urteil sei auch aus anderen Gründen nicht unrichtig. Die Erstattungsforderung in Höhe von 162,90 DM bestehe zu Recht. Sie sei allerdings allein auf § 117 Abs 4 Satz 2 AFG zu stützen, dessen Voraussetzungen insgesamt erfüllt seien. Die Zweifel des LSG an der befreienden Wirkung der Leistung des Konkursverwalters an den Kläger seien unbegründet. Vorsorglich werde die Leistung jedoch genehmigt, wodurch spätestens die Befreiungswirkung eintrete.

Mit Bescheid vom 25. März 1991 hat das Arbeitsamt den angefochtenen Bescheid insoweit zurückgenommen, als die Alg-Bewilligung aufgehoben worden ist.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Nachdem das Arbeitsamt während des Revisionsverfahrens den mit der Klage angefochtenen Bescheid aufgehoben hat, soweit es die Alg-Bewilligung für die Zeit vom 30. März bis 1. April 1983 zurückgenommen hatte, ist über den angefochtenen Bescheid nur noch zu befinden, soweit vom Kläger 162,90 DM zurückgefordert werden. Mit der Aufhebung der Bewilligungs-Rücknahme ist der den Kläger belastende Verwaltungsakt und damit der Anfechtungsgrund im übrigen entfallen. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten.

Rechtsgrundlage der Rückforderung ist § 117 AFG in der zuletzt durch Art II § 2 des Gesetzes vom 4. November 1982 (BGBl I 1450) geänderten Fassung. Nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG hat der Empfänger des Alg dieses insoweit zu erstatten, als der Arbeitgeber die in § 117 Abs 1 bis 2 AFG genannten Leistungen trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen oder einen Dritten gezahlt hat. Die Absätze 1 bis 3 des § 117 AFG regeln, daß der Anspruch auf Alg für eine bestimmte Zeit ruht, für die der Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, Urlaubsabgeltung oder, sofern das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet worden ist, eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat. Soweit der Arbeitslose diese Leistungen tatsächlich nicht erhält, wird das Alg auch in der Zeit gewährt, in der der Anspruch an sich ruht (§ 117 Abs 4 Satz 1 AFG). Auch wenn der Arbeitslose nun Alg und kein Arbeitsentgelt von der Bundesanstalt für Arbeit (BA) erhält, tritt die BA wirtschaftlich betrachtet in Höhe des Alg in Vorleistung für den Arbeitgeber (BSGE 60, 168, 171 = SozR 4100 § 117 Nr 16; SozR 4100 § 117 Nrn 18, 19, 20). In Höhe des gewährten Alg geht dafür der Anspruch des Arbeitslosen auf Arbeitsentgelt, Urlaubsabgeltung oder eine Abfindung usw auf die BA über (§ 115 Abs 1 SGB X, § 117 Abs 4 Satz 1 AFG). Hat der Arbeitslose nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG das Alg insoweit zu erstatten, als Arbeitsentgelt, Urlaubsabgeltung oder eine Abfindung usw trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an ihn ausgezahlt worden sind, erstattet er nicht eigentlich Alg, sondern zahlt in Wirklichkeit das Arbeitsentgelt usw in Höhe des Alg an die Bundesanstalt, das dieser aufgrund des gesetzlichen Übergangs des Arbeitsentgeltanspruchs infolge der Alg-Zahlung zugestanden hat (vgl BSGE 60, 168, 172 = SozR 4100 § 117 Nr 16; SozR 4100 § 117 Nr 19; BSGE 67, 221, 225 = SozR 3 – 4100 § 117 Nr 3).

Die Voraussetzungen des § 117 Abs 4 Satz 2 AFG sind gegeben. Der Kläger hat die 1.000,– DM ausgezahlt erhalten, obwohl aufgrund des Rechtsübergangs 162,90 DM hiervon, ein Betrag in Höhe des Alg für Mittwoch, den 30. März bis Freitag, den 1. April 1983, der Beklagten zustand; denn hätte der Kläger die 1.000,– DM vor der Alg-Bewilligung erhalten, hätte sein Anspruch nicht nur bis zum 29. März 1983, sondern nach § 117 Abs 2 und 3 AFG auch an den drei folgenden Tagen geruht und ihm nach § 117 Abs 4 Satz 1 AFG kein Alg gewährt werden dürfen.

Nach § 117 Abs 2 Satz 1 AFG ruht der Anspruch auf Alg von dem Ende des Arbeitsverhältnisses bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der Frist geendet hätte, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist. Zutreffend hat das LSG erkannt, daß diese Vorschrift hier Anwendung findet.

Die 1.000,– DM sind iS des § 117 Abs 2 AFG eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung, die der Kläger wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der L GmbH am 18. März 1983 erhalten hat. Wegen der Beendigung wird eine Abfindung gewährt, wenn zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Das ist hier der Fall. Der Kläger hat die 1.000,– DM ausweislich des Sozialplans zum Ausgleich der ihm durch die Lösung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Nachteile bekommen. Er hätte die 1.000,– DM nicht erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden wäre. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist auch ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist, einfach gesprochen „vorzeitig”, beendet worden. Nach den Feststellungen des LSG ist das Ende des Arbeitsverhältnisses dadurch herbeigeführt worden, daß entweder der Kläger am 18. März 1983 fristlos gekündigt hat oder der Kläger und die L GmbH unmittelbar vor Konkurseröffnung einen Auflösungsvertrag vereinbart haben, wie der Kläger im Widerspruchsverfahren und vor dem SG vorgetragen hat. Damit ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden. Denn eine solche Frist wäre frühestens zum 31. Mai 1983 abgelaufen.

Maßgebend ist allein die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers, nicht eine etwa kürzere des Arbeitnehmers. Das gilt uneingeschränkt, also unabhängig davon, wie das Arbeitsverhältnis beendet worden ist und von welcher Seite die Initiative hierfür ergriffen wurde (Ambs ua, Gemeinschaftskommentar zum AFG, Stand März 1991, § 117 RdNr 43; Hennig/Kühl/Heuer/Henke, Komm zum AFG, Stand Juli 1991, § 117 RdNr 10; Knigge/Ketelsen/Marschall/ Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl 1988, § 117 RdNrn 13 und 24). Da der Kläger Mitglied des Betriebsrats war, war in seinem Falle eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen, allerdings nur für die Amtszeit und ein Jahr danach (§ 15 Abs 1 KSchG), also zeitlich begrenzt. In einem solchen Falle ist die Kündigungsfrist zugrundezulegen, die ohne den Ausschluß der ordentlichen Kündigungsfrist maßgebend wäre (§ 117 Abs 2 Satz 3 AFG). Das LSG hat die Ruhensberechnung des Arbeitsamtes, der die ordentliche Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende zugrunde liegt (31. Mai 1983), die der gesetzlichen Regelung des § 622 Abs 2 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entspricht, ausdrücklich gebilligt. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, daß nach dem Arbeitsverhältnis des Klägers bzw dem auf dieses Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag keine andere als die gesetzliche ordentliche Kündigungsfrist galt.

Nun ist Satz 2 des § 622 Abs 2 BGB mit Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar, soweit bei der Berechnung der für die verlängerten Kündigungsfristen maßgeblichen Beschäftigungsdauer eines Arbeiters Zeiten nicht berücksichtigt werden, die vor der Vollendung des 35. Lebensjahres liegen, während bei einem Angestellten bereits Zeiten nach Vollendung des 25. Lebensjahres mitgerechnet werden, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluß vom 16. November 1982 mit Gesetzeskraft gemäß § 31 Abs 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz entschieden hat (BGBl I 1983, 81; BVerfGE 62, 256). Darüber hinaus ist § 622 Abs 2 Satz 1 und Satz 2 1. Halbs BGB mit Art 3 Abs 1 GG unvereinbar, soweit hiernach die Kündigungsfristen für Arbeiter kürzer sind als für Angestellte (BVerfG, Beschluß vom 30. Mai 1990, BGBl I 1727; BVerfGE 82, 126).

Das BVerfG hat die genannten Vorschriften allerdings nicht für nichtig erklärt, sondern dem Gesetzgeber aufgegeben, eine den Gleichheitssatz berücksichtigende Regelung zu treffen. Diese Neuregelung steht bislang noch aus. Dieser Umstand hat zur Folge, daß § 622 Abs 2 BGB zur Zeit nicht angewandt werden kann und anhängige Gerichtsverfahren auszusetzen sind, bei denen die Entscheidung von der verfassungswidrigen Norm abhängt. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Zur Anwendung des § 117 Abs 2 Satz 1 AFG genügt hier nämlich die Feststellung, daß schon eine der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers nach dem bisherigen, die Arbeiter benachteiligenden § 622 Abs 2 BGB entsprechenden Frist nicht eingehalten worden ist; denn für die Vergangenheit kann der Gesetzgeber zum Nachteil der Arbeiter die Kündigungsfristen nicht verkürzen. Da der Rechtsstreit allein davon abhängig ist, ob der Anspruch auf Alg des Klägers vom 30. März bis 1. April 1983 geruht hätte, wenn ihm die 1.000,– DM rechtzeitig gezahlt worden wären, kommt es nicht darauf an, ob und wann nach dem 31. Mai 1983 eine der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Frist geendet hätte.

Der Erfüllung des Tatbestandes des § 117 Abs 2 AFG steht nicht entgegen, daß die Abfindung in einem Sozialplan vereinbart worden ist. Wie § 117 Abs 1 AFG (Ruhen wegen eines Anspruchs auf Arbeitsentgelt) und § 117 Abs 1a AFG (Ruhen wegen eines Anspruchs auf Urlaubsabgeltung) beruht die Regelung des § 117 Abs 2 und 3 AFG auf der Erwägung, daß der Arbeitslose (noch) nicht der Leistung der Versichertengemeinschaft bedarf, solange er keinen Lohnausfall hat. Die Regelung soll Entschädigungen für Lohnausfall erfassen, die in den in § 117 Abs 2 AFG angesprochenen Fällen in einem bestimmten, insbesondere durch § 117 Abs 3 AFG pauschalierten Umfang angenommen werden, und gleichzeitig Manipulationen zur Umgehung des § 117 Abs 1 AFG verhindern. Die Annahme des Gesetzgebers, daß bei vorzeitiger Beendigung von Arbeitsverhältnissen Abfindungen in bestimmtem Umfang eine Lohnausfallvergütung enthalten, ist aber auch gerechtfertigt, wenn Unternehmer und Betriebsrat die Abfindung in einer Betriebsvereinbarung (Sozialplan nach § 112 Abs 1 Betriebsverfassungsgesetz ≪BetrVG≫) vereinbaren bzw anstelle dieser Vertragspartner gemäß § 112 Abs 4 BetrVG die Einigungsstelle den Sozialplan beschließt (BSG SozR 4100 § 117 Nr 5). Etwas anderes gilt nicht im Konkursfall.

Die Anwendung des § 117 Abs 2 AFG entfällt auch nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung des Arbeitnehmers sein Ende gefunden hat, wie das hier der Fall gewesen sein könnte. Die Vorschrift unterscheidet nicht danach, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis aufgelöst wurde und wer gekündigt oder sonst die Initiative zur Auflösung ergriffen hat. Nach § 117 Abs 2 AFG führen vielmehr grundsätzlich alle Abfindungen, die bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt werden, zum Ruhen des Anspruchs auf Alg in dem im Gesetz vorgesehenen Umfang. Eine Prüfung im Einzelfall, ob eine bestimmte Abfindung entgegen der Annahme des Gesetzgebers keinen Lohnausfall vergütet, wie sie die Revision erstrebt, ist nicht vorgesehen. Streitigkeiten dieser Art wollte der Gesetzgeber durch eine pauschale Bewertung gerade verhindern.

Entgegen der Auffassung der Revision ist es unerheblich, ob der Kläger das Arbeitsverhältnis wegen ausgebliebener Lohnzahlung fristlos kündigen konnte. Nach § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG ruht der Anspruch auf Alg bei Zahlung einer Abfindung zwar nicht über den Tag hinaus, an dem der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können. Das Gesetz stellt indes nur darauf ab, daß dem Arbeitgeber ein solches Recht zustand. Eine entsprechende Anwendung auf den Fall, daß der Arbeitnehmer ein Recht zur fristlosen Kündigung hatte, verbietet sich schon angesichts des eindeutigen Wortlauts des Gesetzes. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift verdeutlicht dies. Den Gesetzesmaterialien zufolge ist an eine Erstreckung der Regelung des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG auf die Fälle fristloser Kündigungen aus wichtigem Grunde des Arbeitnehmers nicht gedacht worden. Zur Begründung der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Neufassung des § 117 Abs 2 und 3 AFG durch das Vierte Gesetz zur Änderung des AFG vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557), die ohne wesentliche Änderung Gesetzeskraft erlangt hat, hat die Bundesregierung nämlich dargelegt, daß der Anspruch auf Alg künftig, wie hier zu betonen ist, i m m e r dann ruhen soll, wenn der Arbeitnehmer gegen Zahlung einer Abfindung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist des Arbeitgebers ausgeschieden ist, und eine Ausnahme a l l e i n dann zu gelten hat, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos hätte kündigen können, weil in diesen Fällen eine gezahlte Abfindung allein der Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstands dient (BT-Drucks 8/857 S 9). Auch wäre die Annahme, eine Abfindung diene allein der Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstands nicht schon dann generell gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer das Recht zur fristlosen Kündigung hatte. Wird nämlich eine außerordentliche Kündigung durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles veranlaßt, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet (§ 628 Abs 2 BGB). Der Arbeitnehmer kann daher vom Arbeitgeber ggf die entgangene Vergütung verlangen. Eine Abfindung, die in einem solchen Falle bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird, könnte diesen anstelle von Lohn tretenden Schadensersatz umfassen. Die entsprechende Anwendung des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG auf den Fall, daß der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte kündigen können, verbietet sich daher. In diesem Punkte teilt der Senat daher die Auffassung des 11. Senats, die dieser in dem von den Beteiligten erwähnten Urteil vom 13. März 1990 – 11 RAr 69/89 – (SozR 3-4100 § 117 Nr 2) vertreten hat.

Wären dem Kläger die 1.000,– DM vor der Bewilligung des Alg gezahlt worden, hätte sein am 19. März 1983 entstandener Anspruch nicht nur wegen der gezahlten Urlaubsabfindung bis zum 29. März 1983 (§ 117 Abs 1a AFG), sondern darüber hinaus gemäß § 117 Abs 2 und 3 AFG bis zum 1. April 1983 geruht, wie das LSG zutreffend des näheren ausgeführt hat. Von den 1.000,– DM standen hiernach in Höhe des für die genannten drei Tage gezahlten Algs 162,90 DM der Abfindung gemäß § 115 Abs 1 SGB X der Beklagten zu.

Etwas anderes ergäbe sich nicht, wenn der Kläger neben den gezahlten 1.000,– DM noch weitere unter § 117 Abs 2 AFG fallende Leistungen zu beanspruchen hätte. In dem erwähnten Urteil vom 13. März 1990 ist allerdings die Auffassung vertreten worden, § 117 Abs 4 Satz 2 AFG werde bei mehreren Ansprüchen auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erst wirksam, wenn der Arbeitslose mehr erhalten habe, als ihm nach § 117 Abs 2 und 3 AFG insgesamt zu zahlen gewesen sei. Diese Auffassung begegnet indes Bedenken. Diese richten sich nicht dagegen, daß ein Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs 2 BGB als eine einer Abfindung ähnliche Leistung iS von § 117 Abs 2 AFG angesehen wird (vgl BSGE 46, 20, 32 = SozR 4100 § 117 Nr 2) und daß, wenn der Arbeitslose neben einer Abfindung Schadensersatz erhält, zur Berechnung der Ruhenszeit beide Leistungen zusammengerechnet werden. Die Bedenken richten sich vielmehr gegen die Vorstellung eines „Gesamtabfindungsanspruchs”, da dieser dem Arbeitsrecht fremd ist. Weil zB eine vereinbarte Abfindung und ein von der Abfindung nicht erfaßter Schadensersatzanspruch keinen arbeitsrechtlichen Gesamtabfindungsanspruch bilden, gehen gemäß § 117 Abs 4 Satz 1 AFG, § 115 SGB X die Ansprüche je für sich auf die BA über, soweit sie Leistungen erbringt. Erhält der Arbeitslose nachträglich lediglich die – vom Arbeitgeber etwa anerkannte – Abfindung, nicht dagegen den beanspruchten Schadensersatz, ist gemäß § 117 Abs 4 Satz 2 AFG nur maßgebend, ob der Arbeitgeber trotz des Rechtsübergangs die Abfindung mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen gezahlt hat. Es kann daher nur in bezug auf den vom Arbeitgeber ausgezahlten Betrag gefragt werden, für wieviele Tage das Alg geruht hätte, wenn der Arbeitgeber diesen vor der Alg-Bewilligung gezahlt hätte, und welcher Teil des erfüllten Abfindungsanspruchs gemäß § 115 SGB X auf die BA übergegangen war. Die Ansprüche, die der Arbeitgeber nicht erfüllt, bleiben außer Betracht; insoweit ist weiterhin der Tatbestand des § 117 Abs 4 Satz 1 AFG gegeben, in dessen Folge der Anspruch auf Alg gerade nicht ruht (BSGE 60, 168, 171 f = SozR 4100 § 117 Nr 16). Da die BA in den Fällen des § 117 Abs 4 Satz 1 AFG – wirtschaftlich betrachtet – für den Arbeitgeber vorleistet, ist es nicht einzusehen, weshalb sie dann, wenn der Arbeitgeber nachträglich einen Teil seiner Schulden zahlt, ggf gänzlich zurückstehen muß und hieran nicht anteilig beteiligt werden soll. Dieses Ergebnis der Auffassung des 11. Senats ist auch deshalb unverständlich, weil der Arbeitslose gemäß § 117 Abs 4 Satz 1 AFG zunächst kein Alg erhalten hätte, wenn der Arbeitgeber von vornherein nur die Abfindungsverpflichtung erfüllt hätte, den Schadensersatz aber, zB wegen Zahlungsunfähigkeit, endgültig schuldig bleibt.

Der Senat ist im vorliegenden Falle nicht veranlaßt, wegen dieser Bedenken gegen die vom 11. Senat vertretene Rechtsauffassung gemäß § 42 SGG den Großen Senat anzurufen. Denn weitere unter § 117 Abs 2 AFG fallende Ansprüche sind hier nicht gegeben. Der in allen Instanzen sachkundig vertretene Kläger, der als Betriebsratsvorsitzender an dem Zustandekommen des Sozialplans beteiligt gewesen ist, hat sich zu keinem Zeitpunkt darauf berufen, daß ihm neben der gezahlten Abfindung in Höhe des Sockelbetrages von 1.000,– DM noch der im Sozialplan vorgesehene Steigerungsbetrag zustand, auf den ein Anspruch nur bei einer bestimmten Höhe der freien Konkursmasse erwuchs. Ebensowenig hat er sich auf einen Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs 2 BGB berufen oder geltend gemacht, daß er Ansprüche zur Konkurstabelle angemeldet oder arbeitsgerichtlich geltend gemacht habe. Gegen einen Schadensersatzanspruch spricht zudem der Sozialplan. Nach ihm diente die Abfindung zum Ausgleich der den Arbeitnehmern durch die Lösung des Arbeitsverhältnisses am 18. März 1983 entstehenden Nachteile. Den Bestimmungen des Sozialplans, wonach die für die Arbeitnehmer vorgesehenen Leistungen aus der freien Konkursmasse mit Rücksicht auf die Konkursgläubiger summen- und verhältnismäßig beschränkt worden sind, ist zu entnehmen, daß angesichts der Dürftigkeit der Konkursmasse die für den Sozialplan zur Verfügung stehenden Mittel zur gleichmäßigen Befriedigung aller Arbeitnehmer herangezogen werden sollten und die dort vorgesehenen Abfindungen trotz ihrer geringen Höhe für alle Nachteile gewährt wurden, sie also auch etwaige Schadensersatzansprüche nach § 628 Abs 2 BGB abgelten sollten. Das muß jedenfalls für die Arbeitnehmer gelten, denen anläßlich des Ausscheidens aus dem Betrieb nicht durch Urteil oder gerichtlichen Vergleich höhere Abfindungen zugesprochen wurden; denn soweit dies geschehen sollte, sah der Sozialplan vor, daß die Sozialplanabfindung anzurechnen ist und im übrigen erst mit der Beendigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens fällig wird.

Von dem Anspruch des Klägers auf die Abfindung in Höhe des Sockelbetrages von 1.000,– DM standen hiernach 162,90 DM gemäß § 115 SGB X der BA zu. Diese 162,90 DM sind schließlich trotz des Rechtsübergangs auf die Beklagte mit befreiender Wirkung an den Kläger gezahlt worden.

Ob der Konkursverwalter bei der Leistung der 1.000,– DM den gesetzlichen Forderungsübergang nicht gekannt hat und deshalb mit befreiender Wirkung an den Kläger zahlen konnte (vgl § 407 Abs 1, § 412 BGB), ist allerdings zweifelhaft. Zwar hat das Arbeitsamt dem Konkursverwalter nicht angezeigt, daß eine Abfindung, sollte sie vereinbart werden, in gewissem Umfange auf die Beklagte übergehen werde. Eine solche Mitteilung dürfte zwar regelmäßig Unkenntnis des Schuldners vom Anspruchsübergang ausschließen (vgl BAGE 37, 274, 281). Unterbleibt aber die Mitteilung, ist Kenntnis des Schuldners dennoch nicht ausgeschlossen. Die Rechtsprechung nimmt an, bei der nach § 412 Abs 2 BGB gebotenen entsprechenden Anwendung des § 407 BGB genüge es, wenn dem Schuldner die Umstände bekannt sind, aus denen sich der gesetzliche Forderungsübergang ergibt (vgl Palandt, BGB, 50. Aufl 1991, § 407 RdNr 8). Im Falle des § 117 Abs 4 Satz 1 AFG, § 115 Abs 1 SGB X hätte dies zur Folge, daß die Kenntnis des Arbeitgebers bzw des Konkursverwalters ausreicht, daß der Arbeitnehmer Alg in Anspruch nimmt oder genommen hat; denn mit der Zahlung vollzieht sich in diesen Fällen der Anspruchsübergang. Hiernach könnte der Konkursverwalter zunächst gegenüber der Beklagten nicht befreit gewesen sein. Der wahre Gläubiger kann indes die Einziehung einer Forderung durch einen Dritten gemäß § 362 Abs 2, § 185 BGB genehmigen. Die Genehmigung hat zur Folge, daß die Zahlung an den Dritten dem wahren Gläubiger gegenüber wirksam wird. Von dieser bürgerlich-rechtlichen Befugnis ist die beklagte BA als Inhaberin eines auf sie übergegangenen bürgerlich-rechtlichen Anspruchs nicht ausgeschlossen (BSGE 67, 221, 226 f = SozR 3 – 4100 § 117 Nr 3). Eine solche Genehmigung verschafft ihr – ungeachtet eines bürgerlich-rechtlichen Anspruchs aus § 816 Abs 2 BGB auf Herausgabe des durch die Einziehung der Forderung Erlangten – den öffentlich-rechtlichen Anspruch aus § 117 Abs 4 Satz 2 AFG (BSG aaO). Die erforderliche Genehmigung ist hier in der Revisionserwiderung ausdrücklich erklärt worden.

Zwar handelt es sich insoweit um einen tatsächlichen Vorgang, der erst nach Abschluß der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht geschehen ist. Indessen ist die Berücksichtigung neuer Tatsachen aus prozeßökonomischen Gründen ausnahmsweise zulässig, wenn diese Tatsachen unstrittig sind, ihre Verwertung einer schnelleren Erledigung des Rechtsstreits dient und schutzwürdige Interessen nicht entgegenstehen (vgl Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 3. Aufl 1987, § 163 RdNr 5). Nach diesen Grundsätzen muß die jetzt erklärte Genehmigung berücksichtigt werden. Sie ist eine offenkundige Tatsache, die keines Beweises mehr bedarf und hat unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung (vgl § 185 Abs 2 BGB). Es würde den Grundsätzen der Prozeßökonomie widersprechen, die Genehmigung nicht zu berücksichtigen: Die Sache wäre dann zwecks Nachholung von Tatsachenfeststellungen zu der Frage, ob der Konkursverwalter wußte, daß der Kläger Alg in Anspruch nahm, an das LSG zurückzuverweisen. Das LSG hätte diese Frage aber nicht mehr aufzuklären, weil es auch die im Revisionsverfahren abgegebene Genehmigung als neue Tatsache berücksichtigen könnte und dies sogar müßte, wenn sich ergäbe, daß dem Konkursverwalter der Forderungsübergang bekannt war. Schutzwürdige Interessen des Klägers stehen daher der Berücksichtigung der erst im Revisionsverfahren erklärten Genehmigung nicht entgegen.

Die in BSGE 67, 221, 228 = SozR 3 – 4100 § 117 Nr 3 offen gelassene Frage, ob die Zustimmung (Genehmigung) zur Einziehung einer Forderung durch den Arbeitslosen den öffentlich-rechtlichen Anspruch nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG auch dann begründet, wenn ein Arbeitsamt von vornherein Zahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitslosen billigt, ohne den nach § 115 SGB X gebotenen Weg in angemessener Weise erfolglos beschritten zu haben, stellt sich hier nicht. Eine solche Billigung ist hier nicht erfolgt. Angesichts des Konkurses und der Auflösung der Arbeitsverhältnisse kann dem Arbeitsamt auch nicht vorgeworfen werden, den Konkursverwalter auf § 115 SGB X nicht hingewiesen zu haben. Ebenfalls ist es angesichts des Konkurses nicht zu beanstanden, wenn das Arbeitsamt sich nach Auszahlung der 1.000,– DM an den Kläger und nicht an den Konkursverwalter gewandt hat.

Die Revision ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI913629

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