Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 27.07.1989)

SG Dortmund (Urteil vom 21.05.1987)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Juli 1989 hinsichtlich der Kosten und insoweit aufgehoben, als es unter Änderung des Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 21. Mai 1987 der Klage gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Soest vom 17. September 1984 idF des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 1985 stattgegeben hat.

In diesem Umfange wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts auch insoweit als unzulässig verworfen, als sie die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 25. Februar bis 3. Juli 1983 betrifft. Im übrigen wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist noch die Aufhebung einer Arbeitslosengeld(Alg)-Bewilligung und die Erstattung gezahlten Alg von 9.086,– DM.

Der Kläger meldete sich am 25. Februar 1983 beim Arbeitsamt Soest arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg, nachdem ihm der Arbeitgeber zum 24. Februar 1983 fristlos gekündigt hatte. Das Arbeitsamt entsprach dem Antrag und gewährte ab 25. Februar 1983 Alg in Höhe von 495,60 DM wöchentlich (Bescheid vom 3. Mai 1983).

Schon vorher hatte das Arbeitsamt den Arbeitgeber darauf hingewiesen, daß der Anspruch des Klägers auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis (Arbeitsentgelt, Abfindung, Urlaubsabgeltung) infolge Alg-Zahlung in Höhe des Alg nach Maßgabe des § 117 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) auf die Bundesanstalt für Arbeit übergehe (Schreiben vom 29. April 1983). Einer Aufforderung der Beklagten entsprechend verzichtete der Arbeitgeber, sich bis zur rechtskräftigen Beendigung des – anhängigen – Kündigungsschutzverfahrens auf eine für das Arbeitsverhältnis anwendbare Ausschlußfristregelung zu berufen; das Arbeitsamt mußte dafür seinen Anspruch schriftlich innerhalb einer dreimonatigen Ausschlußfrist von dem Zeitpunkt an geltend machen, zu dem es Kenntnis von der rechtskräftigen Beendigung des Kündigungsschutzverfahrens erlangte. Vor dem Arbeitsgericht verglichen sich der Kläger und der Arbeitgeber am 13. Juli 1983 dahin, daß das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 28. Februar 1983 endete und der Kläger die ihm bis zu diesem Zeitpunkt zustehende Vergütung (nebst Urlaubsabgeltung usw) sowie entsprechend §§ 9 ff Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung in Höhe von 22.500,– DM erhalten sollte. Der Arbeitgeber zahlte die geschuldeten Beträge im September 1983 an den Kläger aus, ohne den gesetzlichen Forderungsübergang zu berücksichtigen.

Mit Schreiben vom 2. Dezember 1983 bezifferte das Arbeitsamt dem Arbeitgeber gegenüber die gemäß § 117 Abs 4 Satz 2 AFG (in der bis zum 30. Juni 1983 geltenden Fassung) bzw § 115 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) auf die Bundesanstalt für Arbeit (BA) übergegangene Forderung mit 9.086,– DM (anteiliges Arbeitsentgelt, anteilige Urlaubsabgeltung und anteilige Abfindung in Höhe des Alg für die Zeit vom 25. Februar bis 3. Juli 1983); außerdem forderte das Arbeitsamt 93,66 DM an entrichteten Beiträgen zur Kranken- und Rentenversicherung (§ 160 Abs 1, § 166a AFG). Den mit dem Hinweis, die vereinbarte Dreimonatsfrist sei nicht eingehalten, begründeten Widerspruch des Arbeitgebers verwarf das Arbeitsamt als unzulässig, soweit der Widerspruch sich gegen übergegangene Ansprüche richtete; im übrigen wies das Arbeitsamt den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 1984). Mit Schreiben vom 17. September 1984 hob das Arbeitsamt jedoch wegen Nichteinhaltung der vereinbarten Ausschlußfrist den „Bescheid” vom 2. Dezember 1983 idF des Widerspruchsbescheids vom 6. Juli 1984 bezüglich der übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche in Höhe von 9.086,– DM auf und bestand lediglich auf der Zahlung der 93,66 DM an Beiträgen zur Krankenund Rentenversicherung.

Das oben erwähnte Schreiben vom 29. April 1983 hatte das Arbeitsamt mit dem zusätzlichen Hinweis, daß der Kläger über die Forderung nicht verfügen dürfe, soweit sie auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangen sei, auch an den Kläger gesandt, der es indessen nicht bekommen haben will. Ebenfalls übersandte das Arbeitsamt dem Kläger das Schreiben vom 2. Dezember 1983 zur Kenntnisnahme und führt hierzu ferner aus, daß infolge des klägerischen Anspruchs auf Arbeitsentgelt bis zum 28. Februar 1983, auf Urlaubsabgeltung für 40 Kalendertage und Abfindung von 22.500,– DM der Leistungsanspruch bis zum 3. Juli 1983 ruhe. Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Bevor das Arbeitsamt über diesen Widerspruch entschied, hob es die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 25. Februar bis 3. Juli 1983 auf, weil der Anspruch auf Alg geruht habe, und forderte vom Kläger 9.086,– DM an zu Unrecht gezahltem Alg zurück (Bescheid vom 17. September 1984). Der Kläger erhob wiederum Widerspruch. Beide Widersprüche wies das Arbeitsamt als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 1985).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage, mit der der Kläger die Aufhebung der Bescheide vom 2. Dezember 1983 und 17. September 1984 idF des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 1985 beantragt hatte, abgewiesen (Urteil vom 21. Mai 1987). Die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) als unzulässig verworfen, soweit der Bescheid vom 2. Dezember 1983 streitbefangen ist; im übrigen hat das LSG das Urteil des SG geändert und den Bescheid vom 17. September 1984 idF des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 1985 aufgehoben (Urteil vom 27. Juli 1989).

Zur Begründung der Aufhebung des Bescheids vom 17. September 1984 idF des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 1985 hat das LSG ausgeführt, zu Unrecht fordere die Beklagte 9.086,– DM vom Kläger. Die Erstattungspflicht richte sich nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG (in der seit dem 1. Juli 1983 geltenden Fassung), wonach der Empfänger von Alg dieses insoweit zu erstatten habe, als der Arbeitgeber die in § 117 Abs 1 bis 2 AFG genannten Leistungen trotz des Rechtsübergangs auf die Beklagte mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen oder einen Dritten gezahlt habe. Zwar habe der Arbeitgeber an den Kläger gezahlt; dies sei jedoch nicht mit befreiender Wirkung geschehen. Der Arbeitgeber werde durch die Zahlung an den Arbeitnehmer nur dann befreit, wenn er den Übergang der Ansprüche zum Zeitpunkt der Zahlung noch nicht gekannt habe. Vorliegend habe der Arbeitgeber von dem Anspruchsübergang schon vor Vergleichsabschluß erfahren. Der Arbeitgeber sei auch nicht dadurch von seiner Leistungsverpflichtung befreit worden, daß die Beklagte die dreimonatige Ausschlußfrist versäumt habe. Würde man als weiteren Befreiungstatbestand die Versäumung einer Ausschlußfrist zulassen, so würde dies zu einer Umgehung der gesetzlichen Regelung führen. Nach dem bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Recht habe dann, wenn der Arbeitgeber mit befreiender Wirkung geleistet habe, sowohl dieser als auch der Arbeitnehmer als Gesamtschuldner gehaftet. Der frühere Rechtszustand sei durch ein stufenweises Haftungsverhältnis abgelöst worden. Nunmehr sei vorrangig der Arbeitgeber in Anspruch zu nehmen; der Arbeitslose hafte nur insoweit, als der Arbeitgeber trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung geleistet habe. Würde man das Tatbestandsmerkmal der befreienden Wirkung erweitern, würde der Beklagten ein Wahlrecht eingeräumt; sie könnte sich unmittelbar an den Arbeitgeber wenden oder – nach Ablauf der dreimonatigen Ausschlußfrist – eine Erstattung des Alg durch den Arbeitslosen verlangen. Es würde wiederum eine verschärfte Haftung für den Arbeitslosen eingeführt, obwohl dies durch die gesetzliche Neuregelung gerade habe ausgeschlossen werden sollen. Aus den gleichen Erwägungen stehe der Beklagten auch kein Recht zu, die an den Kläger geleisteten Zahlungen in entsprechender Anwendung des § 185 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu genehmigen und damit nachträglich eine befreiende Wirkung herbeizuführen. Eine Inanspruchnahme des Klägers käme allenfalls dann in Betracht, wenn die Beklagte ihre Bewilligung des Alg rückwirkend aufheben könnte. Hierüber sei indes nicht zu entscheiden. Zum einen enthalte ein Bescheid, der eine Gleichwohl-Gewährung aufhebe und gezahltes Alg zurückfordere, als Regelung lediglich die Rückforderung. Zum anderen habe die Beklagte sowohl in ihrem Widerspruchsbescheid als auch im Berufungsverfahren zu erkennen gegeben, daß es ihr nicht um die Aufhebung der Alg-Bewilligung gehe, sondern allein das Erstattungsverlangen nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG in Rede stehe. Trotz der insofern mißverständlichen Ausführungen im Bescheid vom 17. September 1984 sei damit hinreichend klargestellt worden, daß die Frage einer rückwirkenden Aufhebung der ursprünglichen Bewilligungsverfügung nicht Gegenstand des Streitverfahrens gewesen sei.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 117 Abs 4 Satz 2 AFG und der §§ 182, 184 und 185 BGB. Sie macht insbesondere geltend, der Arbeitgeber des Klägers habe die Abfindung auch in Höhe des auf die Beklagte übergegangenen Teils mit befreiender Wirkung an den Kläger gezahlt. Durch Einforderung des streitigen Betrags beim Kläger habe die Beklagte die nach den §§ 362 Abs 2, 185 Abs 2 Satz 1, 184 Abs 1, 182 Abs 1 BGB erforderliche Genehmigung zumindest stillschweigend erteilt; hilfsweise werde sie nun ausdrücklich wiederholt. Die Genehmigung sei entgegen der Auffassung des LSG wirksam. Hierfür spreche nicht nur der Wortlaut des § 117 Abs 4 Satz 2 AFG, der jeden Fall einer „mit befreiender Wirkung” erfolgenden Zahlung an den Arbeitslosen oder einen Dritten erfasse. Hätte sich der Gesetzgeber auf Fälle einer Kenntnis des Arbeitgebers vom Rechtsübergang beschränken wollen, so hätte er dies ohne weiteres durch eine dem Wortlaut des § 407 Abs 1 BGB angeglichene Fassung des Gesetzestextes zum Ausdruck bringen können. Dies sei nicht geschehen. Daher könne § 117 Abs 4 Satz 2 AFG nur als Verweisung auf diejenigen Normen des BGB aufgefaßt werden, in denen die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten in Fällen der Leistung an einen Nichtberechtigten geregelt seien. Letztere ergebe sich außerdem aus dem Zweck des § 117 Abs 4 Satz 2 AFG. Zwar sei dem LSG darin beizupflichten, daß die Beseitigung der früheren gesamtschuldnerischen Haftung von Arbeitgeber und Arbeitslosem sicherstellen solle, daß vorrangig der Arbeitgeber in Anspruch genommen werde. Angesichts der sprachlichen Neufassung könne dem Gesetzgeber indes nicht unterstellt werden, er habe darüber hinaus auch dann, wenn die der Beklagten zustehende Leistung dem Arbeitslosen tatsächlich zugeflossen, danach aber eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers unrealisierbar geworden sei, eine Haftung des Arbeitnehmers vollständig entfallen lassen wollen. Dies würde sowohl den Regelungen des BGB als auch denjenigen des Sozialrechts (§ 50 Abs 1 und 2 SGB X) in einer Weise widersprechen, die zumindest eine in dieser Richtung eindeutige Ausdrucksweise des Gesetzgebers erfordert hätte.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben, soweit es das Urteil des SG geändert und den Bescheid der Beklagten vom 17. September 1984 idF des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 1985 aufgehoben hat, und die Berufung des Klägers insoweit zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er wiederholt die Gründe, die das LSG für seine Auffassung geltend gemacht hat. Ergänzend führt er aus, soweit das LSG am Schluß seiner Ausführungen die Auffassung vertrete, daß die der Klage stattgebende Entscheidung der Beklagten gegenüber ungerecht erscheinen möge, könne dem nicht zugestimmt werden. Der Kläger habe nicht sowohl Arbeitsentgelt, Urlaubsabgeltung und Abfindung erhalten, sondern allein eine Abfindung. Zum anderen sei zu berücksichtigen, daß die Beklagte das Ergebnis letztendlich selbst zu vertreten habe, weil sie es versäumt habe, ihre Ansprüche gegenüber dem früheren Arbeitgeber des Klägers rechtzeitig geltend zu machen. Auf die Frage, ob dem Kläger eine Durchschrift des Schreibens vom 29. April 1983 an den Arbeitgeber zugegangen sei, komme es im vorliegenden Falle nicht an, da nicht § 50 Abs 1 SGB X, sondern § 117 Abs 4 Satz 2 AFG die einschlägige Rechtsnorm sei. Jedenfalls könne für das Revisionsverfahren nicht bindend von einer Bösgläubigkeit des Klägers ausgegangen werden; das LSG habe die Frage nach dem Zugang der Durchschrift unbeantwortet gelassen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision ist begründet.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist aufgrund der Revision der Beklagten das ursprüngliche Klagbegehren nur insoweit, als der Kläger den Bescheid vom 17. September 1984 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 1985 angefochten hat. Im übrigen, nämlich hinsichtlich der Anfechtung des Bescheids vom 2. Dezember 1983 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 1985, ist über das Klagbegehren rechtskräftig entschieden. Das SG hat die Klage abgewiesen, die gegen das Urteil des SG eingelegte Berufung hat das LSG insoweit als unzulässig verworfen. Der Kläger hat hiergegen keine Revision eingelegt.

Soweit über das ursprüngliche Klagbegehren noch zu entscheiden ist, hat das LSG die Berufung des Klägers uneingeschränkt als statthaft angesehen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen, der bei einer zugelassenen, form- und fristgerecht eingelegten und ordnungsgemäß begründeten Revision in der Revisionsinstanz fortwirkende Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, zu denen die Verkennung der Statthaftigkeit der Berufung zählt, von Amts wegen zu berücksichtigen hat (vgl für viele BSGE 1, 227, 230).

Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht, soweit der Kläger sich dagegen wendet, daß er 9.086,– DM zu zahlen hat. Die Statthaftigkeit der Berufung folgt insoweit aus § 143 SGG. Aus § 149 SGG ergibt sich nichts anderes, weil der Beschwerdewert 1.000,– DM übersteigt.

Die Berufung des Klägers betrifft indes nicht nur die Erstattung der 9.086,– DM, sondern auch die Aufhebung der Alg-Bewilligung für die Zeit vom 25. März bis 3. Juli 1983. Die gegenteilige Auffassung des LSG bindet den Senat nicht, auch nicht die ihr etwa zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen. Zwar ist das Revisionsgericht nach § 163 SGG an die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, sofern nicht gerade in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Davon sind indes Feststellungen zu Prozeßvoraussetzungen ausgenommen (BSGE 17, 124, 125 f; SozR Nr 12 zu § 163 SGG).

Der Auffassung des LSG, der Bescheid eines Arbeitsamtes, der eine ua auf § 117 Abs 4 Satz 1 AFG beruhende Alg-Gewährung aufhebt und gezahltes Alg zurückfordert, enthalte als Regelung lediglich die Rückforderung gemäß § 117 Abs 4 Satz 2 AFG und infolgedessen betreffe die Anfechtungsklage nur den prozessualen Anspruch auf Aufhebung der Rückforderung, kann nicht gefolgt werden. Allerdings setzt der Erstattungsanspruch nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG die Aufhebung der Alg-Bewilligung nicht voraus (BSGE 60, 168, 172 = SozR 4100 § 117 Nr 16; SozR 4100 § 117 Nrn 18, 19, 20 und 22). Die nachträgliche Zahlung des Arbeitsentgelts und der in § 117 Abs 1a und 2 AFG genannten Leistungen an den Arbeitnehmer rechtfertigt auch nicht die rückwirkende Aufhebung der Alg-Bewilligung (BSG aaO; SozR 4100 § 117 Nr 21; Urteil des Senats vom 25. Oktober 1989 – 7 RAr 108/88 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Arbeitsämter haben sich daher in Fällen vorliegender Art auf die Geltendmachung der Erstattungsforderung gegen den Arbeitslosen zu beschränken. Haben sie das getan, macht der Kläger mit seiner Anfechtungsklage nur einen prozessualen Anspruch geltend. Indessen sagt diese Rechtslage nichts darüber aus, welche Regelung ein Arbeitsamt tatsächlich getroffen hat und welche der für ihn nachteiligen Verfügungen ein Kläger anfechten muß. Aus dem Umstand, daß die Verwaltung sich von Rechts wegen auf eine bestimmte Verfügungsart zu beschränken hat, folgt nicht, daß sie so verfährt. Auszugehen für die Bestimmung des prozessualen Anspruchs bzw der prozessualen Ansprüche einer Anfechtungsklage ist daher vom Klageziel und der Regelung bzw den Regelungen, die in dem angefochtenen Verwaltungsakt tatsächlich getroffen worden sind. Maßgebend dafür ist die im Verwaltungsakt abgegebene Erklärung und der aus dem Inhalt ersichtliche Erklärungswille in der Gestalt, wie beides für den Adressaten der Erklärung erkennbar geworden ist; der so ermittelte Verfügungssatz bestimmt den Inhalt des Verwaltungsaktes (vgl BSG SozR 4100 § 117 Nr 21). Hiernach ist zu berücksichtigen, daß im Entscheidungssatz vor der Begründung des Bescheids vom 17. September 1984 ausdrücklich die Aufhebung der Alg-Bewilligung ausgesprochen ist. Der Widerspruchsbescheid, in dessen Gestalt der ursprüngliche Verwaltungsakt Gegenstand der Anfechtung ist (§ 95 SGG), besagt nichts anderes. Im Widerspruchsverfahren ist der Bescheid vom 17. September 1984 nämlich nicht geändert, sondern bestätigt worden, indem der Widerspruch ausdrücklich als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Daß die Begründung des Widerspruchsbescheids sich nicht mit § 48 SGB X, sondern nur mit § 117 AFG befaßt und die Rückforderung mit § 117 Abs 4 Satz 2 AFG begründet, ist unerheblich; denn der Kläger als Adressat der Erklärung konnte dem nicht entnehmen, daß damit die Aufhebung der Alg-Bewilligung beseitigt, sein Widerspruch also nicht zurückgewiesen, sondern teilweise erfolgreich gewesen ist. Auch im Gerichtsverfahren hat die Beklagte die Aufhebung der Alg-Bewilligung nicht beseitigt, obwohl sie dort wiederholt die Auffassung vertreten hat, angesichts der Spezialvorschrift des § 117 Abs 4 AFG sei der Erstattungsanspruch nicht nach den §§ 44 ff SGB X zu beurteilen.

Ist neben der Rückforderung der Leistung auch die Aufhebung der Alg-Bewilligung streitig, ist über mehrere selbständige prozessuale Ansprüche zu entscheiden mit der Folge, daß die Rechtsmittelfähigkeit jedes selbständigen Anspruchs gesondert zu prüfen ist (BSGE 6, 11, 15; 11, 167, 169; 48, 120, 122 f = SozR 4100 § 152 Nr 9). Der Streit um die Aufhebung der Alg-Bewilligung unterfällt dem Berufungsausschluß nach § 147 AFG. Nach dieser Vorschrift ist in Angelegenheiten der Arbeitslosenversicherung die Berufung nicht zulässig, soweit sie Beginn oder Höhe der Leistung betrifft. Begrifflich betrifft eine Berufung den Beginn der Leistung, wenn streitig ist, von welchem Tage an die im übrigen unstreitig von einem späteren Zeitpunkt an zuzubilligende Leistung zu gewähren ist (BSG InfAuslR 1988, 45; SozR 4100 § 117 Nr 22). Hiernach ist ein Beginnstreit gegeben, weil der Kläger das Alg nicht erst ab 4. Juli 1983, sondern schon ab 25. Februar 1983 in Anspruch nimmt. Zum gleichen Ergebnis führt, wenn zur Abgrenzung des Beginnstreits nicht darauf abgehoben wird, ob von dem mit der Berufung erstrebten Erfolg lediglich der frühere Beginn der ab einem späteren Zeitpunkt gewährten Leistung abhängt, sondern darauf, ob die zwischen den Beteiligten strittigen Punkte den Grund des Anspruchs oder nur den Beginn der geltend gemachten Leistung betreffen (vgl BSGE 30, 90 = SozR Nr 24 zu § 146 SGG; ebenso SozR 1500 § 146 Nr 1; im gleichen Sinne BSGE 1, 111, 114; 3, 217, 222 = SozR Nr 6 zu § 148 SGG; BSGE 7, 46, 48; BSG Breithaupt 1963, 726). Denn in Fällen, in denen es um das anfängliche Ruhen des Anspruchs auf Alg in der Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt, eine Urlaubsabgeltung oder eine Abfindung erhält oder zu beanspruchen hat, ist in Abkehr von früheren Auffassungen (vgl BSGE 1, 111, 114; BSG Breithaupt 1963, 726) ein Beginnstreit zu bejahen (BSGE 21, 292, 295 f = SozR Nr 10 zu § 147 SGG). Etwas anderes mag gelten, wenn das Ruhen den Anspruch als Ganzes erfaßt (vgl BSGE 46, 89 = SozR 4100 § 118 Nr 5), was hier indes nicht der Fall ist. Keinen Unterschied macht, daß die Aufhebung der Bewilligung des Alg wegen anfänglichen Ruhens des Anspruchs streitig ist. Das Bundessozialgericht (BSG) hat schon entschieden, daß die Berufungsausschlußvorschriften auch Anwendung finden, wenn die Aufhebung eines Bescheides streitig ist, durch den eine einmalige Leistung (§ 144 Abs 1 Nr 1 SGG), nur Rente für bereits abgelaufene Zeiträume (§ 146 SGG) oder eine höhere Ausgleichsrente (§ 148 Nr 4 SGG) bewilligt worden ist (BSGE 48, 120, 122 f = SozR 4100 § 152 Nr 9; Urteil des Senats vom 16. Februar 1983 – 7 RAr 105/81 – SozR 1200 § 31 Nr 1, insoweit nicht veröffentlicht; SozR 1500 § 146 Nrn 9, 18 und 19; BSGE 6, 11, 15). Für § 147 SGG kann nichts anderes gelten.

Hiernach ist die Berufung nach § 147 SGG ausgeschlossen. Aus § 150 SGG ergibt sich nichts anderes. Das SG hat die Berufung nicht zugelassen (§ 150 Nr 1 SGG). Ein Ausspruch der Berufungszulassung findet sich weder im Entscheidungssatz noch in den Entscheidungsgründen. Daß nach der dem Urteil des SG beigefügten Rechtsmittelbelehrung dieses Urteil uneingeschränkt angefochten werden konnte, ist ohne Belang. Die Zulassung der Berufung kann zwar dadurch erfolgen, daß sie in der einen Teil des Urteils bildenden Rechtsmittelbelehrung ausgesprochen wird (BSGE 8, 147; BSG SozR Nr 51 zu § 150 SGG; BSG SozR 1500 § 161 Nr 16). In jedem Fall muß sich die Zulassung aber eindeutig aus dem Urteil ergeben (BSG aaO; ferner BSGE 2, 121, 125; 2, 245, 246; 4, 261, 263). Eine bloße Belehrung über Anfechtungsmöglichkeiten, wie sie hier vom SG gegeben worden ist, genügt hierfür nicht; denn die Zulassung erfordert eine Entscheidung des Gerichts. Eine Belehrung ist indessen keine Entscheidung (vgl BSGE 2, 121, 125 f; 4, 261, 263). Ungeachtet des Berufungsausschlusses wäre die Berufung nach § 150 Nr 2 SGG zulässig gewesen, wenn ein wesentlicher Mangel des sozialgerichtlichen Verfahrens gerügt worden wäre und ein solcher auch vorgelegen hätte. Daß es an einer solchen Rüge fehlt, hat schon das LSG ausgeführt; diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen.

Die Berufung erweist sich damit teilweise als unzulässig. Auf die Revision der Beklagten ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG daher als unzulässig zu verwerfen, soweit der Kläger sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Alg wendet.

Auch im übrigen kann das Urteil des LSG keinen Bestand haben. Aufgrund der – teilweisen – Verwerfung der Berufung steht bindend für den Kläger und die Beklagte fest, daß die Bewilligung des Alg für die Zeit vom 25. Februar bis zum 3. Juli 1983 aufgehoben worden ist. Dies hat nach § 50 Abs 1 SGB X zur Folge, daß bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind, ohne daß dem Sozialleistungsträger insoweit noch Ermessen eingeräumt ist. Nach den Feststellungen des LSG hat der Kläger Alg in Höhe von 495,60 DM in der Woche bezogen, dh 82,60 DM für den Wochentag, für die 110 Wochentage in der Zeit vom 25. Februar bis 3. Juli 1983 mithin 110 × 82,60 DM = 9.086,– DM. Die Beklagte fordert diesen Betrag daher zu Recht vom Kläger.

Dem aus § 50 Abs 1 SGB X folgenden Erstattungsanspruch steht nicht entgegen, daß § 117 Abs 4 Satz 2 AFG der Anspruchsgrundlage des § 50 Abs 1 SGB X vorgeht. Soweit nämlich eine Alg-Bewilligung aufgehoben worden ist, entfällt ein Erstattungsanspruch nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG.

Im Falle des § 117 Abs 4 Satz 2 AFG wird, worauf der Senat schon hingewiesen hat, nicht eigentlich Alg erstattet, sondern das Arbeitsentgelt an das Arbeitsamt ausgekehrt, das aufgrund des gesetzlichen Übergangs des Arbeitsentgeltanspruchs infolge Alg-Zahlung diesem in Höhe des Alg zugestanden hat; § 117 Abs 4 Satz 2 AFG entspricht dem Anspruch aus § 816 Abs 2 BGB. Der Anspruch aus § 117 Abs 4 Satz 2 AFG setzt daher den gesetzlichen Übergang des Arbeitsentgeltanspruchs aufgrund Alg-Gewährung und -zahlung voraus. Wenn ein Arbeitsamt in Anwendung des § 117 Abs 4 Satz 1 AFG Alg bewilligt und anschließend die Bewilligung rückwirkend aus Gründen aufhebt, die nichts mit § 117 AFG zu tun haben (zB in Ermangelung der Erfüllung der Anwartschaft oder wegen zwischenzeitlicher nicht gemeldeter Arbeitsaufnahme), entfällt der gesetzliche Übergang des Arbeitsentgeltanspruchs des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger nach § 115 SGB X, soweit die Aufhebung reicht. Der Übergang des Anspruchs auf Arbeitsentgelt vom Arbeitnehmer auf den Sozialleistungsträger ist nur gerechtfertigt, soweit dem Arbeitnehmer die Sozialleistung belassen bleibt, die ihm anstelle des nicht erfüllten Anspruchs auf Arbeitsentgelt bewilligt worden ist; denn § 115 SGB X soll – entsprechend § 116 SGB X und § 67 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) für die private Schadensversicherung – lediglich bewirken, daß der Arbeitslose durch die Versicherungsleistung, Arbeitsentgelt, Abfindungen usw letztlich nicht mehr erhält, als er ohne Eintritt des Versicherungsfalls als Arbeitsentgelt erhalten hätte (BSGE 60, 168, 173 = SozR 4100 § 117 Nr 16). Der Übergang entfällt daher rückwirkend, soweit die Bewilligung der Sozialleistung mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben und damit ein Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X begründet wird (vgl zum Wegfall des Übergangs eines Schadensersatzanspruchs nach § 67 VVG, wenn die Versicherungsleistung zurückverlangt wird; BGH NJW 1961, 2158, 2159 = VersR 1961, 992; VersR 1962, 22, 23). Infolgedessen entfällt mit der Aufhebung der Bewilligung auch ein etwaiger Anspruch des Arbeitsamtes gegen den Arbeitnehmer nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG, soweit die Aufhebung reicht.

Nichts anderes gilt, wenn in Verkennung des Vorrangs der in § 117 Abs 4 Satz 2 AFG getroffenen Regelung eine Bewilligung von Alg fehlerhaft, aber für die Beteiligten bindend gem § 48 SGB X aufgehoben worden ist, weil dem Arbeitnehmer inzwischen Arbeitsentgelt bzw die Abfindung ausgezahlt wurde. Denn hinsichtlich der Bindungswirkung des § 77 SGG macht es keinen Unterschied, was zur Aufhebung der Bewilligung geführt hat. Entscheidend ist, daß die Bewilligung beseitigt worden ist und die Bindungswirkung sich auch auf die (materielle) Aussage des Aufhebungsbescheides erstreckt, daß die Bewilligung zu Unrecht erfolgt ist (BSG SozR 1500 § 77 Nr 20).

Einen Rechtsnachteil hinsichtlich der Erstattungsforderung hat der Kläger nicht dadurch erlitten, daß die – rechtswidrige Aufhebung der Bewilligung von Alg bindend geworden ist. Denn der Kläger wäre nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG zur Erstattung des Alg auch dann verpflichtet, wenn die Bewilligung unangetastet geblieben wäre.

Allerdings hat das Gesetz die BA für den Ausgleich der sogenannten Gleichwohlgewährung von Alg grundsätzlich auf die Geltendmachung der übergegangenen Arbeitsentgeltansprüche verwiesen; lediglich für den Fall, daß der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt mit befreiender Wirkung gezahlt hat und das Arbeitsamt deshalb die auf die BA übergegangenen Ansprüche nicht mehr geltend machen kann, ist – ungeachtet des bürgerlich-rechtlichen Anspruchs aus § 816 Abs 2 BGB – der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch des § 117 Abs 4 Satz 2 AFG vorgesehen worden (vgl dazu Urteil des Bundessozialgerichts vom 13. März 1990 – 11 RAr 125/89 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Die BA hat hiernach alle Rechte, die ihr das bürgerliche Recht einräumt. Sie kann daher, wenn der Arbeitslose durch unberechtigte Verfügung über den übergegangenen Arbeitsentgeltanspruch (zB einen Verkauf) einen Vorteil (zB den Kaufpreis) erlangt hat, die Verfügung genehmigen, um die zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Arbeitslosen zu erwerben, die das bürgerliche Recht in Fällen dieser Art vorsieht (vgl BSG aaO). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der wahre Gläubiger die Einziehung der Forderung durch einen Dritten, zB den früheren Gläubiger, genehmigen. Die Genehmigung hat zur Folge, daß der Dritte zur Herausgabe des Geleisteten nach § 816 Abs 2 BGB verpflichtet ist, weil die Zahlung an den Dritten dem wahren Gläubiger gegenüber wirksam wird (§ 185 BGB; BGH NJW 1972, 1197, 1199; NJW 1986, 2104, 2106). Von diesen Befugnissen ist die BA nicht ausgeschlossen. Sie kann daher durch Genehmigung bewirken, daß der Arbeitgeber trotz des Rechtsübergangs der Ansprüche auf die Bundesanstalt nach bürgerlichem Recht mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen zahlt.

Ein solcher Vorgang verschafft der Beklagten – ungeachtet des Anspruchs aus § 816 Abs 2, § 185 BGB – den öffentlich-rechtlichen Anspruch des § 117 Abs 4 Satz 2 AFG. Der Wortlaut der Bestimmung steht dem nicht entgegen. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß der Gesetzgeber dann, wenn er die Inanspruchnahme des Arbeitslosen nach dieser Bestimmung auf die Fälle hätte beschränken wollen, in denen der Arbeitgeber keine Kenntnis vom Rechtsübergang gehabt hat, er dies ohne weiteres durch eine dem Wortlaut des § 407 Abs 1 BGB entsprechende Fassung des Gesetzes zum Ausdruck hätte bringen können, was indes nicht geschehen ist.

Ebensowenig ergibt sich aus der Rechtsentwicklung, daß die Genehmigung der Einziehung einer Forderung durch den Arbeitslosen einen Anspruch nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG nicht zu begründen vermag. Es ist zwar richtig, daß die bis zum 31. Dezember 1980 gegebene Möglichkeit der BA, sowohl auf den Arbeitgeber als auch auf den Arbeitslosen als Gesamtschuldner zurückgreifen zu können, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt usw ohne befreiende Wirkung gegenüber der BA an den Arbeitslosen gezahlt hatte (§ 152 Abs 2 Satz 2 AFG aF), mit dem am 1. Januar 1981 in Kraft getretenen Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) beseitigt worden ist. Die Genehmigung der Einziehung der Arbeitsentgelt- bzw Abfindungsansprüche durch den Arbeitslosen begründet indessen keine Gesamtschuldnerschaft, die sich dadurch kennzeichnet, daß bis zur vollen Befriedigung gleichzeitig mehrere Schuldner auf die gesamte Summe haften. Vielmehr kann sich die BA, sobald sie genehmigt, nicht mehr an den Arbeitgeber, sondern ausschließlich an den Arbeitslosen halten. Die Streichung der Gesamtschuldnerschaft ist als solche im Gesetzgebungsverfahren nicht begründet worden (vgl Begründung zu Art II § 2 des Entwurfs eines SGB – Verwaltungsverfahren –, BT-Drucks 8/2034 S 37). Aus der Rechtsentwicklung läßt sich daher nicht zwingend ableiten, daß die Neuregelung einen Rückgriff auf den Arbeitslosen in allen denkbaren Fällen ausschließen sollte, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt bzw die Abfindung zunächst nicht mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen gezahlt hatte (aA Gagel, Komm zum AFG, Stand Januar 1990, § 117 Rz 189 ff).

Allerdings ist nicht zu verkennen, daß die Rechtslage nach Bereicherungsrecht für den Arbeitslosen insoweit günstiger ist, als dem Bereicherungsanspruch die Einrede der Entreicherung entgegengehalten werden kann, die § 117 Abs 4 Satz 2 AFG nicht vorsieht. Indessen kann sich der Arbeitslose auch dann nicht auf Entreicherung berufen, wenn der Arbeitgeber – zB mangels Kenntnis vom Übergang – von Anfang an mit befreiender Wirkung an ihn gezahlt hat. Ihm wird indessen im allgemeinen vorzuhalten sein, wissen zu müssen, daß ihm nicht gleichzeitig ungeschmälert Alg, Arbeitsentgelt, Urlaubsabfindung und eine vereinbarte Abfindung zustehen. Ob die Zustimmung zur Einziehung einer Forderung durch den Arbeitslosen den öffentlich-rechtlichen Anspruch nach § 117 Abs 4 Satz 2 AFG allerdings auch dann begründet, wenn ein Arbeitsamt von vornherein Zahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitslosen billigt, ohne den nach § 115 SGB X gebotenen Weg in angemessener Weise erfolglos beschritten zu haben, ist hier nicht zu entscheiden.

Eine Genehmigung der BA ist im vorliegenden Fall erfolgt. Sie ist schon darin zu sehen, daß das Arbeitsamt die mit dem Arbeitgeber vereinbarte Ausschlußfrist versäumt hat. Denn mit dem Ablauf der Ausschlußfrist war der Arbeitgeber gegenüber der Beklagten frei, nach Sinn und Zweck der getroffenen Vereinbarung natürlich nicht auch gegenüber dem Arbeitnehmer. Nunmehr hatte der Arbeitgeber die aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 13. Juli 1983 geschuldeten Beträge in vollem Umfang an den Kläger auszahlen dürfen. Die schon davor im September 1983 erfolgte Zahlung war daher insoweit, als der Anspruch auf die Bundesanstalt übergegangen war, mit dem Ablauf der Ausschlußfrist genehmigt. Der Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung des Alg wäre demgemäß auch begründet, wenn das Arbeitsamt den Alg-Bewilligungsbescheid nicht aufgehoben hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1174478

BSGE, 221

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