Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuschuß zu den Aufwendungen für die private Krankenversicherung eines Ehepartners

 

Beteiligte

…, Kläger und Revisionsbeklagter

Land Rheinland-Pfalz,vertreten durch die Oberfinanzdirektion Koblenz,-Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle-,Koblenz, Emil-Schüller-Straße 12, Beklagter und Revisionskläger

 

Tatbestand

G r ü n d e :

I

Der Kläger begehrt von seinem Arbeitgeber einen Zuschuß zu den Aufwendungen für die private Krankenversicherung seiner Ehefrau.

Der Kläger und seine (beigeladene) Ehefrau waren Assistenzärzte am Klinikum der Universität Mainz im Dienst des beklagten Landes. In den hier maßgeblichen Jahren 1988 und 1989 war der Kläger wegen Überschreitens der Versicherungspflichtgrenze versicherungsfrei und privat für den Fall der Krankheit versichert; er erhielt vom Beklagten einen Zuschuß zu den Kosten seines privaten Krankenversicherungsschutzes. Die Ehefrau des Klägers hatte im Jahr 1988 eine Stelle mit voller Arbeitszeit und war bis November 1988 ebenfalls wegen Überschreitens der Entgeltgrenze versicherungsfrei. Am 6. Januar 1989 wurde das zweite Kind der Eheleute geboren; vom 25. November 1988 bis 3. März 1989 erhielt die Ehefrau Mutterschaftsgeld sowie die entsprechende Zusatzleistung des Arbeitgebers, dann nahm sie bis zum 31. Dezember 1989 Erziehungsurlaub und bezog Erziehungsgeld. Das Beschäftigungsverhältnis blieb ohne Entgeltzahlung weiter bestehen. Ab 1. Januar 1990 war sie wieder am Universitäts-Klinikum tätig, arbeitete jetzt aber halbtags. Hinsichtlich der Halbtagsbeschäftigung wurde sie auf ihren Antrag gemäß § 8 Abs 1 Nr 3 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) von der Versicherungspflicht befreit. Ebenso wie der Kläger war sie während der gesamten Zeit privat krankenversichert.

Für die Zeit des Mutterschaftsgeldbezugs und des Erziehungsurlaubs von Dezember 1988 bis Dezember 1989 verlangte der Kläger die Erhöhung des Zuschusses zu den privaten Krankenversicherungsbeiträgen unter zusätzlicher Berücksichtigung der für seine Ehefrau zu leistenden Beiträge. Dies lehnte der Beklagte unter Hinweis auf die nach seiner Meinung während des ungekündigten Arbeitsverhältnisses fortbestehende Versicherungsfreiheit ab. Die Klage hatte im Berufungsverfahren Erfolg. Mit Urteil vom 23. Januar 1992 hat das Landessozialgericht (LSG) das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 20. Februar 1991 aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung von 1.728,21 DM nebst 4% Zinsen seit Klageerhebung verurteilt. Der Zuschuß des Beklagten zu den privaten Krankenversicherungsbeiträgen des Klägers sei ab Dezember 1988 für die Ehefrau zu erhöhen, denn wenn der Kläger in dieser Zeit pflichtversichert gewesen wäre, hätte sich der Krankenversicherungsschutz aufgrund der Familienhilfe bzw der Familienversicherung auf die Ehefrau erstreckt. Maßgebend dafür sei nicht der Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses, sondern das Fehlen von Arbeitsentgelt ab Dezember 1988; aus demselben Grund könne auch nicht von der Versicherungsfreiheit der Beigeladenen nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V ausgegangen werden.

Mit der Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 205 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 10 SGB V.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG vom 23. Januar 1992 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 20. Februar 1991 zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision des Beklagten ist unbegründet.

Der Anspruch auf den vom Kläger begehrten Beitragszuschuß zur privaten Krankenversicherung seiner Ehefrau beurteilt sich für die Zeit bis zum 31. Dezember 1988 nach § 405 Abs 1 RVO und für das Jahr 1989 nach § 257 Abs 2 SGB V (Art 79 Abs 1 des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2477).

Der Anspruch setzt nach § 405 Abs 1 Satz 1 RVO bzw nach § 257 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V voraus, daß der beim Beklagten beschäftigte Kläger nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze des § 165 Abs 1 Nr 2 RVO bzw der Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V (im folgenden "Versicherungspflichtgrenze") versicherungsfrei ist, daß er bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert ist und daß er für sich und diejenigen seiner Angehörigen, die im Falle seiner Versicherungspflicht vom Schutz der Familienhilfe (§ 205 RVO) bzw der Familienversicherung (§ 10 SGB V) erfaßt würden, Vertragsleistungen beanspruchen kann, die der Art nach den Leistungen der RVO bzw des SGB V entsprechen. Nach § 405 Abs 1 Satz 2 RVO bzw § 257 Abs 2 Satz 2 SGB V beträgt der Zuschuß die Hälfte des Beitrags, den der Kläger bei der Krankenkasse zu zahlen hätte, die bei Versicherungspflicht zuständig wäre, höchstens jedoch die Hälfte des Betrags, den er für seine Krankenversicherung zu zahlen hat.

Von diesen Voraussetzungen sind hier der vom Gesetz geforderte private Versicherungsschutz der Eheleute, die Höhe der auf die Ehefrau entfallenden privaten Versicherungsbeiträge und die Beachtung des Grenzbetrags in § 405 Abs 1 Satz 2 RVO (§ 257 Abs 2 Satz 2 SGB V) vom LSG als erfüllt angesehen worden; dieses ist nicht angegriffen. Daß nicht nur die private Krankenversicherung des Klägers, sondern auch diejenige seiner Familienangehörigen (soweit sie in den Schutz der gesetzlichen Versicherung einbezogen wären) zu bezuschussen ist, ergibt sich aus dem Sinn der gesetzlichen Regelung. Dafür spricht insbesondere, daß die privat Versicherten gleich behandelt werden wie die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten, bei denen sich der Versicherungsschutz kraft Gesetzes auf die Familienangehörigen erstreckt. Dies hat der Beklagte durch den Zuschuß zu den Versicherungsbeiträgen für die Kinder des Klägers bereits anerkannt und entspricht der Meinung in der Kommentarliteratur (Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II, § 405 RVO Anm 6; Peters, Kasseler Kommentar § 257 SGB V, RdNr 11 mwN). Ein dem Anspruch des Klägers entgegenstehender eigener Anspruch auf einen Beitragszuschuß stand der Ehefrau nicht zu, weil sie im Falle ihrer eigenen Versicherungspflicht während des Bezugs von Mutterschafts- und Erziehungsgeld beitragsfrei gewesen wäre (§ 383 Satz 1 RVO bzw § 224 Abs 1 Satz 1 SGB V, vgl BSGE 44, 51 = SozR 2200 § 405 Nr 6).

Das LSG hat zutreffend entschieden, daß zugunsten der Ehefrau des Klägers im Dezember 1988 ein Familienhilfeanspruch nach § 205 RVO und im Jahr 1989 die Familienversicherung nach § 10 SGB V bestanden hätte, wenn der Kläger versicherungspflichtig gewesen wäre.

Nach § 205 Abs 1 Satz 1 RVO erhielten Versicherte für den unterhaltsberechtigten Ehegatten und die unterhaltsberechtigten Kinder, wenn diese sich gewöhnlich im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhielten, kein Gesamteinkommen hatten, das regelmäßig im Monat ein Sechstel der monatlichen Bezugsgröße überschritt, und nicht anderweit einen gesetzlichen Anspruch auf Krankenpflege hatten, die dort genannten Leistungen unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Umfang wie Versicherte. Gemäß § 10 Abs 1 SGB V in der im Jahre 1989 geltenden Fassung war der Ehegatte versichert, wenn er nach Nr 1 seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs (heute: im Inland) hatte, nach Nr 2 nicht nach § 5 Abs 1 Nrn 1 bis 8, 11 oder 12 SGB V oder nicht freiwillig versichert war, nach Nr 3 nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit war, wobei die Versicherungsfreiheit nach § 7 SGB V außer Betracht blieb, nach Nr 4 nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig war und nach Nr 5 kein Gesamteinkommen hatte, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buchs - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) überschritt, wobei Renten mit dem Zahlbetrag berücksichtigt wurden.

Diese Voraussetzungen des krankenversicherungsrechtlichen Schutzes für Familienangehörige waren bei der Beigeladenen erfüllt. Das bedarf insoweit keiner näheren Begründung, als § 205 RVO eine Unterhaltsberechtigung und das Fehlen eines anderweitigen gesetzlichen Anspruchs auf Krankenpflege verlangt, § 10 Abs 1 Nrn 2, 3 und 5 SGB V die Familienversicherung für Versicherungspflichtige, freiwillig Versicherte, von der Versicherungspflicht Befreite und selbständig Erwerbstätige ausschließt und beide Vorschriften den Anspruch an den gewöhnlichen Aufenthalt bzw (in § 10 Abs 1 Nr 1 SGB V alternativ) an den Wohnsitz in der Bundesrepublik knüpfen. Die genannten Anspruchsvoraussetzungen hat das LSG als gegeben angesehen, ohne daß der Beklagte dagegen Einwände erhoben hätte oder solche erkennbar wären.

Die ebenfalls in beiden Vorschriften, allerdings in unterschiedlicher Höhe, festgelegte Grenze des Gesamteinkommens war bei der Beigeladenen nicht überschritten. Gesamteinkommen ist nach § 16 SGB IV die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts; es umfaßt insbesondere das Arbeitsentgelt (nach § 14 Abs 1 SGB IV alle laufenden und einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung) und das Arbeitseinkommen (nach § 15 SGB IV der Gewinn aus selbständiger Tätigkeit). Auch insoweit stützen die unangegriffenen Feststellungen des LSG den geltend gemachten Anspruch, denn danach verfügte die Ehefrau des Klägers über keinerlei steuerpflichtigen Einkünfte. Sie bezog lediglich Mutterschaftsgeld (einschließlich Arbeitgeberzuschuß) bzw Erziehungsgeld; beide Leistungen sind nach § 3 Nr 1 Buchst d und § 3 Nr 67 des Einkommensteuergesetzes in der ab 1. Januar 1986 geltenden Fassung (BGBl I 1985, 2154) steuerfrei.

Die Ehefrau des Klägers war während des hier entscheidenden Zeitraums nicht wegen Überschreitens der Versicherungspflichtgrenze (§ 165 Abs 1 Nr 2 RVO bzw § 6 Abs 1 Nr 1 SGB V) versicherungsfrei. Von Dezember 1988 bis Dezember 1989 bezog die Ehefrau kein auf die Versicherungspflichtgrenze anzurechnendes Arbeitsentgelt, denn weder das Mutterschaftsgeld noch das Erziehungsgeld gehören zu den Einnahmen aus einer Beschäftigung iS des § 14 SGB IV. Wie § 2 Abs 2 Nr 2 der Arbeitsentgeltverordnung (Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung) außerdem klarstellt, ist auch der Arbeitgeberzuschuß zum Mutterschaftsgeld nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen.

Daß die Ehefrau die Versicherungspflichtgrenze vor Dezember 1988, also vor Mutterschutz und Erziehungsurlaub überschritten hatte, kann dem Anspruch auf den Zuschuß ebenfalls nicht entgegengehalten werden. Der Senat hat mit Urteil vom 29. Juni 1993 (12 RK 11/91, zur Veröffentlichung bestimmt) für das bis Ende 1988 geltende Recht und mit weiterem Urteil vom 29. Juni 1993 (12 RK 48/91, zur Veröffentlichung bestimmt) für das ab 1989 geltende Recht entschieden, daß ein ruhendes Beschäftigungsverhältnis mit einem vorherigen Arbeitsentgelt über der Versicherungspflichtgrenze während des Erziehungsurlaubs dem Familienhilfeanspruch für die Ehefrau des Versicherten nach § 205 RVO bzw der Familienversicherung der Ehefrau des Versicherten nach § 10 SGB V nicht schadet. Weil die Einkünfte der Ehefrau während des Mutterschutzes ab Dezember 1988 nicht zum Arbeitsentgelt iS der Vorschriften über die Versicherungspflichtgrenze gehören, gilt für diese Zeit nichts anderes. Maßgebend für die zitierten Entscheidungen ist nämlich, daß die durch Überschreiten der Versicherungspflichtgrenze begründete Versicherungsfreiheit nur so lange währt, wie das die Versicherungspflichtgrenze überschreitende Arbeitsentgelt tatsächlich bezogen wird. Wegen der Begründung im einzelnen nimmt der Senat auf die genannten Entscheidungen Bezug. Ebenso wie dort läßt der Senat auch hier dahingestellt, ob dieses Ergebnis sozialpolitisch erwünscht ist. Aus dem geltenden Recht läßt sich jedenfalls im Wege der Rechtsanwendung kein Ausschluß der Familienhilfe bzw der Familienversicherung herleiten.

Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 291 Satz 1 Halbsatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch. Es ist anerkannt, daß diese Vorschrift auch auf öffentlich-rechtliche Geldschulden anzuwenden ist, wenn die Besonderheiten des öffentlichen Rechts nicht entgegenstehen (BSGE 64, 225, 230 = SozR 7610 § 291 Nr 2 mwN). Ein Ausschluß des Zinsanspruchs ist weder gesetzlich angeordnet, noch ergibt er sich aus der Art der Hauptforderung.

Da das LSG somit zu Recht zugunsten des Klägers entschieden hat, ist die Revision des Beklagten zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

Breith. 1994, 554

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