Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit. Berufung. Kontenklärung. Nachversicherungsanspruch. Aussetzung. Klagenhäufung. Dienstanfänger. ohne Versorgungszusage. Ausschluß. Nachversicherungsrecht. Ausfallzeittatbestand. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ansprüche auf Vormerkung von Versicherungszeiten und auf Zulassung zur Nachversicherung betreffen keine einmaligen Leistungen iS § 144 SGG.

2. Über selbständige Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen auf Zulassung zur Nachversicherung und auf Vormerkung von Versicherungszeiten kann ohne Aussetzung des Vormerkungsrechtsstreits gleichzeitig entschieden werden, wenn der Nachversicherungsbeitrag bereits entrichtet worden ist.

3. Wurde in der Vorinstanz dem Hauptantrag stattgegeben, wird der nicht beschiedene Hilfsantrag kraft Revision der Beklagten Gegenstand des Revisionsverfahrens.

4. Dienstanwärter in der öffentlich-rechtlichen Ausbildung zur Übernahme in den Vorbereitungsdienst als Beamtenanwärter ohne Versorgungszusage sind nicht nachzuversichern, sondern bei Entgeltlichkeit pflichtversichert.

 

Orientierungssatz

1. Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG ist nicht verletzt, weil ein vernünftiger Grund, der unter Beachtung der sozialen Gerechtigkeit und des Übermaßverbotes Bestand haben kann, vorliegt, solche Angestellten (hier Dienstanfänger) im öffentlichen Dienst nicht nachzuversichern, die während der Ausübung einer dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigung keine Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder eine gesicherte Aussicht hierauf hatten.

2. Es widerspricht dem GG (Art 3 Abs 1, 20 Abs 1 und Übermaßverbot) nicht, daß eine Dienstanfängerzeit nicht als Ausfallzeittatbestand vorgemerkt werden kann.

 

Normenkette

SGG §§ 144, 114 Abs. 2, § 56; AVG § 104 Abs. 3; RVO § 1325 Abs. 3; AVG § 104 Abs. 1; RVO § 1325 Abs. 1; AVG § 9 Abs. 1-2; RVO § 1232 Abs. 1-2; AVG § 36 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a; RVO § 1259 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a; AVG § 1 Abs. 1 Fassung: 1945-03-17, Abs. 2 Fassung: 1945-03-17, Abs. 6 Fassung: 1945-03-17; RVO § 169 Fassung: 1945-03-17, § 172 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1945-03-17, § 174 Fassung: 1945-03-17; GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Art. 20 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 11.01.1990; Aktenzeichen L 3 An 41/89)

SG Kiel (Entscheidung vom 16.03.1989; Aktenzeichen S 3 An 16/88)

 

Tatbestand

Streitig ist die Vormerkung der Zeit vom 1. Mai 1954 bis zum 31. März 1956 als nachversicherte Beitragszeit, hilfsweise als Ausbildungsausfallzeit.

Die 1937 geborene Klägerin erlangte im März 1954 die Mittlere Reife. Zum 1. Mai 1954 trat sie als sog Dienstanfängerin in den Dienst des beigeladenen Landes. In dessen Einstellungsschreiben vom 17. April 1954 heißt es: "Ich stelle Sie ab 1. Mai 1954 als Dienstanfängerin in den Dienst des Landes Schleswig-Holstein ein. Für das Lehrverhältnis gilt die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Anwärter des gehobenen Dienstes in der allgemeinen und inneren Verwaltung des Landes Schleswig-Holstein - RdErl. d. Inn. Min. vom 26. 7. 1953 - I 2a/1102/138/53 (Amtsbl. f. Schl.-Holst. S. 388) -. Danach ist Ihr Lehrverhältnis ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis. Bei zufriedenstellenden Leistungen kann eine Beihilfe in Höhe der Erziehungsbeihilfe für Verwaltungslehrlinge - RdErl. d. Fin. Min. vom 7. 7. 1951 - Bes. 330-1 II/41 - Amtsbl. f. Schl.-Holst. S. 338) - gewährt werden. ..."

Am 31. März 1956 schied die Klägerin aus den Diensten des beigeladenen Landes aus. Sie wurde im April 1954 von der Stadt Eckernförde als Verwaltungslehrling übernommen. Die Dienstanfängerzeit wurde auf die Lehrzeit angerechnet. Am 27. Juni 1956 bestand sie die Lehrabschlußprüfung und erwarb den Verwaltungsgehilfenbrief. Anschließend war sie bei der Stadt E.          bis August 1961 als Angestellte, sodann - mit kurzen Unterbrechungen - bis zum 31. Dezember 1984 als Beamtin beschäftigt. Seither ist sie dort wieder als Verwaltungsangestellte tätig. Die Nachversicherung für die Zeit des Beamtendienstes bei der Stadt E.          ist durchgeführt worden.

Im August 1987 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kontenklärung und trug vor, die Dienstanfängerzeit sei als nachzuversichernde Beitragszeit oder als Ausbildungsausfallzeit anzuerkennen. Mit dem streitigen Bescheid 1) vom 21. September 1987, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 4. Januar 1988, lehnte die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Anerkennung der Zeit vom 1. Mai 1954 bis zum 31. März 1956 als Ausfallzeit ab, weil die Klägerin in einem beamtenähnlichen Dienstverhältnis gestanden habe, das auch dann keine Lehrzeit sei, wenn es von einer Nachversicherung nicht erfaßt werde. Mit dem weiteren streitigen Bescheid 2) vom 29. Oktober 1987, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 14. März 1988, lehnte die BfA die Nachversicherung für die Dienstanfängerzeit ab, weil die Klägerin ausschließlich als Verwaltungslehrling iS von § 172 Abs 1 Nr 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) versicherungsfrei gewesen sei und deswegen nicht zu dem nachversicherungsberechtigten Personenkreis gehört habe. Während des Widerspruchsverfahrens erklärte sich das beigeladene Land gegenüber der Klägerin bereit, die Nachversicherung für die Dienstanfängerzeit durchzuführen, und überwies der Beklagten den Nachversicherungsbeitrag in Höhe von 156,85 DM. Die BfA hat der Klägerin bislang keine Aufrechnungsbescheinigung über den Nachversicherungsbeitrag erteilt.

Mit der Klage hat die Klägerin ua begehrt, die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1. Mai 1954 bis zum 31. März 1956 als nachzuversichernde Beitragszeit anzuerkennen, hilfsweise als Ausfallzeit vorzumerken. Das Sozialgericht (SG) Kiel hat im Urteil vom 16. März 1989 den Bescheid 2) vom 29. Oktober 1987 und den Widerspruchsbescheid vom 14. März 1988 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Nachversicherung für die Zeit vom 1. Mai 1954 bis zum 31. März 1956 zuzulassen und die Zeit als Pflichtversicherungszeit anzuerkennen. Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 11. Januar 1990 zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Nach dem im Zeitpunkt des Ausscheidens der Klägerin aus dem Dienst des beigeladenen Landes geltenden Recht sei die Nachversicherungsfähigkeit der Dienstanfängerzeit nicht ausdrücklich geregelt gewesen. Mangels förmlicher Berufung in das Beamtenverhältnis seien Dienstanfänger keine Beamten iS von § 172 Abs 1 Nr 1 RVO aF gewesen, aber auch keine Verwaltungslehrlinge iS von § 172 Abs 1 Nr 4 RVO aF, weil für Dienstanfänger kein Lehrabschluß in der für Verwaltungslehrlinge vorgesehenen Form der Verwaltungsprüfung vorgeschrieben gewesen sei. Dienstanfänger hätten in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eigener Art gestanden, das sich in keine der Regelungen des damals geltenden Rechts zwanglos einordnen lasse. Sie hätten nicht dem Kreis der Pflichtversicherten angehört. Da der Gesetzgeber den Plan gehabt habe, eine lückenlose Sicherung der zu ihrer Ausbildung Beschäftigten zu gewährleisten, sei die durch späteres Landesrecht zwangsläufig entstandene Regelungslücke sachgerecht dadurch zu schließen, daß der Dienstanfänger dem in § 172 Abs 1 Nr 1 RVO aF genannten Personenkreis der zu ihrer Ausbildung beschäftigten Beamten gleichgestellt werde. Dafür spreche nicht nur der unzureichende Schutz durch andere Lösungsmöglichkeiten. Zu berücksichtigen sei insbesondere, daß damals in der Praxis durchgehend Einigkeit darüber bestanden habe, daß Dienstanfänger versicherungsfrei sein sollten. Es komme hinzu, daß die Dienstanfängerzeit in das Beamtenverhältnis einmünden sollte und dort als ruhegehaltsfähige Dienstzeit angerechnet werden konnte. Bei den Dienstanfängern, die einen beamtenähnlichen Status gehabt hätten, sei der Weg zur Berufung ins Beamtenverhältnis durch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung als einziger vorgesehen gewesen; ohne die Übernahme in das Inspektorenanwärterverhältnis hätten Dienstanfänger ohne eine unmittelbar am Arbeitsmarkt verwendbare abgeschlossene Ausbildung dagestanden. Den Plan des Gesetzgebers, dem die erst durch die Ausbildungs- und Prüfungsordnung geschaffene Dienstanfängerausbildung unbekannt gewesen sei, trage nur die Zuordnung der Dienstanfänger zu dem nach § 172 Abs 1 Nr 1 RVO aF versicherungsfreien Personenkreis hinreichend Rechnung.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 9 Abs 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Sie trägt vor, das LSG habe in seinem Bemühen, eine unbestreitbar vorliegende Regelungslücke zu schließen, einen fiktiven Willen des Gesetzgebers unterstellt und damit eine Rolle als "Ersatzgesetzgeber" unzulässig übernommen. Die Klägerin habe die Dienstanfängerzeit weder in einem Beamtenverhältnis abgeleistet noch habe eine Entscheidung über die Gewährleistung einer Anwartschaft auf beamtenrechtliche Versorgung nach § 169 Abs 2 RVO aF vorgelegen. Sie sei vielmehr als Verwaltungslehrling nach § 172 Abs 1 Nr 4 RVO aF versicherungsfrei gewesen. Deswegen habe sie nicht zu dem nachversicherungsberechtigten Personenkreis gehört. Es sei unbefriedigend, daß diese Ausbildungszeit weder nachversichert noch als Ausfallzeit berücksichtigt werde. Dem könne jedoch nur der Gesetzgeber abhelfen.

Die Beklagte beantragt,

"unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und

des Urteils des Sozialgerichts Kiel vom 16. März 1989 die Klage abzuweisen."

Die Klägerin beantragt,

"die Revision der Beklagten zurückzuweisen,

hilfsweise, das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 16. März 1989 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 21. September 1987 idF des Widerspruchsbescheides vom 4. Januar 1988 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. Mai 1954 bis 31. März 1956 als Ausfallzeit vorzumerken."

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt vor, als Dienstanfängerin sei sie nach der damaligen Erlaßlage des beigeladenen Landes kein Verwaltungslehrling iS von § 172 Abs 1 Nr 4 RVO aF gewesen, weil bei ihr nicht von vornherein festgestanden habe, daß sie später in das Beamtenverhältnis übernommen werde. Bei verfassungskonformer Auslegung sei der Dienstanfänger wegen seiner beamtenähnlichen Stellung den nur zu ihrer Ausbildung beschäftigten Beamten iS von § 172 Abs 1 Nr 1 RVO gleichzustellen.

Das beigeladene Land, das keinen Antrag stellt, hält die Urteile der Vorinstanzen für zutreffend. Das LSG habe lediglich eine vom Normgeber nicht beabsichtigte Lücke geschlossen. Die Klägerin sei für die fragliche Zeit nachzuversichern.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Sie hat die Dienstanfängerzeit der Klägerin weder als nachversicherte Beitragszeit noch als Ausbildungsausfallzeit vorzumerken.

Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zulässig ist. Ein Ausschlußgrund iS von § 146 SGG liegt nicht vor, weil nicht um "Rente" gestritten wird. Auch § 144 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG schließt die Berufung nicht aus. Nach dieser Vorschrift ist die Berufung nicht zulässig bei Ansprüchen 1. auf einmalige Leistungen, 2. auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen (drei Monaten). Unabhängig davon, ob unter "Leistung" iS des § 144 Abs 1 SGG grundsätzlich jede vom Staat oder einer seiner Untergliederungen zu bewirkende Handlung zu verstehen ist, die er aufgrund seiner zum Sozialrecht gehörenden Aufgabenstellung vorzunehmen hat und aus der für den einzelnen ein rechtlicher Vorteil erwächst (BSG SozR Nr 30 zu § 144 SGG), oder ob unter "Leistungen" dem einzelnen zu gewährende Sozialleistungen oder ob sogar nur geldwerte Sozialleistungen gemeint sind (zum Diskussionsstand BSGE 42, 212, 213 f = SozR 1500 § 144 Nr 5 und § 131 Nr 3 mwN und zuletzt BSG Beschluß vom 31. Juli 1990 - 11 BAr 21/90 -, zur Veröffentlichung vorgesehen), betraf die Berufung der Beklagten Ansprüche auf den Erlaß von zwei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung, so daß weder eine einmalige Leistung noch wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum - nur - bis zu 13 Wochen (drei Monaten) im Streit standen. Das SG hat die Beklagte nämlich zum einen dazu verurteilt, die Nachversicherung für die Zeit vom 1. Mai 1954 bis zum 31. März 1956 zuzulassen, also jedenfalls mit bindender Wirkung für das beigeladene Land und die Klägerin festzustellen (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X), daß die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Nachversicherung vorliegen (zur Verwaltungsaktsqualität der Entscheidungen des Rentenversicherungsträgers im Nachversicherungsverfahren vgl BSG SozR 2400 § 124 Nr 6 S 12 und 18; SozR 2200 § 1403 Nr 2 S 3 f mwN); darüber hinaus hat das SG die Beklagte verpflichtet, diese Nachversicherungszeit als Beitragszeit "anzuerkennen", dh in dem das Kontenklärungsverfahren abschließenden Feststellungsbescheid iS von § 104 Abs 3 Satz 1 AVG in der am 1. Januar 1987 in Kraft getretenen Fassung des Siebten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (7. RVÄndG) vom 19. Dezember 1986 (BGBl I 2586) als Beitragszeit festzustellen. Ein derartiger Vormerkungsbescheid ist ein feststellender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (st Rspr, vgl BSGE 65, 8, 13 = SozR 1300 § 48 Nr 55 S 162 mwN), die nicht von vornherein auf weniger als 13 Wochen (drei Monate) begrenzt ist. Auch die "Zulassung" zur Nachversicherung ist ein - nicht formgebundener (§ 33 Abs 2 SGB X) - Verwaltungsakt mit nicht von vornherein begrenzter Dauerwirkung, weil sie über die Feststellung der Berechtigung zur Nachversicherung und der Wirksamkeit der Nachversicherungsbeiträge hinaus Klarheit darüber schafft, daß eine in der Vergangenheit versicherungsfrei gewesene Beschäftigung infolge der Nachversicherung in einem Kontenklärungs- und im späteren Rentenverfahren als Beitragszeit zu beachten ist (vgl BSG SozR 1300 § 45 Nr 15 S 40 f).

Ebenfalls zutreffend sind die Vorinstanzen von der Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Klagen ausgegangen. Dem steht nicht entgegen, daß die mit dem Hauptantrag begehrte Verpflichtung der Beklagten zur Vormerkung der Zeit vom 1. Mai 1954 bis zum 31. März 1956 als - nachzuversichernde - Beitragszeit grundsätzlich erst dann möglich ist, wenn die Nachversicherung durchgeführt worden ist, dh wenn feststeht, daß Nachversicherungsbeiträge wirksam entrichtet worden sind. Nach § 104 Abs 3 Satz 1 AVG können nur solche für die Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und die Erbringung von Leistungen erhebliche Daten festgestellt (vorgemerkt) werden, die "geklärt" (§ 104 Abs 1 Satz 2 AVG) sind. Eine Beitragszeit, dh eine Zeit, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Angestelltenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind (oder - was hier nicht in Betracht kommt - als entrichtet gelten - § 27 Abs 1 Buchst a AVG), ist erst dann geklärt, wenn feststeht, daß Beiträge wirksam entrichtet sind (oder als entrichtet gelten). Gleichwohl bedarf es in einem Fall der vorliegenden Art, der dadurch gekennzeichnet ist, daß der Arbeitgeber (Dienstherr) zur Durchführung der Nachversicherung bereit ist und den der Höhe nach unstreitigen Nachversicherungsbeitrag bereits entrichtet hat, keiner Aussetzung (§ 114 Abs 2 SGG) des Vormerkungsrechtsstreits bis zu einer bindenden Entscheidung der Beklagten über die "Zulassung" zur Nachversicherung. Die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) auf "Zulassung" zur Nachversicherung kann unter diesen Voraussetzungen unmittelbar mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Vormerkung der - nachversicherten - Beitragszeit verbunden werden. Dringt nämlich die Klage auf "Zulassung" zur Nachversicherung durch, muß die Beklagte die Feststellung aussprechen, daß die Voraussetzungen für die Nachversicherung vorliegen und die bereits entrichteten Nachversicherungsbeiträge wirksam sind; ein eigenständiger Entscheidungsspielraum verbleibt ihr nicht. Unter diesen Umständen wäre es zweckwidriger Formalismus, nicht sofort über beide Klagebegehren zu entscheiden.

Diese Klagenhäufung (§ 56 SGG) ist zulässig, weil die Begehren ersichtlich im Zusammenhang miteinander stehen und sich gegen dieselbe Beklagte richten. Ferner bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verbindung von Haupt-und Hilfsantrag. Zwar hat die Beklagte gemäß § 104 Abs 3 Satz 1 AVG iVm §§ 15 Abs 2, 17 der Zweiten Datenerfassungs-Verordnung (DEVO) alle für die Durchführung der Versicherung sowie die Feststellung und Erbringung der Leistungen rechtserheblichen Tatsachen von Amts wegen festzustellen, wenn das Versicherungskonto geklärt ist. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird dagegen erst bei Feststellung einer Leistung entschieden (§ 104 Abs 3 Satz 2 AVG). Da nach § 32 Abs 7 AVG erst im Leistungsfall entschieden werden kann, ob Beiträge, die während einer anzurechnenden Ausfallzeit oder für eine solche Zeit entrichtet worden sind, unberücksichtigt zu bleiben haben, ist der Versicherungsträger in Kontenklärungsverfahren gehalten, auch solche Beitrags- und Ausfallzeittatbestände im Auskunftsbescheid festzustellen, die im Blick auf denselben Zeitraum erfüllt worden sind. Gleichwohl war die Klägerin nicht rechtlich gezwungen, die Vormerkung ihrer Dienstanfängerzeit sowohl als nachversicherte Beitragszeit als auch als Ausbildungsausfallzeit klagweise zu beanspruchen. In den Grenzen ihrer prozessualen Verfügungsbefugnis durfte sie vielmehr zum Ausdruck bringen, das Gericht solle hauptsächlich darüber befinden, ob eine Beitragszeit, und nur hilfsweise, ob eine Ausfallzeit vorzumerken ist.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen hat die Klägerin aber keinen Anspruch auf Vormerkung der Zeit vom 1. Mai 1954 bis zum 31. März 1956 als - nachversicherte - Beitragszeit oder als (Ausbildungs-) Ausfallzeit.

Nach § 104 Abs 3 Satz 1 AVG stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf (Abs 2 Satz 1 aaO) enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest, soweit sie nicht bereits festgestellt sind, wenn er das Versicherungskonto geklärt hat (Abs 1 Satz 2 aaO). Keiner Darlegung bedarf, daß die Klägerin Versicherte ist, die umstrittenen Zeiten länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen und durch Bescheid noch nicht festgestellt sind.

Die Klärung des Versicherungskontos der Klägerin hat jedoch ergeben, daß die Voraussetzungen für die Nachversicherung der Dienstanfängerzeit nicht vorliegen. Maßgebender Zeitpunkt für die Nachversicherung ist das unversorgte Ausscheiden aus einer versicherungsfreien Beschäftigung, weil zu diesem Zeitpunkt der Nachversicherungsfall, dh die Lücke im rentenversicherungsrechtlichen Schutz eintritt, die grundsätzlich sofort durch die Nachversicherung rückwirkend geschlossen werden soll. Mit dem unversorgten Ausscheiden des Beschäftigten aus einer im Blick auf beamtenrechtliche Versorgungsaussichten versicherungsfrei gestellten Beschäftigung entsteht die Pflicht des Arbeitgebers, die Nachversicherungsbeiträge sofort abzuführen, und die Pflicht des Rentenversicherungsträgers, die Nachversicherung unverzüglich durchzuführen, soweit nicht ausnahmsweise ein Aufschub der Nachversicherung (§ 125 AVG) gerechtfertigt ist (BSG SozR 2400 § 124 Nr 6 S 12 mwN).

Nach § 9 Abs 1 AVG (in der seit dem 1. März 1957 gültigen, seither geänderten Fassung) sind Personen für die Zeit, in der sie sonst in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungspflichtig gewesen wären, nachzuversichern, wenn sie aus der Beschäftigung, während der sie nach § 6 Abs 1 Nrn 2 bis 5 oder nach § 8 Abs 1 versicherungsfrei waren, ausscheiden, ohne daß ihnen ua nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung oder ihren Hinterbliebenen eine diesen Vorschriften, Grundsätzen oder Regelungen entsprechende Versorgung aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt wird. Dies gilt nach § 9 Abs 2 AVG bei Beamten auch für die Zeit des Vorbereitungsdienstes für den Beamtenberuf ohne Rücksicht darauf, ob während dieser Zeit Entgelt bezogen worden ist. Die Beklagte, die eine Verletzung dieser Vorschrift rügt, kann damit nicht durchdringen, weil § 9 AVG gemäß Art 3 § 7 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) erst am 1. März 1957, also nach dem Ausscheiden der Klägerin aus dem Dienst des beigeladenen Landes (mit Ablauf des 31. März 1956) in Kraft getreten ist. Denn nach Art 2 § 4 Abs 1 Satz 1 und 2 AnVNG erstreckt sich der zeitliche Geltungsbereich des § 9 AVG nur dann auf Zeiten vor dem 1. März 1957, wenn eine Person nach dem 1. März 1957 aus einer versicherungsfreien Beschäftigung ausgeschieden ist. Für das Ausscheiden und für dessen rechtliche Beurteilung kommt es hingegen allein auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beendigung der - angeblich - versicherungsfrei gestellten Tätigkeit an (BSG DAngVers 1964, 277 mit Anmerkung von Wünnemann, ebendort, S 278). Es kommt also entscheidend darauf an, ob für die Klägerin mit Ablauf des 31. März 1956 nach damaligem Recht ein Nachversicherungsanspruch entstanden ist. Das ist nicht der Fall.

Nach § 1 Abs 1 Nr 1 AVG idF durch Art 6 der Ersten Verordnung zur Vereinfachung des Leistungs- und Beitragsrechts in der Sozialversicherung vom 17. März 1945 (1. VereinfVO - RGBl I S 41) des Reichsarbeitsministers waren für den Fall der Berufsunfähigkeit und des Alters sowie zugunsten der Hinterbliebenen ua versichert "Angestellte (§ 165b RVO)". Nach § 1 Abs 6 AVG idF durch Art 6 der 1. VereinfVO, in deren Art 7 die Nachversicherungsvorschrift des § 18 AVG aF aufgehoben wurde und die jedenfalls seit dem 7. September 1949 im gesamten Bundesgebiet als Bundesrecht gilt (BSGE 15, 65 = SozR Nr 26 zu § 165 RVO), ist ua § 1242a RVO idF durch Art 5 der 1. VereinfVO entsprechend anzuwenden. § 1242a RVO aF bestimmt ua: Scheiden Personen, die nach § 169, § 172 Abs 1 Nr 1, §§ 174, 1230 in der Invalidenversicherung versicherungsfrei sind, aus der versicherungsfreien Beschäftigung in Ehren aus, ohne daß Ruhegehalt oder Hinterbliebenenversorgung oder eine gleichwertige Leistung aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt wird, so sind für die Zeit, während der sie sonst versicherungspflichtig gewesen wären, Beiträge nachzuentrichten.

Grundvoraussetzung für einen mit Ablauf des 31. März 1956 entstandenen Nachversicherungsanspruch der Klägerin ist, daß sie - ungeachtet der §§ 169, 172 Abs 1 Nr 1, 174 und 1230 RVO aF - in der Zeit, für die Beiträge nachentrichtet werden sollen, eine krankenversicherungspflichtige (§ 1 Abs 2 AVG aF) Beschäftigung ausgeübt hat. Nach §§ 165 Abs 2, 165b Abs 2 RVO aF wäre sie krankenversicherungspflichtig gewesen, wenn sie als Dienstanfängerin gegen Entgelt beschäftigt worden oder Lehrling gewesen wäre.

Zwar war die Klägerin damals abhängig beschäftigt. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Arbeitnehmer in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert, von ihm persönlich abhängig ist und seiner Direktionsgewalt untersteht (BSGE 15, 65, 69 = SozR Nr 26 zu § 165 RVO). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin dem beigeladenen Land nach dessen Vorgaben Dienst geleistet. Durchgreifende Zweifel am Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ergeben sich auch nicht daraus, daß nach § 15 Abs 2 Satz 2 der in einem Runderlaß des Innenministers des beigeladenen Landes vom 26. Juli 1953 erlassenen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Anwärter des gehobenen Dienstes in der allgemeinen und inneren Verwaltung des Landes Schleswig-Holstein (APO - Amtsblatt für Schleswig-Holstein 1953 Nr 36 S 388) bestimmt ist, der Dienstanfänger sei Lernender, nicht Arbeitskraft; seine Beschäftigung diene nur der Ausbildung zu einem tüchtigen Beamten. Denn auch ein "Lernender" war abhängig beschäftigt, wie die ausdrückliche Erwähnung der ohne Entgelt tätigen Lehrlinge in § 165 Abs 2 RVO aF verdeutlicht. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen jedoch nicht aus zu beurteilen, ob die Beschäftigung als Dienstanfängerin entgeltlich war. Die Entgeltlichkeit des Beschäftigungsverhältnisses hängt nach den Vorschriften der Zweiten Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs (2. Lohnabzugs-Verordnung - 2. LAV) vom 24. April 1942 (RGBl I S 2552) iVm dem gemeinsamen Erlaß des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 (AN 1944, 281; Reichssteuerblatt 1944, 580 Nr 425) davon ab, ob Bezüge gewährt wurden und lohnsteuerpflichtig waren (BSG DAngVers 1964, 277; BSGE 15, 65 = SozR Nr 26 zu § 165 RVO). Dazu hat das LSG keine Feststellungen getroffen.

Hingegen ergibt sich aus den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des Berufungsgerichts, daß die Klägerin als Dienstanfängerin kein "Lehrling" war, der auch ohne Arbeitsentgelt kranken- und damit angestelltenversicherungspflichtig gewesen wäre. Zwar ist das Dienstanfängerverhältnis nach den zT tatsächlichen (§ 163 SGG), zT zum Inhalt von Landesrecht getroffenen Feststellungen des LSG (§ 202 SGG iVm § 562 der Zivilprozeßordnung - ZPO) als "Lehrverhältnis" bzw "Lehrzeit" eigener Art ausgestaltet worden, worauf schon das Einstellungsschreiben des beigeladenen Landes vom 17. April 1954 und §§ 13 ff APO hinweisen. Das beigeladene Land ist damals davon ausgegangen, es liege ein Lehrverhältnis als öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis vor. Jedoch war bis zum Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) zum 14. August 1969 (BGBl I 1112) Lehrling iS der bundesrechtlichen Regelungen in § 165 Abs 2, § 165b Abs 2 RVO aF nur derjenige, dessen abhängige Beschäftigung in einem Betrieb hauptsächlich der Fachausbildung für eine regelmäßig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtige Berufstätigkeit diente und den für einen Ausbildungsberuf ua in der Verwaltung zur Ablegung der Verwaltungsgehilfenprüfung vorgeschriebenen Ausbildungsstoff vermittelte (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 102 S 276 f mwN). Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht.

Nach § 1 APO diente die Dienstanfängerzeit dazu, "den Verwaltungsbehörden Beamte zur Verfügung zu stellen". Sie sollte den Dienstanfänger befähigen, in den Vorbereitungsdienst als Beamtenanwärter des gehobenen Dienstes übernommen (§§ 1, 12, 18 APO) und später Beamter dieser Laufbahn zu werden, also eine Beschäftigung auszuüben, die wegen der mit ihr verbundenen Anwartschaft auf beamtenrechtliche Versorgung regelmäßig versicherungsfrei gestellt war und ist (§§ 169, 172 Abs 1 Nr 1 RVO aF; § 6 Abs 1 Nrn 2 und 3 AVG). Außerdem hat eine krankenversicherungspflichtige Lehrzeit auch deswegen nicht vorgelegen, weil die Klägerin vom 1. Mai 1954 bis zum 31. März 1956 kein Verwaltungslehrling war. Denn Ausbildungsziel der Dienstanfängerzeit war nicht der für den Verwaltungslehrling vorgeschriebene Lehrabschluß durch eine Verwaltungsgehilfenprüfung, sondern die Zulassung zum Vorbereitungsdienst als Beamtenanwärter, die nach § 18 APO vom Innenminister des beigeladenen Landes entweder aufgrund eines Berichtes des Ausbildungsleiters oder nach einer verwaltungsinternen Zwischenprüfung erteilt werden konnte. Da es - wie dargelegt - nur darauf ankommt, ob die Klägerin bis zum 31. März 1956 tatsächlich Lehrling gewesen ist, hat außer Betracht zu bleiben, daß sie es im April 1956 bei der Stadt E.          geworden und ihre Dienstanfängerzeit auf die erforderliche Lehrzeit als Verwaltungslehrling angerechnet worden ist und daß sie den Verwaltungsgehilfenbrief deswegen schon am 27. Juni 1956 erworben hat.

Obwohl die tatsächlichen Feststellungen des LSG - wie dargelegt - nicht ausreichen, abschließend zu beurteilen, ob die Klägerin als Dienstanfängerin dem Grunde nach angestelltenversicherungspflichtig beschäftigt war und überhaupt zu dem durch das AVG geschützten Personenkreis gehörte, kann der Senat gleichwohl in der Sache entscheiden. Denn die übrigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ergeben, daß die Voraussetzungen für einen Nachversicherungsanspruch mit Ablauf des 31. März 1956 sogar dann nicht erfüllt sind, wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, daß sie als Dienstanfängerin entgeltlich beschäftigt war.

Nach § 1242a RVO aF waren damals nur diejenigen Personen nachzuversichern, die eine Beschäftigung ausgeübt hatten, welche ausschließlich nach den §§ 169, 172 Abs 1 Nr 1, 174, 1230 RVO aF versicherungsfrei waren. § 1230 RVO aF, der für Beschäftigte der NSDAP galt, kann hier ebenso außer Betracht bleiben wie § 174 RVO aF, der eine Sonderregelung der Versicherungsfreiheit für andere öffentlich-rechtliche Rechtsträger als ua die Länder ermöglichte.

Nach § 169 Satz 1 RVO aF waren Beamte und sonstige Beschäftigte ua eines Landes versicherungsfrei, wenn ihnen Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung gewährleistet war. Der Klägerin, die keine Beamtin war, aber als "sonstige Beschäftigte" von dieser Vorschrift begünstigt sein könnte, war jedoch eine Anwartschaft auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung nicht gewährleistet. Die Dienstanfängerzeit konnte - wie das LSG ausgeführt hat - allenfalls nach Übernahme in das Beamtenverhältnis als ruhegehaltsfähige Dienstzeit angerechnet werden. Etwas anderes, nämlich die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft, ergibt sich auch nicht aus § 16 Abs 3 APO, nach dem für die Versicherungsfreiheit und Unfallfürsorge der Dienstanfänger sinngemäß der Runderlaß des Reichsministers des Inneren vom 23. September 1939 (MBliV S 1988) gilt. Dieser Erlaß bestimmte in Nr 1 aaO für die Angestelltenversicherung, daß Verwaltungslehrlinge nach den zwischen den Reichs- und Länderministerien vereinbarten und im Reichsarbeitsblatt 1923 S 543 abgedruckten Richtlinien in der Angestelltenversicherung versicherungsfrei waren. In diesen Richtlinien ist ua geregelt, eine Versorgungsanwartschaft liege außer bei allen planmäßigen Beamten unter bestimmten weiteren Voraussetzungen schon bei widerruflicher Beschäftigung vor, wenn diese nach der tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse regelmäßig nach einiger Zeit in eine feste, mit Ruhegehaltberechtigung und Hinterbliebenenversorgung ausgestattete Anstellung übergehe, zB wenn die Übernahme eines vertragsmäßig Bediensteten in das Beamtenverhältnis mit Sicherheit zu erwarten sei. Dazu ist durch Runderlaß des Ministeriums für Arbeit, Wohlfahrt und Gesundheitswesen des beigeladenen Landes vom 2. Juli 1948 (Amtsblatt für Schleswig-Holstein 1948 S 299) zur Beseitigung von Zweifeln bestimmt, versicherungsfreie Lehrlinge iS von § 172 Abs 1 Nr 4 RVO aF seien nur Lehrlinge für den Beamtennachwuchs oder für die den Beamten gleichzusetzenden Stellen, soweit die Absicht und die Gewißheit bestehe, daß der Lehrling nach beendeter Lehrzeit in das Beamtenverhältnis berufen werde; andere Verwaltungslehrlinge, bei denen nicht von vornherein feststehe, daß sie später in das Beamtenverhältnis übernommen würden, und die nach beendeter Lehrzeit zunächst als Angestellte weiterbeschäftigt werden, fielen nicht darunter. Es kann hier dahingestellt bleiben, daß das beigeladene Land bei Erlaß der APO im Jahre 1953 keine Kompetenz hatte, Regelungen über die Versicherungsfreiheit von in § 169 RVO aF genannten Personen zu treffen. Ebenso kann unerörtert bleiben, daß die APO die Dienstanfänger, die - wie gesagt - keine Verwaltungslehrlinge waren, nicht den versicherungsfreien Verwaltungslehrlingen hätte gleichstellen dürfen, weil bei Dienstanfängern nicht von vornherein die Gewißheit der Übernahme in das Beamtenverhältnis bestanden hat (vgl BSGE 15, 65 = SozR Nr 26 zu § 165 RVO; BSGE 64, 130, 135 f = SozR 2200 § 1232 Nr 26 zum Rechtspraktikanten im Dienstanfängerverhältnis). Mit dem Berufungsgericht ist jedenfalls davon auszugehen, daß Dienstanfänger im beigeladenen Land keinen Anspruch auf Versorgung iS von § 169 RVO aF hatten, sondern in der damaligen Praxis des beigeladenen Landes wie nach § 172 Abs 1 Nr 4 versicherungsfreie Verwaltungslehrlinge behandelt wurden.

Als Dienstanfängerin war die Klägerin auch nicht nach § 172 Abs 1 Nr 1 RVO aF versicherungsfrei. Nach dieser Vorschrift waren versicherungsfrei ua Beamte der Länder, solange sie lediglich für ihren Beruf ausgebildet wurden. Diese Vorschrift galt ausschließlich für Beamte im staatsrechtlichen Sinn (BSGE 15, 65, 70 = SozR Nr 26 zu § 165 RVO; ebenso BSG SozR 2200 § 1232 Nr 21 S 55 ff zu § 6 Abs 1 Nr 2 AVG, der insoweit wörtlich mit § 172 Abs 1 Nr 1 RVO aF übereinstimmt). Daß die Klägerin als Dienstanfängerin keine Beamtin war, bedarf keiner Darlegung. § 172 Abs 1 Nr 1 RVO aF kann aber auf andere Personen als Beamte im staatsrechtlichen Sinn auch nicht entsprechend angewandt werden, weil nach dem Konzept des AVG - nicht verbeamtete - Angestellte grundsätzlich versicherungspflichtig sein sollten, während nur bestimmte Personengruppen, bei denen bereits während der Ausübung der dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigung eine vom Gesetzgeber als hinreichend gesichert angesehene Aussicht auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen bestand, deswegen zunächst und nur für die Zeit bis zu einem möglichen Ausscheiden nicht dem Schutz des AVG unterstellt sein sollten. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts (BSG SozR 2200 § 1232 Nr 21 S 56 f mwN) hat im einzelnen dargelegt, weshalb die Vorschrift über die Versicherungsfreiheit von nur zu ihrer Berufsausbildung beschäftigten Beamten (§ 6 Abs 1 Nr 2 AVG, entspricht § 172 Abs 1 Nr 1 RVO aF) nicht analogiefähig ist. Dem tritt der erkennende Senat bei. Im Blick auf den am 31. März 1956 maßgeblichen Rechtszustand ist ergänzend darauf hinzuweisen, daß dem Reichsarbeitsminister bei Erlaß der 1. VereinfVO am 17. März 1945 die Ausbildung als Dienstanfänger nicht unbekannt gewesen sein kann, weil der Reichsminister des Innern durch Runderlaß vom 1. April 1940 (RMBliV 1940 Nr 14 S 622) die Ausbildung und Prüfung der Anwärter des gehobenen und des mittleren Dienstes in der Gemeindeverwaltung geregelt und dabei eine "Lehrzeit" für Dienstanfänger vorgesehen hat, die der in der APO des beigeladenen Landes getroffenen Regelung weitgehend nahekommt. Deswegen liegt der Schluß nahe, der Verordnungsgeber habe im März 1945 Dienstanfänger nicht als weitere Personengruppe versicherungsfrei stellen wollen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin widerspricht es dem Grundgesetz (GG) nicht, daß das Gesetz für Fälle der vorliegenden Art kein Nachversicherungsrecht einräumt. Art 3 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG ist nicht verletzt, weil ein vernünftiger Grund, der unter Beachtung der sozialen Gerechtigkeit und des Übermaßverbotes Bestand haben kann, vorliegt, solche Angestellten im öffentlichen Dienst nicht nachzuversichern, die während der Ausübung einer dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigung keine Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder eine gesicherte Aussicht hierauf hatten. Keiner Erörterung bedarf in diesem Zusammenhang, ob der Ausschluß der Nachversicherung von Verwaltungslehrlingen iS von § 172 Abs 1 Nr 4 RVO aF verfassungsgemäß ist, weil die Klägerin - wie dargelegt - vom 1. Mai 1954 bis zum 31. März 1956 kein Verwaltungslehrling gewesen ist. Zweck der Nachversicherung ist es, Personen, die im Hinblick auf eine anderweitige Versorgung in ihrer Beschäftigung versicherungsfrei waren, als Ersatz für die weggefallene Aussicht auf diese Versorgung eine soziale Sicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung in der Weise zu verschaffen, daß sie gestellt werden, als seien sie versicherungspflichtig beschäftigt gewesen (BSG SozR 2400 § 124 Nr 6 S 12). Sachgrund der Nachversicherung ist das durch den Ausfall der beamtenrechtlichen Versorgung hervorgerufene Schutzbedürfnis. Die während der versicherungsfreien Beschäftigung - in rückschauender Betrachtung - entstandene Sicherungslücke beim Aufbau eines Schutzes für Alter und Invalidität soll nach dem Zweck des Gesetzes beim Ausscheiden aus dieser Tätigkeit durch sofortige Nachversicherung dieser Zeiten geschlossen werden (BSG aaO S 14 mwN). Demgegenüber sieht das Gesetz bei Personen, die eine dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung ausübten und während dieser Zeit nicht im Blick auf eine Versorgungsanwartschaft oder Versorgungsaussicht versicherungsfrei waren, grundsätzlich unmittelbar den Schutz der Rentenversicherung vor, so daß ein durch die Nachversicherung zu befriedigendes Schutzbedürfnis nicht besteht. War die Klägerin also während der Dienstanfängerzeit wegen einer dem Grunde nach angestelltenversicherungspflichtigen Beschäftigung überhaupt durch das AVG geschützt, hätten damals rechtzeitig Pflichtbeiträge entrichtet werden müssen. Daß dies hier uU zu Unrecht unterblieben ist, beruht nicht auf einer verfassungswidrigen Gesetzeslage, sondern ggf auf unrichtigem Verhalten von Beteiligten. Ob die Klägerin, wie sie mit den Schriftsätzen vom 9. Mai und 27. Juni 1988 vorgetragen hat, nach § 140 Abs 3 AVG wegen einer besonderen Härte noch zur Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zugelassen werden kann (dazu BSG SozR 2200 § 1418 Nr 8 S 18 ff mwN), ist nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits, weil die BfA darüber noch nicht entschieden und die Klägerin dies mit der Klage - nach dem Verfahrensstand zu Recht - auch nicht zur Entscheidung des Gerichts gestellt hat.

Die Klägerin war nach alledem vom 1. Mai 1954 bis zum 31. März 1956 entgegen § 1242a RVO aF, § 1 Abs 6 AVG aF nicht nach §§ 169, 172 Abs 1 Nr 2, 174, 1230 RVO aF versicherungsfrei. Ein Nachversicherungsrecht ist also mit Ablauf des 31. März 1956 nicht entstanden.

Der Hilfsantrag der Klägerin auf Vormerkung der Dienstanfängerzeit als Ausbildungsausfallzeit iS von § 36 Abs 1 Nr 4 Buchst a AVG ist zulässig, obwohl die Vorinstanzen, die dem Hauptantrag der Klägerin stattgegeben haben, über den Hilfsantrag noch nicht entschieden haben. Denn der Hilfsantrag wird in einem solchen Fall kraft Revision des in der Vorinstanz unterlegenen Beteiligten Gegenstand des Revisionsverfahrens (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 3. Aufl 1987, § 56 RdNr 7; Hennig/Danckwerts/König, Sozialgerichtsgesetz, Stand: Januar 1990, § 56 Anm 5.3; jeweils zum Berufungsverfahren). Das Revisionsgericht kann über den Hilfsantrag in der Sache abschließend entscheiden, wenn die tatsächlichen Feststellungen des LSG - wie hier - dafür ausreichen.

Der Hilfsantrag ist nicht begründet. Nach § 36 Abs 1 Nr 4 Buchst a AVG sind Zeiten einer nach Vollendung des 16. Lebensjahres liegenden abgeschlossenen nicht versicherungspflichtigen oder versicherungsfreien Lehrzeit Ausfallzeiten iS von § 35 AVG. Ob der Ausfallzeittatbestand erfüllt ist, muß nach den Verhältnissen in der Zeit, in der die - angebliche - Lehre durchgemacht worden ist, beurteilt werden (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 102 S 277 mwN). Die Klägerin war aber - wie oben aufgezeigt - als Dienstanfängerin kein Lehrling. Am 31. März 1956 hatte sie keine Lehrzeit abgeschlossen und keine berufliche Qualifikation erworben, die ihr die Aufnahme einer regelmäßig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Berufstätigkeit ermöglicht hätte. Wie das LSG bindend (§ 163 SGG) ausgeführt hat, standen Dienstanfänger, die nicht in den Vorbereitungsdienst als Beamtenanwärter übernommen wurden, nach Beendigung der Dienstanfängerzeit ohne eine unmittelbar am Arbeitsmarkt verwendbare abgeschlossene Ausbildung da.

Es widerspricht dem GG (Art 3 Abs 1, 20 Abs 1 und Übermaßverbot) nicht, daß eine derartige Dienstanfängerzeit nicht als Ausfallzeittatbestand vorgemerkt werden kann. Der unzutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts und der Klägerin ist entgegenzutreten, daß das Gesetz eine lückenlose Berücksichtigung von Ausbildungszeiten beim Erwerb von Rentenanwartschaften vorsehe. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteil des erkennenden Senats vom 29. März 1990 - 4 RA 37/89; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 102 S 276; Nr 75 S 202; Nr 63 S 178; Nr 38 S 101, jeweils mwN) berücksichtigt das AVG keineswegs jede Berufsausbildung als Ausfallzeit, sondern nur bestimmte typische Ausbildungszeiten, wobei es "nicht das jeweils Erforderliche, sondern lediglich ausgleichsweise das Vertretbare ... begünstigen will". Die an sich dem Versicherungsprinzip widersprechende Berücksichtigung von Ausfallzeiten als Zeiten ohne Beitragsleistung ist eine Solidarleistung der Versichertengemeinschaft, die auf staatlicher Gewährung als Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge beruht. Zur Vermeidung einer übermäßigen Belastung der Versichertengemeinschaft hat der Gesetzgeber davon abgesehen, Ausbildungszeiten schlechthin den Charakter von Ausfallzeiten zu verleihen. Selbst bestimmte typische Ausbildungen wie zB ein Hochschulstudium hat er daher - ohne Rücksicht auf das im Einzelfall Erforderliche - zeitlich begrenzt. Diese Regelung stellt in Rechnung, daß der Versicherte, der sich einer für den späteren, regelmäßig versicherungspflichtigen Beruf notwendigen weiteren Ausbildung unterzieht, jedenfalls nach erfolgreichem Abschluß bestimmter, im Gesetz typisierter Ausbildungsgänge später in der Regel eine seinem Ausbildungsstand entsprechende berufliche Stellung erlangen und höhere Beiträge zur Rentenversicherung entrichten wird (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 100 S 269 mwN). Diese gesetzliche Typisierung der als Ausfallzeiten zu berücksichtigenden Ausbildungsgänge ist verfassungsgemäß (Bundesverfassungsgericht - BVerfG - SozR 2200 § 1259 Nr 46 mwN). Eine entsprechende Anwendung des § 36 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AVG auf dort nicht genannte Ausbildungsgänge ist nicht möglich (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 75 S 202; BSG SozR Nr 46 zu § 1259 RVO).

Nach alledem hat die BfA die Vormerkung der Dienstanfängerzeit sowohl als nachversicherte Beitragszeit als auch als Ausfallzeit zu Recht abgelehnt. Diese Entscheidung stünde einer Vormerkung als Beitragszeit nicht entgegen, wenn die Klägerin damals entgeltlich beschäftigt war, nach § 140 Abs 3 AVG noch zur Nachentrichtung der Pflichtbeiträge zugelassen und diese auch einzahlen würde. Auf die begründete Revision der Beklagten waren daher die Klagen unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1665026

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