Beteiligte

…, Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagter

Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Berlin, Ruhrstraße 2, Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionsklägerin

 

Tatbestand

G r ü n d e :

I

Streitig ist im Revisionsverfahren nur noch, ob die Beklagte im Rahmen der beruflichen Rehabilitation (Reha) verpflichtet ist, dem Kläger einen Zuschuß zu den Anschaffungskosten des von ihm gekauften Kraftfahrzeuges (Kfz) zu gewähren (Revision des Klägers) und die Kosten der mit der Getriebeautomatik verbundenen höheren Motorversion zu übernehmen hat (Revision der Beklagten).

Der am 10. Mai 1947 geborene Kläger ist körperlich behindert. Ab 1. April 1963 war er angestelltenversicherungspflichtig tätig. Aufgrund seiner Behinderungen gewährte die Beklagte ihm seit 1972 mehrfach Kfz-Hilfe. Zuletzt hatte sie im Jahre 1982 bei der Anschaffung eines Kfz, Marke VW Jetta GL Automatik, die Kosten von zusätzlichen Bedienungseinrichtungen übernommen. Dieses Fahrzeug hatte nach Angabe des Klägers im November 1988 eine Laufleistung von ca 74.000 km; die TÜV-Plakette war bis Mai 1990 gültig.

Am 10. Oktober 1988 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt L. (ArbA) erneut Leistungen zur beruflichen Reha. Am 8. November 1988 ging dort sein schriftlicher Formularantrag vom 4. November 1988 ein. Diesem Formularantrag waren beigefügt ua ein an die Beklagte gerichteter Antrag vom 4. November 1988 auf Gewährung von Kfz-Hilfe sowie ein Angebot des Autohauses R. vom 4. November 1988 über einen Opel Vectra CD 2,0 l, 115 PS, zum Preis von 29.750,00 DM zzgl 1.675,00 DM für eine Getriebeautomatik; weiter hieß es im Angebot, im Preis seien 995,00 DM für eine Servolenkung und 2.200,00 DM für ABS (ein automatisches Bremssystem) enthalten. Sodann wurde der Vorgang vom ArbA zuständigkeitshalber an die Beklagte weitergeleitet und ging bei ihr am 22. November 1988 ein. Am 11. November 1988 hatte der Kläger bereits einen Kaufvertrag über den angebotenen Pkw abgeschlossen. Der Arbeitgeber des Klägers gab in einer Verdienstbescheinigung vom 14. Dezember 1988 an, der Nettoarbeitsverdienst des Klägers habe im Oktober 1988 nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge 2.367,68 DM betragen.

Nachdem der Kläger auf Anforderung der Beklagen weitere Unterlagen eingereicht hatte, teilte diese ihm durch Bescheid vom 29. Dezember 1988 mit, ein Zuschuß zum Kaufpreis des Fahrzeuges könne nicht gewährt werden, weil das monatliche Nettoeinkommen die gesetzliche Einkommensgrenze von 2.310,00 DM überschreite.

Durch einen weiteren Bescheid vom 29. Dezember 1988 übernahm die Beklagte die Kosten für das Automatikgetriebe iH von (nur) 1.475,00 DM; zugleich lehnte sie die Übernahme von Kosten für die Servolenkung und das ABS ab.

Mit seinem Widerspruch vom 17. Januar 1989 trug der Kläger vor, daß sein monatliches Nettoeinkommen die gesetzliche Einkommensgrenze nur deshalb überschritten habe, weil auf der Lohnsteuerkarte ein monatlicher Freibetrag von 963,00 DM für Werbungskosten sowie für außergewöhnliche Belastungen eingetragen sei, der zu einer 300,00 bis 400,00 DM niedrigeren Steuerbelastung und somit zu einem höheren Nettoverdienst führe. Da ihm die dem Freibetrag zugrundeliegenden Aufwendungen auch tatsächlich entstünden, dürfe der Freibetrag im Rahmen der Einkommensprüfung nicht berücksichtigt werden. Ferner beanstandete der Kläger, daß die Kosten für die Getriebeautomatik (1.675,00 DM) nur iH von 1.475,00 DM anerkannt worden seien. Außerdem machte er die Mehrkosten für den mit der Getriebeautomatik verbundenen 2,0 l-Motor (400,00 DM) geltend. Schließlich wandte er sich gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für die Servolenkung und das ABS.

Durch Bescheid vom 9. Februar 1989 erhöhte die Beklagte die Übernahme der Kosten für das Automatikgetriebe auf 1.620,00 DM und wies die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 29. Dezember 1988 im übrigen mit der Begründung zurück, als Nettoarbeitsverdienst sei der im letzten Monat vor der Antragstellung tatsächlich gezahlte Betrag zugrunde zu legen. Da die Servolenkung im Kfz des Klägers serienmäßig enthalten sei, könnten keine Kosten für eine Zusatzausstattung entstehen. Ein ABS sei aufgrund der Behinderung nicht erforderlich. Der gegenüber dem Grundmodell stärkere Motor stelle keine behinderungsbedingte Zusatzausstattung dar, so daß auch diese Mehrkosten nicht übernommen werden könnten.

Nach den Verwaltungsakten der Beklagten, auf die im angefochtenen Urteil Bezug genommen worden ist, bezog der Kläger vom 14. Januar 1989 bis 28. Februar 1989 Krankengeld. Einen Antrag vom 24. Januar 1989 auf medizinische Leistungen zur Reha nahm der Kläger zurück und beantragte statt dessen am 27. April 1989 bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), die ab 1. Mai 1989 bewilligt wurde (Bescheid vom 11. Dezember 1989).

Mit seiner Klage hat der Kläger im wesentlichen geltend gemacht, die Gewährung von Kfz-Hilfe dürfe nicht davon abhängen, ob auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag eingetragen sei oder ob der Betrag mit demselben steuerlichen Ergebnis erst im nachhinein beim Lohnsteuer-Jahresausgleich geltend gemacht werde. Im übrigen hat er ua nochmals darauf hingewiesen, daß die behinderungsbedingt benötigte Getriebeautomatik nur zusammen mit dem um 400,00 DM teureren 2,0 l-Motor lieferbar gewesen sei. Wegen des ABS hat der Kläger keinen Anspruch mehr erhoben.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte Kosten iH von 109,44 DM für eine Pedalerhöhung übernommen (Bescheid vom 4. Oktober 1989) und sich am 31. Mai 1991 bereit erklärt, restliche 55,00 DM der Kosten für die Getriebeautomatik an den Kläger zu leisten.

Das Sozialgericht (SG) hat die streitigen Verwaltungsentscheidungen abgeändert und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Zuschusses zur Beschaffung eines Kfz und auf Übernahme der Kosten für die Servolenkung und die höhere Motorversion unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (Urteil vom 31. Mai 1991). Zur Begründung ist im wesentlichen folgendes ausgeführt worden: Durch die Übernahme der Kosten für die Getriebeautomatik habe die Beklagte die tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kfz-Hilfe (§§ 13, 14a Abs 1 Nr 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes [AVG] iVm der am 1. Oktober 1987 in Kraft getretenen Verordnung über Kraftfahrzeughilfe zur beruflichen Rehabilitation [Kraftfahrzeughilfe-Verordnung - KfzHV] vom 28. September 1987) anerkannt. Die Gewährung eines Kostenzuschusses für die Anschaffung des Kfz dürfe die Beklagte nicht an § 6 Abs 3 KfzHV scheitern lassen. Bei der Berechnung des Nettoarbeitsverdienstes müsse wegen der Reha des Behinderten der steuerliche Behindertenfreibetrag außer Betracht bleiben, so daß sich beim Kläger ein unter der maßgeblichen Grenze liegender Nettoarbeitsverdienst von 2.176,18 DM ergebe. Die Kosten für die stärkere Motorversion habe die Beklagte zu übernehmen, weil diese mit der vom Kläger benötigten Getriebeautomatik unabdingbar verbunden gewesen sei.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte verpflichtet worden ist, den Antrag des Klägers auf Gewährung eines Zuschusses zu den Anschaffungskosten des von ihm erworbenen Kfz erneut zu bescheiden; im übrigen ist die Berufung zurückgewiesen worden (Urteil vom 23. Juli 1993). Das LSG ist der Auffassung des SG hinsichtlich der Berechnung des Nettoverdienstes entgegengetreten und hat die Ansicht vertreten, daß auch im Rahmen der Kfz-Hilfe auf den tatsächlich gezahlten Betrag abzustellen sei, so daß der Nettoarbeitsverdienst des Klägers über der maßgeblichen Grenze liege. Hinsichtlich der Mehrkosten für die Servolenkung und die stärkere Motorversion schließe sich das Gericht dem erstinstanzlichen Urteil an.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts durch das Berufungsgericht (§§ 13, 14a AVG iVm § 6 Abs 3 KfzHV). Sein Begehren richte sich (nur noch) auf einen Zuschuß zu den Anschaffungskosten des von ihm erworbenen Neuwagens. Nach dem Zweck der Reha müsse im Rahmen der Kfz-Hilfe ein Behinderter, der sich auf seiner Lohnsteuerkarte einen Behindertenfreibetrag habe eintragen lassen, genauso behandelt werden wie derjenige, der den Freibetrag erst im Wege des Lohnsteuer-Jahresausgleichs geltend mache. Insoweit sei der Auffassung des SG zu folgen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Juli 1993 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 29. Dezember 1988 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 1989 den Kläger neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt insoweit das Urteil des LSG und vertritt die Auffassung, daß der Begriff des Einkommens im Steuerrecht nicht notwendig mit dem sozialrechtlichen Einkommensbegriff, wie er in § 14 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) definiert sei, übereinstimmen müsse. Danach sei indessen der tatsächlich gezahlte Nettoarbeitsverdienst entscheidend.

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte ebenfalls die Verletzung materiellen Rechts durch das Vordergericht (§ 7 Satz 1 KfzHV) und macht geltend: bei einem stärkeren Motor handele es sich bereits begrifflich nicht um eine "Zusatzausstattung" iS von § 7 KfzHV. Außerdem sei der stärkere Motor nicht unmittelbar und allein wegen der Behinderung des Klägers erforderlich. Wenn das behinderungsbedingte Automatikgetriebe nur mit diesem Motor erhältlich sei, stelle dieser Umstand lediglich eine mittelbare Folge der Behinderung dar. Die Notwendigkeit des stärkeren Motors sei in erster Linie durch die Eigenarten des Kfz-Herstellers bedingt. Diese Eigenarten können aber nicht zu Lasten der Beklagten als Träger einer Reha-Maßnahme gehen.

Die Beklagte beantragt,

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 23. Juli 1993 und des Sozialgerichts Wiesbaden vom 31. Mai 1991 aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte verpflichtet worden ist, unter Abänderung der Bescheide vom 29. Dezember 1988 und 9. Februar 1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. März 1989 den Antrag des Klägers auf Kostenübernahme für einen leistungsstärkeren Motor erneut zu bescheiden.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er schließt sich insoweit den Urteilen des SG und LSG an und vertritt die Auffassung, daß die stärkere Motorversion eine Zusatzeinrichtung darstelle, die wegen des vom Kläger benötigten Automatikgetriebes technisch notwendig geworden und somit durch die Behinderung unmittelbar bedingt sei.

II

Die durch Zulassung statthafte Revision der Beklagten ist begründet; hingegen ist die Revision des Klägers unbegründet. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß der Kläger keinen Anspruch auf Neubescheidung hinsichtlich eines Zuschusses zu den Anschaffungskosten des von ihm erworbenen Kfz hat. Zu Unrecht hat das LSG dagegen einen Anspruch des Klägers auf Neubescheidung in bezug auf die Übernahme von Mehrkosten für eine stärkere Motorversion bejaht.

Zutreffend haben die Vorinstanzen weder eine allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) noch eine kombinierte Aufhebungs-und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) für zulässig erachtet, obwohl das mit der Klage verfolgte wirtschaftliche Begehren des Klägers letztlich darauf gerichtet ist, daß die Beklagte ihm einen bestimmten Geldbetrag als Zuschuß nach der Kfz-Hilfe zahlt. Diese Klagearten wären nur gegeben, wenn der Kläger einen Rechtsanspruch, dh wenn die Beklagte bereits durch Verwaltungsakt die begehrten Zuschüsse zu den Anschaffungskosten bzw für die höhere Motorversion bewilligt gehabt hätte. Denn auch die Gewährung von Zuschüssen oder Darlehen als Kfz-Hilfe (§ 2 Abs 2 KfzHV) zur Anschaffung eines Kfz, für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung oder zur Erlangung einer Fahrerlaubnis ist eine Ermessensentscheidung des Reha-Trägers, die gemäß § 40 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) erst mit ihrer Bekanntgabe einen Anspruch (§ 194 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]) auf die darin bewilligte Leistung entstehen läßt (BSG SozR 3-5765 § 10 Nrn 1 und 2, § 1 Nr 1, jeweils mwN; näher dazu unten).

Keiner Entscheidung bedarf, ob der Kläger sein Begehren (§ 123 SGG) mit einer (kombinierten Anfechtungs- und) Verpflichtungsklage oder einer Verpflichtungsbescheidungsklage verfolgen kann. Die Klage auf Verpflichtung der Beklagten, einen bestimmten Zuschußbetrag zu bewilligen, dh einen Anspruch auf Zahlung einer Geldsumme zu gewähren, wäre gegeben, wenn dem Vorbringen des Klägers zu entnehmen wäre, daß er den Ermessensspielraum der Beklagten aufgrund der tatsächlichen Umstände seines Falles für derart eingeschränkt hält, daß diese rechtmäßig nur eine einzige Entscheidung, nämlich die Bewilligung eines bezifferten Zuschußbetrages, treffen dürfte (sog Ermessensreduktion auf Null). Sein Vorbringen in allen Instanzen deutet aber eher darauf hin, daß er nur die Verpflichtung der Beklagten erstrebt, ihn neu zu bescheiden. Dann läge eine Verpflichtungsbescheidungsklage vor. Die Frage nach der richtigen Klageart kann hier aber jedenfalls deshalb unbeantwortet bleiben, weil die (besonderen) Sachentscheidungsvoraussetzungen für beide Rechtsschutzformen vorliegen und jede von ihnen in der Sache selbst ohne Erfolg bleiben muß (dazu unten); in einem solchen Fall können von der Bestimmung der richtigen Klageart Rechtsfolgen nicht einmal im Blick auf die Kostenentscheidung abhängen (vgl stellvertretend Schenke, Verwaltungsprozeßrecht, 2. Aufl 1994, S 63 ff mwN).

Die Beklagte hat den Antrag des Klägers vom 10. Oktober 1988 aber rechtmäßig abgelehnt. Ein Anspruch (§ 194 Abs 1 BGB), dh ein Recht, von der Beklagten die Bewilligung der Zahlung eines bestimmten Betrages als Kfz-Hilfe (Bewilligungsanspruch) oder eine Neubescheidung (Bescheidungsanspruch) zu verlangen, steht dem Kläger nicht zu:

Als Grundlage für einen Bewilligungsanspruch kommt ein begünstigender Verwaltungsakt der Beklagten (oder ein verwaltungsrechtlicher Vertrag) nicht in Betracht. Denn die Beklagte hat keinen Verwaltungsakt (und auch keine Zusicherung) erlassen, aufgrund dessen sie verpflichtet sein könnte, dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung eines bestimmten Zuschusses oder Gewährung eines bezifferten Darlehens zuzuerkennen. Zwar hat die Beklagte nach Eingang der Antragsunterlagen (am 22. November 1988) dem Kläger in der Folgezeit mehrere Leistungen bewilligt. Diese Entscheidungen beinhalten aber weder ausdrücklich noch sinngemäß eine "Grundentscheidung" darüber, daß alle Anspruchsvoraussetzungen für jedes weitere Begehren des Klägers im Zusammenhang mit der Anschaffung des Kfz gegeben seien. Denn diese Voraussetzungen können bei den einzelnen nach der KfzHV möglichen Leistungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (näher dazu unten).

Der Kläger kann sein Begehren ferner auf keine gesetzliche Grundlage für einen direkten Anspruch auf Bewilligung (§ 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) eines Zahlungsanspruchs stützen:

Gemäß § 13 Abs 1 Satz 1 AVG, der hier nach § 301 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) noch anzuwenden ist, weil der Kläger vor dem 1. Januar 1992 Leistungen zur Reha beantragt hat, kann die Beklagte Leistungen zur Reha, ua Kfz-Hilfe als berufsfördernde Leistung (§ 14a Abs 1 Satz 1 Nr 1 AVG), erbringen, wenn die Erwerbsfähigkeit durch diese Leistungen wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann oder wenn bei einer bereits geminderten Erwerbsfähigkeit durch diese Leistungen der Eintritt von Berufsunfähigkeit (BU) oder EU abgewendet werden kann.

Diese Vorschriften stellen die Bewilligung von Ansprüchen auf Leistungen zur Reha nach verfahrensrechtlich pflichtiger Eingangsprüfung in das Handlungs- und Auswahlermessen der Rentenversicherungsträger als Reha-Träger, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Dabei handelt es sich um eine Ermessenseinräumung, nicht um ein bloßes "Kompetenz-Kann". Dieser dem Reha-Träger vom Gesetz eingeräumte Entscheidungsspielraum kann sich allenfalls faktisch, dh aufgrund der Umstände des Einzelfalles, die im Lichte der Zwecke der Ermessenseinräumung sowie der sonstigen gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben geprüft werden müssen, auf nur eine rechtmäßige Rechtsfolge verengen. Sind aber die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, entstehen Ansprüche auf bestimmte Sozialleistungen in jedem Fall, dh auch bei einer solchen Ermessensreduktion, erst aufgrund des sie bewilligenden Verwaltungsaktes, und zwar in dem Zeitpunkt, in dem die Bewilligung der Leistung bekanntgegeben wird, soweit darin kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist (§§ 39, 40 SGB I). Dies gilt auch für die Regelungen der KfzHV. Denn deren Vorschriften schränken den gesetzlichen Ermessensspielraum in den Grenzen der Verordnungsermächtigung nur in einzelnen Aspekten näher ein, enthalten also insbesondere keine eigenständigen Anspruchsgrundlagen. Der Senat hält daher an seiner ständigen Rechtsprechung fest (Urteile vom 16. November 1993 - 4 RA 22/93 und 16. Dezember 1993 - 4 RA 16/93, in SozR 3-5765 § 10 Nrn 1 und 2, § 1 Nr 1, jeweils mwN).

Auch aus dem Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch (§ 39 Abs 1 Satz 2 SGB I) ergibt sich kein Anspruch auf Aufhebung der Antragsablehnung und auf - bei Ermessensreduktion - Bewilligung eines bestimmten Zuschusses oder auf Neubescheidung. Denn die streitigen Verwaltungsentscheidungen verletzen den Kläger nicht in diesem Recht:

Gemäß § 39 Abs 1 Satz 2 SGB I haben die durch eine leistungsrechtliche Ermessensnorm des SGB Begünstigten gegen den zuständigen Leistungsträger einen "Anspruch" (dazu näher Urteil des Senats vom 14. Dezember 1994 - 4 RA 42/94) auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens, dies aber nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Pflicht des Leistungsträgers zur Ermessensbetätigung vorliegen. Keiner Prüfung bedarf hingegen im Sozialleistungsrecht, ob das Ermessen nach dem Gesetz zumindest auch dazu bestimmt ist, die Interessen des Bürgers zu schützen. Nach § 54 Abs 2 Satz 1 SGG unterliegt die Erfüllung der Voraussetzungen für das Bestehen der Ermessensbetätigungspflicht der vollen gerichtlichen Überprüfung. Hingegen sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit bzgl der Ermessensbetätigung und ihres Ergebnisses, der Ermessensentscheidung, gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG darauf beschränkt zu kontrollieren, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), mit seiner Ermessensentscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, dh eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (Ermessensüberschreitung) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmißbrauch). In jedem Falle entsteht die Pflicht des Leistungsträgers zur Ermessensbetätigung und das damit korrespondierende Recht des Bürgers auf fehlerfreien Ermessensgebrauch nur, wenn alle Voraussetzungen für die Ermessensbetätigungspflicht vorliegen (vgl BVerwGE 72, 38, 53; stellvertretend Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1994, S 42 ff; Hans J. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl 1994, S 373 ff; Erichsen in Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl 1992, S 186 ff, alle mwN).

Indes lassen die tatsächlichen Feststellungen des LSG im vorliegenden Fall bereits die - vorrangige - abschließende Beurteilung zu, daß die Beklagte zur Ermessensbetätigung nicht verpflichtet war, dh daß beim Kläger die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Reha-Leistungen von der Art der Kfz-Hilfe nicht vorliegen. Zwar erfüllt der Kläger die Versicherteneigenschaft iS von § 13 Abs 1 Satz 1 AVG, weil er im Zeitpunkt der Antragstellung nach den vom LSG getroffenen Feststellungen eine Versicherungszeit von mindestens 180 Kalendermonaten zurückgelegt hat (§ 13 Abs 1a Satz 1 Halbsatz 2 iVm Satz 1 Halbsatz 1 Nr 2 Buchst a AVG). Zweifelhaft ist allerdings, ob als weitere Voraussetzung im Zeitpunkt der Antragstellung (10. Oktober 1988) noch eine der in § 13 Abs 1 Satz 1 AVG genannten Reha-Chancen gegeben waren. Diese Vorschrift bindet nämlich die Ermessensentscheidung der Beklagten gemäß dem Grundsatz des Vorranges der Reha vor Rente (§ 7 Abs 1 Rehabilitationsangleichungsgesetz, § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VI) an das Ziel, daß durch die Leistungen zur Reha die Erwerbsfähigkeit wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder bei einer bereits geminderten Erwerbsfähigkeit der Eintritt von BU oder EU abgewendet werden kann. Deshalb darf sie Leistungen zur Reha nur dann bewilligen, wenn sie ua geeignet sind, die vorgenannten Ziele zu erreichen. Bei dieser sog Eingangsprüfung (BSG SozR 3-2200 § 1237 Nr 1) steht der Beklagten nach - worauf zurückzukommen ist: rechtzeitigem - Eingang eines wirksamen Reha-Antrages kein Ermessen zu. Sie muß also prüfen, ob im konkreten Fall eine Wiedereingliederungschance (Reha-Bedarf) besteht und ob es Mittel gibt, den in ihre Zuständigkeit fallenden Reha-Zweck zu fördern. Wenn es derartige Mittel gibt, wird ihr (anschließend auszuübendes) Ermessen - faktisch - regelmäßig auch insoweit reduziert sein, daß eine der geeigneten Leistungen (oder eine Kombination hiervon) zu bewilligen sein wird. Eine Ablehnung des Reha-Antrages ist daher grundsätzlich nur rechtmäßig, wenn es in ihrem Aufgabenbereich keine Reha-Chance gibt (vgl § 116 Abs 2 SGB VI) oder - trotz Reha-Bedarfs - keine im Einzelfall geeignete, erforderliche und dem Versicherten zumutbare (§ 33 SGB I) Leistung in Betracht kommt. Nur im übrigen stellt es das Gesetz in das Ermessen des Rentenversicherungsträgers, ob eine bestimmte Leistung und ggf in welchem Umfang sowie auf welche Art und Weise sie zu gewähren ist. Der Versicherte hat dann gemäß § 39 Abs 1 Satz 2 SGB I ein Recht auf pflichtgemäße Ermessensentscheidung, jedoch keinen Anspruch auf eine bestimmte Leistung.

Hiervon ausgehend kann bereits nicht sicher festgestellt werden, ob - abgesehen von der Versicherteneigenschaft des Klägers - die weiteren Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung einer beruflichen Reha gegeben sind. Denn gegen die Geeignetheit der vom Kläger beantragten Leistungen spricht in starkem Maße, daß er kurze Zeit später Krankengeld bezogen (14. Januar 1989 bis 28. Februar 1989) und am 24. Januar 1989 eine medizinische Reha beantragt hat sowie aufgrund eines Antrages vom 27. April 1989 seit 1. Mai 1989 Rente wegen EU bezieht. Unter diesen Umständen ist es unwahrscheinlich, daß eines der nach § 13 Abs 1 Satz 1 AVG erforderlichen Reha-Ziele schon aus der Sicht bei Antragstellung erreichbar war. Entgegen der Ansicht des SG, die zutreffend im angefochtenen Urteil nicht aufrechterhalten worden ist, hat die Beklagte (wie bereits erwähnt) in keinem der ergangenen Bescheide eine - für alle vom Kläger begehrten Leistungen bindende - "Grundentscheidung" getroffen. Ein entsprechender Entscheidungssatz ist nicht vorhanden und auch in der zur Auslegung heranzuziehenden Begründung nicht erkennbar.

Jedenfalls ergibt aber - das Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs 1 Satz 1 AVG unterstellt - die gleichsam als zweite Stufe vorzunehmende Prüfung,

daß der Kläger keinen Anspruch auf die im Revisionsverfahren noch streitigen Leistungen hat. Ein Anspruch auf Erlaß eines entsprechenden Leistungsbewilligungsbescheides scheitert daran, daß eine weitere materiell-rechtliche Grundvoraussetzung nicht erfüllt ist, weil der Kläger den Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Beschaffung eines Kfz (§§ 4 bis 6 KfzHV) und Kostenübernahme einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung (§ 7 KfzHV) nicht rechtzeitig gestellt hat. Entgegen seiner Auffassung reicht es nicht aus, den Antrag zu stellen und einige Tage später - ohne eine Entscheidung des Reha-Trägers abzuwarten - einen Kaufvertrag abzuschließen, um dann mit Erfolg eine Förderungsleistung geltend machen zu können.

Der Senat hat bereits in seinen og Urteilen entschieden, daß der Reha-Antrag materiell-rechtliche Bedeutung hat, dem Versicherten eine Pflicht zur Mitwirkung im Verwaltungsverfahren obliegt und der Bedarf nicht (das bedeutet: nur mit rechtsvernichtender Wirkung) vorzeitig befriedigt werden darf. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest:

Gemäß § 40 Abs 2 SGB I entsteht bei Ermessensleistungen ein Anspruch auf Sozialleistungen (hier: Geldleistung als Zuschuß nach §§ 4 bis 7 KfzHV) grundsätzlich im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Ermessensentscheidung. Nach § 10 Satz 1 KfzHV sollen Leistungen (iS der §§ 1 bis 9 aaO) "vor dem Abschluß" eines Kaufvertrages über das Kfz und die behinderungsbedingte Zusatzausstattung (sowie "vor Beginn" einer nach § 8 aaO zu fördernden Maßnahme) beantragt werden. Dabei handelt es sich nicht um eine "bloße" Ordnungsvorschrift. Die Norm konkretisiert vielmehr den für den Rentenversicherungsträger kraft gesetzlicher Regelung (§ 19 SGB IV, § 1545 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung, § 115 Abs 1 und Abs 4 SGB VI) höherrangig festgeschriebenen Grundsatz, daß der Reha-Antrag bzw die ihm gleichgestellte Zustimmung (§ 115 Abs 4 SGB VI) nicht nur verfahrensrechtliche, sondern auch materiell-rechtliche Bedeutung hat und Rechtswirkungen grundsätzlich (abgesehen von atypischen Fallgestaltungen, dazu näher unten) nur für die Regelung von zukünftigen Reha-Bedarfslagen entfaltet, dh für denjenigen Bedarf, der im Zeitpunkt des Antrags/der Zustimmung beim Versicherungsträger entweder noch objektiv unbefriedigt fortbesteht oder sich erst später ergibt. Hierauf weist die Begründung der Bundesregierung zu § 10 KfzHV ausdrücklich hin (BR-Drucks 266/87 S 28, vgl ferner S 11 f aaO).

Die auch materiell-rechtliche Bedeutung des Reha-Antrages einschließlich seines in § 10 KfzHV geregelten Unterfalles ergibt sich gemäß § 40 Abs 2 SGB I daraus, daß erst die - wie ausgeführt: erforderliche - Ermessensentscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Reha einen Anspruch auf konkrete Leistungen begründet. Sie ist ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt und solange schwebend unwirksam, wie der Antrag/die Zustimmung noch nicht beim Rentenversicherungsträger eingegangen ist (vgl Erichsen in Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 9. Aufl, § 9 Rz 19; Badura, ebendort, § 39 Rz 2 ff, 7; Meyer, GK-SGB VI, § 115 Rz 9, 33 ff, 37 ff; alle mwN). Der Antrag/die Zustimmung hat Rechtswirkungen grundsätzlich jedoch nur für die Zukunft. Dies folgt daraus, daß die Ermessensentscheidung des Rentenversicherungsträgers über die Gewährung von Reha-Leistungen eine zukunftsorientierte, mit prognoseähnlichen Elementen vermischte und die Umstände des Einzelfalles abwägende Entscheidung ist (BSG SozR 2200 § 1236 Nrn 37 und 45; BSG USK 9254). In ihr wird bestimmt, welche Maßnahmen im konkreten Fall zur Verwirklichung der beim Versicherten festgestellten Reha-Chance geeignet, erforderlich, zumutbar, wirtschaftlich und sparsam sind und vom Versicherungsträger deswegen nach dem Naturalleistungsprinzip durchgeführt werden müssen. Ein Reha-Bedarf, der bereits vor Eingang des Antrages beim Rentenversicherungsträger oder auch nach Antragstellung, aber vor dessen Zustimmung durch eigene Bemühungen des Versicherten (sog selbstbeschaffte Reha) oder durch Leistungen anderer befriedigt worden ist, kann nicht Gegenstand einer Ermessensentscheidung über die Gewährung von Leistungen zur Reha sein (BSG SozR 2200 § 1236 Nr 50). Denn der Rentenversicherungsträger ist kein bloßer "Kostenträger", sondern das verantwortliche Rechtssubjekt, das die Leistungen entweder mit eigenen Mitteln oder durch Vertragseinrichtungen erbringt.

Dies gilt auch für die in der KfzHV vorgesehenen Geldleistungen. Hierbei hat der Reha-Träger vor allem die Aufgabe, bei der Vorbereitung der Anschaffung eines Kfz, einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung oder einer Fahrerlaubnis beratend und unterstützend darauf hinzuwirken, daß der Versicherte eine iS der genannten Wertungsmaßstäbe des Reha-Rechts angemessene Kaufentscheidung trifft und dabei auch Alternativen berücksichtigen kann (§ 14 Satz 2 SGB I). Der Versicherte und der Reha-Träger müssen also in einem dialogischen Verwaltungsverfahren zuvor klären, daß das - anzuschaffende - Kfz und dessen Zusatzausstattung nicht nur objektiv im wesentlichen behinderungsbedingt, sondern zur Förderung des Reha-Zweckes auch erforderlich, ferner den besonderen Umständen des Einzelfalles angemessen sowie wirtschaftlich und - unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichheit der Versicherten bei der Mittelverwendung - sparsam ist. Auch die Kfz-Hilfe ist nämlich regelmäßig nur eine von mehreren in Betracht zu ziehenden Maßnahmen, die zur Erhaltung eines Arbeitsplatzes eingesetzt werden können. Hierdurch wird gesichert, daß die Geldleistungen nach der KfzHV so gewährt werden, daß sie auf das für den jeweiligen Reha-Träger maßgebliche Wiedereingliederungsziel ausgerichtet sind. Hiermit wäre - wie bereits der 5. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) zur Rechtslage vor Inkrafttreten der KfzHV geklärt hat (BSG SozR 2200 § 1236 Nrn 37 und 45) - unvereinbar, wenn der Versicherungsträger darauf beschränkt würde, die Kosten einer selbstbeschafften Reha-Leistung in der jeweils angefallenen Höhe zu bezuschussen. Es ist aber gerade die Aufgabe des Versicherungsträgers, die im Einzelfall im og Sinne notwendigen Maßnahmen zur Reha zu bestimmen und durchzuführen. Sofern dem Reha-Träger nicht ausreichend Zeit für seine Entscheidung zugebilligt würde, müßte er anderenfalls - bei Vorliegen der grundsätzlichen Voraussetzungen des Reha-Bedarfs -zwar keine Leistung für jeden beliebigen Kaufpreis erbringen, weil der Zuschuß für die Beschaffung eines Kfz in § 5 KfzHV auf einen Kaufpreis von 18.000,00 DM begrenzt ist; dagegen wäre aber die bei teureren Fahrzeugen meist auch teurere behinderungsbedingte Zusatzeinrichtung zu erstatten, ein Ergebnis, das den genannten Voraussetzungen der Ermessensentscheidung widerspricht.

Im Falle des Klägers wäre von der Beklagten nicht nur im einzelnen ua zu klären gewesen, ob ihm die weitere Benutzung des früher geförderten Kfz, Marke VW Jetta, zumutbar gewesen wäre, der Ende 1988 eine Laufleistung von - nur -ca 74.000 km aufwies und eine bis Mai 1990 gültige TÜV-Plakette hatte. Ferner hätte geprüft werden müssen, ob ihm für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstelle (2 x 22 km täglich) - der Kläger war inzwischen umgezogen - eine andere Beförderungsmöglichkeit kostengünstiger hätte zur Verfügung gestellt werden können. Außerdem wäre zu bedenken gewesen, ob der vom Kläger gewählte Kfz-Typ und die Zusatzausstattung - soweit sie behinderungsbedingt erforderlich ist -nach Qualität und Preis von einem anderen Lieferanten kostengünstiger hätten beschafft werden können. Abgesehen davon, daß derartige Prüfungen mit wachsendem Zeitabstand nicht oder nicht mehr vollständig vorgenommen werden können, obliegt es dem Versicherten, den Rentenversicherungsträger so rechtzeitig in Anspruch zu nehmen, daß dieser die ihm übertragene Sachverhaltsaufklärung, Beratung und Ermessensentscheidung ordnungsgemäß durchführen bzw treffen kann (vgl schon BSG SozR 2200 § 1236 Nr 35 und SozR 4100 § 57 Nr 2). Das bedeutet: Der Rentenversicherungsträger darf durch seine Ermessensentscheidung eine einmalige Geldleistung nach der KfzHV grundsätzlich nur gewähren, wenn er durch den Antrag nach § 10 Satz 1 KfzHV so rechtzeitig mit dem Fall befaßt worden ist, daß er seine Entscheidung "vor dem Abschluß des Kaufvertrages", also vor der Befriedigung des Bedarfs, iS von § 40 Abs 2 SGB I bekanntgeben kann (so auch das og Urteil des Senats vom 16. November 1993). Der Kläger hat jedoch - wie er selbst einräumt - einen konkreten Antrag auf Kfz-Hilfe erst mit dem am 4. November 1988 unterschriebenen und beim ArbA am 8. November 1988 eingegangenen Vordruck gestellt. Dieser Antrag ist bei der Beklagten erst am 22. November 1988 und damit nach Abschluß des Kaufvertrages (11. November 1988) eingegangen. Bei einem derartigen Zeitablauf konnte die Beklagte - womit der Kläger rechnen mußte - die für ihre Ermessensentscheidung notwendigen Prüfungen und Feststellungen nicht mehr durchführen bzw treffen.

§ 10 Satz 1 KfzHV läßt allerdings - auch insoweit in Übereinstimmung mit dem für Rentenversicherungsträger geltenden höherrangigen Recht (vgl BSG SozR 2200 § 1236 Nrn 14, 15 und 16) - durch seine Ausgestaltung als "Sollvorschrift" in atypischen Fallgestaltungen ausreichen, daß ein Antrag auf Geldleistungen nach der KfzHV spätestens innerhalb eines Monats nach Rechnungsstellung gestellt wird. Ein derartiger atypischer Sachverhalt liegt nur vor, wenn die Bedarfdeckung objektiv unaufschiebbar und eine im vorgenannten Sinne rechtzeitige Antragstellung aus vom Versicherten nicht zu vertretenden Gründen unmöglich ist. Ein solcher Ausnahmefall ist regelmäßig nur gegeben, wenn berufsbedingte Umstände (vgl BSG SozR 3-4100 § 56 Nr 8) oder in der Funktionsfähigkeit des Kfz bzw der Zusatzausstattung liegende Gründe den Abschluß des Kaufvertrages vor Antragstellung beim Rentenversicherungsträger unumgänglich machen. Da es keinen allgemeinen Erfahrungssatz mit dem Inhalt gibt, daß Reha-Maßnahmen "regelmäßig" keinen Aufschub zulassen (aA KassKomm-Niesel, § 115 Rz 14), fällt es auch bei objektiv unaufschiebbar gewordenem, aber vorhersehbarem Bedarf dem Versicherten zur Last, wenn er die rechtzeitige Antragstellung vor Abschluß des Kaufvertrages aus Gründen unterläßt, die er zu vertreten hat. War also die rechtzeitige Antragstellung möglich, sind - wie der 5. Senat des BSG sogar im Blick auf wiederkehrende Leistungen zur Reha geklärt hat (BSG SozR 2200 § 1236 Nr 45) - Leistungen und Aufwendungsersatz für die Zeit vor dem Antrag nicht zu gewähren.

§ 10 Satz 1 KfzHV regelt zwar nicht, innerhalb welcher Zeit nach Abschluß des Kaufvertrages der Antrag nachzuholen ist. Gemäß Satz 2 aaO sind aber Leistungen zur technischen Überprüfung und Wiederherstellung der technischen Funktionsfähigkeit einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung spätestens innerhalb eines Monats nach Rechnungsstellung zu beantragen. Diese Bestimmung verdeutlicht nicht nur, daß § 10 KfzHV keine bloße Ordnungsvorschrift ist (wie hier: KassKomm-Niesel, Anhang zu § 16 SGB VI Rz 53 und 54; Lueg, GK-SGB VI, § 16 Anhang 1 Rz 148 bis 153). Wie der Senat bereits in seinem og Urteil vom 16. November 1993 entschieden hat, legt diese Norm (nur) für zwei besonders typische Fälle eines unaufschiebbaren (funktionsbedingten) Bedarfs fest, daß der Antrag "spätestens innerhalb eines Monats nach Rechnungsstellung" zu stellen ist. Dies gilt aber entsprechend für die in § 10 Satz 1 KfzHV erfaßten atypischen Fallgestaltungen des objektiv unaufschiebbaren Bedarfs, weil auch hier das öffentliche Interesse an einer möglichst zeitnahen Überprüfung der Notwendigkeit der selbstbeschafften Leistung durch den Rentenversicherungsträger besteht.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die den Senat binden (§ 163 SGG), ist davon auszugehen, daß beim Kläger ein Regelfall vorliegt; Anhaltspunkte dafür, daß die Anschaffung eines neuen Fahrzeuges und die Bestellung der Zusatzausstattung objektiv unaufschiebbar gewesen sei, sind weder dargetan noch ersichtlich.

Offenbleiben konnte somit, welches Einkommen beim Kläger im Rahmen der Hilfe zur Beschaffung eines Kfz zugrunde zu legen (§ 6 KfzHV) und ob ihm von der Beklagten die Mehrkosten einer stärkeren Motorversion als Zusatzausstattung iS von § 7 KfzHV zu gewähren wären.

Nach alledem waren auf die Revision der Beklagten die Urteile des LSG und des SG abzuändern sowie die Klage auch insoweit abzuweisen, als die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides verpflichtet worden ist, den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für eine mit der Getriebeautomatik des von ihm gekauften Kfz höhere Motorversion neu zu bescheiden. Die auf Hilfe zur Beschaffung des Kfz gerichtete Revision des Klägers war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

Dokument-Index HI517740

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