Beteiligte

Kläger und Revisionsbeklagter

Beklagte und Revisionsklägerin

 

Tatbestand

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger Versichertenrente gem. § 1246 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zusteht.

Der im Jahre 1926 geborene Kläger war ohne abgeschlossene Berufsausbildung von 1953 bis 1982 als Betonbauer tätig und wurde zuletzt nach der Lohngruppe IV 4 des Bezirkslohntarifvertrages des Baugewerbes Hamburg entlohnt. Seit Oktober 1982 war er arbeitsunfähig krank und seit Oktober 1984 ist er arbeitslos. Seinen Rentenantrag vom 25. Februar 1983 lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 1. August 1983 ab. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. November 1983).

Das Sozialgericht WG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 13. Dezember 1984). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozial-gericht (LSG) die Beklagte verurteilt, ab 1. März 1983 Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren (Urteil vom 10. Oktober 1985). Es hat ausgeführt, als Betonbauer sei dem Kläger der Berufsschutz eines ("schlichten") Facharbeiters zuzuerkennen. Zwar habe er keine Lehre für diesen Beruf durchlaufen, er sei nur angelernt worden. Er besitze aber die berufliche Qualifikation eines gelernten Beton- und Stahlbauers. Das ergebe sich zudem aus der tariflichen Einstufung. Schließlich sei dem Kläger der Berufsschutz als Facharbeiter auch unter dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit zuzubilligen. Er habe Beiträge in gleicher Höhe zur gesetzlichen Rentenversiche-rung entrichtet wie die in den Gruppen IV 1 und 2 des erwähnten Tarifvertrages eingestuften Facharbeiter. Auf der für ihn zumutbaren "Anlernebene" gebe es keine Tätigkeiten, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen ausüben könne. Deshalb sei er berufsunfähig i.S. des § 1246 Abs. 2 RVO.

Die Beklagte hat dieses Urteil mit der vom LSG zugelassenen Revision angefochten. Sie rügt eine Verletzung des § 1246 Abs. 2 RVO und der §§ 103, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Revision der Beklagten ist insofern begründet, als das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen werden muß (§ 170 SGG). Die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen lassen eine abschließende Entscheidung noch nicht zu.

Grundlage des streitigen Anspruchs auf Rente wegen Berufsunfähigkeit ist die bisherige Berufstätigkeit des Klägers, von der aus zu beurteilen ist, welche Verweisungstätigkeiten ihm i.S. des § 1246 Abs. 2 Satz 2 RVO zugemutet werden können. Die Rechtsprechung hat dazu ein Mehrstufenschema entwickelt. Darin werden die Arbeiterberufe unterteilt in Gruppen, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters, des sonstigen Ausbildungsberufes bzw. des Angelernten und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 30. März 1977 in BSGE 43, 243, 245 f.; aus der jüngeren Rechtsprechung des BSG Urteile des 4a Senats vom 28. November 1985 in SozR 2200 § 1246 Nr. 132 und das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil vom 7. August 1986 - 4a RJ 73/84 - m.w.N.). Eine Verweisung des Versicherten ist begrenzt auf die Tätigkeiten der nächsten Gruppe unterhalb derjenigen, der sein bisheriger Beruf zuzuordnen ist.

Das LSG ist davon ausgegangen, im Rahmen dieses Mehrstufenschemas, gehöre der Kläger in die Gruppe mit dem Leitberuf des Fach-arbeiters. Er habe die Qualifikation eines gelernten Beton- und Stahlbetonbauers. Das ergebe sich auch aus seiner Einstufung im Rah-men des Bezirkslohntarifvertrages des Baugewerbes Hamburg in die Berufsgruppe IV 4. Den davon erfaßten Arbeitnehmern sei grund-sätzlich der Berufsschutz als Facharbeiter zuzubilligen; denn die gesamte Gruppe sei von dem Leitbild des Facharbeiters und somit von dessen fachlicher Qualifikation geprägt. Insoweit kann dem LSG nicht beigepflichtet werden. Der erkennende Senat hat zwar in seinem Urteil vom 29. Oktober 1985 (SozR aaO Nr. 131) von einem Betonbauer der Gruppe IV 4 - ohne nähere Begründung - als, von einem Facharbeiter gesprochen. In jenem Rechtsstreit ging es aber vorrangig um die Frage, wann ein Versicherter ohne die für einen Beruf vorgesehene Ausbildung vollwertig als Facharbeiter tätig gewesen ist. Der hier zu entscheidende Sachverhalt gibt nun Veranlassung zu der Klarstellung, daß die sog. Baufacharbeiter des Baugewerbes aus der Gruppe IV 4 noch nicht zu den Facharbeitern i.S. des Mehrstufenschemas gehören.

Nach den Feststellungen des LSG hat der Kläger keine abgeschlossene Berufsausbildung. Er hat folglich- den Beruf des Beton- und Stahlbetonbauers nicht erlernt und keine entsprechende Prüfung abgelegt. Das allein schließt es jedoch nicht aus, ihn als Facharbeiter anzusehen. Ist er als solcher entlohnt worden, so spiegelt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die tarifliche Einstu-fung einer Tätigkeit in der Regel deren qualitativen Wert zuverlässig wider (vgl. Urteil des Senats vom 11. Juli 1985 in SozR aaO Nr. 129 m.w.N.). Dabei, unterscheidet der erkennende Senat jedoch zwei Fallgruppen (vgl. Urteil vom 29. Oktober 1985 aaO): Ist zu entscheiden, ob ein Versicherter ohne die für einen Beruf vorgesehene Ausbildung und Prüfung vollwertig als Facharbeiter tätig gewesen ist, so kann allein aus der Entlohnung wie ein solcher nicht auf eine entsprechende Qualifikation geschlossen werden. Zu prüfen ist dann, ob der Ver-sicherte die an einen tariflich erfaßten Facharbeiter zu stellenden Anforderungen erfüllt hat. Die zweite Gruppe betrifft Fälle, in denen eine Tätigkeit wegen ihren qualitativen Wertes einem anerkannten Ausbildungsberuf gleichgestellt worden ist. Dann kommt in der tariflichen Einstufung i.S. einer Indizwirkung zuverlässig zum Ausdruck, welchen qualitativen Wert die Tarifpartner generell dieser Berufstätigkeit, also losgelöst von der Entlohnung eines bestimmten Arbeitnehmers, beigemessen haben.

Zunächst ist also zu beurteilen, ob der Kläger ohne entsprechende Ausbildung und Prüfung vollwertig als Facharbeiter gearbeitet hat. Das setzt voraus, daß es sich bei der tariflich definierten Berufsgruppe IV 4 des Baugewerbes um Facharbeiter i.S. des Mehrstufenschemas handelt, wovon das LSG ausgegangen ist. Der 4a Senat des BSG hat jedoch in seinem bereits erwähnten Urteil vom 7. August 1986 entschieden, daß in der Bauwirtschaft unter der Bezeichnung "Facharbeiter" Personen mit einer Regelausbildung von nicht mehr als zwei Jahren beschäftigt werden, die nach dem Mehrstufenschema in den oberen Bereich der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten (son-stiger Ausbildungsberuf), nicht dagegen des Gelernten (Facharbeiter) fallen. Zur letzteren Gruppe gehöre nur, wer eine Vollausbildung von 33 Monaten Dauer absolviert habe oder ohne Ausbildung eine entsprechend qualifizierte Tätigkeit vollwertig ausgeführt habe. Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an.

Wie der Senat bereits im Urteil vom 29. Oktober 1985 (aaO) ausgeführt hat, ist - soweit vorhanden - der Ausbildungsordnung; die nach § 25 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vom 24. August 1969 (BGBl I 1112) erlassen worden ist, zu entnehmen, welche Kenntnisse und Fertigkeiten eine Facharbeitertätigkeit im allgemeinen erfordert. Für den Beruf, des Beton- und Stahlbetonbauers, sowie für andere Bauberufe ist, diese Ausbildungsordnung in der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft (VO) vom 8. Mai 1974 (BGBl I 1073) - zuletzt geändert durch die 4. Änderungsverordnung vom 17. Dezember 1981 (BGBl I 1480) - enthalten. In § 1 dieser VO werden Ausbildungsberufe und aufbauende Ausbildungsberufe staatlich anerkannt. Zur ersten Gruppe gehört in der Stufenausbildung der Bauwirt-schaft der Hochbaufacharbeiter (§ 1 Nr. 1a der VO). Er stellt gleichzeitig die erste Stufe zum aufbauenden Ausbildungsberuf des Beton- und Stahlbetonbauers dar (§ 1 Nr. 2a der VO). Die Ausbildung zum Hochbaufacharbeiter dauert 24 Monate, die zum Beton- und Stahlbe-tonbauer 33 Monate (§ 3 der VO). Nach dem Ende der ersten Stufe kann die Abschlußprüfung als Hochbaufacharbeiter abgelegt werden (§ 38 Abs. 2 der VO). Wird die Ausbildung fortgesetzt mit dem Ziel, die Qualifikation eines Beton- und Stahlbetonbauers zu erwerben, so gilt diese Prüfung als Zwischenprüfung. Facharbeiter i.S. des Mehrstufenschemas ist dabei nur, wer diese zweite Stufe erfolgreich abge-schlossen hat.

Nun ist allerdings die ältere Rechtsprechung des BSG nicht einheitlich in der Frage, von welcher Ausbildungsdauer in eine Facharbeitertä-tigkeit angenommen werden kann. In einer Reihe von Entscheidungen ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen worden, Berufe mit einer Ausbildungszeit von mindestens zwei Jahren seien der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen (so Urteile des erkennenden Senats vom 30. März 1977 aaO S. 245 und in SozR aaO Nr. 106; ebenso BSG in SozR aaO Nrn. 34, 86 und102; vgl. auch Urteile des 4. Senats vom 4. April 1984 - 4 RJ 111/83 - und des 11. Senats vom 13. Dezember 1984 in BSGE 57, 291, 299). Demgegen-über hat der Senat in BSGE 41, 129, 132 f. ausgeführt, ein anerkannter Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen qualifizierenden Ausbildung von mehr als zwei Jahren werde in der Regel wie ein anerkannter Lehrberuf zu behandeln sein. Die neuere Rechtsprechung des BSG geht dahin, daß zur Gruppe mit dem Leitberuf des sonstigen Ausbildungsberufs diejenigen Tätigkeiten gehören, die eine Ausbildungszeit von längstens zwei Jahren Dauer erfordern und die Gruppe der Facharbeiter grundsätzlich eine längere Ausbildung als zwei Jahre, voraussetzt (vgl. BSGE 55, 45, 51; SozR aaO Nr. 109, Urteile des 4a Senats vom 28. November 1985 und 7. August 1986 aaO). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an, wobei er einen etwa abweichenden Standpunkt in früheren Ent-scheidungen aufgibt. Soweit der 11. Senat im Urteil vom 13. Dezember 1984 (aaO S. 298 f.) davon ausgeht, in der Angestelltenversiche-rung beginne die den Facharbeitern vergleichbare Gruppe bei einer Ausbildungszeit von zwei Jahren, zwingt das den erkennenden Senat nicht, den Großen Senat des BSG anzurufen. Jene Ausführungen gehören nicht zu den tragenden Gründen der Entscheidung des 11. Senats; denn er hatte sich mit einem Versicherten zu befassen, der eine dreijährige Lehre absolviert hatte. Die nun einheitliche Rechtspre-chung des 1., 4a und des erkennenden Senats bedeutet, daß grundsätzlich für den Facharbeiter i.S. des Mehrstufenschemas eine Regel-ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren zu fordern ist. In Ausnahmefällen kann allerdings, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen, schon eine zweijährige Ausbildung zum Facharbeiter führen. Der Senat denkt dabei etwa an den Beruf des Hauers im Bergbau, wenn die Ausbildung dazu nicht schon im Alter von etwa 15 Jahren, sondern erst später begonnen wird. Da die handwerklichen Lehrberufe, die bestimmendes Leitbild für den Facharbeiter sind, in aller Regel eine Zeit von um die drei Jahre erfordern, in denen die berufsqualifizieren-den Kenntnisse und Fertigkeiten erlangt werden, sieht der Senat die nun geklärte Abgrenzung als sachgerecht an.

Somit gehört der in zwei Jahren ausgebildete "Hochbaufacharbeiter" in der Bauwirtschaft nicht zur Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters i.S. des Mehrstufenschemas. Das gleiche gilt für den Kläger. Der Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 5. Juni 1978 i.d.F. vom 20. November 1978, 19. April 1979 und 1. März 1980 enthält in seinem Anhang die Berufsgruppen für die Berufe des Baugewerbes. Danach zählen zur Berufsgruppe V - Baufacharbeiter - die Arbeitnehmer, die ihre Berufsausbildung in Form der Stufenaus-bildung mit der ersten Stufe abgeschlossen haben, also auch Hochbaufacharbeiter nach bestandener Prüfung. Sind sie mindestens zwei Jahre als "Facharbeiter im Baugewerbe" tätig gewesen, so steigen sie in die Gruppe IV 3 (gehobene Baufacharbeiter) auf und bleiben dort. Der Arbeitnehmer, für den sein beruflicher Aufstieg in der Gruppe IV 4 des erwähnten Anhangs zum Tarifvertrag endet, beginnt ohne jegliche Vorbildung in der Gruppe VII (Bauwerker), kommt nach einjähriger Tätigkeit in die Gruppe VI (Baufachwerker), wird nach ange-lernter Spezialtätigkeit etwa als Betonstahlbieger und Betonstahlflechter (Eisenbieger und Eisenflechter) in die Gruppe V 2.3 (Baufachar- beiter) eingestuft und gelangt dann nach dreijähriger Tätigkeit in die Berufsgruppe IV 4. Er ist also lediglich angelernt in einer Spezialtätig-keit. Das LSG ist von der unrichtigen Prämisse ausgegangen, sämtliche Tätigkeiten der Berufsgruppe IV seien vom Leitbild des Fachar-beiters und somit von dessen fachlicher Qualifikation geprägt. Das trifft für die Gruppen IV 3 und 4 nicht zu. Als vollwertiger Beton- und Stahlbetonbauer hätte der Kläger nach der Gruppe III entlohnt werden müssen. Seine tarifliche Einstufung in die Gruppe IV 4 ist ein Indiz gegen eine bisherige Berufstätigkeit vom qualitativen Wert eines Facharbeiters. Das LSG hat nicht festgestellt, daß der Kläger unrichtig entlohnt worden ist. Das wird von ihm selbst auch nicht behauptet und dafür sind keinerlei Anhaltspunkte vorhanden.

Die Tätigkeiten der Berufsgruppe IV 4 im Baugewerbe sind auch nicht Facharbeitern i.S. des Mehrstufenschemas tariflich gleichgestellt worden. Voraussetzung dafür wäre, daß Facharbeiter der gesamten Gruppe IV das Gepräge gegeben hätten. Das ist aber für die zur Gruppe IV 3 gehörenden Hochbau-, Tiefbau- und Ausbaufacharbeiter - wie bereits ausgeführt - zu verneinen. Hingegen umfaßt die Gruppe IV 1 und ihnen gleichgestellt IV 2 Facharbeiter, die ihre Berufsausbildung in Form der Stufenausbildung mit der obersten Stufe abge-schlossen haben. Für diesen Personenkreis aus den aufbauenden Ausbildungsberufen mit einer Ausbildungszeit von 33 Monaten bildet die Gruppe IV 1 bzw. 2 indes nur eine relativ kurze Übergangsphase zu Beginn des Berufsweges als Facharbeiter im üblichen Sinne. Schon nach einjähriger Tätigkeit werden sie in die Berufsgruppe III der sog. Spezialbaufacharbeiter und damit in die eigentliche Facharbeitergruppe eingefügt. Eine solche einjährige Übergangsphase am Anfang der Facharbeitertätigkeit ist daher nach Auffassung des Senats nicht geeignet, der Berufsgruppe IV das Gepräge zu geben. Das wird vielmehr von den sonstigen Ausbildungsberufen der Gruppe IV 3, bestimmt.

Der vom LSG angeführte Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit vermag hier nicht eine Zuordnung des Klägers zur Gruppe der Fachar-beiter im Mehrstufenschema zu rechtfertigen. Zwar hat der Kläger während seiner Entlohnung nach der Berufsgruppe IV 4 Beiträge ent-richtet, die denjenigen während des ersten Jahres einer Facharbeitertätigkeit in der Gruppe IV 1 undj2 entsprechen. Damit wird aber noch nicht der qualitative Wert seiner Tätigkeit in den Rang eines Facharbeiters gehoben. Die Höhe der Beiträge für gesetzlichen Rentenver-sicherung hängt von der Entlohnung ab. Deren Höhe im konkreten Fall hat der Senat bisher nicht als maßgebendes Kriterium für die Zuordnung zu einer der Gruppen des Mehrstufenschemas angesehen (vgl. BSGE 51, 135, 136 f). Wenn der Senat bei der Feststellung des bisherigen Berufs und der in Betracht kommenden Verweisungstätigkeiten an die tarifliche Einstufung anknüpft, so ist darin ein gene-ralisierendes Element enthalten, das zum Ziel hat, vergleichbar in der Arbeitswelt von den Tarifparteien, bewertete Tätigkeiten auch mit Bezug auf eine Rentengewährung gleich zu behandeln. Schließlich weist auch der Lohn der Facharbeiter je nach Berufszweig, Region, möglicherweise auch Betrieb und danach erhebliche Unterschiede auf, ob im Stunden- oder im Leistungslohn gearbeitet wird. Ob und inwieweit die vom LSG angeführte "Beitragsgerechtigkeit" den für den Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit maßgebenden qualitativen Wert einer Tätigkeit gleichwohl beeinflussen kann, bedarf im Falle des Klägers keiner abschließenden Erörterung. Beiträge eines Versicherten in der Endstufe der ihm normalerweise gebotenen tariflichen Aufstiegsmöglichkeiten, die dem Anfangslohn eines Facharbeiters im ersten Jahr entsprechen, sind nicht geeignet, eine Gleichstellung beider Gruppen von Versicherten zu begründen. Bei dem Facharbeiter ist zu erwarten, daß er nach dem ersten Jahr höhere Beiträge entrichten wird als ein Versicherter, der - wie der Kläger - in der Tarifgruppe IV 4 verbleibt. Bei vergleichbarer Dauer des gesamten Arbeitslebens wird der der Tarifgruppe III zugehörige Facharbei-ter mehr an Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen als der Kläger. Die vom LSG angeführte "Beitragsgerechtigkeit" kann hier deshalb nicht eine Gleichbehandlung wesentlich unterschiedlicher Berufswege bei der Frage der Rentengewährung herbeifüh-ren.

Da die bisherige Berufstätigkeit des Klägers zur Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten gehört, kann er auf ungelernte Tätigkeiten im Gegensatz zur angefochtenen Entscheidung des LSG verwiesen werden. Insoweit hat der 4a Senat des BSG mit seinem Urteil vom 28. November 1985 (aaO) die Rechtsprechung des BSG dahingehend fortgeführt, daß ein Versicherter aus der Gruppe der Angelernten bzw. der sonstigen Ausbildungsberufe, der wegen der Qualität seiner bisherigen Berufstätigkeit dem oberen Bereich dieser Gruppe angehört, nicht auf Tätigkeiten eines Ungelernten verwiesen werden kann, die nur ganz geringen qualitativen Wert haben. Als ein hierfür maßgeben-des Qualitätsmerkmal hat der 4a Senat eine Regelausbildung von zwei Jahren Dauer angesehen. Der erkennende Senat schließt sich dieser Entscheidung insoweit - losgelöst und unabhängig vom dortigen Ausgangsfall - an. Er hat schon früher ausgeführt, Versicherte mit dem Leitberuf des sonstigen Ausbildungsberufes könnten nicht auf diejenigen ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden, die nur einen ganz geringen qualitativen Wert haben (vgl. Urteil vom 30. März-1977 aaO S. 246 f). Was die Ausbildungszeit und die qualitativen Anfor-derungen betrifft, handelt es sich bei den sonstigen Ausbildungsberufen um eine weit gefächerte Gruppe (vgl. BSG in SozR aaO Nr. 109). Deshalb sieht es auch der erkennende Senat als notwendig an, hier bei der Verweisung zu differenzieren. Das wird das LSG bei seiner erneuten Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls welche Verweisungstätigkeiten für den Kläger noch in Betracht kommen, zu beachten haben.

Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518115

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