Entscheidungsstichwort (Thema)

Verweisbarkeit von Angestellten. Schematisierung von Angestelltentätigkeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Verweisbarkeit eines Versicherten, dessen bisheriger Beruf eine tarifvertraglich erfaßte Angestelltentätigkeit mit einem Bruttoarbeitsentgelt innerhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist (Fortführung von BSG 1979-06-20 5 RKn 26/77 = BSGE 48, 202 und BSG 1979-10-04 1 RA 55/78 = BSGE 49, 54).

 

Orientierungssatz

1. Das von der Rechtsprechung für die Arbeiterrentenversicherung entwickelte Vierstufenschema läßt sich auf Angestelltenberufe wegen der für diese abweichenden und spezifischen Zugangsvoraussetzungen nicht übertragen.

2. Unter Heranziehung ua des Verzeichnisses der anerkannten Ausbildungsberufe ist eine Schematisierung der tarifvertraglich erfaßten Angestelltentätigkeiten mit einem Bruttoarbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze jedoch jedenfalls insoweit möglich, als sich - ausgehend von der geringsten Qualifikation - drei Gruppen mit den Leitberufen des "unausgebildeten Angestellten", des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren und des Angestellten mit einer noch längeren Ausbildung (durchschnittlich drei Jahre) auffinden lassen. Auch eine Zusammenfassung der höher qualifizierten Angestelltentätigkeiten in Berufsgruppen erscheint nicht ausgeschlossen.

 

Normenkette

AVG § 23 Abs 2 S 2 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1246 Abs 2 S 2 Fassung: 1957-02-23

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 24.07.1981; Aktenzeichen L 11 An 61/80)

SG Würzburg (Entscheidung vom 05.03.1980; Aktenzeichen S 5 An 161/69)

 

Tatbestand

Im Streit ist der Anspruch eines als Angestellter tätig gewesenen und tätigen Versicherten auf Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU- Rente).

Der im Februar 1928 geborene Kläger erlernte vom 1. April 1942 bis 31. März 1945 den Beruf des Schneiders und legte am 1. August 1944 die Facharbeiterprüfung ab. Von Dezember 1945 bis Juni 1955 war er in seinem erlernten Beruf arbeiterrentenversicherungspflichtig beschäftigt. In der Folgezeit war er als Bandleiter und Werkstattleiter zuletzt bei der Herrenkleiderfabrik B. & Z. in M. angestellt. Dieses Anstellungsverhältnis endete mit Ablauf des 30. Juni 1978. Seit Dezember 1977 war der Kläger wegen eines cervikalen Wurzelkompressionssyndroms mit Lähmungserscheinungen des linken Arms arbeitsunfähig. Auf Veranlassung des Arbeitsamts A. wurde er in der Zeit vom 1. Juni 1980 bis 28. Februar 1981 nach einem gegliederten Einarbeitungsplan bei der Firma B. & Z. in die mit leichten Büro- und Buchhaltungsarbeiten verbundene Tätigkeit eines Verkäufers für Herrenoberbekleidung eingearbeitet. Während dieser Zeit erhielt er ein Bruttoarbeitsentgelt von monatlich 2.962,87 DM zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld und vermögenswirksamer Leistungen. Hiervon übernahm die Beklagte als Einarbeitungszuschuß 50 vH des monatlichen Bruttoarbeitsentgeltes.

Den Antrag des Klägers vom 12. April 1979 auf Gewährung einer Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (BU) oder Erwerbsunfähigkeit (EU) lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 19. September 1979 mit der Begründung ab, der Kläger könne noch vollschichtig die ihm zumutbaren einfachen Bürotätigkeiten oder Beschäftigungen als Telefonist oder als Pförtner ausüben. Das Sozialgericht (SG) Würzburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 5. März 1980) und das Bayerische Landessozialgericht (LSG) die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 24. Juli 1981). Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger sei nicht berufsunfähig. Er sei imstande, eine Beschäftigung als Verkäufer für Herrenoberbekleidung nach dreimonatiger Einarbeitung auszuüben. Durch die seit dem 1. Juni 1980 ausgeübte Tätigkeit sei er nicht gesundheitlich überfordert. Er könne sie deswegen nach einer dreimonatigen Einarbeitung ausüben, weil er hierfür die in seinem Beruf des Schneiders erworbenen Grundfertigkeiten und Kenntnisse verwerten könne und überdies aufgrund seiner Tätigkeit als Band- und Werkstattleiter auch über organisatorische Fähigkeiten verfüge. Im Einzelhandel gebe es den staatlich anerkannten zweijährigen Ausbildungsberuf des Verkäufers und den dreijährigen Ausbildungsberuf des Einzelhandelskaufmanns. Beide Ausbildungsberufe stünden nicht nebeneinander, sondern bauten aufeinander auf. Die Tätigkeit eines Verkäufers im Bereich Herrenoberbekleidung sei dem Kläger aufgrund seines bisherigen Berufes zumutbar. Für dessen qualitative Bewertung und damit zugleich für die Breite der dem Versicherten zumutbaren Verweisung auf andere Berufstätigkeiten sei auch in der Angestelltenversicherung (AV) die tarifliche Einstufung ein geeignetes Hilfsmittel. Damit sei ein Vergleich der Entlohnungen angebracht. Der Kläger habe bis Ende 1976 1.937,- DM und 1977 2.538,- DM monatlich verdient. Als Verkäufer verdiene er seit dem 1. Juni 1980 2.962,87 DM. Auch darin zeige sich die Gleichwertigkeit des Verkäuferberufes mit dem früher ausgeübten Beruf eines Werkstatt- und Bandleiters. Als gelernter Schneider mit zusätzlichen Kenntnissen in der konfektionellen Fertigung habe der Kläger zur Ausübung der Tätigkeit eines Verkäufers lediglich noch einer gewissen Schulung zur Vermittlung spezifischer Kenntnisse im Verkauf und in der Kundenberatung bedurft. Diese ergänzenden Kenntnisse könnten in einem Vierteljahr erworben werden. Dem stehe nicht entgegen, daß der der Umschulung des Klägers durch das Arbeitsamt zugrundegelegte Arbeitsplan eine weitaus längere Einarbeitungszeit vorgesehen habe. Der Plan habe nicht auf eine Einarbeitung zum Verkäufer schlechthin, sondern durch Vermittlung bislang unbekannter Büro- und Buchhaltungskenntnisse auf die Beschäftigung eines auch in kaufmännischer Bürotätigkeit einzusetzenden Angestellten abgezielt und könne deshalb nicht zur Begründung dafür herangezogen werden, daß die Einarbeitung für den hier allein in Rede stehenden Verweisungsberuf eines Verkäufers im Bereich Herrenoberbekleidung mehr als drei Monate erfordere. Der Kläger müsse sich daher auf diesen nicht mit einem sozialen Abstieg verbundenen Beruf verweisen lassen.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 23 Abs 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG). Dem LSG sei darin zuzustimmen, daß auch in der AV die tarifvertragliche Einstufung eines Berufes ein geeignetes Hilfsmittel zur Bestimmung der Qualität des bisherigen Berufes und damit zugleich der Breite zumutbarer Verweisbarkeit sei. Das LSG habe sich aber dieses Hilfsmittels nicht bedient und sich statt dessen auf einen Vergleich der effektiven Löhne aus früherer und späterer Berufstätigkeit beschränkt. Ein solcher Vergleich lasse keinen zuverlässigen Schluß auf den qualitativen Wert der zu betrachtenden Tätigkeit zu und sei kein geeignetes Kriterium für die Festlegung der Grenzen zumutbarer Verweisung. Ebenso wie für den Bereich der Arbeiterrentenversicherung (ArV) müsse auch für denjenigen der AV gelten, daß eine BU-Rente grundsätzlich nicht deshalb abgelehnt werden dürfe, weil der Versicherte durch Verrichtung einer Nichtverweisungstätigkeit ebensoviel oder mehr verdiene wie ein gesunder Versicherter gleicher Art in dem bisherigen Beruf. Auch bei Angestelltentätigkeiten spiegele sich der qualitative Wert in den maßgeblichen Tarifverträgen wider. Der Unterschied zur ArV bestehe darin, daß das dort von der Rechtsprechung entwickelte Vierstufenschema angesichts der Besonderheiten der Angestelltenberufe für die AV nicht ausreiche. Nach dem Gehaltstarifvertrag für die kaufmännischen und technischen Angestellten der Bekleidungsindustrie im Regierungsbezirk Unterfranken vom 26. Mai 1982 sei der Werkstattleiter nach Klasse T 4 eingruppiert. Dies sei die höchste Gehaltsklasse für technische Angestellte. Sie entspreche im wesentlichen der Klasse D für die kaufmännischen Angestellten. Damit habe er (Kläger) als Werkstattleiter sich auf einer tariflichen Ebene mit dem Abteilungsleiter im kaufmännischen Bereich befunden. Auf die Tätigkeit eines Einzelhandelsverkäufers sei er nicht zumutbar verweisbar. Sie gehöre lediglich zur Gruppe der sonstigen Ausbildungsberufe (Anlernberuf) und nach der gestuften Ausbildung zur Stufe 1. Erst der Einzelhandelskaufmann mit einer Ausbildungszeit von drei Jahren gehöre der zweiten Stufe an. Der Werkstattleiter im Angestelltenverhältnis könne jedoch zumutbar noch nicht einmal auf die Tätigkeit eines Einzelhandelskaufmannes verwiesen werden. Ein aus dem Arbeiterberuf aufgestiegener Angestellter könne allenfalls auf das Niveau des höchsten Arbeiterberufes zurückgestuft werden. Der schlichte Einzelhandelskaufmann entspreche jedoch nicht diesem beruflichen Niveau. Der vom LSG angestellte Vergleich des im Jahre 1977 erzielten Lohnes mit dem ab 1. Juni 1980 gezahlten Gehalt reiche für eine zutreffende Beantwortung der Zumutbarkeitsfrage nicht aus. Der Arbeitsplan habe nicht auf eine Einarbeitung zum Verkäufer schlechthin, sondern auch darauf abgezielt, ihn (Kläger) mit ihm bislang unbekannten Büro- und Buchhaltungstätigkeiten vertraut zu machen. Sei er also durch die Einarbeitungsmaßnahme zusätzlich beruflich qualifiziert worden, dann sei auch der Schluß gerechtfertigt, daß die ihm ab 1. Juni 1980 gewährte Entlohnung dieser höheren beruflichen Qualifikation entspreche. Auch der qualitative Wert des derzeitigen Berufes sei vom LSG nicht ausreichend festgestellt worden.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juli 1981 und des Sozialgerichts Würzburg vom 5. März 1980 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19. September 1979 zu verurteilen, ihm (Kläger) Übergangsgeld bzw Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. April 1979 zu bewilligen; hilfsweise: Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Juli 1981 aufzuheben und den Rechts- streit an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Das LSG habe zu Recht den Kläger auf der Grundlage seines bisherigen Berufs sowie des zusätzlichen Erwerbs kaufmännischer Kenntnisse und Fertigkeiten auf den mit einem sozialen Abstieg nicht verbundenen Beruf eines Verkäufers von Herrenoberbekleidung verwiesen. Auch wenn dem Kläger die Berufsbezeichnung eines "Werkstattleiters" zugestanden worden sei, so seien aufgrund der Angaben des Arbeitgebers des Klägers zu dessen Tätigkeitsbereich nach den allein maßgeblichen qualitativen Merkmalen die Voraussetzungen einer Einstufung in die Gehaltsklasse T 4 nicht erfüllt. Die bis Ende 1976 ausgeübte Tätigkeit sei in die Tarifgruppe T 1 eingestuft gewesen. Die ab 1977 ausgeübte Tätigkeit lasse einen wesentlichen Unterschied in ihren Merkmalen nicht erkennen und rechtfertige allenfalls eine Einstufung in die Tarifgruppe T 2. Als Angestellter dieser Tarifgruppe könne der Kläger jedoch auf die Tätigkeit eines Fachverkäufers verwiesen werden. Diese Tätigkeit gehöre nicht lediglich zu den Anlernberufen. Sie erfordere eine Ausbildung von zwei Jahren und stelle damit einen anerkannten Lehrberuf dar. Der Kläger werde bei Aufnahme dieser Tätigkeit nicht in die niedrigste Gehaltsgruppe, sondern nach dem maßgebenden Gehaltstarifvertrag in die Gruppe eingestuft, welche eine abgeschlossene Ausbildungszeit voraussetze.

 

Entscheidungsgründe

Die durch nachträgliche Zulassung statthafte Revision des Klägers ist zulässig und zum Teil im Sinne einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz begründet.

Der Kläger begehrt eine Rente wegen BU. Rechtsgrundlage für die Gewährung dieser Leistung ist § 23 AVG. Danach erhält Rente wegen BU der Versicherte, der berufsunfähig ist, wenn die Wartezeit erfüllt ist (§ 23 Abs 1 AVG). Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die der Versicherte durch Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden ist (§ 23 Abs 2 AVG).

Dem § 23 AVG entspricht für das Gebiet der ArV § 1246 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Nach ständiger Rechtsprechung der für Angelegenheiten der ArV zuständigen Senate des Bundessozialgerichts (BSG) ist bei der Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, von seinem "bisherigen Beruf" auszugehen. Das gilt sowohl für die Frage, ob der Versicherte seine bisherige Berufstätigkeit weiterhin ausüben oder lediglich aus anderen als den in § 1246 Abs 2 Satz 1 RVO aufgeführten gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann und bereits dadurch die Annahme von BU ausgeschlossen ist, als auch dann, wenn er die bisherige Berufstätigkeit gesundheitsbedingt nicht mehr ausüben kann und deswegen eine Verweisung auf andere Tätigkeiten in Betracht kommt. In diesem Falle ist der bisherige Beruf im Rahmen des § 1246 Abs 2 Satz 2 RV0 für die Bestimmung des Kreises der Tätigkeiten, auf die der Versicherte unter Verneinung von BU zumutbar verwiesen werden kann, von entscheidender Bedeutung. Dabei bestimmt sich der Kreis der zumutbaren Tätigkeiten hauptsächlich nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes des Versicherten im Betrieb. Dieser qualitative Wert spiegelt sich relativ zuverlässig in der tariflichen Einstufung der jeweiligen Tätigkeit wider. Sie ist daher ein - wenn auch nicht notwendigerweise das einzige - geeignetes Hilfsmittel zur Feststellung der Qualität des bisherigen Berufes und damit zugleich zur Bestimmung des Kreises der beruflich zumutbaren Verweisungstätigkeiten. Dabei lassen sich in der Arbeitswelt auf der Grundlage der tariflichen Bewertung mehrere Gruppen von Arbeiterberufen auffinden, welche durch verschiedene "Leitberufe" charakterisiert werden. Das sind diejenigen des "Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion" bzw des "besonders hochqualifizierten Facharbeiters", des "Facharbeiters" (anerkannte Ausbildungsberufe mit einer Ausbildungszeit von mindestens zwei Jahren), des "angelernten Arbeiters" (sonstige Ausbildungsberufe mit einer Regelausbildungszeit von weniger als zwei Jahren) und des "ungelernten Arbeiters". Grundsätzlich darf der Versicherte lediglich auf Tätigkeiten der jeweils niedrigeren Gruppe verwiesen werden, soweit sie ihn weder nach seinem beruflichen Können und Wissen noch hinsichtlich seiner gesundheitlichen Kräfte überfordern (vgl statt vieler die Urteile des erkennenden Senats in BSG SozR 2200 § 1246 Nr 86 S 267f und Nr 90 S 283f mwN).

Die Rechtsprechung hat unter Berücksichtigung der in der sozialen Wirklichkeit bestehenden Unterschiede zwischen Arbeiter- und Angestelltenberufen ähnliche wie die vorstehend aufgezeigten Grundsätze und Schemata auch für den Bereich der AV zu entwickeln. Das ist aus mehreren Gründen geboten. Einmal ist - sieht man von gewissen Unterschieden und Folgen aus den Besonderheiten der einzelnen Versicherungszweige ab - seit der Rentenreform des Jahres 1957 der Begriff der BU für alle drei Zweige der gesetzlichen Rentenversicherung (ArV, AV und Knappschaftsversicherung; vgl § 46 des Reichsknappschaftsgesetzes -RKG-) vom Gesetzgeber übereinstimmend formuliert worden. Damit können dieser Begriff bzw seine im Gesetz vorgeschriebenen Merkmale im Grundsatz nur übereinstimmend ausgelegt werden (vgl insbesondere BSGE 9, 254, 256 sowie ferner BSGE 23, 33, 34f = SozR Nr 48 zu § 1246 RVO und BSGE 26, 48, 49 = SozR Nr 63 zu § 1246 RVO). Zum anderen können jedenfalls seit dem Inkrafttreten der Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze im Jahre 1957 die einzelnen Versicherungszweige nicht mehr unter dem Gesichtspunkt eines Gruppenschutzes betrachtet werden. Entscheidend insbesondere auch für die Begrenzung des Kreises zumutbarer Verweisungstätigkeiten ist vielmehr in allen Versicherungszweigen gleichermaßen die soziale Schutzbedürftigkeit (vgl BSGE 22, 265, 267 = SozR Nr 45 zu § 1246 RVO; BSG SozR Nrn 69 und 70 zu § 1246 RVO; BSGE 48, 65, 69 = SozR 2200 § 1246 Nr 39 S 121; BSGE 49, 54, 57 = SozR 2200 § 1246 Nr 51 S 156). Schließlich besteht ebenso wie in der ArV auch für die anderen Versicherungszweige das Bedürfnis, den gesetzlich definierten Begriff der BU auf der Grundlage der vom Gesetz vorgegebenen Leitlinien für die Massenverwaltung der gesetzlichen Rentenversicherung sinnvoll handhabbar zu machen, dabei zugleich den Ansprüchen an Rechtssicherheit und gleichmäßige Sachbehandlung zu genügen und eine von den Massenverwaltungen nicht mehr zu bewältigende Kasuistik zu vermeiden (vgl BSGE 48, 202, 204f = SozR 2600 § 46 Nr 3 S 11f). Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es zulässig und geboten, auch in der AV den Begriff der BU unter möglichst weitgehender Heranziehung der für die ArV maßgebenden rechtlichen Kriterien auszulegen und zu definieren.

Hinsichtlich der Bedeutung des bisherigen Berufes und der Kriterien seiner qualitativen Bewertung ist dies seit langem feststehende Rechtsprechung. Auch in der AV ist jedenfalls bei Pflichtversicherten - die Besonderheiten bei den nach früherem Recht Selbstversicherten können vernachlässigt werden (vgl dazu BSG SozR Nrn 64 und 66 zu § 1246 RVO und neuerdings Urteil des 11. Senats des BSG vom 20. Januar 1983 - 11 RA 4/82 - mit einem vom erkennenden Senat nicht geteilten Verständnis des Begriffs des "qualitativen Wertes" des Berufes) - Ausgangspunkt für die Frage der BU der "bisherige Beruf" (so schon Urteile des erkennenden Senats in BSG SozR Nr 31 zu § 1246 RVO sowie des 11. Senats in BSGE 24, 7, 10 = SozR Nr 52 zu § 1246 RVO und in SozR Nr 69 zu § 1246 RVO; zuletzt BSGE 50, 165 = SozR 2200 § 1246 Nr 64 S 192 und BSG SozR aa0 Nr 80 S 248). Das ist die vor Eintritt des Versicherungsfalles zuletzt ausgeübte rentenversicherungspflichtige Tätigkeit (vgl speziell für die AV zB BSG SozR Nrn 92 und 112 zu § 1246 RVO). Für die qualitative Bewertung des bisherigen Berufes ist auch bei Angestellten die tarifvertragliche Einstufung ein geeignetes Hilfsmittel (so zB Urteil des erkennenden Senats in BSG SozR 2200 § 1246 Nr 5 S 10). Zwar kann nicht außer Betracht bleiben, daß es gerade bei den Angestelltenberufen häufiger als bei den Arbeiterberufen außertarifliche Tätigkeiten gibt. Indes läßt allein dieser Umstand hinsichtlich der Wertbestimmung der großen Masse der von Tarifverträgen erfaßten Angestelltenberufe im Vergleich zu Arbeiterberufen eine andere rechtliche Beurteilung nicht zu (so Urteil des Senats in BSGE 49, 54, 56 = SozR 2200 § 1246 Nr 51 S 155).

Die Breite der dem in der AV Versicherten beruflich zumutbaren Verweisung hat die Rechtsprechung ebenfalls unter Anlehnung an die für die ArV entwickelten Grundsätze bestimmt. Nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 12. Dezember 1974 (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 5 S 10) richtet sich auch bei (früheren) Angestellten die Entscheidung über die Zumutbarkeit des Verweisungsberufes ua nach einem Vergleich der tariflichen Einstufung des bisher ausgeübten Berufes mit der tariflichen Bewertung der noch gesundheitlich in Betracht kommenden Tätigkeiten. Der 11. Senat hat - allerdings ausdrücklich beschränkt auf den öffentlichen Dienst und mit dem Hinweis, darüber hinaus ließen sich keine Regeln aufstellen - im Urteil vom 19. März 1976 (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 12 S 33) ausgesprochen, für einen Bediensteten des öffentlichen Dienstes sei versicherungsrechtlich eine Verweisung auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Vergütungsgruppe regelmäßig wohl zumutbar, wobei nicht zu erkennen ist, ob damit Vergütungsgruppen und Berufsgruppen gleichgestellt werden sollen. Verallgemeinernd hat der 5. Senat des BSG in seinem Urteil vom 20. Juni 1979 (BSGE 48, 202, 205 = SozR 2600 § 46 Nr 3 S 13) entschieden, daß, ebenso wie sich Arbeiter nach dem sogen Mehrstufenschema auf die jeweils nächstniedrigere Gruppe verweisen lassen müßten, dies auch für Angestellte gleich welcher Art zu gelten habe. Dem stimmt der Senat zumindest für den Regelfall im Grundsatz zu aus der Erwägung, daß angesichts der einheitlichen gesetzlichen Regelung des Begriffs der BU sowohl in der ArV als auch in der AV eine unterschiedliche rechtliche Definition der Zumutbarkeit schwerlich zu rechtfertigen ist und insbesondere für eine im Vergleich zu den Versicherten der ArV breitere Verweisbarkeit der in der AV Versicherten ein sachlicher Grund und ein praktisches Bedürfnis nicht ersichtlich sind.

An dieser Stelle gewinnt allerdings zugleich der bereits erwähnte, in der sozialen Wirklichkeit bestehende Unterschied zwischen Arbeiter- und Angestelltenberufen Bedeutung. Das von der Rechtsprechung für die ArV entwickelte Vierstufenschema ist Ausdruck und Konsequenz des in der sozialen Wirklichkeit vorgegebenen Tatbestandes, daß sich in der Arbeitswelt auf der Grundlage der tariflichen Bewertung vier durch hierarchisch gegeneinander abgestufte Leitberufe charakterisierte Gruppen der Arbeiterberufe auffinden lassen. Ein dem für die Angestelltenberufe vergleichbarer Tatbestand ist nicht vorgegeben. Dementsprechend hat der Senat in seinem Urteil vom 4. Oktober 1979 (BSGE 49, 54, 56 = SozR 2200 § 1246 Nr 51 S 156) darauf hingewiesen, daß sich das für die ArV entwickelte Vierstufenschema auf Angestelltenberufe nicht übertragen lasse, weil insbesondere wegen der abweichenden Zugangsvoraussetzungen zu den Angestelltenberufen die für Arbeiterberufe typische Grundstruktur der vier Gruppen fehle. Für die knappschaftlich versicherten Angestellten hat der 5. Senat im Urteil vom 20. Juni 1979 (BSGE 48, 202, 204f = SozR 2600 § 46 Nr 3 S 11ff) die von ihm grundsätzlich für notwendig erachtete Zusammenfassung der qualitativ gleichwertigen Angestelltenberufe in Berufsgruppen nicht generell vorzunehmen brauchen und sich auf der Grundlage des ihm vorliegenden Sachverhaltes auf die Entscheidung beschränken können, daß einem technischen Angestellten in leitender Stellung des Bergbaus mit einem Bruttoarbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze Tätigkeiten der darunter befindlichen Gruppe von Angestellten mit einem Entgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze zuzumuten seien.

Der vorliegende Sachverhalt verlangt eine Fortentwicklung dieser Rechtsprechung. Das gilt allerdings nur insoweit, als es um die Frage der Verweisbarkeit tarifvertraglich erfaßter Angestellter mit einem Bruttoarbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze geht. Eine Entscheidung über die qualitative Bewertung außertariflicher und der Angestelltentätigkeiten mit einem Bruttoarbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze ist im vorliegenden Fall nicht veranlaßt.

Der Senat schließt an den bereits im Urteil vom 4. Oktober 1979 (BSGE 49, 54, 56 = SozR 2200 § 1246 Nr 51 S 156) zum Ausdruck gebrachten Gedanken an, daß Anknüpfungspunkt für eine Einteilung auch der Angestelltenberufe in Berufsgruppen die für den jeweiligen Beruf erforderliche Ausbildung als generelle - wenn auch bei tatsächlicher Ausübung des Berufs nicht zwingende - Zugangsvoraussetzung ist. Dies trägt auf der einen Seite dem in § 23 Abs 2 Satz 2 AVG ausgedrückten Willen des Gesetzgebers Rechnung, daß maßgebende Kriterien für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit eines Versicherten ua die Dauer und der Umfang seiner Ausbildung sein sollen. Auf der anderen Seite entspricht dies dem in der sozialen Wirklichkeit vorzufindenden Tatbestand, daß für Angestelltenberufe ebenso wie für Arbeiterberufe in Form unterschiedlich langer und unterschiedlich umfangreicher Ausbildungen differenzierte Zugangsvoraussetzungen bestehen. Anhaltspunkte hierfür, die allein dem Senat allerdings noch nicht eine abschließende mehrstufige Schematisierung der Angestelltenberufe ermöglichen, bietet etwa das vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) herausgegebene und fortlaufend überarbeitete Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe (Stand 1. Juli 1980, W. Bertelsmann Verlag KG Bielefeld). Dessen Teil B enthält ein Systematisches Verzeichnis der anerkannten oder als anerkannt geltenden Ausbildungsberufe nach der Klassifizierung der Berufe. Eine kursorische Übersicht über diesen Teil des Verzeichnisses zeigt, daß diejenigen Ausbildungsberufe, die üblicherweise im Angestelltenverhältnis ausgeübt werden, durchweg eine Ausbildung entweder von zwei oder von drei Jahren erfordern. Dies gilt insbesondere für die Berufe der kaufmännischen und Büroangestellten. Hier sind vor allem die Berufsgruppen 68 (Warenkaufleute), 69 (Bank- und Versicherungskaufleute), 70 (andere Dienstleistungskaufleute und zugehörige Berufe) und 78 (Bürofach- und Bürohilfskräfte) von Bedeutung. Innerhalb dieser Berufsgruppen erfordert allein der Beruf des Einzelhandelskaufmanns mit gestufter Ausbildung der zweiten Stufe (Berufsklasse 6812) eine Ausbildungsdauer von lediglich einem Jahr. Für alle anderen Ausbildungsberufe ist eine Ausbildungsdauer entweder von zwei Jahren (zB Verkäufer mit gestufter Ausbildung der ersten Stufe, Berufsklasse 6820, Bürogehilfe, Berufsklasse 7810) oder von drei Jahren vorgesehen (zB Kaufmann im Groß- und Außenhandel, Bankkaufmann, Versicherungskaufmann, Speditionskaufmann, Bürokaufmann; Berufsklassen 6811, 6910, 6940, 7011, 7810). Innerhalb der anerkannten Ausbildungsberufe läßt sich somit - in etwa entsprechend der Unterscheidung zwischen den Berufsgruppen mit den Leitberufen des "Facharbeiters" und des "angelernten Arbeiters" bei den Arbeiterberufen - eine deutliche Differenzierung zwischen Angestelltenberufen mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren und solchen mit einer längeren Ausbildung (durchschnittlich drei Jahre) auffinden. Ebenfalls entsprechend der Schematisierung bei den Arbeiterberufen befindet sich darunter eine weitere Gruppe der Angestelltenberufe, die eine Ausbildung nicht erfordern und deshalb als "ungelernte Angestelltentätigkeiten" bezeichnet werden könnten. Zwar ist dies dem vom BiBB erstellten Verzeichnis nicht zu entnehmen. Dieses erfaßt gezielt nur die anerkannten Ausbildungsberufe. Auch mögen ungelernte Tätigkeiten innerhalb der Angestelltenberufe rein quantitativ eine wesentlich geringere Rolle spielen als innerhalb der Arbeiterberufe. Gleichwohl gibt es auch bei den Angestelltenberufen eine Berufsgruppe der ungelernten Tätigkeiten. Das ergibt sich etwa aus dem von der Beklagten vorgelegten Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern vom 16. Juli 1981, gültig ab 1. Mai 1981. Nach § 3 dieses Gehaltstarifvertrages sind Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Beschäftigungsgruppen II bis V eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildungszeit mit bestandener Abschlußprüfung oder eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem artverwandten auch gewerblichen Beruf mit bestandener Abschlußprüfung, wenn die Tätigkeit im Zusammenhang mit dieser Berufsausbildung steht, bzw anstelle der kaufmännischen Ausbildung eine kaufmännische Berufstätigkeit von drei Jahren. Die Beschäftigungsgruppen II bis V erfassen somit Angestelltentätigkeiten, für die generell eine Ausbildung erforderlich ist. Im Gegensatz dazu steht die Beschäftigungsgruppe I. In sie sind diejenigen Angestellten eingestuft, welche die Ausbildungsvoraussetzungen der Beschäftigungsgruppe II nicht erfüllen. Sie umfaßt zugleich Tätigkeiten, für die berufsbezogene Vorkenntnisse nicht erforderlich sind, wie Ablegen, Einheften, Vervielfältigen und Sortieren nach einfachsten Ordnungsmerkmalen. Nach diesen Eingruppierungsmerkmalen lassen sich die in die Beschäftigungsgruppe I eingeordneten Tätigkeiten zusammengefaßt als ungelernte Tätigkeiten und die sie ausübenden Angestellten als "unausgebildete Angestellte" charakterisieren.

Der Senat sieht sich nach alledem zu einer Schematisierung der tarifvertraglich erfaßten Angestelltentätigkeiten mit einem Bruttoarbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze jedenfalls dahingehend imstande, daß sich - ausgehend von der geringsten Qualifikation - drei Gruppen mit den Leitberufen des "unausgebildeten Angestellten", des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren und des Angestellten mit einer längeren Ausbildung bilden lassen. Dieses Schema ist aber nicht erschöpfend. Es erfaßt nicht diejenigen Angestelltenberufe, für die über eine längere (durchschnittlich dreijährige) Ausbildung hinaus zusätzliche Zugangsvoraussetzungen wie etwa die Ablegung einer Meisterprüfung, der erfolgreiche Besuch einer Fachschule oder das abgeschlossene Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule erforderlich sind. Eine Zusammenfassung auch dieser höher qualifizierten Angestelltentätigkeiten in Berufsgruppen erscheint nicht ausgeschlossen. Indes kann der Senat darüber gegenwärtig aus zwei Gründen nicht befinden. Einmal ist auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht ersichtlich, ob es für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits überhaupt auf eine Schematisierung auch der höher qualifizierten Angestelltentätigkeiten ankommt. Das wäre nur dann der Fall, wenn der bisherige Beruf des Klägers nach seinem insbesondere durch die tarifliche Einstufung ausgedrückten qualitativen Wert zu diesen höher qualifizierten Angestelltentätigkeiten gehört hat. Ist dies nicht der Fall gewesen und der bisherige Beruf des Klägers in eine der drei einer Schematisierung bereits zugänglichen Gruppen von Angestelltenberufen einzuordnen, so bedarf es zur Entscheidung über seine Verweisbarkeit auf ihm zumutbare Angestelltentätigkeiten der nächstniedrigeren Gruppe einer Schematisierung der höher qualifizierten Angestelltentätigkeiten nicht. Zum anderen ist eine derartige Schematisierung nicht allein eine der revisionsgerichtlichen Entscheidung unterliegende Rechtsfrage. Vielmehr handelt es sich um die rechtliche Bewertung eines in der Wirklichkeit des Arbeits- und Berufslebens vorhandenen soziologischen Befundes. Aufklärung und Feststellung der tatsächlichen Einzelheiten dieses Befundes sind dem Revisionsgericht verwehrt und allein den Tatsacheninstanzen aufgetragen. Das LSG wird daher, sofern der bisherige Beruf des Klägers insbesondere nach seiner tariflichen Einstufung denjenigen Angestelltentätigkeiten zuzurechnen ist, welche außer durch eine längere Ausbildung durch weitere und zusätzliche Zugangsvoraussetzungen höher qualifiziert sind, die tatsächlichen Grundlagen für eine mögliche Einteilung dieser höher qualifizierten Tätigkeiten in Berufsgruppen zu ermitteln haben. Dies könnte durch Heranziehung der Mantel- und Gehaltstarifverträge derjenigen Wirtschaftsbereiche, in denen vorwiegend Angestellte beschäftigt werden (zB Groß- und Außenhandel, Einzelhandel, Versicherungswirtschaft uam), oder der Firmentarifverträge großer Unternehmen mit überregionaler Bedeutung geschehen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß die Einteilung der Angestelltentätigkeiten in qualitativ abgestufte Berufsgruppen maßgebend geprägt wird von den Vorstellungen der am Wirtschaftsleben teilnehmenden Kreise. Deswegen könnten weitere geeignete Mittel zur Sachaufklärung die Einholung der Auskünfte von Arbeitgeber- und Unternehmensverbänden, Industrie- und Handelskammern, Gewerkschaften uam sowie gegebenenfalls die Erhebung des Gutachtens eines Tarifsachverständigen sein.

Der Senat kann damit den Rechtsstreit insoweit nicht abschließend entscheiden, als der Kläger BU-Rente bzw vorgezogenes Übergangsgeld (§ 18d Abs 1 Satz 2 AVG; vgl dazu BSG SozR 2200 § 1241d Nr 5) für die Zeit vom 1. April 1979 (Beginn des Antragsmonats; § 67 Abs 2 AVG) bis 28. Februar 1981 beansprucht. Das LSG hat den Kläger im wesentlichen deswegen nicht für berufsunfähig angesehen, weil er die ihm nach einem Vergleich der Entlohnungen zumutbare Tätigkeit eines Verkäufers von Herrenoberbekleidung ausüben könne. Damit hat es jedoch die Zumutbarkeit der Verweisungstätigkeit nach unzutreffenden Kriterien beurteilt. Maßgebend hierfür ist ein Vergleich der ua in der tariflichen Bewertung zum Ausdruck kommenden qualitativen Wertigkeit einerseits des bisherigen Berufes und andererseits der Verweisungstätigkeit. Dazu hat das LSG tatsächliche Feststellungen nicht getroffen. Es hat weder festgestellt, wie die bis zum 30. Juni 1978 ausgeübte Tätigkeit des Klägers als Band- und Werkstattleiter tariflich eingestuft gewesen ist, noch Entsprechendes für die Verweisungstätigkeit des Verkäufers von Herrenoberbekleidung ermittelt. Diese Feststellungen wird es unter Beachtung der vom Senat aufgezeigten Gesichtspunkte nachzuholen haben. Deswegen ist in diesem Umfange unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes).

Für die Zeit ab 1. März 1981 steht dem Kläger hingegen eine BU- Rente nicht zu. Das kann der Senat ohne das Erfordernis zusätzlicher tatsächlicher Feststellungen entscheiden. Von diesem Zeitpunkt an ist der Kläger auf die mit leichten Büro- und Buchhaltungsarbeiten verbundene Tätigkeit eines Verkäufers von Herrenoberbekleidung zumutbar verweisbar. Er ist zu dieser Tätigkeit im Sinne des § 23 Abs 2 Satz 3 AVG durch Maßnahmen zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit mit Erfolg ausgebildet bzw umgeschult worden. Dabei kann auf sich beruhen, ob entsprechend der Ansicht des 4. Senats des BSG (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 25 S 70) die bloße Gewährung eines Zuschusses zur Einarbeitung auf einen anderen Arbeitsplatz nicht zur Verweisbarkeit des Versicherten auf die neu aufgenommene Tätigkeit genügt. Dem bzw für den Kläger ist nicht nur seitens der Beklagten ein Einarbeitungszuschuß in Höhe von 50 vH des ihm während der Zeit vom 1. Juni 1980 bis 28. Februar 1981 gezahlten Gehaltes gewährt worden. Vielmehr ist darüber hinaus seine Einarbeitung in die Tätigkeit eines Verkäufers nach Maßgabe eines zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitsamt abgestimmten Einarbeitungsplans über die Dauer von neun Monaten erfolgt. Jedenfalls dadurch ist den Erfordernissen des § 23 Abs 2 Satz 3 AVG genügt (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 25 S 71) und somit der Kläger für die Zeit nach dem erfolgreichen Abschluß der Einarbeitung (BSG SozR Nr 54 zu § 1246 RVO) auf die neue Tätigkeit zumutbar verweisbar, ohne daß es für die Prüfung der Berufsfähigkeit noch auf die Zumutbarkeitskriterien des § 23 Abs 2 Satz 2 AVG ankäme (vgl BSG SozR Nr 75 zu § 1246 RVO; SozR 2200 § 1286 Nr 4 S 15; § 1246 Nr 25 S 71).

In diesem Umfange bleibt der Revision des Klägers der Erfolg versagt. Im übrigen führt sie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

Dieses wird auch über die Kosten des Beschwerde- und des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

BSGE, 45

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