Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.10.1992; Aktenzeichen L 2 I 87/92)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Oktober 1992 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Berufs-oder Erwerbsunfähigkeit (BU oder EU).

Der 1943 im ehemaligen Jugoslawien geborene Kläger hält sich seit 1970 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Ein Rentenantrag von 1979 wurde mit Bescheid vom 8. Mai 1979 abgelehnt. Von März bis September 1979 nahm der Kläger an einem Vorbereitungskurs für eine Ausbildung zum Feinmechaniker teil. Eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme im Anschluß daran beendete der Kläger im Dezember 1979 ohne Abschluß. Vom 26. März 1980 an, war der Kläger entweder arbeitslos oder arbeitsunfähig oder arbeitete bei Bauunternehmen. Zuletzt erhielt er Arbeitslosenhilfe bis zum 3. November 1983. Der Antrag auf Anschlußarbeitslosenhilfe wurde mit Bescheid vom 8. November 1983 abgelehnt. Der Bescheid enthielt den Hinweis, daß der Kläger wegen der für die Rentenversicherung erheblichen Ausfallzeiten der Arbeitslosigkeit bei fortbestehender Arbeitslosigkeit mindestens alle drei Monate auch ohne entsprechende Aufforderung beim Arbeitsvermittler vorzusprechen habe. Einen weiteren Antrag auf Arbeitslosenhilfe vom 24. Januar 1986 lehnte das Arbeitsamt mit Bescheid vom 13. Februar 1986 ab. In der Zeit vom 21. November bis 14. Dezember 1986 arbeitete der Kläger als Montageschlosser. Einen am 8. Juni 1988 gestellten Antrag auf Arbeitslosengeld lehnte das Arbeitsamt mit Bescheid vom 27. Juli 1988 ab, weil der Kläger keinen Anspruch auf eine Arbeitserlaubnis habe und er deshalb der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe. Im Mai 1988 stellte der Kläger erneut einen Rentenantrag. Er gab an vom 4. November 1983 bis 20. November 1986 arbeitslos gewesen zu sein und seit 15. Dezember 1986 arbeitsunfähig. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab (Bescheid vom 14. Oktober 1988) und wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 1988). Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt dem Kläger ab 1. Juni 1988 Rente wegen EU zu zahlen (Urteil vom 7. November 1989). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) dieses Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. Oktober 1992).

In den Entscheidungsgründen hat das LSG im wesentlichen ausgeführt, daß ein Versicherungsfall der EU jedenfalls nicht vor Mai 1988 angenommen werden könne. Bei einem Versicherungsfall im Mai 1988 und selbst bei einem Versicherungsfall im Dezember 1986 habe der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug der Rente nicht erfüllt. Der Kläger habe zwar die Wartezeit von 60 Kalendermonaten zurückgelegt (§ 1247 Abs 3a Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫), er sei aber nicht zuletzt vor Eintritt der BU bzw EU versicherungspflichtig beschäftigt bzw tätig gewesen. Für einen Versicherungsfall im Mai 1988 bzw Dezember 1986 verlängere sich der maßgebliche Fünfjahreszeitraum wegen Ausfallzeiten. Der Fünfjahreszeitraum vom 1. Dezember 1981 bis 30. November 1986 wäre um nicht mitzuzählende Zeiten von Januar bis April, Oktober und November 1983 sowie August bis November 1982 um zehn Monate bis zum 1. Februar 1981 zu verlängern. In diesem Zeitraum seien lediglich 23 Pflichtbeitragsmonate zurückgelegt. Die Zeit vom 4. November 1983 bis 20. November 1986 sei, entgegen der Ansicht des SG, nicht als nicht mitzuzählende Ausfallzeit gem § 1259 Abs 1 Nr 3 RVO zu berücksichtigen. Der Kläger habe nur bis zum 3. November 1983 Arbeitslosengeld bezogen. Der Antrag des Klägers auf Arbeitslosenhilfe sei mit Bescheid vom 15. November 1983 abgelehnt worden. Erst am 24. Januar 1986 habe sich der Kläger wiederum arbeitslos beim Arbeitsamt K. … gemeldet. Die Meldung beim Arbeitsamt sei neben dem Begriff der Arbeitslosigkeit Voraussetzung für die Anerkennung einer Ausfallzeit. Auch wenn man für die Zeit vor dem 1. Januar 1988 eine dreimonatige Meldung beim Arbeitsamt als ausreichende Meldung iSv § 1259 Abs 1 Nr 3 RVO ansehe, erfülle der Kläger diese Voraussetzung in der Zeit vom 4. November 1983 bis 20. November 1986 nicht. Der Kläger habe zwar behauptet, sich in dieser Zeit beim Arbeitsamt regelmäßig arbeitslos gemeldet zu haben. Die von ihm angegebenen Zeugen S. und G. …, beide Mitarbeiter des Arbeitsamtes K. …, hätten dies in ihren schriftlichen Aussagen aber nicht bestätigen können. Die fehlende Meldung beim Arbeitsamt könne auch nicht im Wege der Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden. Das Arbeitsamt K. … habe dem Kläger gegenüber schon keine Betreuungs- und Beratungspflicht verletzt. Der die Anschlußarbeitslosenhilfe ablehnende Bescheid vom 8. November 1983 habe den ausführlichen und verständlichen Hinweis enthalten, daß eine mindestens dreimonatige Vorsprache – auch ohne entsprechende Aufforderung – beim zuständigen Arbeitsvermittler erforderlich sei, um sicherzustellen, daß Zeiten der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeiten in der Rentenversicherung anerkannt werden könnten. Die Zeit vom 4. November 1983 bis 20. November 1986 könne auch nicht gem § 1259 Abs 1 Nr 1a oder b RVO als Ausfallzeit anerkannt werden. Der Kläger sei auch bis zum 30. Juni 1984 weder berufs- noch erwerbsunfähig iS der §§ 1246, 1247 RVO gewesen. Noch im Februar 1986 habe der Kläger vollschichtig überwiegend leichte, zeitweise auch mittelschwere Arbeiten verrichten können, sowohl in geschlossenen Räumen als auch im Freien. Rente wegen BU oder EU stehe dem Kläger auch schließlich nicht aufgrund der am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – (SGB VI) zu. Die Zeit vom 4. November 1983 bis 20. November 1986 könne nach § 58 Abs 1 Nr 3 SGB VI nicht als Anrechnungszeit berücksichtigt werden. Der Zeitraum könne auch nicht gem § 58 Abs 1 Nr 1 SGB VI als Verlängerungszeit anerkannt werden – Zeit einer evtl Arbeitsunfähigkeit –, weil weder der Kläger noch ein Sozialleistungsträger wegen des Bezugs von Sozialleistungen Beiträge entrichtet hätten (§ 252 Abs 2 und 3 SGB VI). Auch wenn die Zeit des Krankengeldbezuges von Dezember 1986 bis April 1988 als Pflichtbeitragszeit gem § 247 Abs 1 Satz 2 SGB VI berücksichtigt würde, seien die Voraussetzungen für eine Rente wegen EU nicht erfüllt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision des Klägers. Der Kläger rügt eine Verletzung von § 1259 Abs 1 Nr 3 RVO. Die Zeit vom 4. November 1983 bis zum 20. November 1986 sei zu Unrecht vom LSG nicht als Ausfallzeit gem § 1259 Abs 1 Nr 2 RVO angesehen worden. Er sei in dieser Zeit beim Arbeitsamt als arbeitssuchend gemeldet gewesen, wie das SG angenommen habe. Das LSG sei bereits schon fehlerhafterweise davon ausgegangen, daß die Beweislast für die Frage, ob er sich in der betreffenden Zeit als arbeitssuchend gemeldet habe, bei ihm liege, nachdem das zuständige Arbeitsamt die Unterlagen nicht mehr zur Verfügung habe. Fehlerhaft sei auch der Ausgangspunkt des Urteils, wonach er nicht bewiesen habe, daß er sich in der fraglichen Zeit beim Arbeitsamt als arbeitssuchend gemeldet habe. Auf jeden Fall unrichtig sei das Verhalten des LSG, dem Beweisangebot auf Vernehmung der Zeugen P. …, G. …, P. … sowie der Frau S. … S. … nicht nachzugehen. Zu Unrecht sei das LSG auch davon ausgegangen, daß eine Anerkennung dieser Zeit als Ausfallzeit deshalb daran scheitere, weil sie keine versicherungspflichtige Tätigkeit unterbrochen habe. Es sei auch nicht ausreichend geprüft, ob nicht EU bei ihm bereits vor dem 30. Juni 1984 vorgelegen habe. Er sei aufgrund seiner Berufsausbildung vor allem aber aufgrund seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeiten nicht in die Gruppe der angelernten Arbeiter einzuordnen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Oktober 1992 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie meint, das LSG sei zu Recht davon ausgegangen, daß die Beweislast für die Frage der Arbeitslosmeldung beim Kläger liege. Die Nichtvernehmung der Zeugen P. …, G. …, P. … und S. … stelle keinen Verfahrensfehler dar. Auf die Frage, ob der Kläger verfügbar gewesen sei, komme es nicht an. Bei der Prüfung, ob EU bereits vor dem 30. Juni 1984 vorgelegen habe, ob der Kläger als angelernter Arbeiter anzusehen sei und ob der Kläger aus medizinischer Sicht auf die Tätigkeit als Hausmeister verwiesen werden könne handele es sich um Tatfragen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Der Kläger hat weder Anspruch auf Rente wegen EU noch wegen BU. Nach §§ 1246 Abs 1 bzw 1247 Abs 2 RVO haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen BU bzw EU, wenn sie berufs- bzw erwerbsunfähig sind, die Wartezeit erfüllt ist und zuletzt vor Eintritt der BU bzw EU eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist. Wann in diesem Sinne zuletzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, ist in § 1246 Abs 2a RVO, der für die EU-Rente über § 1247 Abs 2a RVO entsprechend gilt, im einzelnen geregelt. Zutreffend hat das LSG entschieden, daß bezogen auf einen Eintritt der EU im Mai 1988 oder später die Voraussetzungen der §§ 1247 Abs 2a iVm 1246 Abs 2a RVO nicht erfüllt sind, wie unten noch auszuführen sein wird. Vor Mai 1988 ist bei dem Kläger EU nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG nicht eingetreten.

Nicht zu folgen vermag der Senat allerdings dem LSG, soweit es den Anspruch auf Rente wegen BU schon deshalb verneint, weil der Kläger jedenfalls am 30. Juni 1984 noch nicht berufsunfähig gewesen sei. Bei einem Eintritt der BU bis zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger allerdings Anspruch auf die Rente wegen BU, da dann nach Art 2 § 6 Abs 2 Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz (ArVNG) § 1246 Abs 1 RVO in der bis zum 31. Dezember 1983 geltenden Fassung maßgebend wäre. Der Anspruch auf Rente wegen BU wäre aber auch bei einem nach dem 30. Juni 1984 liegenden Versicherungsfall gegeben, wenn im Zeitpunkt des Versicherungsfalles die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 1246 Abs 2a RVO erfüllt gewesen wären. Aus den Feststellungen des LSG ergibt sich jedoch, daß schon zum frühestmöglichen Zeitpunkt des Eintritts von BU diese besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt waren. Dieser frühestmögliche Zeitpunkt ist im März 1986 gewesen, denn der Kläger war jedenfalls im Februar 1986 noch nicht berufsunfähig.

Nach § 1246 Abs 2 RVO ist berufsunfähig ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich oder geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung und seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Im Rahmen des vom Bundessozialgericht (BSG) zu dieser Vorschrift entwickelten Berufsgruppenschemas hat das LSG den bisherigen Beruf des Klägers zu Recht in die Gruppe der Anlerntätigkeiten und nicht in die der Facharbeitertätigkeiten eingeordnet. Das LSG hat bei seiner Entscheidung auch den Begriff der Facharbeitertätigkeit bzw des Facharbeiters nicht verkannt. Facharbeiter iS der Rechtsprechung des BSG ist derjenige, der einen Beruf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren erlernt und ausgeübt hat, oder derjenige, der gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt und den Beruf tatsächlich ausübt. Das LSG hat diese Voraussetzungen verneint und seine Entscheidung darauf gestützt, daß der Kläger die von ihm behauptete Prüfung als Zimmermann nicht durch Zeugnisse habe nachweisen können, und die gleichwertigen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die qualifizierte Berufsausübung nicht als nachgewiesen angesehen, weil sich aus den Versicherungskarten nur eine vorübergehende Beschäftigung als Zimmermann bei einem Arbeitgeber ergebe, im übrigen aber nur eine Beschäftigung als Bauarbeiter, bzw für die Zeit vom 24. Mai bis 21. September 1983 als Einschaler. Das ist Beweiswürdigung, die vom Kläger nicht angegriffen ist. Soweit das LSG eine Entlohnung als Facharbeiter unterstellt, aber gleichwohl die Facharbeitereigenschaft allein wegen der Höhe der Entlohnung verneint, weil wegen der Kürze der jeweiligen Beschäftigungen bei den einzelnen Arbeitgebern kein sicherer Rückschluß von der Höhe der Entlohnung auf die Qualität der geleisteten Arbeit gezogen werden könne, ist dies ebenfalls Beweiswürdigung. Das LSG sieht ein Indiz, das für die Facharbeitereigenschaft spricht, – die Höhe der Entlohnung – im konkreten Fall nicht als ausreichend an. Ein Angriff gegen die Beweiswürdigung des LSG vom Kläger ist insoweit nicht vorgetragen. Er behauptet lediglich, aufgrund der zuletzt von ihm verrichteten Tätigkeit sei er als Facharbeiter anzusehen. Unter Zugrundelegung der mit der Revision nicht angegriffenen Beweiswürdigung des LSG sind die daraus vom Berufungsgericht gezogenen rechtlichen Schlußfolgerungen nicht zu beanstanden. Denn als angelernter Arbeiter kann der Kläger im Rahmen von § 1246 Abs 2 RVO auch auf ungelernte Arbeiten verwiesen werden. Mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen konnte der Kläger jedenfalls ungelernte Arbeiten, auch im Februar 1986 noch verrichten. Das LSG hat unangegriffen festgestellt, daß der Kläger im Februar 1986 noch vollschichtig überwiegend leichte, zeitweise auch mittelschwere Arbeiten verrichten konnte, sowohl in geschlossenen Räumen als auch im Freien. Ausgeschlossen waren lediglich Arbeiten unter Verletzungsgefahr (zB mit Absturzgefahr, mit Starkstrom, an laufenden Maschinen), häufigem Bücken und Zwangshaltungen. Mit diesem im Februar 1986 noch bestehenden Leistungsvermögen ist nach alledem eine BU des Klägers zu jenem Zeitpunkt zu verneinen.

Für einen Versicherungsfall der BU oder der EU nach dem Februar 1986 besteht kein Anspruch auf die Versichertenrente. Der Kläger hat, den Eintritt von BU im März 1986 unterstellt, zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalles keine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne von § 1246 Abs 1 RVO ausgeübt.

Nach § 1246 Abs 2a Satz 1 RVO ist zuletzt vor Eintritt der BU eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden, wenn entweder von den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der BU mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind oder die BU aufgrund einer der in § 1252 RVO genannten Tatbestände eingetreten ist. Satz 2 des § 1246 Abs 2a RVO bestimmt, daß bei der Ermittlung der 60 Kalendermonate nach Satz 1 ua Ausfallzeiten (§ 1259 Abs 1 Nrn 1 bis 4 RVO) und Rentenbezugszeiten nicht mitgezählt werden. Ferner werden Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und der Arbeitslosigkeit iSv § 1259 Abs 1 RVO nicht mitgezählt, wenn diese Zeiten nur deshalb nicht Ausfallzeiten sind, weil durch sie eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nicht unterbrochen wird, sofern in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Beitrag für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet ist oder eine Zeit iS der Nrn 1 bis 5 liegt. Aus dem Erfordernis, innerhalb von 60 Kalendermonaten 36 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt zu haben, ergibt sich, daß immer dann, wenn innerhalb des unter Beachtung von § 1246 Abs 2a Satz 2 RVO bestimmten Zeitraumes von 60 Kalendermonaten vor Eintritt der BU bzw EU, für mehr als 24 Kalendermonate keine Beiträge entrichtet worden sind, eine versicherungspflichtige Tätigkeit vor Eintritt der BU iSv § 1246 Abs 1 RVO nicht ausgeübt worden sein kann.

Beim Kläger liegt eine beitragsfreie Lücke in der Zeit vom 4. November 1983 bis 20. November 1986 vor, dh von 36 Kalendermonaten, denn im November 1983 hat kein Kalendermonat Arbeitslosigkeit bestanden (vgl § 1259 Abs 1 Nr 3 Satz 1 RVO und § 252 Abs 2 Nr 1 iVm Abs 7 SGB VI). Bezogen auf einen Versicherungsfall der BU im März 1986 beträgt die beitragsfreie Lücke damit schon 28 Monate. Bezogen auf einen späteren Versicherungsfall der EU kann sie allenfalls größer sein. Die Zeit von November 1983 bis zu einem unterstellten Versicherungsfall der BU im März 1986 fällt auch in den Zeitraum von 60 Kalendermonaten iSv § 1246 Abs 2a Satz 1 RVO. Zu Recht hat das LSG entschieden, daß diese Zeit keine nicht mitzuzählende Zeit iSv § 1246 Abs 2a RVO ist. Die Zeit ist keine Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit iSv § 1246 Abs 2a Satz 2 Nr 2 iVm § 1259 Abs 1 Nr 3 RVO, denn der Kläger hat sich nach den Feststellungen des LSG in der Zeit zwischen 1983 und 1986 nicht beim Arbeitsamt als Arbeitssuchender gemeldet. Die gegen diese Feststellung des LSG vorgebrachten Einwendungen des Klägers greifen nicht durch. Der Kläger macht zu Unrecht geltend, hinsichtlich des Nachweises der Meldung beim Arbeitsamt müsse eine Beweislastumkehr eingreifen, weil das Arbeitsamt die Meldeunterlagen vernichtet hätte. Vorschriften darüber, wie lange das Arbeitsamt Unterlagen über die Meldung von Arbeitslosen als arbeitssuchend aufzubewahren hat, bestehen nicht. Welche Folgen ein Verstoß gegen mögliche Aufbewahrungspflichten von Meldeunterlagen durch das Arbeitsamt haben könnte, braucht deshalb hier nicht erörtert zu werden. Der Umstand, daß das Arbeitsamt früher vorhandene Unterlagen vernichtet hat, kann jedenfalls nicht dazu führen, daß nunmehr die Beklagte beweisen muß, daß der Kläger sich nicht beim Arbeitsamt gemeldet hat und bei fehlendem Beweis die Meldung als gegeben angenommen wird. Soweit das LSG angenommen hat, daß der Kläger in den Jahren zwischen 1983 und 1986 jährlich ein- bis zweimal bei dem Zeugen S. in der Leistungsabteilung vorgesprochen hat und auch zumindest einmal im Jahr 1984 bei dem Zeugen G. …, der für die Bearbeitung von Ausländerangelegenheiten zuständig ist, reicht dies nicht für eine regelmäßige Meldung beim Arbeitsamt aus. Diese ist seit dem 1. Januar 1988 alle drei Monate erforderlich und für die Zeit davor jedenfalls nicht seltener, wie der Senat bereits mit Urteil vom 27. Februar 1991 – 5 RJ 90/89 – (SozR 3-2200 § 1259 Nr 4) entschieden hat.

Gegen die vom LSG getroffene Feststellung, daß der Kläger sich nicht beim Arbeitsamt in der Zeit zwischen 1983 und 1986 gemeldet hat, hat der Kläger auch keine begründete Verfahrensrüge erhoben. Der Kläger rügt, daß das LSG die von ihm benannten Zeugen P. …, G. …, P. … sowie Frau S. … nicht vernommen habe. Diese Begründung genügt schon nicht den Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach muß die Begründung bei Verfahrensmängeln die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Die Nichtvernehmung eines benannten Zeugen kann nur dann ein Verfahrensmangel sein, wenn aufgrund der Rechtsansicht des LSG die vom Zeugen zu bekundenden Tatsachen entscheidungserheblich sind. Welche Tatsachen die Zeugen bekunden sollten, wird in der Revisionsbegründung nicht dargelegt. Im übrigen hat das LSG aber auch die Vernehmung dieser Zeugen mit zureichender Begründung abgelehnt. Das LSG hat darauf abgestellt, daß diese Zeugen lediglich bekunden könnten, den Kläger zum Arbeitsamt gefahren zu haben, die Meldung beim Arbeitsamt aber nicht bekunden könnten. Dafür, daß diese Zeugen auch tatsächlich die Meldung des Klägers beim Arbeitsamt, dh eine Meldung bei der Vermittlungsstelle, bekunden könnten, ist vom Kläger mit der Revisionsbegründung aber auch im Berufungsverfahren nicht vorgetragen worden.

Unerheblich und vom Senat nicht zu entscheiden ist danach, ob die Zeit seit Oktober 1984 selbst bei einer unterstellten Meldung des Klägers beim Arbeitsamt auch deshalb keine Ausfallzeit wäre, weil der Kläger ab diesem Zeitpunkt keinen Anspruch auf eine Erteilung einer Arbeitserlaubnis hatte und deshalb nicht verfügbar gewesen ist.

Das LSG hat einen möglichen Herstellungsanspruch hinsichtlich der unterbliebenen Meldung beim Arbeitsamt zu Recht auch schon deshalb verneint, weil der Kläger auf die Notwendigkeit sich beim Arbeitsamt regelmäßig zu melden, hingewiesen worden ist. Ein Fehlverhalten einer Behörde, das notwendige Voraussetzung für einen Herstellungsanspruch ist, liegt hier nicht vor.

Nicht zu beanstanden ist auch die Feststellung des LSG, daß für die Zeit vom 4. November 1983 jedenfalls bis zu einem unterstellten Versicherungsfall der BU im März 1986 auch kein anderer der in § 1246 Abs 2a RVO genannten Tatbestände erfüllt ist. Der Kläger selbst hat lediglich angegeben, in dieser Zeit arbeitslos gewesen zu sein und sich bei dem Arbeitsamt regelmäßig als arbeitslos gemeldet zu haben und auch mit der Revision nichts anderes vorgetragen.

Der Kläger hat auch bis zum 31. Dezember 1992 nach den Vorschriften der RVO keine weiteren anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Bei jedem nach Februar 1986 eingetretenen Versicherungsfall, sei es der BU oder der EU, wären deshalb die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 1246 Abs 2a RVO bzw § 1247 Abs 2a iVm § 1246 Abs 2a RVO nicht erfüllt.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen EU nach § 44 SGB VI ab 1. Januar 1992. Zwar wäre bei einem nach April 1988 eingetretenen Versicherungsfall der EU oder BU die Zeit des Krankengeldbezuges von Dezember 1986 bis April 1988 als Pflichtbeitragszeit gem § 247 Abs 1 Satz 2 SGB VI zu berücksichtigen. Die Zeit vom 4. November 1983 bis November 1986 ist aber weiterhin weder Beitragszeit noch nicht mitzurechnende Zeit iSv § 44 Abs 4 iVm § 43 Abs 3 SGB VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1174021

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