Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsentgelt - Notariatsangestellter als Auflassungsbevollmächtigter - Auflassungsgebühr/-vergütung

 

Leitsatz (redaktionell)

Auflassungsgebühren, die Notariatsangestellte als Auflassungsbevollmächtigte erhalten, sind Arbeitsentgelt (Anschluß an BSG vom 16.10.1968 - 3 RK 58/65 =SozR Nr 62 zu § 165 RVO).

 

Normenkette

SGB IV § 14 Abs. 1 Fassung 1976-12-23

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 16.02.1993; Aktenzeichen L 1 Kr 69/91)

SG Lübeck (Entscheidung vom 03.09.1991; Aktenzeichen S 7 Kr 118/90)

 

Tatbestand

Die Kläger betreiben eine Rechtsanwalts- und Notarpraxis, in der zwei Notariatsangestellte beschäftigt waren. Diese wurden bei der Abwicklung von Grundstücksverträgen als Auflassungsbevollmächtigte von Vertragsparteien tätig. Hierfür vereinbarten sie eine "Auflassungsgebühr", deren Höhe sich nach den Empfehlungen der Notarkammer richtete und jeweils zwischen 10 DM und 100 DM lag.

Die Kläger machten gegenüber der beklagten Ersatzkasse, bei der die Angestellten gemeldet waren, unter Berufung auf das rechtskräftige Urteil eines Sozialgerichts (SG) geltend, die Auflassungsgebühren seien nicht beitragspflichtig, weil es sich um Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit handele. Demgegenüber stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Januar 1989 und Widerspruchsbescheid vom 10. August 1990 fest, daß die Auflassungsgebühren als Arbeitsentgelt der Beitragspflicht unterlägen.

Das SG hat nach Beiladung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Beigeladene zu 1), der Bundesanstalt für Arbeit (Beigeladene zu 2) und der Angestellten (Beigeladene zu 3 und 4) die Klage mit Urteil vom 3. September 1991 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Beigeladene zu 4) angehört und die Berufung der Kläger mit Urteil vom 16. Februar 1993 zurückgewiesen. Die Auflassungsgebühren stünden mit der versicherungspflichtigen Beschäftigung in einem engen ursächlichen Zusammenhang und seien Arbeitsentgelt.

Mit der Revision machen die Kläger geltend, die Auflassungsgebühren seien "sozialversicherungsfrei". Sie führen aus, daß die auf eine selbständige Tätigkeit hinweisenden Umstände überwögen.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des LSG vom 16. Februar 1993 und das Urteil des SG vom 3.

September 1991 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 1989 in der

Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. August 1990 aufzuheben.

Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beigeladene zu 3) hat sich nicht geäußert. Die Beigeladene zu 4) schließt sich dem Vorbringen und dem Antrag der Kläger an.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist zulässig. Sie haben in der Revisionsbegründung zwar entgegen § 164 Abs 2 Satz 3 SGG die verletzte Rechtsnorm nicht bezeichnet. Aus ihrem Vorbringen kann aber noch entnommen werden, daß sie eine Verletzung des § 14 des Sozialgesetzbuchs - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) rügen.

Die Revision ist unbegründet. Der Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist unter den hier vorliegenden besonderen Verhältnissen (Streit um die Beitragspflicht bestimmter Einnahmen der beiden bereits gemeldeten einzigen Notariatsangestellten der Kläger) nicht allein deswegen aufzuheben, weil er mangels namentlicher Bezeichnung der Beigeladenen zu 3) und 4) zu unbestimmt wäre (vgl dazu früher BSGE 41, 297, 299 = SozR 2200 § 1399 Nr 4; BSGE 59, 235 = SozR 2200 § 1399 Nr 16; vgl heute § 28h Abs 2 und § 28 f Abs 2 SGB IV) oder weil die Beklagte die Beigeladenen zu 3) und 4) vom Verwaltungsverfahren nicht benachrichtigt hat (vgl dazu BSGE 55, 60 = SozR 1300 § 12 Nr 3; BSGE 64, 145 = SozR 2100 § 5 Nr 3). Denn hier war allen Beteiligten bekannt, daß in den Bescheiden mit den "Notariatsangestellten als Auflassungsbevollmächtigten" die Beigeladenen zu 3) und 4) gemeint waren. Es kann auch davon ausgegangen werden, daß sie von dem Verwaltungsverfahren Kenntnis hatten.

In der Sache hat das LSG zutreffend entschieden, daß der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist. Die Auflassungsgebühren unterliegen der Beitragspflicht in der Krankenversicherung, der Rentenversicherung und nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Die Beigeladenen zu 3) und 4) waren nach den nicht angefochtenen Feststellungen des LSG versicherungs- und beitragspflichtig beschäftigt. Daher waren von ihrem Arbeitsentgelt Beiträge zu entrichten. Dieses ergibt sich für die Krankenversicherung aus § 226 Abs 1 Satz 1 Nr 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), für die Rentenversicherung bis Ende 1991 aus § 112 Abs 3 Satz 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und für die Folgezeit aus § 162 Nr 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) sowie für das Arbeitsförderungsrecht aus § 175 Abs 1 Nr 1 AFG. Arbeitsentgelt sind für alle drei Bereiche nach § 14 Abs 1 SGB IV (für das AFG iVm § 173 AFG) alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um die Nachfolgeregelung zu § 160 Abs 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Danach gehörten zum Entgelt neben Gehalt oder Lohn auch die Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehaltes oder Lohnes oder neben ihm vom Arbeitgeber oder einem Dritten erhielt.

Die Auflassungsgebühren sind Arbeitsentgelt. Die Entscheidung dieser Frage hängt davon ab, ob die Beigeladenen zu 3) und 4) sie iS des § 14 Abs 1 SGB IV "im Zusammenhang" mit ihrer abhängigen Beschäftigung als Notariatsangestellte erhielten; dann lag ein sogenanntes einheitliches Beschäftigungsverhältnis unter Einbeziehung der Tätigkeit als Auflassungsbevollmächtigte vor. Anders war es demgegenüber, wenn die Beigeladenen zu 3) und 4) die Auflassungsgebühren aufgrund einer getrennt von der Beschäftigung ausgeübten selbständigen Tätigkeit und damit als Arbeitseinkommen iS des § 15 SGB IV erzielten; dann war eine sogenannte gemischte Tätigkeit gegeben, bei der abhängige Beschäftigung und selbständige Tätigkeit nebeneinander stehen und rechtlich getrennt zu beurteilen sind. Derartiges Arbeitseinkommen wäre bei den Beigeladenen zu 3) und 4) in der Rentenversicherung und im Arbeitsförderungsrecht beitragsfrei und in der Krankenversicherung nur unter den Voraussetzungen des § 226 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB V beitragspflichtig (zur Beitragstragung insoweit § 250 Abs 1 Nr 2 SGB V).

Die Rechtsprechung hat mehrfach ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis angenommen. Im Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. August 1963 (BSGE 20, 6 = SozR Nr 41 zu § 165 RVO) hatte ein Golfclub gegen feste monatliche Vergütung einen Golflehrer beschäftigt, der verpflichtet war, sich während der Tagesstunden auf dem Golfgelände des Clubs bereitzuhalten, um den Mitgliedern des Clubs Golfunterricht zu erteilen, sonst aber keinen Golfunterricht erteilen durfte. Dem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis stand dabei nicht entgegen, daß der Golflehrer die Vergütung für die Lehrtätigkeit von den Golfschülern erhielt; das Honorar für die Lehrstunden war Entgelt iS des § 160 Abs 1 RVO. Nach dem Urteil vom 16. Oktober 1968 (SozR Nr 62 zu § 165 RVO) vollzog sich die Tätigkeit einer Angestellten als "Auflassungsbevollmächtigte" im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses beim Notar, und die "Entschädigung", die sie dafür vom Notar erhielt, war beitragspflichtiges Entgelt, auch wenn die Auflassungsbeteiligten für die Inanspruchnahme der Auflassungsbevollmächtigten eine besondere Gebühr zu entrichten hatten. Dieses entsprach auch der Lohnsteuerpflicht von Auflassungsgebühren nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Dezember 1954 (BStBl 1955 III 55). Schließlich ging es um ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis auch im Urteil vom 15. Februar 1989 (SozR 2200 § 165 Nr 95: Abonnentenwerbung durch beschäftigte Zeitungsausträger).

Im Anschluß an diese Rechtsprechung ist die selbständige Tätigkeit mit der abhängigen Beschäftigung zu einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis verbunden, wenn sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt wird, in diese zeitlich, örtlich, organisatorisch und inhaltlich eingebunden, im Verhältnis zur Beschäftigung nebensächlich ist und daher insgesamt wie ein Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint. Demgegenüber liegt eine gemischte Tätigkeit vor, wenn die selbständige Tätigkeit im wesentlichen neben der Beschäftigung und unabhängig von ihr ausgeübt wird. Für die Abgrenzung kommt es in erster Linie auf die tatsächlichen Verhältnisse (im Steuerrecht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse, vgl BFH aaO) an. Demgegenüber tritt die Bedeutung der zivilrechtlichen Vertragsgestaltung entgegen der Ansicht der Revision zurück. Auch bei der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit geben bei einem Auseinanderfallen von tatsächlichen und vertraglichen Vereinbarungen grundsätzlich die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag (vgl BSGE 45, 199, 200/201 = SozR 2200 § 1227 Nr 8). Ob hier ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis oder eine gemischte Tätigkeit vorliegt, ist durch die Tatsacheninstanzen nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Von diesen Grundsätzen ist das LSG zutreffend ausgegangen. Es hat sodann ua ausgeführt:

"Wie die Beigeladene zu 4) unbestritten und für den Senat glaubhaft geschildert hat, schlugen die Notare bei den Vertragsverhandlungen jeweils nur die Angestellte als Auflassungsbevollmächtigte vor, die den Grundstücksvertrag nach der innerdienstlichen Aufgabenverteilung vorzubereiten und später abzuwickeln hatte. An den Vertragsverhandlungen nahmen die Auflassungsbevollmächtigten in aller Regel nicht teil. Die Vertragsparteien hatten die Möglichkeit, eine andere Person zur Auflassungsbevollmächtigten zu wählen oder darauf ganz zu verzichten. In der Regel stimmten die Vertragsparteien jedoch dem Vorschlag des Notars zu. Die Beigeladene zu 4) lehnte ihrerseits keine angetragene Bevollmächtigung ab. Auch die Höhe der Gebühr für die Bevollmächtigung schlug der Notar gemäß den Empfehlungen der Notarkammer vor und setzte sie in den Vertrag ein. Die Gebühr forderte die Auflassungsbevollmächtigte durch Privatrechnung an und ließ sie auf ein Privatkonto überweisen. Wurde die Gebühr ausnahmsweise trotz Mahnungen, die sie vornahm, nicht überwiesen, ließ die Beigeladene zu 4) die Dinge im Sand verlaufen. Die zur Vertragsabwicklung und zur Gebühreneinziehung nötigen Schreiben fertigte die Beigeladene zu 4) stets in der Kanzlei, zumeist auch innerhalb der Arbeitszeit, die sie als Notarsgehilfin zu leisten hatte. Für Grundstücksverträge fremder Notare wurde die Beigeladene zu 4) nicht als Auflassungsbevollmächtigte tätig. Am Monatsende teilte sie die bei ihr eingegangenen Gebühren der Steuerabteilung des Notariats mit, so daß die Gebühren versteuert werden konnten. Entsprechende Abzüge fanden sich auf der monatlichen Gehaltsabrechnung. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3) anders gestaltet war, so daß der Senat entsprechende Feststellungen auch insoweit trifft. - Nach diesem Sachverhalt sind die Einnahmen aus der Bevollmächtigtentätigkeit praktisch nicht ohne die Arbeit als Notarsgehilfin denkbar. Einzig die Tatsache, daß nicht eingegangene Gebühren von den Beigeladenen zu 3) und 4) zu verschmerzen sind, spricht für ein Unternehmerrisiko. Jedoch ist dieses Risiko gering, weil die zwischen 10,00 und 100,00 DM liegende Gebühr bei einem Grundstücksvertrag, bei dem es im allgemeinen um einen hohen Gegenstandswert geht, für eine Vertragspartei wirtschaftlich nicht ins Gewicht fällt und deshalb komplikationslos gezahlt zu werden pflegt. Die Beigeladene zu 4) berichtet nur von ganz seltenen Zahlungsverweigerungen. Gegenüber den anderen Gesichtspunkten, die für eine Einbettung der Bevollmächtigtentätigkeit in die Notarsgehilfinarbeit sprechen, ist daher das Gebührenrisiko zu vernachlässigen. Die enge Verknüpfung folgt insbesondere daraus, daß der Notar die Auflassungsbevollmächtigte vorschlägt. Er kann sich darauf verlassen, daß die Notarsgehilfin mit der Übernahme einverstanden ist. Die Vertragsparteien haben zwar rechtlich gesehen die Möglichkeit, eine andere Person oder niemand zur Auflassungsbevollmächtigten zu bestellen. In der Praxis aber sind sie nahezu immer mit der vorgeschlagenen Notarsgehilfin einverstanden, weil sie davon nur Vorteile haben. Die gesamte Vertragsabwicklung wird auf diese Art und Weise erheblich erleichtert und beschleunigt. Da ist der eigentliche, den Vertragsparteien und dem Notariat zugute kommende Zweck der Auflassungsbevollmächtigung. Außerdem wird sich eine Vertragspartei auf die Zuverlässigkeit einer Auflassungsbevollmächtigten verlassen, wenn diese aus der Praxis des Notars stammt. Zu dem Notar, den eine Vertragspartei zu Zwecken eines Grundstücksvertrages aufsucht, besteht in aller Regel ein Vertrauensverhältnis, das sich auf die Angestellten des Notars überträgt. Hinsichtlich der Höhe der Gebühr können die Vertragsparteien und die Bevollmächtigten zwar theoretisch freie Vereinbarungen treffen. Praktisch geschieht dies aber nicht, weil sich in den meisten Fällen die Vertragsparteien und die Auflassungsbevollmächtigte nicht kennenlernen und nicht in Gebührenverhandlungen eintreten. Nach dem Rundschreiben der Notarkammer 3/77 hat der Notar für die Angemessenheit der Gebühr Sorge zu tragen. Alle diese Umstände belegen die Nähe von Auflassungsbevollmächtigung und Beschäftigungsverhältnis und den Ausfluß jener aus diesem. Organisatorisch ist die Tätigkeit der Auflassungsbevollmächtigten in den Betrieb der Notarspraxis eingegliedert. Die Erklärung der Auflassung als Hauptaufgabe des Bevollmächtigten ist mit der Vertragsabwicklung durch die Notariatsgehilfin örtlich, zeitlich und ihrer Art und Weise nach verbunden. Das gilt auch von der Einziehung der Gebühr. Daß nach Dienstschluß Privatrechnungen zu erstellen sind, kommt nur gelegentlich vor und erstreckt sich auch nur auf eine nachgeordnete Tätigkeit aus dem Bevollmächtigtenverhältnis. Zwar werden die Rechnungen auf privaten Briefbögen verschickt. Doch ist dies nur eine Förmlichkeit, die den Charakter der gesamten Tätigkeit nicht prägt. ..."

Hiermit hat das LSG zahlreiche und alle wesentlichen Tatsachen festgestellt sowie sich bei der ihm obliegenden Abwägung der für ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis oder eine gemischte Tätigkeit sprechenden Umstände nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) für ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis entschieden. Rechtsfehler läßt die Entscheidung des LSG nicht erkennen. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG sind von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und daher nach § 163 SGG für das Revisionsgericht bindend. Diese Vorschrift steht auch der Berücksichtigung neuen tatsächlichen Vorbringens in der Revisionsinstanz entgegen, wie es die Revisionsbegründung zum Haftungsrisiko der Auflassungsbevollmächtigten enthält. Im übrigen sind die von den Klägern für eine selbständige Tätigkeit (gemischte Tätigkeit) angeführten Umstände wie das volle Inkassorisiko der Auflassungsbevollmächtigten für ihre Honorare, die fehlenden Möglichkeiten des "Arbeitgebernotars", die Zahlungseingänge zu überprüfen und die Tätigkeit der Auflassungsbevollmächtigten zu erzwingen, im angefochtenen Urteil mitberücksichtigt worden. Wegen der Überprüfung der Zahlungseingänge gilt außerdem § 28 o SGB IV. Nach dessen Abs 1 Satz 1 hat der Beschäftigte dem Arbeitgeber die zur Durchführung des Meldeverfahrens und der Beitragszahlung erforderlichen Angaben zu machen und, soweit erforderlich, Unterlagen vorzulegen. Abs 2 Satz 1 enthält eine entsprechende Pflicht des Beschäftigten auch gegenüber den Versicherungsträgern (auf deren Verlangen) und § 111 Abs 1 Nr 4 SGB IV insofern eine Bußgeldvorschrift. Insbesondere im Hinblick hierauf hat das LSG den Kalkulations- und Abrechnungsschwierigkeiten, die sich aus der Geltendmachung der Auflassungsgebühren durch die Angestellten selbst ergeben, rechtsfehlerfrei keine entscheidende Bedeutung beigemessen.

Bei einem Vergleich mit der früheren Entscheidung zur Auflassungsgebühr (BSG SozR Nr 62 zu § 165 RVO) zeigen sich keine erheblichen Unterschiede. Zwar hatte damals der Notar selbst den Vertragsparteien der Grundstücksgeschäfte eine "Entschädigung" (Auflassungsgebühr) in Rechnung gestellt und sie nach Eingang der Liquidation an seine Angestellte (Auflassungsbevollmächtigte) ausgezahlt. Hier ist die Auflassungsgebühr hingegen von den Auflassungsbevollmächtigten unmittelbar bei den Vertragsparteien erhoben worden. Selbst eine solche Zahlungsweise kann jedoch schon nach den Ausführungen in dem früheren Urteil nichts daran ändern, daß die "Entschädigung" Ausfluß des Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Angestellten und dem Notar ist (vgl zur Zahlung von Entgelt durch Dritte auch BSGE 8, 278, 283; BSGE 20, 6, 8/9 = SozR Nr 41 zu § 165 RVO). Nicht entscheidend ist auch, daß im damaligen Fall die Auflassungsbevollmächtigte zu diesen Tätigkeiten aufgrund ihres Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet war. Dem steht es gleich, wenn sich ohne eine solche Verpflichtung der Notar darauf verlassen konnte, daß die Notargehilfin mit der Übernahme einverstanden war, was vom LSG festgestellt worden ist.

Die Auflassungsgebühr gehört demnach zum Arbeitsentgelt iS des § 14 Abs 1 SGB IV. Aus § 17 Abs 1 SGB IV iVm der Arbeitsentgeltverordnung ergibt sich nichts Abweichendes. Die Lohnsteuerpflicht ist der Beklagten während des Verwaltungsverfahrens vom Finanzamt unter Hinweis auf § 2 Abs 2 Nr 6 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) idF der Bekanntmachung vom 23. Oktober 1984 (BGBl I 1313 ≪LStDV 1984≫) bestätigt worden (vgl später § 2 Abs 2 Nr 8 idF der Verordnung zur Änderung der LStDV vom 10. Oktober 1989 und der LStDV 1990, BGBl 1989 I 1845 ff).

Hiernach erwies sich die Revision der Kläger als unbegründet und war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind den Klägern und den Beigeladenen zu 3) und 4) nicht zu erstatten. Die Kläger und die Beigeladene zu 4) sind mit ihren Anträgen unterlegen. Die Beigeladene zu 3) hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60287

DStR 1994, 1167 (K)

NJW 1995, 350 (L)

RegNr, 21338 (BSG-Intern)

DAngVers 1994, 155-156 (LT1)

BR/Meuer SGB IV § 14, 03-02-94, 12 RK 18/93 (LT1)

USK, 9411 (LT1)

BAGUV, RdSchr 84/94 (T)

Breith 1994, 798-802 (LT1)

DBlR 4110, IV/§ 14 (LT1)

Die Beiträge 1994, 417-422 (LT1)

HVBG-INFO 1994, 532-537 (T)

SozR 3-2400 § 14, Nr 8 (LT1)

Breith. 1994, 798

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