In größeren Betrieben – nach der Neufassung des § 38 BetrVG ab 200 Arbeitnehmer – sind je nach Zahl der Arbeitnehmer ein oder mehrere Betriebsratsmitglieder vollkommen von ihrer Tätigkeit freizustellen (Staffel § 38 Abs. 1 BetrVG), ohne dass es der Prüfung, ob dies für die konkrete Arbeit erforderlich ist, bedarf.

Dabei können nach § 38 Abs. 1 Satz 3 BetrVG auch Teilfreistellungen erfolgen, die bei Gesamtbetrachtung den Umfang der notwendigen Freistellung nicht überschreiten dürfen.

Die in § 38 BetrVG geregelte Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder ist eine Mindestzahl. Ist der Betriebsrat der Ansicht, dass wegen der Besonderheiten des Betriebs, z. B. 3-Schichtbetrieb oder räumlich weit auseinanderliegende Betriebsteile, weitere Betriebsratsmitglieder freizustellen sind, so muss er dies beim Arbeitgeber beantragen. Weigert sich der Arbeitgeber, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht ein Beschlussverfahren einleiten, mit dem Antrag festzustellen, dass über die Staffel des § 38 Abs. 1 BetrVG hinaus ein weiteres (oder mehrere) Betriebsratsmitglied(er) freizustellen ist (sind).

Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt (§ 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG).

Verhältniswahl ist das Wahlsystem, das die auf die Minderheit entfallenden Stimmen in einem angemessenen "Verhältnis" berücksichtigt und sich daher besonders für eine Mehrheit von Wahlvorschlägen eignet. Sinn ist der Schutz von Minderheiten. Keine Stimme soll verloren gehen.

Bei der Wahl müssen mehr als die Hälfte der Betriebsratsmitglieder anwesend sein, da der Betriebsrat sonst nicht beschlussfähig ist (§ 33 Abs. 2 BetrVG). Erforderlich ist stets die Verwendung von Stimmzetteln, die die Identifizierung des Wählers ausschließen, sonst ist die Wahl nicht "geheim".

Der Betriebsrat hat anschließend die Namen der freigestellten Betriebsratsmitglieder dem Arbeitgeber bekannt zu geben (§ 38 Abs. 2 Satz 4 BetrVG).

Hält der Arbeitgeber die Freistellung für sachlich nicht vertretbar, weil z. B. der einzige Betriebsingenieur freigestellt werden soll, kann er innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Bekanntgabe die Einigungsstelle anrufen (§ 38 Abs. 2 Satz 5 BetrVG).

Ermittlung der Betriebsgröße bei Überlassung von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes an private Einsatzbetriebe

In Privatbetrieben eingesetzte Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes zählen bei den Schwellenwerten der organisatorischen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) mit.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten nach § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG – u. a. – auch Beamte, Soldaten sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind. Sie sind jedenfalls bei den organisatorischen Bestimmungen des BetrVG zu berücksichtigen, die auf die Anzahl der Arbeitnehmer des Betriebs abstellen.[1] § 38 Abs. 1 BetrVG regelt die Zahl der in einem Betrieb mindestens freizustellenden Betriebsratsmitglieder und knüpft hierzu an die Betriebsgröße an. In Betrieben mit in der Regel 901 bis 1.500 Arbeitnehmern sind mindestens 3 Betriebsratsmitglieder freizustellen. Bei der Belegschaftsgröße zählen die in § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG genannten Personen mit.

 
Praxis-Beispiel

Der Betriebsrat eines privatrechtlich organisierten Serviceunternehmens hat – über die unstreitigen 2 Freistellungen hinaus – die Freistellung eines 3. Betriebsratsmitglieds verlangt. Die Arbeitgeberin beschäftigt ca. 750 eigene Arbeitnehmer. Daneben setzt sie auf der Grundlage eines Personalgestellungsvertrags ca. 460 Vertragsarbeitnehmer eines Universitätsklinikums ein, für das sie verschiedene Dienstleistungen erbringt. Das Universitätsklinikum ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts.

Der Antrag des Betriebsrats hatte vor dem Siebten Senat des BAG Erfolg. Bei der Betriebsgröße, die für die Mindestzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder maßgeblich ist, sind die der Service-GmbH vom Universitätsklinikum gestellten Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Der für die Freistellung eines 3. Betriebsratsmitglieds maßgebliche Schwellenwert von 901 Arbeitnehmern ist daher überschritten.

Betriebsratstätigkeit und Arbeitszeit

Betriebsratsmitglieder üben ehrenamtliche Tätigkeit aus. Ein vollständig freigestelltes Betriebsratsmitglied erbringt deshalb keine vergütungspflichtige Arbeitsleistung. Es kann deshalb nicht beanspruchen, dass Anwesenheitszeiten, die über seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinausgehen, auf einem Überstundenkonto gutgeschrieben werden.[2]

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