Wahlbewerber, Mitglieder des Wahlvorstands und Betriebsratsmitglieder unterliegen einem besonderen Kündigungsschutz (§§ 15 KSchG, 103 BetrVG).

Nach § 15 Abs. 3a KSchG ist zudem die ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers unzulässig, der im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a KSchG oder im normalen Wahlverfahren zur Wahl eines Wahlvorstands zu einer Wahlversammlung bzw. Betriebsversammlung (§ 17a Abs. 3 BetrVG, § 17 Abs. 3 BetrVG) einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands beim Arbeitsgericht beantragt (§ 16 Abs. 2 BetrVG, § 17 Abs. 4 BetrVG, § 17a Nr. 4 BetrVG). Nach § 15 Abs. 3b KSchG gilt aufgrund des Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom 14.6.2021[1] ein besonderer Kündigungsschutz auch für Arbeitnehmer, die Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternehmen und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben haben, dass sie die Absicht haben, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten.

Hierdurch soll erreicht werden, dass Arbeitnehmer, insbesondere in betriebsratslosen Betrieben, künftig eher bereit sind, die Initiative für eine Wahl zu ergreifen.

Der besondere Kündigungsschutz beginnt mit dem Zeitpunkt der Einladung zur Wahl- bzw. Betriebsversammlung,mit dem Zeitpunkt der Antragstellung beim Arbeitsgericht oder dem Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung. Er endet mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses, bei Arbeitnehmern, die Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats nach § 15 Abs. 3b KSchG unternehmen, mit dem Zeitpunkt der Einladung zur Wahl. Wird trotz Einladung bzw. Antragstellung kein Betriebsrat gewählt bzw. findet eine Betriebsversammlung nicht statt, endet der Kündigungsschutz 3 Monate nach der Einladung bzw. Antragstellung oder Abgabe der Erklärung. Einen nachwirkenden Kündigungsschutz gibt es nicht.

Der Kündigungsschutz ist beschränkt auf die ersten 6 in der Einladung bzw. die ersten 3 in der Antragstellung genannten Arbeitnehmer, also auf die erforderliche Mindestzahl der Initiatoren (§ 15 Abs. 3a Satz 1 KSchG).

[1] Bundesgesetzblatt I 2021 S. 1762.

10.1 § 15 KSchG

Gem. § 15 KSchG ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Es müssen also die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gegeben sein (§ 626 BGB). Da nach § 626 Abs. 1 BGB eine außerordentliche Kündigung allenfalls dann in Betracht kommen kann, wenn die "Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar" ist, muss bei der beabsichtigten Kündigung des Betriebsratsmitglieds gefragt werden, welche Kündigungsfrist der Zumutbarkeitsprüfung zugrunde zu legen ist: eine fiktive (die ordentliche Kündigung ist ja ausgeschlossen) oder die tatsächliche (nach Ablauf der tatsächlichen Amtszeit und der nachwirkenden Schutzfrist)?

Würde man auf die tatsächliche Kündigungsfrist (d. h. die ordentliche erst nach mehreren Jahren) abstellen, wäre bei einem Betriebsratsmitglied eine fristlose Kündigung sehr viel schneller möglich als bei einem normalen Arbeitnehmer: Je länger die Frist ist, desto unzumutbarer ist es für den Arbeitgeber, so lange zu warten. Damit würde aber der vom Gesetzgeber beabsichtigte Kündigungsschutz für das Betriebsratsmitglied in sein Gegenteil verkehrt: Je schwerer die ordentliche (fristgerechte) Kündigung ist, desto leichter ist die fristlose Kündigung möglich.

Das BAG[1] hat deshalb entschieden:

"... Der Senat hält an der ständigen Rechtsprechung fest, dass bei der Zumutbarkeitsprüfung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG, § 626 Abs. 1 BGB auf die (fiktive) Kündigungsfrist abzustellen ist, die ohne den besonderen Kündigungsschutz bei einer ordentlichen Kündigung gelten würde ... Das Arbeitsverhältnis eines Betriebsratsmitglieds kann in aller Regel nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG, § 626 BGB nicht wegen häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten gekündigt werden ..."

Nach § 626 Abs. 1 BGB ist der Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Durch Vertrag kann nicht festgelegt werden, was als wichtiger Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB anzusehen ist. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung kann weder eingeschränkt noch erweitert werden.[2]

 
Praxis-Tipp

Liegt ein anerkannter außerordentlicher Kündigungsgrund – z. B. eine Straftat – vor, so kann einem Betriebsrat außerordentlich, fristlos gekündigt werden.

Bei geringfügigeren Vergehen, die allerdings beharrlich gegeben sein müssen – z. B. die beharrliche Weigerung des Betriebsrats, sich abzumelden –, konnte der Arbeitgeber bisher außerordentlich, mit sozialer Auslauffrist kündigen. Die Auslauffrist entsprach der fiktiven Kündigungsfrist des konkret ...

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