Die Betriebsvereinbarung/Dienstvereinbarung steht in der Grafik unter GG, EG-VO, formellen Gesetzen, Rechtsverordnungen und Tarifverträgen. Sie darf damit gegen solche Regelungen nicht verstoßen, sonst ist sie als Ganzes oder in einzelnen Teilen unwirksam. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie eine günstigere oder ungünstigere Regelung als die übergeordnete Rechtsvorschrift enthält. Ein Verstoß liegt aber selbstverständlich nicht vor, wenn die übergeordnete Regelung eine Abweichung durch BV/DV ausdrücklich erlaubt, also dispositiv ist.

Beispiele:

  • Allgemeine (formelle) Gesetze

Die BV/DV darf nicht gegen zwingende (Gegensatz: "abdingbare" oder "dispositive") gesetzliche Vorschriften verstoßen.

also:

  • Keine BV/DV über Wegfall von Urlaubsentgelt unter bestimmten Voraussetzungen: Verstoß gegen § 13 BUrlG .
  • Keine BV/DV über Bezahlung der Teilnehmer an einem Warnstreik, da dies gegen die Neutralitätspflicht des BR bei Arbeitskämpfen (§ 74 BetrVG) verstieße.
  • Keine BV/DV, die gegen das Kündigungsschutzgesetz oder gegen Grundsätze des Kündigungsrechts verstößt.
  • Eine BV/DV, die ein automatisches Ende des Arbeitsverhältnisses für den Fall einer Erwerbsunfähigkeit beinhalten würde, wäre insoweit unwirksam, als sie auch die Erwerbsunfähigkeit auf Zeit (§ 1276 RVO umfaßt).
  • Eine BV über ein automatisches Ende des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Altersgrenze war wegen Verstoß gegen § 41 Abs. 4 Satz 3 SGB VI unwirksam; da diese Vorschrift jedoch zum 1.8.1994 geändert wurde,[1] scheitert hieran eine (freiwillige!) BV/DV nicht. Allerdings wird in der Regel eine BV diesbezüglich dennoch wegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam sein (wenn in dem räumlichen und betrieblichen Geltungsbereich eine tarifvertragliche Regelung bezogen auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Erreichen der Altersgrenze "üblich" ist:vgl. § 65 Abs. 1 BAT). Eine entsprechende DV ist bereits wegen § 73 Abs. 1 Satz 1 BPersVG; § 73 Abs. 1 Satz 1 LPersVG BW unzulässig.
  • Bei einer länger dauernden Arbeitsunfähigkeit kann nicht vereinbart werden, das das Arbeitsverhältnis dann beendet werde, da dies den Verzicht auf den Kündigungsschutz bedeuten würde.[2]
  • Die Vereinbarung der Geltung von Regelungen künftiger Tarifverträge ist unwirksam, wenn der BR/PersR dadurch sein MBR aufgibt und in die Hände der Tarifvertragsparteien legt (dynamische Blankettverweisung).[3] Etwas anderes ist es aber, wenn jeweils bei Änderungen des TV die Betriebspartner neu verhandeln und gegebenenfalls (statisch) die Geltung einzelner tarifvertraglicher Regelungen vereinbaren, die dem MBR des BR unterliegen.

§ 77 Abs. 3 BetrVG (§ 75 Abs. 5 BPersVG; § 79 Abs. 2 LPersVG BW) setzten der Regelungsbefugnis der Betriebspartner Grenzen.

Hiernach können Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer BV sein ("Sperrwirkung"), es sei denn, der Tarifvertrag läßt eine solche BV ausdrücklich zu ("Öffnungsklausel"). Das BAG spricht bei dieser Vorschrift von einem "Eckpfeiler der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung"[4] Bei Aufstellung eines Sozialplans gilt die Vorschrift aber nicht (§ 112 Abs. 1 Satz 4 BetrVG). Genauso ist dies im öffentlichen Dienst in § 79 Abs. 2 LPersVG BW geregelt (Abs. 2 schließt nur bei tarifüblichen Regelungen Dienstvereinbarungen in Abs. 1 aus, während Sozialpläne in Abs. 3 Nr. 10 geregelt sind), während § 75 Abs. 5BPersVG die gegenteilige Regelung enthält (diese Vorschrift schließt Dienstvereinbarungen nach Abs. 3 bez. tarifüblicher Regelungen aus und erfaßt damit auch Sozialpläne nach Abs. 3 Nr. 13). Arbeitsbedingungen werden dann "üblicherweise" im obigen Sinn durch Tarifverträge "geregelt", wenn für den räumlichen, betrieblichen und fachlichen Tätigkeitsbereich des Betriebs Tarifverträge über die entsprechende Frage abgeschlossen zu werden pflegen.[5]

Schließen AG und BR/PersR entgegen § 77 Abs. 3 BetrVG (§ 75 Abs. 5 BPersVG; § 79 Abs. 2 LPersVG BW) eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung, ist diese nach § 134 BGB wegen Gesetzesverstoß nichtig (vgl. hierzu BAG, Urt. v. 22.06.1993 - 1 ABR 62/92, B.III.3.b) der Gründe).

Die Vorschriften regeln generell den Vorrang von Gesetz und Tarifvertrag. Eine tarifliche Regelung in diesem Sinn ist aber nur dann von Bedeutung, wenn sie für den Betrieb gilt,[6] die dortige Regelung abschließend ("...soweit...") und keine Öffnungsklausel vorhanden ist. Die Frage, wann eine tarifliche Regelunggilt, beantworten §§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG

  • Verhältnis der Grenzen in § 77 Abs. 3 und § 87 BetrVG zueinander

Wenn es um ein echtes (volles) Mitbestimmungsrecht geht (Eselsbrücke: "hier läuft ohne den Betriebsrat nichts!!!"), verdrängt in der Privatwirtschaft § 87 Abs. 1 BetrVG insoweit § 77 Abs. 3 BetrVG, als dort eine Betriebsvereinbarung über Arbeitsbedingungen bei tarifüblicher Regelung unzulässi...

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