Bei den echten Mitbestimmungsrechten (diese sind vor allem in § 87 BetrVG geregelt, im öffentlichen Dienst wird von voller oder uneingeschränkter Mitbestimmung gesprochen, vgl. § 75 BPersVG; §§ 76, 78, 79 Abs. 1 LPersVG BW) können Regelungen nur durch Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bzw. Personalrat getroffen werden. Einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers sind deshalb, jedenfalls zu Lasten der Arbeitnehmer unwirksam. Das BAG spricht hier von der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung.[1] Im öffentlichen Dienst ist die Voraussetzung der Beteiligung des Personalrats in § 69 Abs. 1 BPersVG bzw. in den entsprechenden Landespersonalvertretungsgesetzen (z.B. § 69 Abs. 1 LPersVG BW) geregelt. Das gesetzliche Instrument der Einigung mit der Mitarbeitervertretung ist die Betriebsvereinbarung (= BV) bzw. im öffentlichen Dienst die Dienstvereinbarung (= DV). Das BAG bezeichnet sie als"Gesetz des Betriebes" (BAG, Urt. v. 01.12.1992 - 1 AZR 234/92). Kommt bei diesen MBR eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat/Personalrat nicht zustande, kann die Einigungsstelle angerufen werden. Deren Entscheidung (Spruch) ersetzt die Einigung (§ 87 Abs. 2 BetrVG bzw. im öffentlichen Dienst § 69 Abs. 4 BPersVG; § 69 Abs. 4 LPersVG BW). Man spricht hier von einer erzwingbaren Mitbestimmung und deshalb auch von einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung/Dienstvereinbarung.

Aber auch in sozialen Angelegenheiten, die nicht der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, können Betriebsvereinbarungen getroffen werden, wie § 88 BetrVG beispielhaft regelt. Da hier aber der Abschluß einer Betriebsvereinbarung nicht erzwungen werden kann, spricht man hier von einer freiwilligen Betriebsvereinbarung. Das ist allerdings im öffentlichen Dienst wegen § 73 Abs. 1 BPersVG (bzw. der entsprechenden Landespersonalvertretungsgesetze) so nicht möglich. Hier sind Dienstvereinbarungen nur zulässig, soweit es das Bundes- oder Landespersonalvertretungsgesetz ausdrücklich vorsieht.

[1] Vgl. BAG, Großer Senat 03.12.1991 – GS2/90 – EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 30, D.II. der Gründe mit weiteren Nachweisen; zum öffentlichen Dienst: Altvater, Bacher, Hörter u.a., BPersVG 1991, § 69 Rdnr. 4 m.w.N.

5.2.6.1 Zustandekommen

Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat/Personalrat § 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG spricht zwar etwas eigentümlich davon, das BV gemeinsam zu beschließen seien, dennoch handelt es sich hier, wie bei einem Tarifvertrag, um einen Vertrag zwischen AG und BR, der durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommt.

In der Privatwirtschaft kommt die Betriebsvereinbarung zustande durch den Abschluß eines Vertrags zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

Im öffentlichen Dienst kommt die Dienstvereinbarung zustande durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen einer Dienststelle und der Personalvertretung. Damit entspricht die Dienstvereinbarung ihrem Wesen nach der Betriebsvereinbarung. Einige Vorschriften, auf die noch einzugehen sein wird, werden aus dem Betriebsverfassungsrecht entsprechend auch auf die Dienstvereinbarung angewendet. Aufgrund der Beschränkung des § 73 Abs. 1 BPersVG (bzw. LPersVG) und des bei der Erzwingbarkeit im Verhältnis zur Privatwirtschaft wesentlich schwierigeren Einigungsstellenverfahrens (vgl. §§ 69 Abs. 3 bis 5, 71BPersVG im Vergleich zu §§ 87 Abs. 2, 76 Abs. 3 bis 6 BetrVG) hat die Betriebsvereinbarung in der Privatwirtschaft eine tiefgreifendere Bedeutung als die Dienstvereinbarung im öffentlichen Dienst.

Der Abschluß einer wirksamen BV/DV setzt auf seiten der Mitarbeitervertretung einen entsprechenden Beschluß voraus, weil der Betriebsrat/Personalrat nur so seinen Willen bilden kann (§ 33 BetrVG; im öffentlichen Dienst: vgl. § 37 BPersVG; § 38 LPersVG BW).

Dennoch kann gegenüber dem Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats/Personalrats auch einmal durch schlüssiges Verhalten ausnahmsweise dann erklärt werden, wenn der Betriebsrat/Personalrat den Anschein erweckt, er habe einen entsprechenden Beschluß gefaßt. Dies kann der Fall sein, wenn sämtliche Mitglieder der Arbeitnehmervertretung dem Arbeitgeber ihre Zustimmung zu erkennen geben oder der Vorsitzende dem Arbeitgeber erklärt, das ein Beschluß vorliege.

Allein der Abschluß einer BV/DV mit dem BR/PersR-Vorsitzenden ohne entsprechenden Beschluß des BR/PersR genügt aber nicht, weil der Vorsitzende den BR/PersR nur im Rahmen der vom BR/PR gefaßten Beschlüsse vertreten kann (§ 26 Abs. 3 Satz 1 BetrVG; § 32 Abs. 3 Satz 1 BPersVG; § 32 Abs. 3 Satz 1 LPersVG BW).

5.2.6.2 Schriftform

Gem. § 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG (im öffentlichen Dienst: § 73 Abs. 1 Satz 2 BPersVG; § 73 Abs. 1 Satz 2 LPersVG) bedürfen BV/DV der Schriftform.

Sie sind von beiden Seiten, also von Arbeitgeber und Vorsitzendem der Mitarbeitervertretung (§ 26 Abs. 3 Satz 1 BetrVG), zu unterzeichnen (§ 77 Abs. 2 Satz 2 BetrVG; § 73 Abs. 1 Satz 2 BPersVG; § 73 Abs. 1 Satz 2 LPersVG BW). Es genügt also nicht, das Urkunden ausgetauscht werden, die nur von je einer Seite unterzeichnet sind.[1] Ist die Schriftform nich...

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