Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Rettungsassistenten

 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 29.06.2000; Aktenzeichen 4 Sa 2512/98)

ArbG Herne (Teilurteil vom 04.11.1998; Aktenzeichen 1 Ca 4391/97)

 

Tenor

  • Auf die Revision des Beklagten zu 1) und der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 29. Juni 2000 – 4 Sa 2512/98 – aufgehoben.
  • Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die tarifgerechte Vergütung des Klägers.

Der Kläger war seit dem 1. Juni 1976 beim Beklagten zu 1) zunächst als Krankenpflegehelfer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich kraft vertraglicher Vereinbarung nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils gültigen Fassung (nachfolgend BAT/VKA).

Am 27. November 1990 erhielt der Kläger auf Grund des Rettungsassistentengesetzes die Erlaubnis, die Berufsbezeichnung “Rettungsassistent” zu führen. Als solcher ist er seit dem 1. Dezember 1990 in der Rettungswache C… beschäftigt. Diese ist mit Wirkung vom 1. Juli 1997 von der Beklagten zu 2) übernommen worden. Es handelt sich um eine Rettungswache mit angeschlossener Rettungsleitstelle der Feuerwehr. Brandschutz und Rettungsdienst werden von dieser für das Stadtgebiet C… gemeinsam koordiniert. Der Notruf 112 wird in C… ausschließlich zur örtlichen Leitstelle geführt. Die eingesetzten Rettungsassistenten – darunter der Kläger – werden in 24-Stunden-Schichten tätig, davon pro Schicht acht oder ca. acht Stunden in der Leitstelle und sechzehn oder ca. sechzehn Stunden im Bereitschaftsdienst mit Einsätzen auf den Rettungsfahrzeugen. Während der Leitstellentätigkeit wird der gesamte Funk- und Telefondienst versorgt. Nach der Entgegennahme von Notrufen werden die erforderlichen Maßnahmen veranlaßt und koordiniert. Die Kreisleitstelle befindet sich in R….

Der seit 1. Dezember 1990 nach VergGr. VIb BAT/VKA vergütete Kläger begehrte mit Schreiben vom 27. Juni 1996 vom Beklagten zu 1) erfolglos Zahlung von Vergütung nach VergGr. Vc BAT/VKA ab dem 1. Dezember 1996 mit der Begründung, er sei nach sechsjähriger Bewährung in diese Vergütungsgruppe aufgestiegen. Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Höhergruppierungsbegehren weiter. Hilfsweise machte er mit seiner Klage einen Anspruch auf eine tarifliche Zulage zur VergGr. VIb BAT/VKA ab demselben Zeitpunkt geltend.

Der Kläger, dessen Tätigkeit von den Beklagten nicht beanstandet worden ist, hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ab dem 1. Dezember 1996 nach sechsjähriger Bewährung als Rettungsassistent in einer Rettungsleitstelle Vergütung nach VergGr. Vc BAT/VKA zu. Er leiste zwar auch Bereitschaftsdienst mit Einsätzen auf den Rettungsfahrzeugen. Überwiegend sei er jedoch in der Rettungsleitstelle tätig. Der von dem Kläger der Parallelsache – 4 AZR 736/00 – gefertigten Aufstellung über dessen Arbeitszeiten sei zu entnehmen, daß dessen Tätigkeit in der Zentrale von 1990 bis 1997 stets über 50 % seiner Gesamtarbeitszeit gelegen habe. Diese Aufstellung gebe bis auf geringfügige Abweichungen auch seine eigene Arbeit wieder.

Im Berufungsrechtszug haben sich die Parteien außergerichtlich auf die Zahlung der vom Kläger hilfsweise geforderten Zulage zur VergGr. VIb BAT/VKA ab 1. Juli 1997 geeinigt.

Der Kläger hat sodann noch beantragt

1. festzustellen, daß er ab 1. Dezember 1996 in die VergGr. Vc BAT Anlage 1a VKA durch den Beklagten zu 1) einzugruppieren war,

2. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, ab Dezember 1996 bis einschließlich Juni 1997 die sich monatlich ergebende Differenz zwischen der VergGr. VIb und Vc BAT Anlage 1a VKA zu errechnen und diesen Betrag an ihn auszuzahlen,

3. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, die monatliche Differenz zwischen den VergGr. VIb und Vc BAT Anlage 1a VKA für Juli bis November 1997 zu zahlen,

4. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, ab Dezember 1997 die VergGr. Vc BAT Anlage 1a VKA zu zahlen.

Beide Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, der Kläger sei nicht als Rettungsassistent in einer Rettungsleitstelle tätig. Dem Kläger sei es nicht gelungen, die Voraussetzungen der begehrten Höhergruppierung darzulegen. Insbesondere folge aus den vom Kläger in Bezug genommenen – inhaltlich streitigen – Aufzeichnungen in der Parallelsache – 4 AZR 736/00 – nicht, daß der Kläger innerhalb der tariflichen sechsjährigen Bewährungszeit zumindest mit der Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit als Rettungsassistent in der Rettungsleitstelle beschäftigt gewesen sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage hinsichtlich der nunmehr allein noch rechtshängigen Hauptanträge durch Teilurteil abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Teilurteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und der Sache nach der Klage stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen der Beklagten sind begründet. Sie führen zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

Die Klage ist zulässig.

I. Bei den Anträgen des Klägers handelt es sich insgesamt der Sache nach um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage. So hat auch das Landesarbeitsgericht, von den Parteien ungerügt, die Anträge des Klägers verstanden. Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats keine prozeßrechtlichen Bedenken.

II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden.

1. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft vertraglicher Vereinbarung der BAT/VKA in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies gilt auch für die Zeit vor dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zu 2).

2. Der Klage kann daher nur stattgegeben werden, wenn in der Gesamtarbeitszeit des Klägers zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die im streitigen Anspruchszeitraum die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der VergGr. Vc BAT/VKA erfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT/VKA).

3. Die für die Eingruppierung des Klägers maßgeblichen tariflichen Vorschriften des am 1. Oktober 1992 in Kraft getretenen Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT (Rettungssanitäter, Rettungsassistenten) vom 30. September 1992 lauten, soweit hier von Interesse:

§ 2

Vergütungsgruppe VII

1. Rettungsassistenten mit entsprechender Tätigkeit.

Vergütungsgruppe VI b

1. Rettungsassistenten, die in Rettungsleitstellen tätig sind. (I))

3. Rettungsassistenten mit entsprechender Tätigkeit

nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1. (I))

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)

Fußnote I:

Vergütungsgruppe Vc

2. Rettungsassistenten, die in Rettungsleitstellen tätig sind,

nach sechsjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 1.

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)

§ 3

Übergangsvorschriften

Für die Angestellten, die am 30. September 1992 in einem Arbeitsverhältnis gestanden haben, das am 1. Oktober 1992 zu demselben Arbeitgeber fortbestanden hat, gilt für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

3. Auf die in diesem Tarifvertrag

a) in den Tätigkeitsmerkmalen für Rettungsassistenten der Vergütungsgruppen VIb Fallgruppe 3, Vc Fallgruppe 2 und 3, Vb Fallgruppe 2 und IVb geforderte Zeit einer Bewährung und

wird die vor dem 1. Oktober 1992 als Rettungsassistent zurückgelegte Zeit so angerechnet, wie sie anzurechnen wäre, wenn dieser Tarifvertrag bereits seit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses gegolten hätte.

In Nr. 1 der Protokollerklärungen dieses Tarifvertrages heißt es:

Zeiten einer entsprechenden Tätigkeit außerhalb des Geltungsbereichs dieses Tarifvertrages können auf die Bewährungszeit und auf die Zeit der Tätigkeit ganz oder teilweise angerechnet werden, sofern sie anzurechnen wären, wenn sie im Geltungsbereich dieses Tarifvertrages zurückgelegt worden wären.

4. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Vc BAT/VKA allein auf deren Fallgr. 2. Danach sind Rettungsassistenten, die in Rettungsleitstellen tätig sind, nach sechsjähriger Bewährung in VergGr. VIb Fallgr. 1 BAT/VKA in VergGr. Vc BAT/VKA eingruppiert.

5. Diese vom Kläger erstrebte Eingruppierung setzt voraus, daß die in seiner Tätigkeit als Rettungsassistent in einer Rettungsleitstelle anfallenden Arbeitsvorgänge zeitlich mindestens zur Hälfte seine Gesamtarbeitszeit ausfüllen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT/VKA).

a) Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Diesen hat der Senat verstanden als eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – BAGE 51, 59; 19. März 1986 – 4 AZR 642/84 – BAGE 51, 282; 16. April 1986 – 4 AZR 595/84 – BAGE 51, 356; ständige Rechtsprechung des Senats). Bei sog. Funktionsmerkmalen (zB Arzt, Kassenleiter) ist die gesamte Tätigkeit des Angestellten in dieser Funktion nach der ständigen Rechtsprechung des Senats als einheitlicher Arbeitsvorgang zu bewerten. Denn die Tarifvertragsparteien haben durch die Vereinbarung des Funktionsmerkmals als Tätigkeitsmerkmal mit für die Gerichte bindender Wirkung bestimmt, daß bei diesen tariflichen Tätigkeitsmerkmalen alle Tätigkeiten tarifrechtlich einheitlich bewertet werden sollen und deshalb auch als ein Arbeitsvorgang anzusehen sind. Derartige tarifliche Regelungen sind rechtlich unbedenklich möglich (25. September 1996 – 4 AZR 200/95 –; 10. Dezember 1997 – 4 AZR 39/96 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 218, 238 mwN). Dementsprechend hat der Senat zB auch die Tätigkeit eines Rettungsassistenten in einer Zentralen Leitstelle iSd. Hessischen Rettungsdienstgesetzes als einen einheitlichen Arbeitsvorgang angesehen (12. Juni 1996 – 4 AZR 1025/95 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 212). Für die Tätigkeit des Klägers als Rettungsassistent in der Rettungsleitstelle der Beklagten gilt nichts anderes. Auch diese bildet einen Arbeitsvorgang im Tarifsinne.

Die Tätigkeiten des Klägers als Rettungsassistent, die er nicht in der Rettungsleitstelle ausübt, sind hingegen nicht Bestandteil dieses Arbeitsvorgangs. Denn für diese andersartige Tätigkeit haben die Tarifvertragsparteien ein anderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart, und zwar dasjenige des “Rettungsassistenten mit entsprechender Tätigkeit” (VergGr. VII Fallgr. 1 BAT/VKA). Auch dabei handelt es sich um ein Funktionsmerkmal, so daß alle Tätigkeiten des Rettungsassistenten in dieser Funktion einen Arbeitsvorgang bilden.

b) Die Tätigkeit des Klägers als Rettungsassistent in der Rettungsleitstelle der Beklagten (nachfolgend kurz: Arbeitsvorgang Leitstellentätigkeit) erfüllt die Anforderungen der VergGr. VIb Fallgr. 1 BAT/VKA. Nach sechsjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit – also ab 1. Dezember 1996 – waren durch diesen Arbeitsvorgang die Anforderungen der VergGr. Vc Fallgr. 2 BAT/VKA erfüllt. Darüber besteht zwischen den Parteien ebensowenig Streit wie darüber, daß die ebenfalls einen (anderen) Arbeitsvorgang bildende Tätigkeit des Klägers als Rettungsassistent in der Rettungswache im Bereitschaftsdienst mit Einsätzen auf den Rettungsfahrzeugen (nachfolgend kurz: Arbeitsvorgang Rettungsdienst) lediglich die Anforderungen der VergGr. VII Fallgr. 1 BAT/VKA, nach sechsjähriger auch hier unstreitig vorliegender Bewährung die der VergGr. VIb Fallgr. 3 BAT/VKA erfüllt. Die Parteien streiten allein darüber, welcher der beiden vorgenannten Arbeitsvorgänge iSv. § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT/VKA zeitlich mindestens zur Hälfte in der Gesamtarbeitszeit des Klägers anfällt und damit seine Eingruppierung bestimmt.

c) Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, daß der Arbeitsvorgang Leitstellentätigkeit mit allenfalls durch Ruhepausen unterbrochener Arbeit ausgefüllt ist, der tariflich niedriger bewertete Arbeitsvorgang Rettungsdienst hingegen mit Bereitschaftsdienst und – worauf das Landesarbeitsgericht in seiner Entscheidungsbegründung nicht eingeht – nach der Behauptung des Klägers mit Arbeitsbereitschaft. Diese Besonderheit wirft die in Rechtsprechung und Schrifttum – soweit ersichtlich – bislang nicht behandelten Fragen auf, ob der Bereitschaftsdienst des Angestellten überhaupt eine eingruppierungsrelevante Tätigkeit iSv. § 22 Abs. 2 BAT/VKA ist, bejahendenfalls ob dessen Dauer bei der Feststellung des Zeitmaßes des § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1, Unterabs. 4 BAT/VKA voll zählt oder ob er zeitlich umzubewerten ist. Letztere Frage stellt sich auch für die verlängerte Arbeitszeit wegen Zeiten von Arbeitsbereitschaft nach § 15 Abs. 2 BAT.

aa) Das Landesarbeitsgericht geht davon aus, daß der außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistete Bereitschaftsdienst die Eingruppierung des Angestellten nach §§ 22, 23 BAT bestimmen kann. Für das in § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT geforderte Zeitmaß zählt nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht die Dauer des Bereitschaftsdienstes, sondern lediglich diejenige der darin erbrachten Arbeitsleistung.

bb) Dem folgt der Senat.

Der Bereitschaftsdienst kann einerseits für die Eingruppierung des Angestellten nach dem BAT nicht ganz außer Betracht gelassen werden. Denn es ist denkbar, daß ein Angestellter ausschließlich für den Einsatz im Bereitschaftsdienst eingestellt wird. Dessen tarifgerechte Eingruppierung kann dann nur auf der Grundlage des Bereitschaftsdienstes erfolgen. Andererseits stellt der Bereitschaftsdienst keine nur durch Ruhepausen unterbrochene Vollarbeitsleistung dar (BAG 27. Februar 1985 – 7 AZR 552/82 – AP BAT § 17 Nr. 12 mit Anm. von Scheuring). Der Arbeitgeber darf nach § 15 Abs. 6a Unterabs. 1 Satz 2 BAT/VKA Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, daß zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. Die anfallenden Arbeitsleistungen im Bereitschaftsdienst können je nach Art der geschuldeten Tätigkeit nahe Null liegen, wie die Tabellen in den SR 2 a/SR 2c BAT zeigen. Gleichwohl bei dieser Ausgangslage die gesamte Dauer des Bereitschaftsdienstes für das Zeitmaß nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1, Unterabs. 4 BAT anzurechnen, kann im Einzelfall zu unbilligen Ergebnissen führen, wenn in den Zeitvergleich tariflich anders bewertete Zeiten voller Arbeitsleistung einzustellen sind. Für die Eingruppierung des Angestellten erfordert dieser Umstand vielmehr, bei dem tariflich geforderten Zeitmaß nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1, Unterabs. 4 BAT im Bereitschaftsdienst die Zeit der angefallenen Arbeit zu zählen. Hingegen ist es nicht gerechtfertigt, die Zeit des Bereitschaftsdienstes für die Eingruppierung des Angestellten nach den in § 15 Abs. 6a Unterabs. 2 BAT genannten Prozentsätzen umzuwerten. Denn diese Umwertung erfolgt nach dem ausdrücklichen Tarifwortlaut nur zum Zwecke der Vergütungsberechnung, die in §§ 26 ff. BAT geregelt ist, nicht aber zum Zwecke der in §§ 22, 23 BAT geregelten Eingruppierung.

Auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 in der Rechtssache – C-303/98 – Simap (AP EWG-Richtlinie Nr. 93/104 Nr. 2 = EzA ArbZG § 7 Nr. 1) kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Sie betrifft allein die Frage, ob Bereitschaftsdienst iSd. öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes Arbeitszeit ist (BAG 24. Oktober 2000 – 9 AZR 634/99 – AP BUrlG § 11 Nr. 50 = EzA BUrlG § 11 Nr. 48; Senat 22. November 2000 – 4 AZR 612/99 – AP TVG § 1 Tarifverträge: DRK Nr. 10 = EzA TVG § 4 Rotes Kreuz Nr. 4). Sie gibt daher auch nichts dafür her, in welchem zeitlichen Maße Bereitschaftsdienst für die Eingruppierung des Angestellten nach dem BAT rechnet.

cc) Gemäß diesen Erwägungen sind Zeiten verlängerter Arbeitszeit nach § 15 Abs. 2 BAT des Angestellten in die Regelarbeitszeit des § 15 Abs. 1 BAT umzuwerten, wenn dem Angestellten tariflich unterschiedlich bewertete Tätigkeiten übertragen sind, von denen die eine in regelmäßiger Arbeitszeit, die andere in verlängerter regelmäßiger Arbeitszeit ausgeübt wird. Denn nur auf dieser Grundlage wird bei dem durch § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1, Unterabs. 4 BAT gebotenen Zeitvergleich Gleiches mit Gleichem verglichen, wie der Umstand zeigt, daß der in verlängerter regelmäßiger Arbeits zeit arbeitende Angestellte dafür keine weitere Vergütung erhält, sondern lediglich das Tarifgehalt.

6. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob der Arbeitsvorgang Leitstellentätigkeit, der allein die Anforderungen der VergGr. Vc Fallgr. 2 BAT/VKA erfüllt, zeitlich mindestens zur Hälfte die Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllt. Die Zeitangaben im Berufungsurteil zur Dauer der Leitstellentätigkeit des Klägers und derjenigen seines Rettungsdienstes sind widersprüchlich: Darin ist ausgeführt, er sei “etwa 8 Stunden in der Leitstelle” tätig und mache “ca. 16 Stunden Bereitschaftsdienst” auf den Rettungsfahrzeugen. Dann sind die Zeitanteile der Leitstellentätigkeit mit “8 Stunden”, die des Rettungsdienstes mit “16 Stunden” angegeben. Weitere Widersprüche ergeben sich bei Mitberücksichtigung der diesbezüglichen Feststellungen im Berufungsurteil in der Parallelsache – 4 AZR 736/00 –, auf die der Kläger hinsichtlich seiner Einsatzzeiten verweist. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage von acht Stunden Leitstellentätigkeit und 16 Stunden Bereitschaftsdienst in einer 24-Stundenschicht fiktiv errechnet, die maximale Arbeitszeit des Klägers im Bereitschaftsdienst betrage “höchstens 7,84 Stunden”, während die Zeit in der Rettungsleitstelle “stets bei mindestens 8 Stunden” liege und damit über 50 % der Gesamtarbeitszeit des Klägers ausmache. Mit Recht rügt die Beklagte zu 2) mit ihrer Revision, bei diesem vom Landesarbeitsgericht errechneten geringen Unterschied der Zeitanteile von Leitstellentätigkeit einerseits und Rettungsdienst andererseits komme es auf jede Minute an mit der Folge, daß das Landesarbeitsgericht von der ungesicherten Basis “etwa 8 Stunden Leitstellentätigkeit” nicht habe ausgehen dürfen. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Berechnung die nach der Behauptung des Klägers im Rettungsdienst anfallenden Zeiten von Arbeitsbereitschaft unberücksichtigt gelassen. Das Landesarbeitsgericht muß daher die zeitlichen Anteile der Arbeitsvorgänge Leitstellentätigkeit und Rettungsdienst des Klägers auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats aufklären. Dafür ist ein angemessener Zeitraum zugrunde zu legen; ausreichend dürften sechs Monate sein. Auf dieser Grundlage ist dann zu entscheiden, ob der Arbeitsvorgang Leitstellentätigkeit des Klägers mindestens zur Hälfte seine Gesamtarbeitszeit ausfüllt. Schließlich muß das Landesarbeitsgericht aufklären, ob der Kläger davon ausgeht, ihm stehe neben der geforderten Vergütung nach der VergGr. Vc BAT/VKA die ihm gewährte Zulage zur Vergütung nach VergGr. VIb BAT/VKA zu.

 

Unterschriften

Schliemann, Bott, Wolter, Kiefer, Görgens

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1477028

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