Entscheidungsstichwort (Thema)

Schichtzulage für Pförtner

 

Normenkette

Erschwerniszulagenverordnung § 22

 

Verfahrensgang

LAG Bremen (Urteil vom 03.03.1995; Aktenzeichen 4 Sa 348/94)

ArbG Bremen (Urteil vom 07.07.1994; Aktenzeichen 1 Ca 1444/93)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 3. März 1995 – 4 Sa 289/94 und 348/94 – aufgehoben. Die Anschlußberufung des Klägers wird abgewiesen.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgericht Bremen vom 7. Juli 1994 – 1 Ca 1444/93 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Schichtzulage für Pförtner.

Der Kläger ist seit dem Jahre 1972 beim Fernmeldeamt 1 B als Pförtner beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundespost in der seit dem 1. Juli 1991 geltenden Fassung des Tarifvertrages Nr. 427 (TV Arb) Anwendung.

Der Kläger übt die Pförtnertätigkeit im Wechseldienst aus. Er verrichtet Dienste auch in der Zeit von 20.00 bis 6.00 Uhr. Für diese Zeiten macht der Kläger Ansprüche auf eine Schichtzulage nach § 8 a TV Arb geltend, der u.a. wie folgt lautet:

„Schichtzulage

(1) Der Arbeiter erhält für zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr geleistete Arbeitsstunden im Kalendermonat eine Schichtzulage in folgenden Stufen:

von

bis

25 Std.

34 Std.

100,00 DM

35 Std.

44 Std.

110,00 DM

45 Std.

54 Std.

125,00 DM

55 Std.

64 Std.

140,00 DM

65 Std.

74 Std.

155,00 DM

75 Std.

84 Std.

170,00 DM

85 Std.

94 Std.

185,00 DM

95 Std.

104 Std.

200,00 DM

105 Std.

114 Std.

215,00 DM

115 Std.

124 Std.

230,00 DM

ab

125 Std.

240,00 DM

(2) Besteht Anspruch auf Zahlung einer Schichtzulage nach Abs. 1, erhöhen sich die vorstehenden Sätze für jede Dienstschicht,

  1. die nach 0.00 Uhr und vor 4.00 Uhr beendet wird, um 5,00 DM,
  2. die nach 24.00 Uhr und vor 4.00 Uhr begonnen wird, um 10,00 DM.

(3) Wenn keine Schichtzulage nach Abs. 1 zusteht, erhält der Arbeiter

  1. eine Schichtzulage von 60,00 DM monatlich, wenn der Schichtdienst innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 18 Stunden,
  2. eine Schichtzulage von 40,00 DM monatlich, wenn der Schichtdienst innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden

tatsächlich geleistet wird.

(4) Im übrigen gelten die für die Beamten der Deutschen Bundespost jeweils geltenden Bestimmungen zur Schichtzulage entsprechend.”

Die für die Beamten der Deutschen Bundespost geltenden Bestimmungen zur Schichtzulage ergeben sich aus dem durch Art. 2 § 2 Ziff. 3 b des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 1991 vom 21. Februar 1992 (BGBl. I S. 266 f.) eingefügten 3. Titel der Erschwerniszulagenverordnung (EZulV), dessen § 22 u.a. wie folgt lautet:

„Allgemeine Voraussetzungen und Höhe der Zulagen

(1) Beamte und Soldaten erhalten eine Wechselschichtzulage von 200,00 DM monatlich, wenn sie ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt sind, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird) vorsieht, und sie dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Dienststunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leisten.

(2) Beamte und Soldaten erhalten, wenn sie ständig Schichtdienst zu leisten haben (Dienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht),

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für Beamte und Soldaten nach Nummer 10 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B des Bundesbesoldungsgesetzes, wenn die Voraussetzungen für eine Wechselschichtzulage oder eine Schichtzulage ohne Berücksichtigung von Zeiten des Bereitschaftsdienstes erfüllt sind. Sie finden keine Anwendung auf Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst; abweichend hiervon erhalten Beamte im Vorbereitungsdienst für den Krankenpflegedienst 75 vom Hundert der entsprechenden Beträge. Sie finden ferner keine Anwendung auf Beamte und Soldaten, die als Pförtner oder Wächter oder auf Schiffen und schwimmenden Geräten tätig sind oder Auslandszuschlag (§ 55 des Bundesbesoldungsgesetzes) erhalten. Satz 1 ist anzuwenden auch für den Haussicherungsdienst beim Bundeskriminalamt.

(4) …

(5) Abweichend von Absatz 1 und 2 erhalten Beamte der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost eine Schichtzulage in folgenden Stufen:

für zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr geleistete Stunden im Monat

von

bis

Deutsche Mark

25

34

100

35

44

110

45

54

125

55

64

140

65

74

155

75

84

170

85

94

185

95

104

200

105

114

215

115

124

230

ab

125

240

Die vorstehenden Sätze erhöhen sich für jede Schicht, die nach 0.00 Uhr und vor 4.00 Uhr beendet wird, um 5 DM, die nach 24.00 Uhr und vor 4.00 Uhr begonnen wird, um 10 DM. Wenn keine Schichtzulage nach Satz 1 zusteht, erhalten sie

  1. eine Schichtzulage von 60 DM monatlich, wenn der Schichtdienst innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 18 Stunden,
  2. eine Schichtzulage von 40 DM monatlich, wenn der Schichtdienst innerhalb einer Zeitspanne von mindestens 13 Stunden geleistet wird.

(6) …”

Der Kläger ist der Auffassung, sein Anspruch auf Schichtzulage für die Zeit von Januar 1991 bis Januar 1995 sei gemäß § 8 a Abs. 1 TV Arb begründet, weil danach alle Arbeiter eine Schichtzulage erhalten. Er könne auch nicht gemäß § 8 a Abs. 4 TV Arb auf die beamtenrechtlichen Bestimmungen der EZulV verwiesen werden. Die Schichtzulage für Beamte der Deutschen Bundespost sei in § 22 Abs. 5 EZulV abschließend geregelt. Beamtete Pförtner seien in dieser Regelung nicht von der Schichtzulage ausgenommen.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 2.865,00 DM zzgl. 4 % Zinsen ab Klageanhängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz hat der Kläger den Zahlungsantrag um 1.525,00 DM für die Zeit von November 1993 bis Januar 1995 erhöht. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung des Klägers die Beklagte verurteilt, weitere 1.525,00 DM zu zahlen. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Klageabweisung.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe Anspruch auf eine Schichtzulage nach § 8 a Abs. 1 TV Arb. Diese Tarifnorm regele abschließend, daß alle Arbeiter und damit auch Arbeiter, die als Pförtner tätig seien, die Schichtzulage erhielten. Durch die Verweisung in § 8 a Abs. 4 TV Arb, wonach im übrigen die für die Beamten der Deutschen Bundespost geltenden Bestimmungen zur Schichtzulage entsprechend gelten, hätten die Tarifvertragsparteien im übrigen nur auf § 22 Abs. 5 EZulV verwiesen. Diese Vorschrift regele abschließend die Schichtzulage für Beamte der Deutschen Bundespost, ohne als Arbeiter beschäftigte Pförtner gemäß § 22 Abs. 3 Satz 3 EZulV von der Schichtzulage auszunehmen. Aber selbst wenn § 8 a Abs. 4 TV Arb insgesamt auf § 22 EZulV verweise, hätten Arbeiter, die als Pförtner tätig seien, einen Anspruch auf eine Schichtzulage, weil die Tarifvertragsparteien in § 8 a Abs. 4 TV Arb weder eine positive noch eine negative Regelung zur Geltung des § 22 Abs. 3 Satz 3 EZulV getroffen hätten. Damit gelte allein § 22 Abs. 5 EZulV, der Pförtner der Deutschen Bundespost eben nicht von der Schichtzulage ausnehme.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen.

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Schichtzulage nach § 8 a Abs. 1 TV Arb, weil diese Tarifnorm auf Arbeiter der Deutschen Bundespost, die wie der Kläger als Pförtner tätig sind, keine Anwendung findet. Das folgt aus § 8 a Abs. 4 TV Arb. Danach gelten die für die Beamten der Deutschen Bundespost geltenden Bestimmungen zur Schichtzulage entsprechend. Da § 8 a TV Arb keine Regelung über als Pförtner tätige Arbeiter enthält, gilt für diese Arbeitnehmergruppe § 22 Abs. 3 Satz 3 EZulV, wonach Beamte, die als Pförtner tätig sind, keine Schichtzulage erhalten, entsprechend auch für Arbeiter, die als Pförtner tätig sind. Aufgrund dieser tarifvertraglichen Verweisung entfällt somit der Anspruch auf eine Schichtzulage für Arbeiter der Deutschen Bundespost, die als Pförtner tätig sind.

2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgericht enthält weder § 8 a Abs. 1 TV Arb noch § 22 Abs. 5 EZulV eine abschließende, dahingehende Regelung, daß alle Arbeiter der Deutschen Bundespost und damit auch als Pförtner beschäftigte Arbeiter Anspruch auf eine Schichtzulage haben.

a) § 8 a Abs. 1 bis 3 TV Arb regelt, daß Arbeiter eine Schichtzulage erhalten und bestimmt die Stufen und die Höhe der Schichtzulage. Da § 8 a Abs. 4 TV Arb regelt, daß „im übrigen” die für die Beamten der Deutschen Bundespost jeweils geltenden Bestimmungen zur Schichtzulage entsprechend gelten, kommt damit, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, § 22 EZulV nur insoweit zur Anwendung als diese Vorschrift Regelungen enthält, die in § 8 a Abs. 1 bis 3 TV Arb ungeregelt geblieben sind. § 22 EZulV regelt nach seiner Überschrift „Allgemeine Voraussetzungen und Höhe der Zulagen” für Schichtdienst. Gemäß § 22 Abs. 1 und 2 EZulV wird grundsätzlich geregelt unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe Beamte und Soldaten einen Anspruch auf eine Wechselschichtzulage oder Schichtzulage haben. Gemäß § 22 Abs. 3 Satz 3 EZulV finden diese Absätze jedoch keine Anwendung auf Beamte und Soldaten, die u.a. als Pförtner tätig sind. Damit haben die Tarifvertragsparteien durch die Verweisung in § 8 a Abs. 4 TV Arb auf die für Beamte der Deutschen Bundespost geltenden Bestimmungen für die Personengruppe der Pförtner, die in § 8 a Abs. 1 TV Arb ungeregelt geblieben ist, hinsichtlich der anspruchsberechtigten Arbeiter insofern eine Ausnahme geschaffen, als Arbeiter, die als Pförtner tätig sind, keinen Anspruch auf eine Schichtzulage gemäß § 8 a Abs. 1 bis 3 TV Arb haben. Damit soll nach dem Willen der Tarifvertragsparteien der Arbeiter, der als Pförtner tätig ist, insoweit die gleiche Rechtsstellung erhalten wie ein beamteter Pförtner. Für die Gruppe der Arbeiter und der Beamten soll die gleiche Regelung gelten (vgl. auch BAGE 59, 177, 183 = AP Nr. 1 zu § 5 TV Arb Bundespost).

b) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts bezieht sich die Verweisung in § 8 a Abs. 4 TV Arb nicht nur auf den Abs. 5 des § 22 EZulV. Eine solche Verweisung hätte keinen Sinn. Abs. 5 des § 22 EZulV regelt lediglich die Höhe der Schichtzulage für die Beamten der Bundespost in Abweichung von der in Abs. 2 geregelten Höhe für die Beamten anderer Dienstherren. Abs. 5 entspricht dabei der Regelung in § 8 a TV Arb und bewirkt damit, daß hinsichtlich der Höhe der Schichtzulage für die Arbeiter und Beamten der Bundespost keine Unterschiede bestehen.

Welche Beamten der Bundespost aber überhaupt einen Anspruch auf die Schichtzulage haben sollen, ist in Abs. 3 des § 22 EZulV geregelt. Hier werden u.a. beamtete Pförtner ausgenommen. Damit sind – wie dargelegt – durch die Verweisung auf die „im übrigen”, d.h. außerhalb der Höhe der Schichtzulage, für die Beamten der Bundespost geltenden Bestimmungen auch die als Pförtner beschäftigten Arbeiter ausgenommen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

 

Unterschriften

Matthes, Dr. Jobs, Böck, Schaeff, Großmann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1086978

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt TVöD Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge