Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzschutz für Rentenanpassung

 

Leitsatz (amtlich)

Rentenerhöhungen nach § 16 BetrAVG im letzten Jahr vor Eintritt des Insolvenzfalles nehmen am Versicherungsschutz nicht teil.

 

Normenkette

BetrAVG § 16

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 29.09.1993; Aktenzeichen 2 (4) Sa 658/93)

ArbG Köln (Urteil vom 10.02.1993; Aktenzeichen 9 Ca 3309/92)

 

Tenor

  • Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 29. September 1993 – 2 (4) Sa 658/93 – wird zurückgewiesen.
  • Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem beklagten Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) Insolvenzschutz für eine Erhöhung ihrer Betriebsrente im letzten Jahr vor Eintritt des Sicherungsfalls.

Die Klägerin, geboren am 30. Januar 1921, war bei der L… GmbH & Co. KG beschäftigt. Aufgrund einer Versorgungszusage vom 30. Dezember 1959 bezog sie seit dem 1. Februar 1981 von ihrer früheren Arbeitgeberin eine Betriebsrente in Höhe von 252,10 DM monatlich. Die frühere Arbeitgeberin der Klägerin wurde von der Grundstücksverwaltungsgesellschaft … mbH übernommen. Diese zahlte die Betriebsrente zunächst weiter. Die Höhe der Betriebsrente blieb seit 1981 unverändert.

Im Mai 1990 erhob die Klägerin gegen die Grundstücksverwaltungsgesellschaft Klage auf Zahlung von Rentenrückständen und auf Erhöhung der laufenden Leistungen entsprechend dem seit 1981 eingetretenen Kaufkraftverlust. Durch Versäumnisurteil vom 9. Juli 1990 – 13 Ca 209/90 – verurteilte das Arbeitsgericht Frankfurt am Main die beklagte Gesellschaft, an die Klägern Rückstände für die Zeit ab 1. Februar 1984 sowie vom 1. Juni 1990 an eine auf 310,36 DM erhöhte laufende Rente zu zahlen. Das Versäumnisurteil wurde rechtskräftig.

Am 26. April 1991 wurde über das Vermögen der Grundstücksverwaltungsgesellschaft das Konkursverfahren eröffnet. Der beklagte PSV trat in die bestehenden Versorgungsverpflichtungen ein. Seit dem 1. Mai 1991 zahlt er der Klägerin eine von 252,10 DM auf 269,50 DM erhöhte Rente. Eine weitere Erhöhung auf 310,36 DM entsprechend dem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main lehnt er ab; Rentenanpassungen gem. § 16 BetrAVG im letzten Jahr vor Eintritt des Sicherungsfalls seien gem. § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG vom Insolvenzschutz ausgeschlossen.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der PSV müsse ihr ab 1. Mai 1991 monatlich 58,46 DM mehr zahlen, insgesamt also 327,96 DM. Ein Versicherungsmißbrauch scheide als Ablehnungsgrund aus. Die Grundstücksverwaltungsgesellschaft sei verpflichtet gewesen, die Rente anzupassen. Die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft habe die Anpassung zugelassen. Es sei wertvoller Grundbesitz vorhanden gewesen. Überdies sei die Anpassungspflicht der Gesellschaft durch das Versäumnisurteil vom 9. Juli 1990 rechtskräftig festgestellt. Der PSV müsse dies hinnehmen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie ab 01.05.1991 über die bereits gezahlte monatliche Rente von 269,50 DM hinaus monatlich weitere 58,46 DM zu zahlen, fällig jeweils zum ersten eines Monats, nebst 4 % Zinsen aus jeweils 58,46 DM seit dem 31.05.1991, 30.06.1991, 31.07.1991, 31.08.1991, 30.09.1991, 31.10.1991, 30.11.1991, 31.12.1991, 31.01.1992, 29.02.1992, 31.03.1992, 30.04.1992, 31.05.1992, 30.06.1992, 31.07.1992, 31.08.1992, 30.09.1992, 31.10.1992, 30.11.1992, 31.12.1992, 31.01.1993, 28.02.1993, 31.03.1993, 30.04.1993, 31.05.1993, 30.06.1993 und 31.07.1993.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, der Ausschluß vom Versicherungsschutz durch § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG sei zwingend. Daran ändere auch das rechtskräftig gewordene Versäumnisurteil nichts. Zudem liege ein Versicherungsmißbrauch vor; die wirtschaftliche Lage der späteren Gemeinschuldnerin sei schon 1990 so schlecht gewesen, daß eine Anpassung der Renten nach § 16 BetrAVG nicht in Betracht gekommen sei.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Die Klägerin verlangt zusätzlich zu dem vom Beklagten gezahlten Betrag von 269,50 DM monatlich weitere 58,46 DM, zusammen also eine monatliche Rente von 327,96 DM.

In Höhe eines Teilbetrags von 17,60 DM ist die Klage bereits nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nicht begründet. Die Klägerin hat nichts dafür vorgetragen, warum ihr eine höhere Rente zustehen könnte, als ihr das Arbeitsgericht Frankfurt am Main als Anpassung nach § 16 BetrAVG zuerkannt hat.

Für eine – weitergehende – Anpassungspflicht aufgrund der ursprünglichen Versorgungszusage aus dem Jahre 1959 gibt es keine Anhaltspunkte. Eine eigene Anpassungspflicht des PSV macht die Klägerin ebenfalls nicht geltend, scheidet auch aus Rechtsgründen aus. Der Insolvenzschutz ist auf die Sicherung des Anspruchs beschränkt, der dem Versorgungsberechtigten nach der Versorgungszusage im Zeitpunkt des Sicherungsfalls zusteht (ständige Rechtsprechung des BAG, BAGE 31, 45 = AP Nr. 1 zu § 7 BetrAVG, mit Anm. von Weitnauer; zuletzt BAG Urteil vom 15. Februar 1994 – 3 AZR 705/93 – zur Veröffentlichung vorgesehen).

II. Der PSV ist auch nicht verpflichtet, der Klägerin die ihr vom Arbeitsgericht Frankfurt am Main zuerkannte Rente von 310,36 DM monatlich zu zahlen. Die Eintrittspflicht des PSV ist insoweit durch § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG ausgeschlossen.

1. § 7 Abs. 5 BetrAVG regelt Fälle, in denen der gesetzliche Insolvenzschutz von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung wegen Versicherungsmißbrauchs ausgeschlossen ist: Gemäß Satz 1 besteht gegen den PSV dann kein Anspruch, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, der alleinige oder überwiegende Zweck einer Versorgungszusage oder ihrer Verbesserung gehe dahin, die Insolvenzsicherung in Anspruch zu nehmen. Satz 2 enthält die – widerlegbare – Vermutung einer Mißbrauchsabsicht, wenn wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers nicht zu erwarten war, daß die Zusage erfüllt werde. Satz 3 schließt Versorgungsverbesserungen im letzten Jahr vor dem Eintritt des Sicherungsfalls vom Insolvenzschutz aus ohne Rücksicht darauf, ob ein Versicherungsmißbrauch festgestellt (Satz 1) oder zu vermuten ist (Satz 2). § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG enthält damit einen zeitlich begrenzten “objektiven” Ausschlußtatbestand (Otto, EWiR § 7 BetrAVG 2/89 S. 319).

Sämtliche Ausschlußtatbestände des § 7 Abs. 5 BetrAVG setzen voraus, daß die “Versorgungszusage” im Hinblick auf den gesetzlichen Insolvenzschutz erteilt oder verbessert worden ist, wobei nach § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG die zeitliche Nähe zum Sicherungsfall genügt. Die Erhöhung einer Betriebsrente nach Maßgabe des § 16 BetrAVG ist eine Verbesserung der Versorgungszusage in diesem Sinne.

a) Gem. § 16 BetrAVG ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und darüber unter Berücksichtigung der Belange des Versorgungsempfängers und der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens nach billigem Ermessen zu entscheiden. Trifft der Arbeitgeber die Entscheidung, die laufende Rente an einen eingetretenen Kaufkraftverlust entsprechend der Leistungsfähigkeit des Unternehmens anzupassen, so enthält diese Entscheidung eine Verbesserung der ursprünglich erteilten Versorgungszusage.

In seinem Urteil vom 29. November 1988 (BAGE 60, 228 = AP Nr. 21 zu § 16 BetrAVG, mit Anm. von Baumgärtel, vgl. ferner Otto, EWiR § 7 BetrAVG 2/89 S. 319 und Kreßel, SAE 1990, 120, 123) ist der Senat davon ausgegangen, aufgrund der Entscheidung des Arbeitgebers, die Rente nach § 16 BetrAVG anzupassen, komme eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Versorgungsberechtigtem zustande (zu 1. der Gründe). Für die Frage, in welchem Umfang der Versicherungsschutz durch § 7 Abs. 5 BetrAVG ausgeschlossen ist, kann offen bleiben, ob die Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers zu einem Vertrag mit dem versorgungsberechtigten früheren Arbeitnehmer führt oder sich in einer einseitigen Leistungsbestimmung des Arbeitgebers nach § 315 BGB erschöpft (so Urteile des Senats vom 23. April 1985, BAGE 48, 284, 288 f. = AP Nr. 16 zu § 16 BetrAVG, zu I 1a und b der Gründe; BAGE 48, 272, 276 = AP Nr. 17 zu § 16 BetrAVG, zu II 1a der Gründe). Der Zweck der Regelung in § 7 Abs. 5 Sätze 1 bis 3 BetrAVG geht dahin, einen Mißbrauch der Insolvenzsicherung zu verhindern (BAG Urteil vom 2. Juni 1987 – 3 AZR 764/85 – AP Nr. 42 zu § 7 BetrAVG). Dieser Zweck muß auch dann Beachtung finden, wenn eine für die Versorgungsempfänger günstige Anpassungsentscheidung getroffen wird; auch die Verbesserung der laufenden Renten erweitert den Umfang der Haftung des Trägers der Insolvenzsicherung. Ihm muß es gestattet sein, sich auf einen Versicherungsmißbrauch zu berufen (BAG Urteil vom 29. November 1988, BAGE 60, 228 = AP Nr. 21 zu § 16 BetrAVG). Es kann insoweit nicht darauf ankommen, ob der Arbeitgeber die Leistungen erhöht, ohne dazu verpflichtet zu sein, oder ob er nach Maßgabe des § 16 BetrAVG pflichtgemäß prüft und ermessensfehlerfrei entscheidet. Auch im letzteren Fall führt die Entscheidung des Arbeitgebers zu einer rechtsgeschäftlichen Verbesserung der Zusage; das Gesetz selbst verpflichtet den Arbeitgeber nur zur Prüfung und Entscheidung nach billigem Ermessen (Urteil vom 29. November 1988, aaO, zu 1c der Gründe).

b) Vorstehende Erwägungen gelten auch im Falle der Leistungsverbesserung im letzten Jahr vor Eintritt des Insolvenzfalls. § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG knüpft an den Rechtsgedanken in den §§ 31 Nr. 2, 32 Nr. 1 KO an (Blomeyer/Otto, BetrAVG, 1984, § 7 Rz 295). Otto (EWiR § 7 BetrAVG 2/89 S. 319) vergleicht die Jahresfrist mit der Sperrfrist des § 28 VglO. Daher ist unter Verbesserung i.S. des § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG – ebenso wie in Satz 1 und Satz 2 – jede Maßnahme des Arbeitgebers zu sehen, die den Versorgungsempfänger begünstigt (Blomeyer/Otto, aaO, § 7 Rz 297). Diese Leistungsverbesserung nimmt nicht am Insolvenzschutz teil.

Demgegenüber vertreten Höfer/Reiners/Wüst (BetrAVG, Band I, 3. Aufl., Stand Juni 1993, § 7 Rz 2959, 2963) die Auffassung, § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG enthalte zwar eine grundsätzlich unwiderlegbare Vermutung des Versicherungsmißbrauchs, für eine Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers nach § 16 BetrAVG im letzten Jahr vor der Insolvenz sei diese Vermutung aber widerlegbar. Da die Erfüllung einer Rechtspflicht nicht mißbräuchlich sein könne, könne eine billigem Ermessen genügende Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers nicht nachträglich als rechtsmißbräuchlich eingestuft werden. Der Senat folgt dieser Auffassung nicht.

Höfer/Reiners/Wüst beziehen sich zur Begründung ihrer Auffassung auf das Urteil des Senats vom 29. November 1988 (aaO). Dieses Urteil betrifft jedoch nicht den Ausschlußtatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG, sondern den Fall des vermuteten Versicherungsmißbrauchs nach § 7 Abs. 5 Sätze 1 und 2 BetrAVG. Hierzu hat der Senat allerdings darauf hingewiesen, daß die Erfüllung einer Pflicht allein, d.h. eine pflichtgemäße Anpassungsprüfung und Billigkeitsentscheidung, nicht rechtsmißbräuchlich sein könne. Der Ermessensspielraum des Arbeitgebers, so der Senat, müsse auch berücksichtigt werden, wenn seine Entscheidung später unter dem Gesichtspunkt des Versicherungsmißbrauchs i.S.v. § 7 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG überprüft werde; nur eine nach diesem Maßstab nicht mehr vertretbare Entscheidung des Arbeitgebers könne rechtsmißbräuchlich sein (aaO, zu 2 der Gründe).

Anders als in dem vom Senat im Urteil vom 29. November 1988 (aaO) entschiedenen Fall ist die Mißbrauchsabsicht aber nicht mehr zu prüfen, wenn die Verbesserung im letzten Jahr vor der Insolvenz des Arbeitgebers vorgenommen wird. Das Gesetz stellt diesen Fall unwiderleglich dem Fall eines festgestellten Versicherungsmißbrauchs gleich. § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG ordnet für jede Leistungsverbesserung in dieser Zeit den Ausschluß vom Versicherungsschutz an, sofern nicht die Verbesserung planmäßig im Vollzug einer früher gegebenen Zusage stattfindet (BAG Urteil vom 15. Februar 1994 – 3 AZR 705/93 – zur Veröffentlichung vorgesehen).

2. Die Entscheidung des Gesetzgebers kann im Einzelfall dazu führen, daß auch eine Erhöhung der Rente aufgrund pflichtgemäßer Prüfung und Entscheidung des Arbeitgebers vom Insolvenzschutz ausgeschlossen wird. Regelmäßig und typischerweise wird jedoch davon auszugehen sein, daß die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens im letzten Jahr vor Eintritt eines Insolvenzfalls bereits so geschwächt ist, daß der Arbeitgeber zur Rentenanpassung nicht mehr verpflichtet ist. Davon geht das Gesetz aus. Unter diesem Aspekt erscheint es durchaus sachgerecht, sämtliche Verbesserungen im letzten Jahr vor der Insolvenz vom Versicherungsschutz auszunehmen. Mit Rücksicht auf die zeitliche Nähe der Verbesserung zum Insolvenzfall soll § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG zu einer Beweiserleichterung für den PSV führen. Statt einer Mißbrauchsabsicht hat er nur nachzuweisen, daß die Verbesserung während der Karenzfrist größer gewesen ist als im Jahr zuvor (Blomeyer/Otto, aaO, § 7 Rz 296). Anders als Höfer/Reiners/Wüst (aaO) meinen, zeigt die retrospektive Betrachtung, daß die Verbesserung der Versorgungsleistung tatsächlich nicht mehr sachlich berechtigt war.

3. Im Streitfall wurde die Versorgungsverbesserung im letzten Jahr vor der Insolvenz des Versorgungsschuldners durch ein gerichtliches Urteil herbeigeführt.

a) Die rechtskräftige Verurteilung des früheren Versorgungsschuldners zur Rentenanpassung hat auf den Ausschluß von der Insolvenzsicherung keinen Einfluß.

Das Gesetz verlangt zwar eine Billigkeitsentscheidung des früheren Arbeitgebers. Dessen Entscheidung kann der Versorgungsempfänger aber durch die Gerichte überprüfen und durch ein gerichtliches Urteil ersetzen lassen. Die entsprechende Anwendung des § 315 Abs. 2 und Abs. 3 BGB ist geboten. Das entspricht dem Zweck des Gesetzes und wird durch die Entstehungsgeschichte des § 16 BetrAVG belegt. Eine in § 6k des Gesetzentwurfs enthaltene Verweisung auf § 315 BGB ist nur deshalb nicht in die endgültige Fassung des Gesetzes aufgenommen worden, weil sie für entbehrlich gehalten wurde (BT-Drucks. 7/2843, S. 34 und Sitzungsberichte des Deutschen Bundestags, 7. Wahlperiode, 134. Sitzung, S. 9064 ff.; ferner BAGE 48, 272, 276 = AP Nr. 17 zu § 16 BetrAVG, zu II 1a der Gründe, m.w.N.).

Wird eine gerichtliche Entscheidung über die Anpassungspflicht nach § 16 BetrAVG herbeigeführt, so ersetzt diese die Entscheidung des Versorgungsschuldners. Das Urteil gegen den Versorgungsschuldner wirkt aber nicht gegen den Träger der Insolvenzsicherung (§ 325 Abs. 1 ZPO). Der PSV ist mithin nicht schon aufgrund des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juli 1990 zur Rentenanpassung verpflichtet.

b) Die Verbesserung der Versorgung ist im letzten Jahr vor der Insolvenz des Versorgungsschuldners herbeigeführt worden.

§ 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG spricht von den “Verbesserungen … in dem letzten Jahr vor dem Eintritt des Sicherungsfalles”. Diese Formulierung macht nicht ganz deutlich, ob es bei der Verbesserung auf den Zeitpunkt der Zusage oder den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Zusage ankommt. Der Wortlaut der Vorschrift ließe die Auslegung zu, daß auf das Ergebnis, den Eintritt des Erfolgs, abzustellen sei. Dem Zweck der Vorschrift würde eine solche Auslegung aber nicht gerecht. Der Eintritt des Erfolgs im Jahr vor dem Sicherungsfall sagt nichts darüber aus, ob die Verbesserung möglicherweise mißbräuchlich den Insolvenzschutz herbeiführen soll. Deswegen werden zu Recht einhellig die “planmäßigen” oder “automatischen” Verbesserungen nicht § 7 Abs. 5 BetrAVG zugeordnet, mag deren Wirkung auch erst kurz vor der Insolvenz des Arbeitgebers eintreten. Das Gesetz kann ältere Zusagen nicht gemeint haben, die ohne weiteres zu späteren Verbesserungen führen oder die den Arbeitgeber im Einzelfall dazu verpflichten. Mithin kommt es auf den Zeitpunkt der Zusage an, mag der Eintritt des Erfolgs auch von ungewissen oder bedingten künftigen Umständen abhängen (BAG Urteil vom 2. Juni 1987 – 3 AZR 764/85 – AP Nr. 42 zu § 7 BetrAVG, zu 2c der Gründe, m.w.N.).

Ersetzt das Anpassungsurteil gegen den Versorgungsschuldner dessen Zusage, so liegt es nahe, den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als das maßgebliche Datum anzusehen. Dies könnte allerdings dazu führen, daß der maßgebliche Zeitpunkt – etwa infolge von Verzögerungen, die der Versorgungsempfänger nicht zu vertreten hat und die er unter Umständen auch nicht beeinflussen kann – in die Jahresfrist des § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG fällt. Der Senat hat deshalb erwogen, schon den Zeitpunkt der Klageerhebung als Zeitpunkt der “Verbesserung” anzusehen. Die Frage kann im Streitfall jedoch offen bleiben. Die Klage beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main datiert vom 15. Mai 1990, der Anspruch der Klägerin auf Anpassung der laufenden Rente ist also erst innerhalb der Jahresfrist rechtshängig geworden. Er nimmt daher am gesetzlichen Insolvenzschutz nicht teil.

 

Unterschriften

Griebeling, Bepler, Kremhelmer, Dr. Schwarze, Walther

 

Fundstellen

Haufe-Index 856649

BAGE, 299

BB 1994, 1789

NZA 1995, 73

ZIP 1994, 1369

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